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Ausgabe:

1917

Spalte:

153-156

Autor/Hrsg.:

Moritz, B.

Titel/Untertitel:

Der Sinaikult in heidnischer Zeit 1917

Rezensent:

Gressmann, Hugo

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiuS und Professor Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 10 Mark

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•42. Jahrff. NF. Oiv. Profeffor D. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, rufenden. ^Q, April lyi/

Ö" ' / Rezenfionsexemplare ausfchließlich an den Verlag.

Moritz, Der Sinaikult in heidnifcher Zeit

(Greßmann).
Grapow, Ausgewählte Texte des Totenbuches.

(Urkunden d. äg. Altert. 5,2) (Wiedeniann).
Strack, Jüdifches Wörterbuch (Fiebig).
— Jüdifchdeutfche Texte (Derf.).
Schumacher, Der Alexandriner Apollos

Repertorium Germanicum I: Clemens VII. v. 1 Predigtbuch der Dorfkirche, hrsg. v. Fenner
Avignon (G. Ficker). (Schian).

Archiv für Reformationsgefchichte, 13. Jahrg.
(Bollert).

Finsler, Diethelm Georg Finsler, 1. Hälfte
(W. Köhler).

/«r.TaTivirr ' r Eberhardt, Von der Möglichkeit u. der Not- I i,"""!?' 1 TA"1 "zr' 'un-t?"0*^^11

(Y mdr.cn). ' . 6 . 1 Regelten der Bifchofe von Eichftatt, 1. Lfg

Vollmer, Niederdeutfche Hiltorienbibeln ufw.

Zurhellen-Pflei derer, BiblifcheGefchichten

u. Perfönlichkeiten (Alvermann).
Bartels, Ein feite Burg ilt unfer Gott (Schuller).

Referate: Violet, Religion und Kultur des
Iflams. — Claffen, Jefus von Nazareth. —

(Materialien z. Bibelgefch. I, 2) (v. Dob-
fchütz).

Bibliothek der Kirchenväter 14.—2S. Bd. (Lietz-
mann).

Delta Valle, Die Benediktinerinnen-Klölter
des Bistums Osnabrück im M-A. (Lerche).

wendigkeit der reinen Religion (Thimme). _ R .. »u . , ' '„ ?'

6 » > Beitrage zur lachf. Kirchengefch. 29. Heft.—

Fulliquet, La doctrine du fecond Adam j Winter, Deutfch-lutherifches u. engl. Chri-
(Lobltein). (tentum. — Tolltoi's Briefwechl'el mit der

Krop atfcheck, Der Himmel des Chrilten j Gräfin A. A. Tolltoi. — Klenker, Lehre
(Steinmann) Heilverfahren der Szientiften. — Jahrbuch

_ . . . , „ .„ , , . • . • i_- I der fächf. Milfionskonferenz 1916.

Linderholm, Knltendomen och knget 1 m-

(torifk och principiell belyfning (Scholander). Wichtige Renzenfionen. — Neuelte Literatur.

Der Sinaikult in heidnifcher Zeit.

Unter diefem Titel hat B. Moritz foeben eine lehrreiche
und dankenswerte Studie veröffentlicht (Abh. der
kgl. Gef. d. Wiff. Göttingen. NF. Bd. XVI, 2. Berlin 1916
Phil.-Hift. Kl.), die auch für die Altteftamentler von höch-
ftem Intereffe ift. Sie befchäftigt fielt hauptfächlich mit
den ,finaitifchen' Infchriften, zieht aber auch die anderen
Nachrichten aus femitilchen und klaffifchen Quellen heran.

Die ,finaitifchen' Infchriften ftammen von Nabatäern,
die aus Nordweftarabien, dem Higäz oder dem Königreich
Nabataea kamen. Ihre Zahl, die fich fchwerlich
vermehren dürfte, umfaßt etwa 2600; foweit fie datiert
find, fchwankt ihre Zeit zwifchen 149—253 n. Chr. Ihr
Endtermin fällt ungefähr mit dem Aufhören der ,naba-
täifchen' Infchriften (267 n. Chr.) zufammen und kann daher
als gefichert gelten. Dies plötzliche Abbrechen findet
, wie Moritz in lichtvoller Darftellung zeigt, gleichzeitig
mit der höchften und letzten Machtentfaltung Palmyras
unter Odenat und Zenobia ftatt und hängt urfächlich von
ihr ab. Moritz hält auch den Anfangstermin der .finaiti-
fchen' Infchriften (rund 100 n. Chr.) für einen abfoluten
und fchließt fo: Da Infchriften auf dem Sinai aus der
Blütezeit des nabatäifchen Reiches (100 v.— 100 n. Chr.)
fehlen, fo können die Nabatäer damals keine Wallfahrten
nach dem Sinai unternommen haben; als ihnen aber das
Nationalheiügtum von Petra durch die Römer verfperrt
wurde, machten fie den ,etwas obfoleten Sinai' zum Wallfahrtsort
. Diefe Rekonftruktion der Gefchichte ift aus
verfchiedenen Gründen nicht einleuchtend. Viel eher
wird ein Zufall vorliegen, daß uns bisher keine datierte
,finaitifche' Infchrift vor dem Jahre 149 n. Chr. bekannt
geworden ift (die ältefte ,nabatäifche' Infchrift flammt aus
dem Jahre 70 v. Chr.); warum follen nicht wenigftens einzelne
der undatierten Infchriften auf dem Sinai noch ein
Jahrhundert älter fein?

Völlig überzeugend find dagegen die Ausführungen
über den Zweck diefer Infchriften; ohne Zweifel war der
Sinai, oder genauer der Serbäl und vielleicht auch der
Gebel Müfa den Völkern Nordweftarabiens heilig. Weil
die Pilger ,vor ihrem Gott' geftanden hatten und ewig
vor ihm flehen wollten, fchrieben fie ihre Namen an die
Wände der heiligen Täler und Schluchten am Fuß des
Berges ; der Name vertritt ihre Perfon. Die Götternamen

hat Moritz leider nicht zufammengeftellt; doch find fie
nebenbei wohl meift erwähnt. Überrafchend ift die große
Zahl der Perfonen mit religiöfem Charakter: der Priefter
(Uro), der Weifen (sbE:K = KbrEK = bab. apkalu), der
Tempeldiener («irTO) und TipM. Diefen letzten Titel
kann Moritz weder aus dem Arabifchen noch aus dem
Aramäifchen erklären; fein Hinweis auf das Verbum IpS
II. Reg. 16,15; Pf. 27,4 hilft nicht weiter. Er hat über-
fehen, daß uns der Titel bereits bekannt ift aus der von
Schechter veröffentlichten .Zadokiten'- Schrift (ZDMG.
66, 1912, p. 491 fiü Der Ipatt als Oberhaupt diefer jüdi-
fchen ,Sekte' von Damaskus war der Richter, der in jedem
Streitfall oder Prozeß angegangen werden mußte (17, 8).
Aus dem c. 16, das ganz feinen Pflichten gewidmet ift,
geht hervor, daß er auch über Handel und Wandel zu
wachen hatte; kein Gefchäft durfte ohne feine Genehmigung
gefchloffen werden. Aber noch mehr, jeden, deinen
feiner Gemeinde anfchließt, foll er prüfen auf fein
Werk, fein Wiffen, feine Macht, fein Können und feinen
Reichtum'. So ift er ,der Prüfer' (="ipar) fchlechthin.
Sein Amt entfpricht ziemlich genau dem des römifchen
Zenfors. Wenn Moritz XifVO möglicherweife für eine
wberfetzung des lateinifchen aedituus hält, fo wird man
wohl auch das .finaitifche' np2x3 wie das ,damaskenifche'
"Ip3x2 letzlich auf das lateinifche censor zurückführen
dürfen. Anknüpfungspunkte im femitifchen Staatswefen
mögen nicht gefehlt haben; man vergleiche die Behörde
der egeraOral r% aXrj&äaq, bei Philon Byblios (Eufeb.
praep. ev. I 9,21) und der tjcifieX/iral bei den Effenern
(Jof. Bell. Jud. II 8,6). Ift diefe Ableitung richtig, dann
könnte die ,Sekte' der .Zadokiten' nicht älter fein als die
römifche Zeit; jedenfalls wird fie diefen Titel den Nabatäern
entlehnt haben.

Die Nabatäer haben den Glauben an die Heiligkeit
des Sinai übernommen, mag dies nun um 100 v. oder,
wie Moritz annimmt, um 100 n. Chr. gefchehen fein.
I Aus inneren Gründen muß man vermuten, daß der Sinai
fchon der vornabatäifchen Bevölkerung Nordweftarabiens
(Horitern, Midianitern, Edomiternr) als heiliger Berg galt;
als die Nabatäer deren Wohnfitze okkupierten und fich
I ein eigenes Reich gründeten, haben fie fich neben Petra
| und anderen Kultorten auch den Sinai angeeignet. Als
j äußere Beftätigung kommt das Zeugnis Diodors in Betracht
, das auf Agatharchides von Knidos (um 130 v.

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