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Ausgabe:

1917

Spalte:

129-131

Autor/Hrsg.:

Schubert, Hans v.

Titel/Untertitel:

Die sog. Slavenapostel Constantin und Methodius 1917

Rezensent:

Snopek, F.

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I2g

Theologifche Literaturzeitung 1917 Nr. 6/7,

130

Chriftentum fehle, im Gegenteil, die Bibel, wie fie jetzt
ift, fei die Quelle des Antichriftentums. So konnte fich
am 21. März 1817 ungehindert und offen ein Schlefifcher
Geiftlicher ausfprechen. — Wollte der gelehrte Herausgeber
nicht feine unfchätzbare Quellenbeherrlchung zu
einer umfaffenden, einheitlichen Darftellung der deutfchen
Bibelgefchichte im 19. Jahrhundert verwerten, zu der feine
,Bibelverforgung Deutfchlands' (Bertelsmann 1909) nur
einen vorbereitenden Grundriß bildet?

Landau (Pfalz). Rifch.

M. Manilii Astronomica ed. Jacobus van Wageningen.
(XXVI, 196 S. m. 1 Tafel.) kl. 8°. Leipzig, B. G.Teubner
1915. M. 4. 40; geb. M. 4. 80

Nachdem Thielfcher im Jahre 1907 durch feine Unter-
fuchungen über die Handfchriften des Manilius die Frage
der Überlieferung des Gedichtes endgültig gelöft hatte,
war eine kritifche Neuausgabe des Dichters notwendig
geworden. Sie liegt jetzt in der Ausgabe von Jacobus
van Wageningen vor uns, der fich fchon früher eingehend
mit dem Dichter befchäftigt und einige Auffätze über
ihn in der Mnemofyne und eine Überfetzung des Gedichts
ins Xiederländifche veröffentlicht hatte. So haben wir
jetzt einen Maniliustext mit einem kritifchen Apparat,
der für lange Zeit maßgebend bleiben wird.

In der Einleitung behandelt van Wageningen zunächft
die Frage der Überlieferung und gibt darin im Wefent-
lichen die Ergebniffe von Thielfchers Unterfuchungen
wieder. Die Handfchriften gehen alle auf einen Archetypus
zurück, deffen zuverläffigfte Abfchrift der cod.
Matritenfis ift. Für Thielfchers Anficht von der Abhängigkeit
des cod. Gemblacensis vom cod. Lipsiensis bringt
er einige neue Beweisftücke bei. Über des Dichters
Lebenszeit und Verhältniffe konnte bei den fo überaus
fpärlichen Anhaltspunkten ja auch nichts Neues herauskommen
, es läßt fich eben nichts mehr feftftellen, als
daß der Dichter in den letzten Regierungsjahren des
Auguftus (nach 9 p. Chr.) fein Werk begonnen hat und
nicht lange nach des Kaifers Tode felbft geftorben ift,
ohne die letzte Hand an fein Gedicht legen zu können.
Daß er aus Rom oder zum mindeftens aus Italien flammte,
wird jetzt wohl allgemein zugegeben. Weiterhin geht
van Wageningen auf die Quellen des Dichters ein. Daß
er Pofidonius und Arat benützt hat, fteht feft. Daneben
kommen aber noch andere Schriften in Frage, wahrfchein-
lich von Asklepiades aus Myrlea und Petofiris und Ne-
chepfo, unter deren Namen Schriften gingen, die im
Altertum fehr hoch gefchätzt wurden. Die große Ähnlichkeit
eines Fragments des Petofiris und Nechepfo mit
Manilius III, 195—196, auf die der Herausgeber hinweift,
fpricht für die Benutzung diefer Schriften. Auch auf
den poetifchen Schmuck des Gedichtes und die Nachahmer
des Manilius geht van Wageningen ein, der letzten
Frage bringt er ein ganz befonderes Intereffe entgegen,
da er im Text regelmäßig die ähnlichen Stellen aus Ipä-
teren Schriftftellern anführt. Eine vollftändige Bibliographie
zu Manilius fchließt die Einleitung. Eine Reihe
von Indices für Eigennamen, Sachen, Metrik, Grammatik
und Parallelftellen aus früheren Dichtern vervollftändigt
den Wert der Ausgabe. Mit Dank zu begrüßen find auch
die beiden Schriftproben aus dem cod. Gemblacensis und
Lipsiensis.

Königsberg i/Pr. K. Cybulla.

Schubert, Hans v.: Die log. Slavenapoftel Conftantin und
Methodius. Ein grundleg. Kapitel aus den Beziehgn.
Deutfchlands zum Südoften. Vortrag, geh. in der Ge-
famtfitzg. der Heidelberger Akademie der Wiffenfchaf-
ten am 26 Februar i9I6. (32 S.) gr. 8°. Heidelberg,
C. Winter 1916. M. 1 —

Bereits Dr. Dümmler fing an, die ältefte Gefchichte

Mährens und Böhmens im großen Ganzen vom deutfchen
Standpunkt aus zu bearbeiten. Dies gilt umfo mehr vofi
feinen Nachfolgern bis zum heutigen Tage. Wenn man
aber die deutfchen Quellen mit unvoreingenommenen
Augen anfleht, findet man, daß fie nicht ganz unparteilich
find.

Conftantin wird in denfelben garnicht erwähnt. Methodius
der Erzbifchof von Pannonien und Mähren wird
von ihnen ignoriert. Die deutfchen Chroniften konnten
fich offenbar mit fichtlichen Erfolgen nicht ausweifen;
die Schlappen, welche die bayerifchen Hierarchen 873
erlitten, wollten fie vor der Nachwelt geheim halten.
Ebenfo gefchieht keine Erwähnung von der flavifchen
Liturgie. Nur der Anonymus Salisburgensis erzählt in
feiner Deduktion, daß Methodius durch die neu erfundene
flavifche Schrift die lateinifche Sprache und die römifche
Disziplin, die lateinifche Meffe und das Stundengebet um
ihr Änfehen gebracht habe.

Doch felbft der eben genannte Anonymus, welcher
auf Grund älterer Aufzeichnungen und Urkunden arbeitete,
ift nicht ohne alle Mängel. Es ift nicht zu leugnen, daß
die Salzburger Bifchöfe und Erzbifchöfe feit 75 Jahren
an der Chriftianifierung von Karantanien fich viele Ver-
dienfte erwarben. Schon Virgilius (745—784) weihte für
das Land den Bifchof Modeftus ad docendam illam ple-
bem. Erft Erzbifchof Adalwin (859—873) nahm die O berleitung
der karantanifchen Miffion in feine Hand.

Was jedoch Unterpannonien anbetrifft, meldet
unfer Gewährsmann, daß Liupramm (836—859) erft
850 dasfelbe durch die Einweihung der Liebfrauerikirche
in der von Pribina neuerbauten Burg, fpäter (noviter)
Moosburg genannt, für feine Kirche in Belitz nahm,
indem er dem Priefter Pribinas Dominikus die für die
Seelforge nötige Jurisdiktion erteilte. ,Tunc dedit Priwina
presbyterum suum nomine Dominicum in manus et po-
testatem Liuprammi archiepiscopi et Liuprammus illi
presbytero licentiam concessit in sua dioecesi missam
canendi, commendans illi ecclesiam illam et populüm
procurandum, sicut ordo presbyteratus exposcit'. Dasfelbe
gefchah dann mit anderen im Lande neuerbauten
Kirchen (cap. 11).

Nach Dominiks Tode wurde der Priefter Swarnagäl
,praeclarus doctor' cum diaconis et clericis dahin gefchickr,
feine Nachfolger waren Altfridus ,magister cuiusqüe af-
tis' und Pichbald, welche beide das Amt eines Archipres-
byters verwalteten (cap. 12).

Daraus folgt aber, daß die Salzburger Hierarchen
die Jurisdiktion über Unterpannonien bis zum
Auftreten des Erzbifchofs Methodius (869) nicht 75 Jahre,
wie der Anonymus im cap. 14 angibt, fondern nicht
einmal 20 Jahre ausübten. Außerdem fcheint es auch
dem Verfaffer bemerkenswert, daß hier Bonifaz und Roms
Anteil an der Bekehrung Bayerns übergangen wird (S.
13 N. 3). Außerdem lefen wir S. 16: ,kein Wort verrät,
daß Methodius (873) durch die ganze Autorität Roms
gefchützt wird'.

Was das urkundliche Material anbelangt, wurde es
vom Verfaffer auch nicht ganz ausgenützt. Die Rechtgläubigkeit
Methods, welche der Verfaffer in feinen
Schriften klar und deutlich bewiefen hat, wird geleugnet
: ,feine römifche Orthodoxie war nicht echt' ,S. 21)-
/Methodius lehrt offenfichtlich griechifch' (S. 24). /Methodius
hat . . . vor einer römifchen Synode feine Rechtgläubigkeit
dargetan in bezug auf das Symbol', behauptet
der Verfaffer. Methods Rechte als eines legatus e
latere werden nicht berückfichtigt, denn der Verfaffer
beteuert S. 23: ,Method fpielte den Gekränkten',
er findet an ihm S. 17 ein .hochmütiges Gebaren'. Methods
heilige Pflicht war es, fein Recht und feine Autorität
zu verfechten, aber der Verfaffer meint, daß er feinen
Weg durch Kampf und Lift nahm. Nur bleibt es fraglich
, wo der Verfaffer dafür und für feine Behauptung
,der Schwabe (Woching) . . . gab dem Griechen an Ver-