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Ausgabe:

1917

Spalte:

449-450

Autor/Hrsg.:

Obbink, H. Th.

Titel/Untertitel:

Het Bijbelsch Paradijsverhaal en de Babylonische Bronnen 1917

Rezensent:

Ungnad, Arthur

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitillS und Professor D. Hermann Schuster

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Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich IC Mari

_ , _T Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find aus fehl i e ßl ic h an -r-v 1 ir,-r

42. Jahrff. Nr. 20. Profenbr D.Titius in Güttingen, Nikolausberger Weg 66, rufenden. 2.2.. DeZeiTlher 1)17

° Rezenfionsexemplare ausfchließlich an den Verlag.

Obbink, Het Bijbelfch Paradijsverhal en de
Babylonifche Bronnen (Ungnad).

Pederfen, Der Eid bei den Semiten (Bertholet).

F iebig, Das Judentum von Jcfus bis zur Gegenwart
(Biichoff).

Der Streit zwifchen A. v. Harnack und R. Reitzen-

Guftav Krüger zur Feier feiner 25jährigen Eske, Unfere Glocken (Derf.).

Wirkfamkeit (Schufter). i Brehme, Gebrauch der Glocken (Derf.)

Herrmann, Aus tiefer Not (Derf.).
Wotfchke, Baithaar Meisners Beziehungen

zu Schlehen (Völker).
— Bresiauer Briefe an Ralow (Derf).
Kolb, Die Bibel in der Evangelifchen Kirche

ftein über die Formel: Glaube, Liebe, Hoff- j Rey^fcl^S'e et aePh'ilofophie (Lobftein).

nung (Schutz). | Lobmann, ^ber Glockentöne .Knoke).

Hippolytus Werke, 3.Bd.: Refutatio omnium | Biehle, Wefen Wertung u. liturgilcher Ge-

haeresium, hrsg. v.P.Wendland N.Bonwetfch). 1 brauch der Glocken (Derf.)

Referate: Cheyne, Fresh Voyoges on unfre-
quented Waters. — Saathoff, Jehls u. feine
Botschaft nach den Evangelien. — Walter,
Die Sklaverei im Neuen Tcftament. — Wlaf-
fak, Ernft Mach. — Kreufer, Krankheit
u. Charakter. — Im Reiche der Gnade. —
Loewenfeld, Biblia incognita. —Müller,
Kriegstroft.

Wichtige Rezenfionen. — Neuefte Literatur.

Obbink, Hoogl. Dr. H. Th.: Het Bijbellch Paradijsverhaal
ende BabylonifcheBronnen. (167 u. VHS. m.Q Abbildgn.)
8». Utrecht, A. Oofthoek 1917.

Bei der Beurteilung des Abhängigkeitsverhältniffes
lfraelitifcher religionsgefchichtlicher Stoffe von babyloni-
fchen ift vielfach der Fehler begangen worden, daß man
fachliche Entlehnung auch da annahm, wo nur einzelne
Worte und Ausdrücke in den verglichenen Gegenwänden
übereinftimmten. Eine folche den Zufammenhang
und den ganzen Hintergrund unbeiückfichtigt laffende
Betrachtungsweife muß notwendigerweife ein arg verzeichnetes
Bild ergeben, denn: ,als twee hetzelfde zeggen,
is et nog niet hetzelfde'. Schon früh hat die altorienta-
lifche Kultur, die uns am anfehaulichften in der Tell-
Amarna-Zeit vor Augen tritt, den ganzen vorderen Orient
durchtränkt: fefte Ausdrücke, Formen und Gedankenreihen
find entftanden, denen fich kein Volk entziehen konnte,
das — wie auch Ifrael — unter dem Banne jener Kultur
Wand. Nachdem diefe Erkenntnis allgemein Eingang gefunden
hat, kommt es für eine richtige Würdigung der
ifraelitifchen Vorftellungen nicht darauf an, das Gern einfände
herauszufchälen, das ja, für fich betrachtet, keinerlei
bindende Schlüffe zuläßt; vielmehr ift es nötig, das
Trennende klarzuftellen, da nur auf diefe Weile gezeigt
werden kann, was gerade für Ifrael charakteriftifch
ift. Erft nachdem hier eine fefte Grundlage für die Betrachtung
gewonnen ift, darf das Gemeinläm-Altorienta-
lifche einer Bewertung unterzogen werden.

Diefes etwa find die leitenden Geficht;-punkte, unter
denen der Verfaffer das Verhältnis der biblilchen und ba-
bylonifchen Paradieserzählungen betrachtet, und man wird
ihm durchaus darin beiftimmen, daß nur eine derartige
Betrachtungsweife Ausficht hat, einwandfreie Refultate
zu liefern.

Nach einem Gen. 2,4—3,25 in Uberfetzung bringenden
Kapitel (1) und einem weiteren, das die Paradieserzählung
vor allem literarkritifch beleuchtet (II), wendet
fich der Verfaffer zu den eigentlichen Hauptteilen feines
Buches, dem babylonifchen Material (III) und deffen Verhältnis
zur biblifchen Darftellung (IV).

Das babylonifche Material ift recht vollftändig und
mit kritifchem Verftändm's benutzt. Der Verfaffer wendet
fich zueift zu den bekannten Erzählungen von paradiesartigen
Stätten, befpricht weiter die in der Keilfchrift-
literatur ei wähnten Paradiesbäume und -Pflanzen, unter-

fucht dann die Rolle, die die Schlange und die cherubartigen
Mifchwefen in der babylonifchen Literatur fpielen,
und geht endlich auf die verfchiedenen Sagen der Er-
fchaftung des Menfchen ein. Bedauerlich, aber wohl ent-
fchuldbar ift es, daß fich O. durch Langdon's Buch
(das, nach den Zitaten zu urteilen, auch fonft im Auslande
Eindruck gemacht hat,) irreführen ließ. Es fei
hier auf meine Besprechung diefes phantafievollen Opus
in Zeitfchr. d. Deutfch. morgen!. Gef. 71 (1917), S. 252fr
verwiefen.

Einige Bemerkungen zu Kap. III. S. 42. Ob giä-ti wirklich
.Lebensbaum' ift, erfcheint mir fraglich; der an der betr. Stelle gegebene
Vergleich mit ner-an-na fpricht dagegen — S. 44. Aus 5Y> ■=, (das
Weib) kennen lernen' follte man keine weittragenden Schlüffe ziehen. —
S. 53. Die Gleichheit von .Leben' und .Gefundheit' nach bab. Vor-
ftellung hätte hervorgehoben werden foilen; die Grundbedeutung von
balatu ift .frifch werden'. — S. 59. Daß die amharu-Pflanze im
I.angdon'I chen Text als .verbotene' Pflanze gilt, läßt fich nur dann
hcrausle!en, wenn man, wie L. es tut, ganz nach Belieben munasirri
bakue teils ,he shall pluck; he shall eat', teils ,he plucked, he ate'
überreizt. Auch d<m Nichtkenner des Sumerifchen wird eine folche
Interpretation höchft eigentümlich vorkommen, — S. 66 und S. 127.
Der Herausgeber von VS XII heißt Schnieder. — S. 81. Bil ftatt
Enlil ift zu vermeiden. — S. 89. Nach neuen Texten des Berlind
Mufeums ift es nicht Marduk's Blut, das bei der Erfchaffung der erften
Menichen gebraucht wird, fondern Kingu's, des gefangenen Heerführers
der Tiamat. — S. 91, Z. 1 überfetze ,die Lamga-Götter'. — S. 100 (und
S. 146fr). Ob im Adapa-Mythus latfächlich ein Betrug Ea's angenommen
wird, ift nicht ficher. Es wäre fehr wohl möglich, daß Anu's
Handlungsweife als ganz unerwartet gekennzeichnet werden foll. Dann
beruht bei Adapa der Verluft der Unfterblichkeit ebenfo wie bei Gil-
gamefch auf unglücklichen Zufälligkeiten. Ea wird ja fonft ftets als
Freund der Menichen gefchildert.

Die Bedeutung des babylonifchen Materials für die
biblifche Paradieserzählung wird im IV. Kapitel eingehend
unterfucht, und auch hier können wir den wohl durchdachten
und vorurteüslofen Ausführungen des Verfaffers
faft überall beiftimmen. Befonders beachtenswert dürften
feine Ausführungen über die Paradiesbäume fein (S. 131 ff).
Als geficht rtes Refultat ergibt fich, daß der Jahwift alt-
orientalilche Gedanken, die in der einen oder andern
Ausftrahlung auf ihn einwirkten, in durchaus felbftändiger
Weife verarbeitet und feinen Zwecken dienftbar gemacht
hat. Da es dem Verfaffer gelungen ift, die zwifchen
babylonifcher und jahwiftifcher Auffaffung beftehenden
Unteifchiede befonders klar hervorzuheben, kann feine
Schrift allen warm empfohlen werden, die fich mit diefen
Fragen befchäftigen.

Jena. A. Ungnad