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Ausgabe:

1917 Nr. 2

Spalte:

417

Autor/Hrsg.:

Rolffs, Ernst (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Luther-Geist im Weltkriege. Zwölf Reformations-Gedächtnispredigten 1917

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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Seite 1

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417

Theologifche Literaturzeitung 1917 Nr. 22/23.

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tung. — Goethe ift nicht im 18. Jahrhundert unter den Feftgabe für Wilhelm Herrmann zu feinem 70. Geburtstag
,K]affikern', fondern im 19. unter den .Künftlern' unter- dargebracht v. Schülern u. Kollegen. Hrsg. Martin
gebracht, ebenda auch Arndt und Guftav Freytag. Der Rade und Horft Stephan. Mit e. Bilde. (Zeitfchrift

Kantianer Reinhold ift zu den freund fchaftlichen Gegnern j r , , v. , u,.~ ,„.„1 nun ci

, . r.. rj .. , r.., , tt, ■i*' -1. f. Theologie u. Kirche. 27. Jahrg. 1917). (VTll, 354 b.)

gerechnet, was für die Zeit des angeführten Urteils nicht 1 ° ; ; * „ „ u LI o

mehr ftimmt. Juftus Jonas als .reformierter'Theologe ift gr-8 • Tübingen, J. C. B. Mohr 1917. M. 8 — ; geb. M. 9.80
wohl nur lapsus calami. Styfel und Kettner find ohne Es ift nicht leicht in einem knapp zugemeffenen

jede Kennzeichnung geblieben. Sollte es nicht lehrreich ! Raum ein Buch anzuzeigen, zu dem 21 Verfaffer Beiträge
und reizvoll fein, Urteile verftändnislofer Gegner (katho- ; geliefert haben, durch welche fie den 70. Geburtstag eines
liehe, freigeiftige,mzialdemokratifcheufw.)mitaufzunehmen? ; Lehrers feiern, der der evangelifchen Theologie und Kirche
Aber auch fo müffen wir für das Gebotene dankbar jn hervorragender Weife ,geholfen hat, die Befinnung
fein und dürfen das Buch empfehlen. über ihren herrlichften Befitz zu vertiefen'. In den Wid-

Hannover-Kleefeld. Schufter. mungsworten an den Jubilar haben die Herausgeber,

—TTi^T-—.., ... .-„ ..lfT, c-:-^ ,.. .—r Rade und Stephan, den Kern der theologifchen Lebens-

Lutner-Geilt im Weltkriege. Zwölf Reformations-Gedachtnis- arbeit Herrmann's auf einen höchft glücklichen Ausdruck
predigten v. O. Baumgarten, E. Foerfter, A. Goetze, gebracht. ,Sie haben mit prophetifcher Strenge unabläffig
Th. v. Haering, M. Kreutzer, P. Marfch, P. Mehlhorn, j von den Außenwerken des religiöfen Lebens und von der
A. Ritzhaupt, E. Rolffs, A. Taube, K. Wentz, P. v. ! Vermilchung der Religion mit andern Geiftesgebieten hin-
Wurfte, hrsc, v. M Rolffs. (III, » SJ 8*. ttt^Ä
Gottingen, Vandenhoeck & Ruprecht I9I7. M. 1.35
Es genügt, etliche Themata des Bändchens zu nennen:

gangbare Wege fuchen, um die in ihrer Selbltändigkeit
verftandene Religion mit den wiffenfehaftlichen Mitteln
,Die geiftliche Armut der wahre Reformationsfinn' (rläringj ! der Gegenwart zu verftehen. So haben Sie den Glauben des
.Luther unfer Lehrer' (Götze) ,Ich haffe die großen Sorgen' | Neuen Teftaments und Luthers, aber auch das Denken
(Ritzhaupt) ,Die Würde der Staatsgewalt' (Mehlhorn), die I Kants und Schleiermachers aufs neue lebendig machen
Verfchiedenheit der Predigten tritt klar zu Tage. Neben ! geholfen. Ein Menfchenleben lang ftehen Sie damit in
folchen, welche die religiöfe Seite allein betonen, auch • der vorderften Linie derer, die es fich zur Aufgabe mach-
folche, welche ein beftimmtes ethifches Ziel im Auge haben, ten, gleichmäßig die weltüberwindende Kraft des Glaubens
Dennoch vereinigt fie alle ein Grundgedanke. Die fittlichen 1 und die herrliche Freiheit der Kinder Gottes nach allen
und fozialen Schäden, die im Laufe des Krieges im Volks- ! Seiten zu entwickeln' (V). Die Herausgeber weifen auf die
leben immer deutlicher fich bemerkbar machen, haben ! Not der Zeit hin, die es mit fich brachte, daß die Feier

alle Verfaffer klar erkannt. In Luthers Geift finden fie
die rechten Mittel, um diefenSchäden zu begegnen. (Warum

lagen wir nicht .Luthers Frömmigkeit'?; ,Luther-Geift' Jubilar zur herzlichen Freude und Genugtuung gereichen,

des Marburger Meifters nicht fo ausfiel, wie es in Friedenszeiten
der Fall gewefen wäre. Immerhin muß es dem

weckt Säkularerinnerungen nicht gar erfreulicher Art.)
Als Heiliger wird Luther allerdings nicht hingeftellt; mit
Entfchieclenheit wird die zeitliche Befchränktheit mancher

wahrzunehmen, daß die Nachwirkungen feiner Lebensarbeit
aut beinahe allen Gebieten der Theologie deutliche Spuren
zurücklaffen, fei es daß tiefe und unmittelbare Impulfe

leiner Ideen betont (Kreutzer: Luther als Haffer); aber 1 oder auch nur indirekte Anregungen von ihn ausgegan-
die großen Grundlinien in Luthers Frömmigkeit geben gen find. Kein beredteres Zeugnis konnte gegeben wer-
noch heute die rechten Fingerzeige, um aus den Nöten den von der Fruchtbarkeit der von H. vertretenen Grund-
unferer Zeit herauszukommen. Verfchiedenartig fuchen gedanken, deren fchlichte Einfachheit und unerfchöpflicher
die einzelnen ihr Ziel zu erreichen. Die einen knüpfen Reichtum fich in mannigfachfter Form immer wieder be-
an einzelne Ereigniffe in Luthers Leben felbft an z. B. währen. Selbftverftändlich fteht es dem Ref. nicht zu,
Rolffs, wenn er am 18. Februar fpricht,von der Überwindung die hier gebotenen Arbeiten mit Zenfuren zu verfehen,
der Todesfurcht im Geifte Luthers' oder Marfch .Hindurch', j die zwifchen Anmaßung und Lächerlichkeit eine fchlechte
anderen wird ein Wort von ihm zum Ausgangspunkt z. B. i Mitte behaupten und in die fchöne Feftfymphonie einen
Taube .Luther als Herold der Ofterfreude', dritten ift | unerfreulichen Mißton bringen würden. Es fei nur auf
Luthers Frömmigkeit der tragende Grund der ganzen
Predigt, der gefchickt immer wieder fichtbar wird z. B.
Förfter ,Die Gerechtigkeit aus dem Glaüben und die
Gerechtigkeit aus dem Gefetz'. Auch formell finden wir
manche Verfchiedenheiten, wir finden folche, die nach
alter Art noch eine dreiteilige Propofitio kennen (Götze,
.Luther unfer Lehrer;' hier legt fie fich allerdings von
felbft nahe); diemeiften aber haben mit dem alten Schema
gebrochen und bieten ein gefchloffenes Ganze. Die einen
deuten gefchickt ihren Text aus, die andern laffen fich
vom Geift des Textes führen. Gerade in diefer Verfchie-
denartigkeit und Mannigfaltigkeit dürfte ein Vorzug diefes
Bändchens liegen. Der dogmatifche Standpunkt ift ein
verfchiedener; aber die religiöfe Wertung Luthers läßt ihn
ganz zurücktreten, daß nur manchmal ein leichter Unterton
bemerkbar wird. Die Predigten haben fich mit Recht
eine pofitiv- autbauende Arbeit geftellt und deshalb das
nörgelnde, ftrafende Element ausgemerzt. Aber eine Ergänzung
fcheint diefer Band nach einer anderen Seite zu
fordern. Die Schäden unferes Volkes treten jetzt fo differenziert
uns entgegen, fowohl in der Stadt als im Land,
daß eine neue Predigtreihe, welche Luthers Stellung dazu
verwerten würde, nicht ohne Nutzen wäre.

Ein fehr unangenehmer Fehler hat lieh beim Umbruch ergeben:
Seite 23 ift mit S. 32 vertaufcht worden. Dies ftört.

Alfeld. Schornbaum.

die Vielfeitigkeit der behandelten Themata hingewiefen,
die fich bald näher, bald ferner mit den von H. felbft
bearbeiteten Problemen berühren.

Vier Auflätze beziehen fich auf biblifche Gegenftände
(W. Frankenberg, R. Bultmann, K. Windifch, W. Heit-
müller), drei auf kirchenhiftorifche (W. Bauer, K. Heuffi,
Th. Sippell), fechs auf religionsphilofophifche und dogmatifche
(G. Wobbermin, H. Scholz, H. Mulert, M. Rade,
H. Stephan, K. Bornhaufen), vier auf ethifche (E. Siegmund
Schultze, W. Bachmann, W. Frefenius, E. Förfter).
vier auf praktifche mit Einfelduß der vom Letzten gelieferten
Pfingftpredigt (F. Mahling, C. Barth, A. Heermann
, J. Naumann). — Am direkteften find Windifch
(das Erlebnis des Sünders in den Evangelien) und W.
Heitmüller (Die Bekehrung des Paulus) auf die Frage-
ftellung eingegangen, die dem Mittelpunkt der H.fchen
Theologie entnommen ift. Aus beiden Beiträgen ergibt
fich, daß die von H. vertretene Anfchauung fich nicht
ohne weiteres mit dem im Neuen Teftament vorliegenden
Tatbeftand deckt. ,So wenig H. wünfeht, daß feine
Schüler feine Lehrweife unverändert fich aneignen, fo
wenig geht er in der Ausführung feiner Glaubenslehre
darauf aus, die neuteftamentliche Überlieferung einfach
zu kopieren' (292). — W. Bauer's Studie über das Gebot
der Feindesliebe und die alten Chriften knüpft an
Herrmann's Schrift über ,die fittlichen Weifungen Jefu'