Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1917 Nr. 2

Spalte:

410-412

Autor/Hrsg.:

Scheel, Otto

Titel/Untertitel:

Martin Luther. Vom Katholizismus zur Reformation. 2. Bd.: Im Kloster. 1. u. 2. Aufl 1917

Rezensent:

Titius, Arthur

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

409 Theologifche Literaturzeitung 1917 Nr. 22/23. 410

fchichtliche Studien u. Texte. Heft 34. 35.) (XVI, 316 S.)
gr. 8°. Münfler i. W, Afchendorfif 1917. M. 8.40

Der katholifche Pfarrer Willburger in Oberopfingen,
Schüler des Profeffors Günter in Tübingen, dem wir die
forgfältige Ausgabe von Briefen und Akten des Gerwig
Blarer, Abts in Weingarten (Württb. Gefch. Q. Bd. 16)
mit der wertvollen Charakteriflik Gerwigs verdanken, er-
weifl fich als tüchtiger Forfcher. Fr hat ein umfafiendes Material
, das bis jetzt noch nie fo vollftändig benutzt wurde,
wie die Konftanzer Bistumsakten auf dem Züricher Staatsarchiv
, die Protokolle des Domkapitels, die Schwabenbücher
, Innsbrucker Akten, für feine Gefchichte der Bi-
fchöfe Hugo von Landenberg 1496 —1528 und 1529—32,
Balthafar Merklin '1529—31, Johann von Lupfen 1532—37,

fem Skandal fprechen. Er hat dabei nicht bedacht, daß
die Verftoßung der verführten Frau durch den Bifchof
in die Erfurter Studienzeit Luthers fallen muß. Da war
dann 1523fr. längft Gras über die Sache gewachfen. Die
Iezabel iH eine andere Frau.

Stuttgart. G. Boffert.

Erfurter Lutherbuch 1917. Eine Feftgabe zur vierten Jahrhundertfeier
der Reformation. Im Auftrage des evangel.
Minifleriums hrsg. v. Pfr. Alfred Kurz. (176 S. m.
12 Taf.) 8°. Erfurt, Keyfer 1917. Pappbd. M. 2.50
Scheel, Prof. D.Otto: Martin Luther. 2. Bd. Im Klofter.
i.u.2. Aufl. (X, 456 S.m. 16 Abbildgn.) gr. 8°. Tübingen
, J. C. B. Mohr 1917. M. 11.50; geb. M. 13.75
U^}^^^^Z^^Z ! Schubert, Geh. Rat Prof. Dr. Hans von: Luther und feine

erften Jahre der Reformationszeit im Bistum Konftanz
bieten, und eine Antwort auf die Frage, die ihm be-
fonders am Herzen lag, geben: Wie Hellten fich die Nächft-
und Meiftintereffierten, die Bifchöfe von Konftanz, zur
Entftehung und Ausbreitung der neuen Lehre in ihrem

lieben Deutfchen. Eine Volksfchrift zur Reformationsfeier
. (IV, 179 S. m. 8 Abbildgn.) gr. 8°. Stuttgart
, Deutfche Verlagsanftalt 1917. M. 3 — ; M. 4 —
Luther, Johs.: Luther. Ein Gedenkbuch zum 4CO.Jahres-

Im Erfurter Lutherbuch finden wir außer Luthers
Schreiben .Allen frommen Chriften zu Erfurt' im .heutigen
Deutfch' Auffätze von Biereye: Erfurt als Lutherftadt,

Gebiet? Gerne hören wir, daß er eine ahnliche Arbeit t der Reformation_ (l6o s m Abb Taf)
über die beiden folgenden Bifchofe, Johann von Weeze , r* _ . . . * '

1537-48 und Chriftoph Metzler 1548-1561 in kurzem Leipzig, Grethlein & Co. (1917). M. 2-; geb. M. 3-
in Ausficht Hellt. Das wertvollHe Stück des Buches iH
der vierte Hauptteil: Förderungen und Hemmungen
der bifchöflichen Regierung S. 209—300. Namentlich der

Abfchnitt, welcher die Hemmungen S. 239—300 behandelt, I Th. Neubauer: M. Luthers Erfurter Studentenzeit, Alfred
iH überaus beachtenswert. Denn er beleuchtet die Ur- j Kurz: Luther als Thüringer, Paul Bertram: Doktor Johann
fachen der Reformation fcharf. Die Aufrichtigkeit der > Lang, Erfurts Kirchenreformator. In erHer Linie den
DarHellung macht einen fehr guten Eindruck, nament- j Erfurtern zugedacht und hier und da etwas Hark lokal-
iich aber fein maßvolles Urteil, vgl. fein Urteil über ! patriotifch, bietet doch das Büchlein, das bei aller Ge-
Murners, fcharfpolemifche und verletzend fatirifcheSchriften', ! meinverHändlichkeit auf gründlicher wiffenfchaftlicher Un-
ein Vorgehen, das .verbitternd und abHoßend wirkte'S. 72 ' terfuchung beruht, auch andern Lefern, auch gelehrten,
und über die Abhandlung Schuhmanns ,die „große" 1 viel Intereffantes. Wer die LutherHätten Erfurts befucht,
Disputation zu Bern': Es ift fchade, ,daß diefe inhaltlich ; wird der kundigen Führung Biereyes nicht entraten könnengute
Arbeit in der Form leidenfchaftlich, fatirifchund farka- (Vgl. die ausführlichere DarHellung ,Die Erfurter Luther-
Hifch iH' S. 75 Anm. 1. Etwas zu weit geht fein Urteil über | ftätten nach ihrer gefchichtlichen 'Beglaubigung Erfurter
vorübergehende Äußerungen der Reformation in Tübin- | Jahrbuch 1917). Neubauer's Ausführungen (vgl. fein

gen, Kirchentellensfurt, Schlath bei Göppingen, z. T. durch
unwürdige Perfönlichkeiten vertreten', S. 127., Anm 1.
Unwürdig ließe fich höchHens das Verhalten des Pfarrers in
Schlath nennen, der fich am Bauernkrieg beteiligt haben
foll; Martin Cleß in Göppingen iH eine durchaus gediegene
, ruhige, wiffenfchaftlich gerüflete Perfönlichkeit. Der
Tübinger Augufliner Mathias Remherr und die andern reformationsfreundlichen
AuguHiner, denen die Univerfität für

e

Schrift Luthers Frühzeit 1917) wird man neben Scheel, mit
deffen DarHellung fie fich nicht in allen wichtigen Punkten
decken, heranzuziehen haben. Kurz geht in feinem Auffatz
u. a. auf die anthropologifche Frage nach Luthers Raffe
ein. Bertram bietet feine anfprechende Biographie Längs
als Vorläufer einer umfaffenden Arbeit, die ,die Vorgänge
der Reformation unter befondrer Berückfichtigung Längs
darHellen will'. Beigegeben find zwölf Bilder (außer Luther

einige Jahre die gewohnte UnterHützung entzog, find durch- j und feinen Eltern lauter LutherHätten Erfurts),
aus unbefcholtene Perfönlichkeiten. Dem Pfarrer Schra- Scheel führt feine DarHellung Luthers von den An-

din in Kirchentellensfurt bezeugt der flrengkatholifche I fängen im Klofler bis zur endgültigen Verfetzung in den
Tübinger PropH Ambr. Widmann, der ihn als Anhänger [ Wittenberger Dienfl fort, fchildert alfo (auf 335 Seiten
der Reformation nicht in die geweihte Erde begraben | Text nebfl einer flattlichen Anzahl von Bogen Anmerkun-
laffen wollte, ausdrücklich, er fei fonH eines ehrbaren, prie- | gen) die für das Werden des Reformators entfcheidende
Herlichen Wefens gewefen, habe feinen armen Verwand- j Periode. Der Stoff iH gegliedert in vier Kap., 13 Paragra-
ten viel Gutes getan und Armut und Arbeit mit ihnen j phen 1) Probejahr und Profeß (S. I—28). 2) Vom Kleriker
gelitten (B WKG. 1897,87)- j zum PrieHer (bis 58), 3) .Scholar' der Theologie (bis 74),

Manichfach berührt fich Willburger mit den Arbeiten ; 4) ,1m Katholizismus als Religion der rechtfertigenden
des Ref. über die Reformation Württembergs. SelbH- Gnade und des Leben fchaffenden Glaubens' (bis 104),
verHändlich iH das Urteil vom Standpunkt des Katholiken 5) Auf dem Wege zur evangelifchen Vollkommenheit
da und dort anders als das des Proteflanten. So habe (bis 125), 6) Im Kampf um den gnädigen Gott (bis 154).
ich in BWKG. 1894, 23fr. die Erzählung Luthers in den Das zweite Kapitel behandelt das Wittenberger Jahr:
Tifchreden über den Ehebruch des Bifchofe Hugo von 7) In Wittenberg um 1508 (bis 174), 8) Im Wittenberger
Landenberf EA. 61, 287 als durchaus hiflorifch glaubwür- 1 GeneralHudium (bis 193), 9. Staupitz und Luther (bis
dig zu erweifen gefucht. Willburger fagt S. 242: ,Diefe j 209t, 10) Als Sententiar in Plrfurt (bis 248), 11) Die
Erzähluno- klingt wie ein Roman. Was iH Wahres dar- j Romfahrt (bis 297), 12) Die endgültige Verfetzung in
an? Sicheres läßt fich nicht ermitteln, aber es fpricht , den Wittenberger DienH (bis 318), 13) Die Entdeckung

vieles dafür, daß wir es nur mit einem Gerede zu
tun haben. Wäre die Sache wahr gewefen, fo müßte fie in
KonHanz bekannt gewefen fein.' Er beruft fich darauf,
daß weder der Domprediger Wanner, der 1523 den Bifchof
effeminatus, beherrfcht von einer pessima Iezabel,
nennt, noch die Zimmerifche Chronik noch Seb. Meyer
in feiner ernfilichen Ermahnung an den Bifchof von die-

des Evangeliums. Es find nicht Entdeckungen von bisher
unbekanntem Material, die der DarHellung ein charakte-
riHifches Gepräge geben, fondern 1. die Vollfländigkeit,
mit der in zäher, langjähriger Arbeit alles, was irgendwie
über Luthers Entwicklungsgang Auskunft geben
konnte, z. B. bis auf die Reifebücher der Rompilger hin,
ausgiebig herangezogen worden iH, 2. die Kritik, die an

*#