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Ausgabe:

1917

Spalte:

329-336

Autor/Hrsg.:

Wundt, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte. I. - VIII. Bd. 2. bzw. 3., neubearb. Aufl 1917

Rezensent:

Titius, Arthur

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiUS und Professor Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 10 Mark

Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfchließlichan r-kr- x . -■ rtx r-r

4.2 .Tahrr? Nr lfi/17 Proleflbr D. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, zu fenden, /Q. AUtTUSl iyi7

UCUXLg. XL. XKJ/Xi . Rezenfionsexemplare ausfchließlich an den Verlag. Ö

Wundts Völkerpfychologie (Titius).

Goodrick, The Book of Wisdom (Beer).

Epftein, Der gaoniüfche Kommentar zur Ordnung
Tohoroth (Bifchoff).

Schuhmacher, Chriftus in feiner Präexiftenz
und Kenole nach Phil. 2, 5—8 (Bullmann).

Platon's Staat (Cybulla).

Methodius, ed.'Bonwetfch (H. Koch).

Bukowski, Die ruflifch-orthodoxe Lehre von
der Erbfünde (Kattenbufch).

Haafe, Die katholifche Kirche Polens unter
ruffifcber Herrfchaft (Wotfchke).

Kurze Cberficht über die Gefchichte und gegen- I Mack, Die kirchliche Steuerfreiheit in Deutfch-
wärtige Lage der Mariawiten in Polen j land (Sehling).

(Wotfchke). Referate: Pifchel, Leben und Lehre des

Simmel, Das Problem der hiftonfchen Zeit.

(Troeltfcb).
Ott, Henri Bergfon (Jordan).
Brockdorff, Die Wahrheit über Bergfon (Derf.).
Kerl er, Henri Bergfon und das Problem des

Verhältniffes zwifchen Leib und Seele (Derf.).
Wer nie, Evangelifcbes Chriftentum in der

Buddha. — Schwarz, Die hermeneutifche
QuantitätsrelatioD in der talmudifchen Literatur
. — Kiinftlinger, Die Petichot des
Midrafch rabba zu Geneiis u. Lev. — Prutz,
Die Friedensidee. —
Mitteilung. (8) Verhandlungen des 26. evange-
lifch-fozialen Kongreffes (Schulter).

Gegenwart (Eck). | Wichtige Renzenlionen. — Neuefle Literatur.

Wilhelm WundtS VÖlkerpfVCholOgie.1 I tigt oder wird es tun mUffen. Bemerkt fei nur, daß der

r I Theologe gut daran tut, feine Lektüre nicht auf Band
Mit dem Erfcheinen der Pfychologie der Gefellfchaft ; 4bis6 zu befchränken; eine Überficht über das Ganze und
ift zwar Wundts großzügiges Werk noch nicht zum Ab- j die ihn intereffierenden Teile kann er aus den .Elementen'
fchluß gelangt, kann aber doch bereits, zumal, wenn man i m;t Leichtigkeit gewinnen. Hier wird in Querfchnitten
feinen Grundriß2 zu Hilfe nimmt, in feinem ganzen j durch dje Entwicklung (der primitive Menfch, das tote-
Auf- und Ausbau uberblickt werden. Solcher Uber- | mift;fche Zeitalter, das Zeitalter der Helden und Götter,
blick aber fuhrt wie man auch über die Methoden und i die Entwicklung zur Humanität) gezeigt, welche geiftigen

Ergebniffe des Werkes im Einzelnen denken mag,
aufrichtiger Bewunderung der großartigen Arbeitsleistung
und der unermüdlichen Schaffenskraft des greifen Autors.
Wenn man lange Zeit nicht mit Unrecht darüber geklagt
hat, daß zwifchen den Methoden und dem Intereffenkreife
der exakten Pfychologie und denen der Geiftes- oder
Kulturwiffenfchaften eine tiefe Kluft entftanden fei, fo
wird fie durch Wundts Völkerpfychologie in erfreulicher
Weife ausgefüllt. Zeigt er doch, wie die auf ihrem eigen-
ften Gebiet durch experimentelle Methoden fichrer gewordene
Pfychologie Gefichtspunkte und Maßftäbe zu
gewinnen weiß, die dem Sprachforfcher, Äfthetiker, Theologen
, Soziologen, Ethnologen und Hiftoriker für die Bewältigung
feiner Probleme wertvolle Dienfte zu leiften
geeignet find. Auf den Reichtum an intereffanten Einzelausführungen
hier einzugehn, ift leider ganz unmöglich,
aber auch unnötig. Denn jeder für die Geifteswiffenfchaf-
ten Intereffierte hat fich fchon mit dem Werke befchäf-

1) Wundt, Wilhelm: Völkerpfychologie. Eine Unterfuchung der
Entwicklungsgefetze v. Sprache, Mythus u. Sitte. I—VIII. Bd. gr. 8°.
Leipzig, A. Kröner. M. 95—; geb. M. 119 —

L Die Sprache. I. Tl. 3. neubearb. Aufl. (XV, 695 S. m. 40 Abb.)
1911. M. 14 — ; geb. M. 17 —

II. Dasfelbe. 2. Tl. 3. neubearb. Aufl. (X, 678 S. m. 6 Abb.) 1912.
M. 13—; geb. M. 16 —

III. Die Kunft. 2. neubearb. Aufl. (X, 564 S. m. 59 Abb.) 190S.
M. 12 —; geb. M. 15 —

IV. Mythus u. Religion. 1. Tl. 2. neubearb. Aufl. (XII, 587 S. m.
8 Abb.) 1910. M. 13—; geb. M. 16 —

V. Dasfelbe. 2. TL 2. neubearb. Aufl. (XIII, 494 S.) 1914. M. 11 — |
geb. M. 14 —

VI. Dasfelbe. 3. Tl. 2. neubearb. Aufl. (XII, 564 S.) 1915. M. 12—;
geb. M. 15 —

VII. Die Gefellfchaft. [. Tl. (VIII, 438 S.) 1917. M. 11—; geb.
M. 14

Formen und Inhalte innerhalb einer Gefamtepoche zusammengehören
.

Die Begründung lür diefe Einteilung liefert die Pfychologie
der Gefellfchaft, indem fie den Übergang aus
politifche Gefellfchaft über die Stammesgefellfchaft in die
der Urgeefellfchaft pfychologifch gefetzmäßig zu begreifen
verfucht. Sehr dankenswert ift die gründliche Unterfuchung
über den Begriff des Primitiven (VII92—246),
die geeignet ift, die bisher herrfchende Unficherheit in
der Verwendung des Ausdrucks zu befeitigen. Wundt
ftellt feft, daß der ,abfolute Naturmenfch' in der Wirklichkeit
nicht mehr exiftiert und weder durch Anthropologie
und Prähiftorie noch durch die Ethnologie mehr erreicht
werden kann. Es handelt fich mithin um einen
pfychologifchen Grenzbegriff für die untere Kulturgrenze.
Was unferer Beobachtung im Leben der Völker zugänglich
ift, ift immer nur ein relativ Primitives. Man darf
daher das Primitive nicht ohne Weiteres mit dem Ur-
fprünglichen gleichfetzen, denn es kann auch durch Rückfall
entftanden fein. Trotzdem bleibt es im pfychologifchen
Sinn primitiv, wenn es ein Kulturminimum zeigt,
das aller nachweisbaren Entwicklung vorausgefetzt werden
muß. So zeigt fich, daß gerade die primitivften
Stämme der Gegenwart ihre eigene Sprache nicht bewahrt
haben. Was die primitive Art der Sprache kennzeichnet,
ift, kurz gefagt, der geringe, auf Gegenftände der Außenwelt
befchränkte Vorrat an Begriffen, der daraus reful-
tierende konkrete und anfehauliche Charakter des Denkens
fowie der Mangel an abftrakten, eine Vielheit begrifflicher
Bezeichnungen zufammenfaffenden Redeformen (vgl. dazu
die fehr inftruktive Studie über das Denken des primitiven
Menfchen, .Elemente' S.68—75). Was den Mythus

Vitt Dasfelbe. 2. TL (VI, 344 S.) 1917. M. 9 —; geb. M. 12- j?etriffl, &>ift ebenfalls eine abfolut primitive mythologifche
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Entwicklungsgeschichte der Menicbheit. 2. Aufl. (XII, 523 S.) gr. 8». zulondem, hochftens laßt fich die Befchrankung auf die

Leipzig, A. Kröner 1912. M. 12—; geb. M. 14— I primitiven Motive Tod und Krankheit und auf die ur-

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