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Ausgabe:

1917

Spalte:

227

Autor/Hrsg.:

Jeremias, Alfred

Titel/Untertitel:

Christlicher und außerchristlicher Schicksalsglaube in Vergangenheit und Gegenwart 1917

Rezensent:

Lobstein, Paul

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227

Theologifche Literaturzeitung 1917 Nr. n.

228

den großen gefchichtlichen Perfönlichkeiten überhaupt erft
vermittelnde Glied der Gefchichte in Betracht genommen
werden. Dann wird auch der Unterfchied der alten und
der modernen Theologie nicht mehr als reiner Gegenfatz
empfunden werden; in welcher Form er gerade der reli-
giöfen Erziehungsarbeit fo gewaltigen Schaden zufügt.

Halle a. S. K. Eger.

Referate.

Jeremias, D. Alfred: Chriftlicher und auBerchriftiicher Schickraisglaube
in Vergangenheit u. Gegenwart. (Vortrag, geh. auf der
Hohenftein-Ernftthaler Konferenz 1916. Sonderabdr. aus der
Allg. Ev.-Luth. Kirchenzeitg.) (20 S.) 8". Leipzig, Dörffling &
Franke 1916. M. —50

Nach einer kurzen Erörterung, in welchem Sinn das Wort
Schickfal in der Sprache des chriftlich deutfchen Volkes geprägt
worden ift, zeigt der Vf., wie der Schickfalsglaube in den Religionen
der außerchriftlichen Völker fleh geftaltet, um hierauf darzutun,
wie fleh der deutfehe Schickfalsglaube in der gegenwärtigen Kriegsfrömmigkeit
gezeigt hat. Wiederum betete das deutfehe Volk, aber
zu oft war doch der Inhalt der Gebete im tiefften Sinne nicht
chriftlich; in mannigfaltiger Form regte fich ein heidnifcher Aberglaube
wieder. Sofern man unter Schickfal die den Lebensweg
beftimmenden göttlichen Fügungen verhehl, gibt es einen chrift- lmmer die erfien Ausgaben der betreffenden Bücher der feinen
liehen Schickfalsglauben. Gott hat den Krieg nicht gemacht, i ™&unde zu legen und von dem Abdruck einiger Katechismen,
fondern die Schuld einzelner Menfchen und Völkerfchuld, beides ' die in d,e, von ■hm gebildeten Gruppen hätten eingeheilt werden
ineinander verkettet; diefes Weltgefchehen aber leitet Gott nach i können Abftand zu nehmen fo muß eine eingehendere Befpre-
feinem Rat, fo daß auch durch das Chaos des Kriegs fich das j «hun8 des vorliegenden Bandes bis dahin verichoben werden, wo
Kommen des Gottesreichs vollzieht. Von der Welt im ganzen, ! der entfprechende Teil der .Einleitung« erfchienen ift.

Reu, Joh. Michael, Prof. D.: Quellen zur Gefchichte des kirchlichen
Unterrichts in der evangelifchen Kirche Deutfchlands zwifchen
1530 u. 1600. Eingeleitet, hrsg. u. zufammenfaffend dargehellt.
1. Tl. Quellen zur Gefchichte des Katechismusunterrichts.
3. Bd.? Oh-, nord- u. wehdeutfehe Katechismen. 2. Abt.:
Texte. 1. Hälfte. (VIII, 560 S.) gr. 8". Gütersloh, C. Bertelsmann
1916. M. 12—; geb. M. 14 —
Diefer Abfchnitt der wertvollen Unterfuchungen und Textabdrucke
von Lehrbüchern für den religiöfen Unterricht in der
evangelifchen Kirche Deutfchlands zwirchen 1530 und 1600, deffen
Errcheinen fich durch die infolge des Krieges erfchwerten Ver-
kehrsverhältniffe zwifchen Amerika, wo der Vf. als Profeffor
wirkt, und Deutfchland, wo Reus umfangreiches Werk gedruckt
wird, mehrere Jahre verzögert hat, bringt in 6 Gruppen Texte
aus der ihnen entfprechenden Literatur, nämlich: 1. Oh- und weft-
preußifche und pofener Katechismen S. 1—75; 2. Brandenburger
Katechismen S. 76—237; 3. Pommerfche Katechismen S. 238—288;
3. Mecklenburger Katechismen S. 289 -436 ; 5. Die Katechismen
der HanfahädteS.437—527und6. Schleswig-Holheiner Katechismen
S.528—560. Der Abdruck der Texte,ih korrekt, foweit ich dies durch
Vergleichung mit den Originalen fehhellen konnte. Da vermutet
werden muß, daß fich der Vf. in der noch ausheilenden ,hihorifch-
bibliographifchen Einleitung' zu den Neudrucken diefer Abteilung
über die Gründe ausfprechen wird, die ihn behimmt haben, nicht

wie von dem einzelnen Menfchen gilt das Wort Genesis 50, 20.

Göttingen. K. Knoke.

Diefer auf der Hohenhein-Ernhthaler Konferenz 1916 gehal- i Crerpel's, Emanuel, ReiTen in Kanada und Schiffbruch bei der Rück-
tene Vortrag ih geeignet, manchem ringenden Gewiffen und j kehr nach Frankreich. Ins Deutfehe überfetzt fowie mit EinHerzen
,in Krieg und Frieden zu einem wahren, welterneuernden leitung und Anmerkungen verfehen von Karl Effelborn.
Schickfalsglauben' zu verhelfen. (Heffifche Volksbücher 25.) (116 S.) 8". Friedberg i. H. 1915.

Straßburg i. E. P. Lobhein. Darmhadt, H. L. Schlapp. M. —70; geb. M. 1 —

Fehr. Profeffor Dr. Hans: Die StaatsauffalTung Eikes von Repgau. ; Emanuel Crerpel, geb. 1703 zu Douai, Rekollekt (Minorit) zu

(Sonderdr. a. ,Zeitfchr. d. Savigny-Stiftg. f. Rechtsgefch. XXXVII. ! Avesmes im Hennegau, ih lange Jahre als Prediger, z. T. als

Rd German. Abt.') (130 S.) 8". Weimar, Hofbuchdruckerei Feldgeihlicher, in Kanada tätig geweren, hat 1736 an der Infel

jgjg Anticosti vor der Mündung des Lorenzhromes Schiffbruch ge-

Der Verfalier des Sachfenfpiegels tritt uns in Fehr's plaftifcher ■ iitten und auf dierel' wuften InfeI einen entfetzlichen Winter
Darhellung als ein Mann von ebenfoviel Charakter wie jurihifcher : verbracht: von 54 Schiffbrüchigen wurden 6 gerettet, nachdem
Bildung entgegen, der den Auftrag, das geltende Recht zu buchen, Vnfa8bares erduldet hatten. Später hat er in franzöfiich ge-
fo durchführt, daß er es einem hohen Staatsgedanken dienltbar | fchriebenen Briefen an feinen in Frankfurt a. M. lebenden Bruder
macht dabei doch mit Ehrfurcht vor dem Geltenden, mit Weis- ! feine Erlebniffe befchr.eben Der fehhehte und anichauliche
heit gegenüber den gegenfätzlichen Strömungen; fo ift er auch Bericht >» menschlich erfchutternd und trotz der menfchlich
fähig und bereit zu ändern, wo es not tut: davon zeugen Zufätze 1 graufamen ,Bekehrung' eines kalv.ntftifchen Leidensgenoffen ein
zum Landrecht; das etwas fpätere Lehnsrecht und endlich die [ ehrenvolles Zeugnis für katholifche Frömmigkeit. Warum ift das
wohl nach Eintritt in den geiftlichen Stand verfaßte Weltchronik : ■* Anmerkungen fo reich verfehene Bändchen ohne Karte
- fo Fehr mit Zeumer. Eike teilt die biblifche Idee, daß das geblieben.

Reich von Gott fei; daneben hat er die germaniiche Auffaffung, Hannover-Kleefeld. Schufter.
daß der Rechtsftaat ein Machtprodukt ift: Fehr unterfcheidet beide ; Stoecker, Adf.: Reden und Auffätze. Mit e. biograph. Einleitg.
Theorien als begrifflichen und gefchichtlichen Urfprung. Das hrsg. v. Reinhold Seeberg. (IV, 276 S.) gr. 8". Leipzig, A.

Imperium ift ein für alle mal da und bleibt, mögen die Völker, Deichen Nachf. 1913. M. 4.50; geb. M. 5.50

die Perfonen wechfeln. Das Verhältnis des Reichs zu der fich Die Sammlung enthält eif Artikel oder Vorträge Stoeckers

entwickelnden Landeshoheit intereffiert hier weniger als das zur und ,einige Kernworte' über die fozialen, nationalen, religiöfen
Kirche: Staat und Kirche ftehen nach Eike nebeneinander, beide ; und kirchlichen Fragen. Voranfteht Seeberg's Gedächtnisrede
unmittelbar göttlichen Rechts, mit dem gleichen Zweck, die j ,Adolf Stoecker als gefchichtliche Perfönlichkeit'. Der ältern
Chriftenheit zu fchützen, in gegenfeitiger Hilfe, bei reinlicher i Sammlung ,Chriftlich-fozial'ift, wenn ich nach der mir vorliegen-
Scheidung ihrer Gebiete: die Kirche regiert die Seele, der ! den zweiten Aufl. von 1890 urteilen darf, nur eine Rede entnom-
Staat den Leib, beide aber nach einem d. h. nach göttlichem : men (Sozialdemokratifch, fozialiftifch und chriftlich-fozial); fle
Recht. Erft im Lehnrecht räumt E. der Kirche auch andere als 1 bleibt neben der neuen dauernd beachtenswert. Die Auswahl ift,
geiftliche Gewalt, d. h. unmittelbaren Einfluß auf weltliche Rechts- wie nicht anders zu erwarten, fehr gefchickt, wenn fie auch die
verhältniffe ein. Nach urfprünglicher Fällung erlangt der König Schroffheiten, an denen es in Stoeckers Bild nicht fehlt, vielleicht
durch die Wahl felbft die königliche Gewalt, das imperium; etwas zu fehr zurücktreten läßt. Wichtig ift für St.s hiftorifches
durch des Papft's Weihe nur den Kaifertitel — erft in fpäterer Verftändnis feine Rechtfertigungsfchrift (,Dreizehn Jahre Hof-
Faffung verleiht diefe erft des Reiches Gewalt. Der Papft kann ; predige rund Politiker' 1896), die von der Walderfee-Verfammlung
ihn bannen nur um rein geiftlicher oder gemifcht geiftlicher Sache j bis zu feiner Verabfchiedung führt (54—124); dazu vergleiche
willen, nicht um weltlicher Sachen willen; päpftlicher Bann führt man feine Beurteilung Bismarks (35—44). Sachlich möchte ich
nicht ohne weiteres zur Abfetzung, wenn nicht ein Fürftengericht [ feine Unterfcheidung von drei Typen von ,Erweckungen' in dem
diefe ausfpricht. Der Kirchenverband als folcher greift in den ; Auffatz ,Die Berliner Bewegung ein Stück deutfeher Erweckung'
Staat nicht ein, aber feine Mitglieder erfüllen ftaatliche Aufgaben; (125ff.) hervorheben, fowie feine Reformgedanken bezüglich der
der König ift mit feiner Belehnung abhängig von der kanonischen Konfirmationspraxis (,kein Bekenntnis'), 256f. 263). Leider bleibt
Wahl; andererfeits ift Gotteshauseigen Reichseigen. Das find der Auffatz z. T. unverftändlich, da verfehentlich der Abdruck
die markanteften Thefen. Vor allem fällt auf, wie fehr das Per- der beigegebenen Thefen unterblieben ift. Der fchönen Würdigung
fonenrecht in diefer ganzen Rechtsauffaffung vorwiegt gegenüber : Seeberg's kann ich, foweit Stoeckers Perfon in Betracht kommt,
dem Sachrecht. I auf Grund meiner eigenen Eindrücke rückhaltlos beiftimmen.

Halle. von Dobfchütz. I Zurückhaltender noch als Seeberg muß ich hinfichtlich S.s ge-