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Ausgabe:

1917 Nr. 10

Spalte:

205-206

Autor/Hrsg.:

Haupt, Hermann (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Hessische Biographien. Bd. I, Lfg. 2 u. 3 1917

Rezensent:

Titius, Arthur

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Seite 1

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205

Theologifche Literaturzeitung 1917 Nr. 10.

200

Schweizerifche TheologiTche Zeitrchrift, red. v. Pfr. Aug. Waldburger. j ,Landheimbewegung', der kathol. Theolog und Politiker Moufang
XXXII. Jahrg. 1915. 6 Hefte. (276 S.) gr. 8". Zürich, Beer & Co. j der evgl. Pfarrer und Mitbegründer der landwirtfchaftl. Genoffen-
1915. M.6— 1 fchaften i. Heffen J. A. Groh, der Orgelkomponift J. J. Mendel.

Es verdient die höchße Anerkennung, daß Pfarrer Waldburger Das interefTantefte Stück unter den vorliegenden ift vielleicht H.
mit Energie die jetzt im 33. Jahrgange flehende Zeitfchrift durch j Bechtolsheimer's Biographie des Pfarrers und Schriftltellers Joh.
alle Klippen glücklich hindurchzufteuern fleh bemüht; denn derer j Ferd. Schlez (1759—1839», der durch feine ,Landwirtfchaftspre-
find nicht wenige, vorab die ungeheure Zerfplitterung der | rügten' [Nürnberg 1788], darunter auch über den Nutzen der
Schweiz in Kirchenblätter von mehr oder minder wiffenfehaft- 1 Stallfütterung, mit Recht zur Spottfigur geworden ift, aber doch
lichem Charakter; der Wetten hat fleh ganz repariert und führt 1 als Volksfreund zugleich Schätzung verdient,
fein wilTenfchaftliches Sonderdafein. Die Fäden mit Deutfchland Göttingen. Titius.
find auch fo gut wie ganz abgerilfen — von nicht in der Schweiz j Eucken, Rudolf: Die Träger des deutrehen Idsalismus. (251 S.)
wirkenden deutfehen Theologen erfcheint im vorliegenden Bande kl. 8». Berlin, Ullftein & Co. 1915. M. 1 —

niemand — und von außerdeutfehen und außerfchweizerifchen Der deutfehe Idealismus wurzelt nach Eucken in der gemüt-

Theologen nur Völter-Amfterdam. Der Inhalt des vorliegenden | vollen Innerlichkeit und dem Marken, nicht nach Nutzen, fbndern
Bandes iM reichhaltig, der Wert der einzelnen Abhandlungen , letzten Wahrheiten begierigen Erkenntnisdrang, deutrehen Eigen-
fiuft fich naturgemäß ab. Ich rubriziere nach den einzelnen fchaften, die fich bereits in der mittelalterlichen MyMik und der
Disziplinen: Pfarrer O. Moppert hat fich begeiMert am deutrehen ; älteren deutfehen Philofophie offenbaren. Sein Begründer aber
Freiheitskriege und führt u. d. T. ,vom Geiß der Erhebung [ 'h Kant. Kant bricht in mühfamMer kritircher Gedankenarbeit
Preußens vor 100 Jahren' die großen GeiMer und die Volksfiim- einen Durchgang in das Reich der Freiheit und des Ideals, ent-
mungan gefchickt ausgeführten Beifpielen vor. Etwas fatal wirkt j deckt im kategorischen Imperativ der Pflicht die Gegenwart des
die einleitende Anmerkung, daß Vf. ,im Lichte des reither aus- ! Abfoluten und damit den edelMen Anfporn zu ernfier, treuer, die
gebrochenen Weltkrieges manches anders aufraffen und betonen | Welt fittlich umwandelnder Arbeit. Ihm nach und über ihn hinaus,
würde'; das fieht aus, als wenn er fich der unverhohlenen Bewunderung
Preußens jetzt etwas fchäme oder fie nicht mehr
auszufprechen wage. Pfarrer Studer referiert über die als Hen-
ricus Phoeniceus von Rorfchach von Urbanus Rhegius gegen die
päpMliche Bulle verfaßte Flugfchrift, kennt aber die neuere Literatur
über die theologifche Stellung des Rhegius nicht. Der
Herausgeber bietet zum 500. Todestag zwei Briefe von Hus in
Überfetzung. Die neuteMamentlichen Abhandlungen befchäftigen
fich zumeiM mit der im Werden begriffenen Züricher Bibelüber-
fetzung. Schmiedel verteidigt mit gewohntem Scharffinn und feiner
Ironie die auch von den pofitiven Mitgliedern der K ommiffion (vgl. die
Noten von Nagel und Rüegg S. 31) gebilligte Fußnote zu Mt. 1,16,
daß ,einige Zeugen z. T. von hohem Alter, in verfchiedener
Weife erkennen laffen, daß Jefus einer andern GeRalt des Textes
zufolge als ehelicher Sohn des Jofeph und der Maria betrachtet
wurde', gegen Riggenbach, fowie gegen Kappeler, Bolliger und
Mader feine Überfetzung der vierten Vaterunferbitte: ,Unfer Brot
für morgen gib uns heute'. Ziekendraht möchte den Jünger, der
an Jefu BruM lag und den er lieb hatte, nach den Ausfagen des
Johannesevangeliums felbM am eheMen deuten auf Lazarus. Völter
zerpflückt in der fattfam bekannten Weife die eschatologifche Rede
Jefu und feine Weisfagung von der ZerRörung Jerufalems Mk.
13, 1-37, Mt. 24,1—51, Luk. 21,1—36. Von den fyMematifchen
Arbeiten verdienen befondere Heraushebung die ausgezeichneten,
fcharffinnigen, in Thefenform vorgelegten Ausführungen von
P. Schmid über die göttliche Verehrung Jefu, die er auf Gott
übertragen wünfeht. Wirz referiert über das Buch vonCh.Sentrout:
Kant und AriMoteles fowie über Heinzelmanns akademifche Antrittsrede
, deren Schwächen in der erkenntnistheoretifchen Begründung
der Religion gezeigt werden. Aktuelle Probleme behandeln
K. Goetz (hat fich unfer heutiger proteßantifcher GottesdienR
überlebt?) K. Brefin (Jahwe und Ifrael im Kriege) und A. Waldburger
(die fyRemat. Verdächtigung der proteRantifchen Wiffenfehaft
, seil, durch Katholiken; Nationalität und ChriRentum.)
Sehr reichhaltig find die beigegebenen Bücherbefprechungen.
Der Preis der Zeitfchrift iß niedrig angefetzt.
Zürich. W. Köhler.

getrieben von feinem Genius und der Not der Zeit, fozial und
politifch Rärker intereffiert, Rürmt Fichte. Kants moralißifche
Einfeitigkeit korrigieren, vom GeiRe der Romantik getränkt und
der befonnenen Kritik des Meißers vielfach uneingedenk, Schelling
mit feiner Natur- und KunRphilofophie, Schleiermacher mit
feiner feinfinnigen Vertiefung des Seelen- und Gemeinfchafts-
lebens und feiner Erfchließung des Wefens und der Eigenart der
Religion, Hegel mit feiner mächtigen Philofophie des fich nach
logifchen Prinzipien in derGefchichte entwickelnden GeiReslebens,
jeder von ihnen eigenartig, voll Geiß und Kraft, eine Fülle von
Anregungen ausfehüttend, aber auch ein jeder feinen befonderen
Einfeitigkeiten verfallend. Eucken bringt in lichtvoller Weife die
charakterißifchen und zumal die bleibend bedeutfamen Gedanken
eines jeden zur DarRellung. Ein gemeinfamer Zug geht durch
die Gedankenwelten diefer großen Denker und Männer. Sie find
keine indifchen Träumer und keine griechifchen Schönheitsfchwär-
mer, fie vertreten, fo fehr fie fich rein um die Wahrheit als folche
bemühen, einen männlichen, praktifchen Idealismus, der eingreifend
in die Beziehungen des privaten und nationalen Lebens,
fich die Weltveredelung und Verklärung zum Ziel fetzt. Als
Denker find fie zugleich Kämpfer und können in dem heißen
Ringen der Gegenwart untere Entfchloffenheit und unfern Glauben
an das Deutfchtum Rärken. Dies in groben Urnriffen der Inhalt
des fchönen Büchleins des bekannten Jenaer Philofophen, das
richerlich vielen Deutfehen, insbefondere auch manchem Feldgrauen
, eine willkommene und wertvolle Gabe fein wird.

Iburg. w. Thimme.

Parpert, Paß. Friedrich: EvangeliTches Mönchtum. Ein Beitrag
zur Reform der evangel. Kirche der Gegenwart. (68 S.) 8".
Leipzig, A. Deichert 1916. M. 1.80

P. fpinnt den bekannten Gedanken von Harnack, dem auch
die Schrift gewidmet iR, mit vielen Beziehungen auf die Gefchichte
und die Gegenwart, befonders die durch den Krieg gefchaffene
Lage, weiter aus. Er will die Beweggründe, die zum katholifchen
Mönchtum geführt haben und die von der ev. Kirche außer Kraft
gefetzt wurden, als berechtigt anerkennen und verwirklichen
helfen. So fordert er Gemeinfchaften, die mit der Kirche verbunden
Ratt mit ihr verfeindet, weltflüchtige Frömmigkeit und
Haupt, Herrn.: HefRrche Biographien. In Verbindg. m. Karl 1 kulturüberlegene Moral pflegen, aber ohne dualiRifchen Hochmut
Edelborn u. Geo. Lehnen hrsg. I. Bd. 2. u. 3. Lfg. (S. 129— j und fektenhafte Enge; aus ihnen follen Kräfte des Wirkens in
384) gr. 8». Darmßadt, Buchh. großh. heff. Staatsverlags 1913 14. der Weit herausbrechen. Auch ein zweiter Gedanke des Mönch-

je M. 2.40 (1—3:M. 7.80) J ,ums, die Erholung von der böfen Welt und die Sammlung der
Über die Einrichtung des Werkes habe ich in ThLZ. 1913 j Seele in Gott, foll in AnRaiten und Gemeinfchaften der Einfam-

keit aufgenommen werden, die aber den Rückweg zum Berufsleben
offen laffen. Endlich foll diefes ev. Mönchtum die ganze
Innerlichkeit der Religion wahren, wie das Rets die Aufgabe des
Mönchtums gewefen iß. — So will P. an die Stelle der von der
Reformation gefetzten Synthefe von Weltfrömmigkeit und Weltflucht
, von Kirchen- und Sektengeiß, wieder ihre Allianz fetzen.
Die Schrift deutet an, daß ihr die genauere Ausführung in einer

Sp. 732f. kurz berichtet. Auch die vorliegenden Lieferungen,
mit deren Abfchluß das Werk anfeheinend ins Stocken geraten
iß, bieten viel Anregendes. Aus dem Intereffenkreife unferer
Zeitfchrift feien vor allem die Darßellungen von dem rheini-
fchen Gfptd. Wilh. Baur [Effelborn], von Karl Aug. Credner
[Baldensperger] und Knobel [Gunkel], ferner von Gervinus [Otto
Harnack], Ph. Mainländer [Raufchenberger], dem Volksfchrift-

ßeller Rud. Oefer [Glaubrecht] [Roefchen] dem Lyriker Otto j zweiten nachfolgen wird. Bis jetzt"ßeht als Eindruck von dem
Roquette [Knifpel], dem JuriRen Welcker[Wentzcke] genannt. Als Ganzen fefl: vieles, was P. verlangt, iß im füddeutfehen Gemein-

Gelehrte intereffieren auch der Indologe v. Bradke, der Sinologe
W. Chr. Schott, der Kenner des Tibetifchen Wenzel ,als Philofophen
der Mediziner Ritgen (Naturphilofoph 1787—1867), Tren-
delenburgs Schüler Bratufcheck und der Mathematiker Seebold.
Genannt feien noch Marie Hillebrand, eine Vorgängerin der

fchaftswefen fchon da. Stätten der Einfamkeit freilich fehlen noch;
ob fie nicht mehr Sache einzelner als der Kirche bleiben, muß
fich zeigen. Der Name ,ev. Mönchtum' fchreckt ficher mehr ab,
als daß er anzieht.
Heidelberg. F. Niebergall.