Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1917

Spalte:

194-196

Autor/Hrsg.:

Loesche, Georg

Titel/Untertitel:

Zur Gegenreformationin Schlesien. Troppau, Jägerndorf, Leobschütz. I. Troppau-Jägerndorf 1917

Rezensent:

Völker, Karl

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

193

194

bringt Nachträge zu feiner Biographie des Gisbert Voetius,
Vos zwei Beiträge zur Täufergefchichte, von denen der
eine über Wybrandt Jansz, das erfte Opfer des Melchior-
itismus in Friesland, handelt, der zweite über die Form
der Abendmahlsfeier bei den Taufgefinnten (fitz ende und
wandelnde Kommunion kommt vor, bei den amerika-
nifchen Dunkards ift das Eintauchen in eine Schüffei,
bekanntlich in der Reformationszeit viel gebraucht, noch
üblich, Menno gebrauchte die wandelnde Kommunion,
Hans de Ries führte die fitzende ein, Einzelkelch ift in
den holländifchen Gemeinden feit 1896 ftark verbreitet,
einige Gemeinden haben das Abendmahl abgefchafftl). Da
Wilh. Moll auch in Deutfchland wohl bekannt ift, werden
die Mitteilungen aus feinem Leben von Eekhof auch hier
intereffieren. — Bücherbefprechungen find den einzelnen
Heften beigegeben.

Nachtrag: Inzwifchen ging uns vom 13. Bande das
2. Heft zu. (Die unregelmäßige Lieferung hängt wohl
mit den Kriegswirren zufammen). Pijper berichtet über
den Humanismus, der als Erkenntnis des Menfchentums
gefaßt wird, und feine verfchiedenartige Wirkung auf die
einzelnen Kulturgebiete. Sehr interefiant und lehrreich
ift die Abhandlung von Eekhof über Jakobus Elifa Joannes
Capitein, den erften ordinierten Negerprädikanten, deffen
nicht gerade fchönes Forträt feiner Differtation de Servitute
libertati chriftianae non contraria beigegeben ift. Diefe
felbft aber ift fozialgefchichtlich äußerft wertvoll. Der
Neger verteidigt als Chrift 1742 das gute Recht der
Sklaverei! Er erklärt es unmittelbar für falfch, daß durch
die Freiheit des Evangeliums der Sklavenhandel befeitigt
fei. Die evangelifche Freiheit ift eine geiftige und verträgt
lieh fehr wohl mit leiblicher Sklaverei, Sklaven des Gewiffens
und bürgerliche Sklaverei find verfchiedene Dinge.
Bewiefen wird das u. a. auch aus Calvin (Inftit. IV, 20, 1).
Das Gegenteil ift ,Schwärmerei'. van Ellenseet erzählt aus
der Kirchengefchichte von Drente, Dentz von der Ge-
fchichte der anglikanifchen Kirche in Surinam, van Veen
von dem Kaplan Dirk von Groeningen, der der weltlichen
Obrigkeit viel zu fchaffen machte.

Zürich. Walther Köhler.

Bergmann, Dr. Cornelius: Die Täuferbewegung im Kanton
Zürich bis 1660. (Quellen u. Abhandlgn. zur fchweizer.
Reformationsgefchichte. 2. Serie, 2.) (XI, 176 S.) gr.
8°. Leipzig, M. Heinfius Nachf. 1916. M. 6.50

Es bedarf gar nicht eines Blickes in das reichhaltige
Ouellenverzeichnis Seite VII, fchon die Faffung des Titels
läßt etlichen Zweifel auffteigen, ob es möglich ift, auf
170 Seiten die Gefchichte der Täuferbewegung im Kanton
Zürich von 1523—1660 gründlich zur Darfteilung zu
bringen. Aber Bergmann hat fich eine mehr prinzipielle
Aufgabe geftellt. Er will die Entwicklung der ganzen j
Täuferbewegung darfteilen. ,Sie entwickelt fich aus der
ihr eignen Vorausfetzung, nimmt in Verbindung mit fo-
zialen Faktoren religiös-ekftatifche Elemente auf und läuft
endlich, nachdem ihr der Boden für Entfaltung einer
Macht entzogen wurde, in die fubjektiviftifche Form des
religiöfen Erlebens aus'. Eine derartige Unterfuchung
läßt fich ohne Bedenken für die erfte Zeit der Täuferbewegung
in Zürich etwa bis zum Jahre 1530 durchführen;
denn für diefe Zeit hat E. Egli in feinem Werk: die Zürcher
Wiedertäufer zur Reformationszeit, Zürich 1878, die
geeignete Grundlage gelchaffen. Eine folche fehlt aber
für die Folge bis zum Jahre 1660. Es wäre deshalb ge- l
raten gewefen, zunächft eine eingehende Gefchichte der
ganzen Täuferbewegung zu fchreiben. Bergmann fah fich
ja felbft genötigt, die Anordnung des Stoffes nach fachlichen
Gefichtspunkten, die fich für feine ganze Frage-
ftellung empfahl, zu verlaffen und eine in fortlaufender
zeitlicher Reihenfolge befchreibende Darftellung zu wählen.
Eine Gefchichte der Täuferbewegung hätte auch feinen
Zielen foweit vorarbeiten können, daß es genügt hätte, |

in Kürze die einzelnen Hauptpunkte zufammenzufaffen.
Es dürfte überhaupt ein größeres Intereffe für eine folche
vorhanden fein. Die Entwicklung der Bewegung in Zürich
ift auch durch die beiden Faktoren: Geiftlichkeit und
Obrigkeit beftimmt gewefen. Je gefchloffener die An-
fchauung der führenden Theologen, je energifcher die
; Perfönlichkeiten, um fo mehr fah fich die Obrigkeit genötigt
, auf ihre Ideen einzugehen, nur die politifchen Ver-
hältniffe konnten ein genügendes Gegengewicht gegen
diefelben bilden. Während nun die Bedeutung Breitingers
I ziemlich hervor tritt, kommt doch Bullinger wenig zur
| Geltung; ebenfowenig liegen die politifchen Verhältniffe
z. B. die Beziehungen zu Bern immer klar zu Tage, obwohl
man mit diefem fchon wegen eines gemeinfamen
Auftretens gegen die kath. Kantone immer in Fühlung
treten mußte. Auch über den innern Gang der ganzen
Bewegung, wie über die niederländifchen und mährifchen
Einflüffe wünfeht man mehr zu erfahren, und einzelne
Perfönlichkeiten verdienen gewiß eine befondere Beleuch-
| tung. Doch fcheint Bergmann weniger Intereffe für rein
| hiftorifche Arbeiten zu haben; mündet doch fein letzter
Abfchnitt zuletzt in eine gefchichtsphilofophifche Wür-
1 digung der ganzen Täuferbewegung überhaupt aus.

Nachdem das Material, mit dem er operiert, dem
größten Teil nach noch in den Archiven ruht, läßt fich
eine Prüfung im einzelnen nicht vornehmen. Doch dürfte
auf einen Punkt zum Verftändnis der ganzen Bewegung
mehr Gewicht gelegt werden. Sowie in einer religiöfen
Gemeinfchaft Gewicht gelegt wird auf die .Lehre', machen
fich naturgemäß Strömungen geltend, die auf fubjektive
Frömmigkeit dringen; daraus erklärt fich wohl das lange
Anhalten der ganzen Bewegung nicht zum minderten.

Bergmann kennt fich in dem weitfehichtigen Material
genugfam aus; aber irrig ift es, auch bei andern die
gleiche Bekanntfchaft vorauszufetzen. Er beruft fich ja
auf oft fehr wenig bekannte Tatfachen oder auf folche,
die er etliche Seiten vorher in einer Anmerkung kurz
erwähnt hat. Auch hätte es nichts gefchadet, wenn etliche
Provinzialismen wie ,Ehegaumer' (S. 25, 84, 105)
erklärt und über Züricher Perfönlichkeiten (wie Haab
S. 155) etliche Angaben gemacht worden wären. Auch
wird kein Fremder ,Wollenberg' (S. 82, 121), ,otenbach'
(S. 107, 112) gleich richtig deuten. Über den Gebrauch
von Fremdwörtern läßt fich ftreiten, es könnten aber
auch für ,Ideologie' ufw. entfprechende deutfehe Ausdrücke
zu finden fein. Dagegen hat eine gefuchte Prägnanz
dem Stil öfters gefchadet.

S. 19 fehlt Z. 12. v. o: ,auf dem Lande'; S. 50. Z. 9 v. o. .worden',
S. 72 Z. 4 v. u. muß es heißen: ,die Kennung . . .'. S. 107 Z. 3. v. u.:
,wirtfchaftlich' flatt .fachlich'. S. 118 Z. 16 v. u. .wurde die llehandlung
noch ftrenger'; S. 125. Z. II. v. o. fehlt vor ,diefe' wohl «fie".

Alfeld bei Piersbruck. Schorn bäum.

Loefche, Prof. D. Dr. Georg: Zur Gegenreformation in
Schlefien. Troppau, Jägerndorf, Leobfchütz. Neue
archival. Auffchlüffe. I. Troppau-Jägerndorf. (IX, 253
S.) gr. 8°. Leipzig, R. Haupt 1915. M. 2.40

— Dasfelbe. II. Leobfchütz. (IV, 96 S.) (Schriften des
Vereins f. Reformationsgefchichte. Nr. 117 118 u. 123.)
gr. 8n. Ebd. 1916. M. 1.50

— Die letzten Maßnahmen Maria Therefias gegen die
,Ketzer' (Sonderdruck aus der ,Zeitfchr. d. deut. Vereines
f. d. Gefch. Mährens u. Schlefiens'.) (52 S.)
gr. 8°. Brünn, Selbftverlag 1916.

Im Jahre 1579 trat Karl v. Liechtenftein, der ehemalige
Zögling der Brüderfchule zu Eibenfchütz, zum
Katholizismus über; feine Brüder folgten ihm. Gemäß
der Konvertitenart taten fich nun die Liechtenfteins unter
den Scharfmachern gegen die neue Lehre befonders hervor
, um den Makel der Ketzerei von ihrem Familien-