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Ausgabe:

1916 Nr. 7

Spalte:

149-150

Titel/Untertitel:

Patrologiae cursus completus, accurante I.-P. Migne. Series Graeca. Indices 1916

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 7.

laffen! Gerade die Interpretationen der neuteftamentlichen
Exorzismen geben die Wandlungen der Weltanfchauung
in einer Weife wieder, die das fonft nicht gerade kurzweilige
Studium der Interpretationen in hohem Maße
intereffant macht. Schon der Gang vom Rationalismus
über die Hegelianer zum Zeitalter der Naturwiffenfchaften
wäre lohnend gewefen. Und ein wenig hiftorifches Ver-
ftändnis der adversarii hätte des Verfaffers Pofitionen
wohl nicht gefchädigt.

Ich brauche nach alledem kaum hinzuzufügen, daß
man eine Behandlung der Fragen, die gerade in neuerer
Zeit mit dem Thema verbunden worden find, in diefem
Buche nicht findet. Das Meffiasproblem, die Frage nach
dem Schweigegebot an die Dämonen und feiner Bedeutung
bei Markus fpielen keine Rolle; aber auch nicht
die dogmatifch harmloferen literarifchen Fragen: daß man
gerade bei den fraglichen Gefchichten in Mk. I und Mk. 5
zeigen kann, daß unfere Überlieferung nicht einheitlich
ftilifiert ift, daß wir hier zwei Typen — ich nenne fie
Paradigma und Novelle — vor uns haben, dafür fehlt bei
dem Autor jedes Intereffe. Vollends natürlich für fchwie-
rigere religionsgefchichtliche Probleme, wie die Herkunft
des Motivs Mk. 5, 11 ff.

Heidelberg. Martin Dibelius.

Patrologiae cursus completus, accurante I.-P. Migne. Series
Graeca. Indices. Digessit Ferdinandus Cavallera.
(IIIS. u. 218 Sp.) Lex.-8°. Paris, Garnier Freres 1912.

fr. 20 —

Der von einem durch patriftifche Detailunterfuchungen
gut empfohlenen jüngeren Gelehrten verfaßte Index zu
den 161 bezw. — nämlich mit Einfchluß des durch Brand
im Jahre 1866 nahezu vernichteten Schlußbandes — 162
Bänden der griechifchen Patrologia von Migne darf auf
dankbare Aufnahme rechnen. Denn ein von einem Griechen
verfaßtes, übrigens recht zuverläffiges Regifter ift im
Abendland kaum bekannt geworden. Cavalleras Indices
ahmen in allem, Druck, Papier, Ausftattung den alten
Migne nach, nur der hohe Preis macht eine unangenehme
Ausnahme. Aber die auf dies doch wenig innere Befriedigung
gewährende Werk verwendete Mühe kann auch
nicht gering eingefchätzt werden.

Das Buch zerfällt in 3 Teile. 1) S. 1 —10 Verzeichnis
der Bände (mit den Jahreszahlen der Auflagen, alfo bei
Irenaeus Band VII: (1857 et 1882) bei Arfenius CXXXIII:
(1864). Wie fchändlich fchlecht die fpäteren Ausgaben
find, verrät der Verf. natürlich nicht; bei Athanafius fieht
es aus, als fei von dem dritten der vier Bände kein Neudruck
gefündigt worden. Wo ein Band mehrere Autoren
umfaßt, werden fie der Reihe nach mit den Seitenzahlen
notiert. 2) folgt S. 13—114 ein Index Alphabeticus
Auctorum, wo deren Amt, Lebenszeit und die Titel ihrer
einzelnen Schriften außer genauer Angabe des Fundortes
in Migne vermerkt werden, foweit möglich auch, was
befonders erwünfcht ift, die Bezeichnung der von Migne
nachgedruckten Quelle, alfo bei Adamantius Delarue, bei
Agathias Niebuhr. Die anonymen Werke füllen, in 7 Abteilungen
, davon die letzte Varia', S. in —114. Endlich
31 S. 117—206 erhält man einen Index methodicus, wo die
Werke der griechifchenPatrologie in fachlichem Zufammen-
hang geordnet werden, alfo z. B. I Dogmatifche Schriften
a) allgemeine, darunter ein Fragment von Pfeudo-Barnabas
wie Urigenes jtiol aQimv und die Philocalia; d 1 von der
Taufe, — zuerft 5 Briefe des Dionyf. Alex., dann die hergehörigen
Stücke aus Cyrills Katechefen, Pf. Bafilius de
baptismo 11. 1—2, von Gregorius Nazianz. hom. 40. Oder
Kommentare zum Judasbrief findet man 6 auf S. 156 unter
Scriptura s., Novum Testamentum. Ein Anhang endlich
S. 209— 212 verzeichnet die in der Patrologia gr. mitgeteilten
Indices, fei es analytifche, fei es Regifter der
Schriftzitate oder der Gräzität, fei es von Schriftftellern,

auch umfangreiche Differtationen neuerer Forfcher ähnlichen
Charakters, z. B. des Leo Allatius Diatriba de
Psellio in M gr. 121, 477—563. Ein Regifter zu feinem
eignen Band liefert Cavallera auf S. 213—218.

Im Ganzen habe ich folide Arbeit und bei Stichproben
wenig Fehler gefunden. An Druckfehlern nur
leicht zu verbeffernde wie Hefychus S. 147 ft. Hefychius,
Arcopagitam S. 211. Vor 444 bei Cyrillus Alex. S. 31
fehlt das Kreuz, bei Marcus Diadochus S. 76 ,s. V. Auf
das Wichtigfte, die Zahlen und Namen ift großer Fleiß
verwandt. Bisweilen fehlt das Zeichen der Unechtheit
vor anerkannten Falfifikaten. Am wenigften wird man
Vollftändigkeit im 3. Teil erwarten. Unter dem Titel:
adversus haereses genießen andrerfeits ihr Dafein unerwartete
Gälte wie die Clementina und die Fragmente der
Gnoftiker. In dem Abfchnitt III Antihäretifche Polemik
will fich allerdings überhaupt kein praktifches Einteilungsprinzip
finden. — Das eigene Nachdenken und Suchen
kann einem freilich auch das beft angelegte Regifter nicht
erfparen; dies Cavallera'fche erleichtert uns die Fahrten
auf der cloaca maxima fehr erheblich, und bereitet ftellen-
weife die Freude, zu zeigen — dies im Index methodicus
— wie viel weiter wir denn doch fchon als J. P. Migne
gekommen find.

Marburg (Lahn). Ad. Jülicher.

Epiphanius. Hrsg. im Auftrage der Kirchenväter-Commif-
fion der königl. preuß. Akademie der Wiffenfchaften v.
D. Dr. Karl Holl. 1. Bd. Ancoratus u. Panarion Haer.
1—33. (Die griechifchen chriftlichen Schriftfteller der
erften drei Jahrhunderte. 25. Bd.) (X, 464 S.) gr. 8°.
Leipzig, J. C. Hinrichs 1915. M. 18—; geb. M. 20.50

Im IX. Jahrhundert gab es eine aus einer Reihe von
Bänden beftehende Gefamtausgabe der Werke des Epiphanius
, welche Ancoratus, Panarion, Anakephalaiosis, de
mensuris et ponderibus enthielt. Aus ihr flammt direkt
der haer. 21—46 des Panarion umfaffende, noch dem IX.
Jahrhundert angehörige Codex Vaticanus V, indirekt der
Marcianus M saec. XL, welcher haer. 1—64 bietet. Alle
übrigen Epiphaniushandfchriften gehen auf eine mit V

j nahe verwandte Abfchrift der Gefamtausgabe zurück, in
welchem das Panarion an die erfte Stelle gerückt war:
fchon Photios hat einen folchen Kodex befeffen. Das ift
das Hauptergebnis der von K. Holl im Jahre 1910 vor-

j gelegten Studie über die handfchriftliche Überlieferung
des Epiphanius (vgl. die Anzeige von Koetfchau ThLz.
1911, Sp. 143ff.): und dies Ergebnis ift ziemlich betrüblich,
denn es zeigt, daß fich die Textherftellung des Epiphanius

| auf einer recht fchmalen und, wie damals fchon Holls
Äußerungen erkennen ließen, früh fchadhaft gewordenen
Bafis aufbauen muß. Jetzt liegt der erfte Band der neuen
Ausgabe vor: er umfaßt den Ancoratus und vom Panarion
Haer. I—33.

Epiphanius gehört zu den vielbenutzten Schriftftellern:
wer immer der Gefchichte der alten Kirche nachgeht,
findet ihn auf feinem Weg. Unzählige Male haben wir
alle ihn aufgefchlagen, zitiert, feine Angaben verwertet,
nachgeprüft, große Teile durchflogen, kleinere Abfchnitte
eingehender behandelt — und immer mit dem Gefühl des
Unbehagens über das Werk und meift noch mehr über
den Mann das Buch wieder zugemacht. Aber wer von

I uns allen hat je den Epiphanius um feiner felbft willen
von vorne bis hinten durchgelefen und reftlos zu verftehen
geluchtf Nun — Karl Holl ift diefe wahrlich in jeder

1 Hinficht fchwere Aufgabe gefleht worden, er hat fie tapfer
in Angriff genommen — und das Ergebnis ift ganz er-
ftaunlich. Nur wer wirklich der Epiphaniusüberlieferung
in ihrer Gefamtheit liebevoll nachging, konnte ihre Eigenart
erkennen und daraus den Mut zu einer derartigen
Textbehandlung fchöpfen, wie wir fie in H.s Ausgabe
geleiftet finden. Denn der Zuftand des handfchriftlichen