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Ausgabe:

1916

Spalte:

69

Autor/Hrsg.:

Zürcher, Karl

Titel/Untertitel:

Der Meister von Frauenroth u. seine kunstgeschichtliche Stellung 1916

Rezensent:

Clemen, Otto

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Seite 1

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69

wäre. G. verflicht auch aus den vorliegenden urkundlichen und tung in keine tüchtigeren Hände gelegt werden als in die des
hiftoriographifchen Quellen ein Lebens- und Charakterbild des , begeifterten Schülers Luthardts, von dem man füglich erwarten
Papftes zu zeichnen. Die hiftorifchen Quellen fließen befonders durfte, daß er den urfprünglichen Abfichten des Werkes treu
reich für die Angelegenheit des Bistumes St. Andrews in Schottland- ; bleiben würde: hätte doch eine Änderung des Luthardt'fchen
Klemens III. hat da weder die Wünfche des fchottifchen noch j Programms eine AuflÖTung des Ganzen zur Folge gehabt. Winter
die des englichen Königs erfüllt. So ift fchließlich der Streit nur j erblickte feine Aufgabe darin, ,die Darftellung der dogmatischen
dadurch beigelegt, daß die Anwärter auf den berühmten Bifchofs- j Arbeit in Sinn und Geift des Buches weiter zu führen', und be-
ftuhl ftarben. Immerhin kam dem Papfte feine Politik gegen den ! fchränkte fleh darauf, die Art und Richtung diefer Arbeit kurz zu
englifchen König fchwerlich bei feinem Kreuzzuge zuftatten. Der kennzeichnen, um fo das Buch von neuem nutzbar zu machen.
3. Kreuzzug ift wie bei Gregor VIII. fo bei Klemens III. das Haupt- Dementfprechend ift die Anlage des Kompendiums diefelbe geblie-
moment. Aber auch hier erntet Klemens III. nur die Erfolge der ben. Eingehendere Berückflchtigung haben bei der Berprechung
Politik feines Vorgängers. Ebenfo fteht es mit den Verbefferungen j der dogmatifchen Prinzipien oder der einzelnen Dogmen die feit der
des Verhältniffes zwifchen Papft und Rom fowie zwifchen Papft und ; 10. Ausgabe erschienenen Werke von Reifchle, Kirn, Häring,Wendt,
Kaifer. Das Büchlein ift gut und klar gefchrieben und trägt nicht | Bachmann, Schlatter erfahren. Daß von Seiten der modernen
unwefentlich bei zur Aufhellung der Reichspolitik im ausgehenden
12. Jahrhundert.
Leipzig. Otto Lerche.

Meirenzahl, Pfr. Jof.: Das Prämonftratenfer-Chorherrnrcift Veffra.

Gründung u. Bedeutg. desfelben im 12. u. 13. Jahrh. bis zur
Mitte des 14. Jahrh.
Zürcher, Karl: Der Meifter von Frauenroth u. feine kunftgefchicht-
liche Stellung. (Neue Beiträge zur Gefchichte deutfehen Altertums
hrsg. v. dem henneberg. altertumsforfch. Verein in Meiningen
. 26. Lfg.) (VIII, 79 S. m. 1 Abbildg. u. 1 Taf.) Meiningen
, Brückner & Renner 1914. M. 2.50
Den Hauptinhalt diefer Lieferung bildet die durch Solidität und
Genauigkeit ausgezeichnete Studie von Meifenzahl über Veffra.
Das Stift wurde gegründet 1131 von Graf Gotebold von Henneberg
, der im Herbfte 1130 in Würzburg mit dem Ordensftifter
Norbert zufarnrnengetroffen war. M. unterrichtet uns über den
Güterwert des Stiftes und feine Verdienfte um Kultivierung und
Siedelung,Miffionierung und Paftorifierung und um dasSchulwefen
bis Mitte des 14. Jahrhunderts, wo Veffra auf feinem Höhepunkte
angelangt ift. — Zürcher hat fchon in Lief. 22 (1909) über die
Grabdenkmäler des Grafen Otto von Botenlauben und feiner Gemahlin
Beatrix von Courtenay gehandelt. Die feitdem erfchienene
Literatur veranlaßt ihn, ffch nochmals mit den beiden Grabplatten
zu befchäftigen. Er hält an der Datierung der Denkmäler um
1275—1283 feft und behauptet ftiliftifche Verwandtfchaft mit dem
Grabdenkmal des Grafen Wiprecht von Groitzfch zu Pegau.
Zwikau i. S. O. Clemen.

Süß, Louis: Gerohichte der Reformation in der Herrfchaft Rappolt-
ftein l.TL: Bisl648. (Baufteine zurElfaß-Lothring.Gefchichts-
u. Landeskunde. XIV. Heft. (VI, 74 S.) gr. 8». Zabern, A
Fuchs 1914. M- 2 —

Die Gefchichte der Reformation der Herrfchaft Rappoltftein,
der Heimat Speners, und ihrer Hinderniffe durch die öfterreichi-
fche Regierung und den Bifchof von Bafel, aberlauch der Reibungen
zwifchen Lutheranern und Reformierten, fowie die Schilderung
der wackeren Grafen und befonders ihrer trefflichen Frauen
verdiente wohl eine neue Darfteilung auf Grund neuer Quellen,
wie des Thefaurus Baumianus und des Colmarer Archivs durch
Süß. Aber er Überfall, was der Blarerbriefwechfel bietet, und
tut darum S. 19 Röhrich Unrecht, den er gern tadelt, während er
felbft nicht genug gerüftet erfcheint. Seine Kenntnis des Lateins
ift mangelhaft, feine deutfehen Texte find z. B. S. 71 zweifelhaft,

pofitiven Theologie keine ausgeführte Dogmatik vorliegt, und daß
anderfeits die religionsgefchichtliche Schule bisher nur programmatische
Aufftellungen geboten hat (89), kann die völlige Übergehung
der Vertreter diefer beiden Richtungen nicht rechtfertigen (f. nur
Seite 22—23). Entfchieden zu billigen find die Streichungen, die in
den Literaturverzeichniffen vorgenommen worden find. Hatte
Luthardt bereits in der Vorrede zur 1. Auflage diefes Kompendiums
die Herausgabe als ,einen Akt einer gewiffen Selbftverleugnung'
bezeichnet, fo dürfte diefes Urteil in noch höherem Maße für
Winters Bearbeitung zutreffen. Ihm wurde indeffen diefe Selbftverleugnung
durch die Genugtuung erleichtert, ,einer Lebensarbeit
feines hochverehrten, unvergeßlich teuren Lehrers noch
einmal den Weg in die Welt bahnen zu helfen'. Daß er diefer
,Pflicht pietätvoller Dankbarkeit' voll und ganz gerecht geworden
ift, wird auch derjenige anerkennen, der in dem Einfluß des
Luthardt'fchen Kompendiums auf die Theologie unferer Zeit
weniger einen Segen als ein Verhängnis erblicken kann.
Straßburg i. E. P. Lobftein.

Eberhardt, Paul: Das Ungeheure. Von dem Irrtum des Lebens
ohne Gott. (104S.) 8°. Göttingen Vandenhoeck&Ruprecht 1914.

M. 2 —

Das Buch enthält, wie fchon der Titel verrät, keine wiffen-
fchaftlichen Darlegungen. Eher könnte man es ein Bekenntnis
nennen, jedenfalls tragen feine oft rhapfodifchen Betrachtungen,
die in einem eigenwilligen aber auch etwas gefchnörkelten Stile
niedergefchrieben find, ftärkfte perfönliche Färbung. Für alle
Dogmen, und ich fürchte auch für alle Theologie, hat der Ver-
faffer nur ein verächtliches Achfelzucken. Sein Anliegen ift, das
innere Leben der Religion als unberührt und unberührbar von
naturwiffenfehaftlichen und philofophffchen Ergebniffen und Hypo-
thefen, als jenfeits aller Weltanfchauungskämpfe befindlich aufzuzeigen
. Er erreicht fein Ziel dadurch, daß er der Religion allen
Ideengehalt raubt — fpeziell auf die Idee eines in der Gefchichte
fleh allmählich verwirklichenden göttlichen Endzwecks ift er nicht
gut zu fprechen — und fie auf ein inneres myftifches Erleben von
nur andeutungsweife zu befchreibendem Inhalt befchränkt. Man
könnte etwa fagen, nach E. fei das religiöfe Seelenleben Seelenerleben
. Den Ausfagen über Gott auf S. 95 f. liegt allerdings
augenfeheinlich doch eine ,Idee', nämlich die der Wechfelwirkung,
zu Grunde. Das Buch ift nicht arm an Geift und Gedanken.
Iburg. W. Thimme.

Kittel, Prof. D. Rud.: Judenfeindfchaft oder Gottesläfterung? Ein

Mit der Zeitgefchichte ift er nicht genug vertraut. Pfalmengefang , gerichtl. Gutachten. Mit e. Schlußwort: Die Juden u. der
in den erften Jahrzehnten' (S. 18) ift kein Beweis fchweizerifchen [ gegenwärtige Krieg. (III, 92 S.) 8'». Leipzig, O. Wigand 1914.
Gottesdienftes. Denn Pfalmen flnd damals, z. B. bei Sigmund M. 1.60

Hemel Kirchenlieder. Lobwaffers Pfalmen erfchienen erft 1573. Kittel veröffentlicht hier ein gerichtliches Gutachten, das er

Zürich'und Bern kannten gerade in den erften Jahrzehnten keinen 1912/13 zu einer gegen den bekannten Antifemiten Fritrch auf
Kirchengerang. Der berühmte Theologe Seb. Schmid ift ihm un- Gottesläfterung erhobenen Anklage abgegeben hat. Da auf Grund
bekannt (S. 67). Graf Georg von Württemberg nennt er Herzog diefes Gutachtens die Anklage niedergefchlagen worden ift, ander-
(S. 38), die Herzoge aber Grafen (S. 44). Ein großer Wirrwar ift feits aber das heutige Judentum begreiflicherweife das Gutachten
S. 53 zu finden. Statt Welper 1. Wolper, ftatt Matterdingen Malter- ; Kittels kennen lernen wollte, fah Kittel fleh genötigt, um jede
dingen. Lichteneck ift nicht im Amt Tübingen, fondern Sitz des i Mißdeutung auszufchließen, das Ganze weiteften Kreifen zugäng-
Amtes im Gebiet der Grafen von Tübingen bei Emmendingen. , lieh zu machen. Echte, unbedingt der Wahrheit die Ehre gebende
Dies nur ein paar Proben. i Wiffenfchaft fpricht aus Kittels klaren, allfeitig gerecht abwägen-

Stuttgart. G. Boffert. I den und für Fritfchs wiffenfehaftliche Einfchätzung vernichtenden

Äußerungen. Mit Recht betont Kittel außerdem, daß das gefamte
Luthardt, D. Chr. Ernft: Kompendium der Dogmatik. 11. Aufl., Judentum Deutfchlands fittlieh falfche Anfchauungen feiner Ver-
nach des Verf. Tode bearb. v. Lic. F. J. Winter. (VIII, 437 S.) j gangenheit ausdrücklich als unmaßgeblich und lediglich der Ver-
8°. Leipzig, Dörffling & Franke 1914. M. 7—; geb. M. 8— j gangenheit angehörend öffentlich und deutlich bezeichnen möchte.
Es war Luthardt noch befchieden, im Jahr 1900, zwei Jahre ; Der Anhang gipfelt in den Worten: ,Möchte das gemeinfam mit
vor feinem Tod, die zehnte Ausgabe reines zuerft 1865 erfchienenen j unferen Söhnen für Deutfchlands Wohl vergoffene Blut auch für
Kompendiums der Dogmatik herauszugeben. Sollte das Buch j das Judentum eine Saat werden, aus der die Frucht nicht allein
noch einmal das Licht der Welt erblicken, fo konnte die Bearbei- i einer fle felbft voll befriedigenden Stellung unferer jüdifchen Mit-