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Ausgabe:

1916 Nr. 24

Spalte:

520-521

Autor/Hrsg.:

Cohrs, Ferdinand (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Zeitschrift der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte. 20. Jahrg 1916

Rezensent:

Bossert, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 24.

520

Kollegskirche zu Loyola, ,wo indeffen die befonderen ! Zeitlchrift der Gelelllchaü für niederfächfifche Kirchenge-

Umftände — der Solar zu Loyola war das Geburtshaus j fchichte, unter Mitwirkg. v. Ph. Meyer u. Mirbt hrsg.
des hl. Ignatius - die Entfaltung größeren Reichtums v. F. Cohrs. 20. Jahrg. (IV, 314 S.) 8». Braunfchweig,
genügend erklaren und rechtfertigen' (17), von fpa- AT" K 1 c A/r
nifchen Jefuiten nirgends Luxusbauten und nicht einmal j Limbach 1915. M. 5.

Prachtbauten errichtet wurden und daß felbft ihre drei Steinmetz fährt fort mit den Biographien der

größten Kirchen, die Kollegskirchen zu Madrid, Sala- Generalfuperintendenten, diesmal der lüneburgifchen bis
manca und Toledo, weder in Ausftattung noch an Größe 1707, und eröffnet damit einen Blick in die Kirchenge-
nicht einmal zu vergleichen find mit dem Gesu zu Rom fchichte der Zeit der Ref., der Epigonen, der Ortho-
und Neapel und St. Michael zu München, ja daß fie an j doxie, dann Arndts, Calixts und des Pietismus in feinen
Größe und architektonifchem Wert um ein Merkliches j Anfängen. Leider begegnen manche Bedenken. Bei
zurückftehen fogar hinter Bauten wie den Jefuitenkirchen j Rhegius ift St. ftark Uhlhorn gefolgt, z. B. wenn er von
zu Köln, Molsheim, Mannheim, Heidelberg und Bam- j verheirateten Prieftern im Bistum Konftanz fpricht (S. 6).
berg (14). l Es handelt fich hier nur um Gewiffensehen, kanonifch

Wir lernen ferner kennen eine Reihe von bisher un- Konkubinate. S. 6 follte der Dorfpfaffe genannt fein.

genau, wenig oder garnicht bekannten Künftlern, Architekten
und Bildhauern (42, 55 ff., 81 f., 89 f., 107, 129, 143 f.)
nebft einer Reihe von künftlerifch bemerkenswerten Bildwerken
namentlich der Altarbildnerei und verfolgen
deren formale Entwickelung vom 16.—18. Jahrhundert.
Wir erleben weiter an der Bland der jefuitenkirchen

Über die Mißhandlung durch den Domherrn vgl. die
vorfichtige Darfteilung bei Roth, Augsb. Ref.-G. 1, 71
u. 85, Anm. 159. Woher flammt die Nachricht, daß
Krankheit Rhegius am Kommen nach Marburg hinderte ?
(Vgl. Roth 1, 210.) Die Deputation außer Ger. Sailer
beftand nur aus K. Huber (Roth i, 247). Die Zitate aus

des 16.—18. Jahrhunderts — 1767 wurden die Jefuiten j den von Kayfer veröffentlichten Vifitationsakten fordern

aus Spanien vertrieben — ein wichtiges Stück allge- , viel Raum, es genügte an allgemeiner Charakteriftik und

meiner Baugefchichte von der ausgehenden Gotik bis Verweifung auf Kayfer.

zum Ausgang des Barocks und Übergang zum Rokoko. | Jedenfalls follte genau zitiert fein, fo ift S. 29 nicht Huderburg,

Befonders bedeutfam ift aber eben der Nachweis, j fondern Hudenburg, d. h. v. Hodenberg, gemeint. Denk wird zu Denker

daß die Jefuitenkirchen weder in der Formenfprache l s- i2> joh- Forfter zu, Förfter s 49. köpp zu Kopp s. 71, apoc. zu act.

1 -i • j ü j- /•■• j • a ru S. 124. Der Kryptokalvimft Urb. l'ienus heißt wiederholt S. 62ff. u. 87

noch auch in der Raumdispofoon, weder im Aufbau , prfe 4g Qb Bo«ak in w;ttenberg ftudiert£) ließ fich leicht3aus ^
noch m der Ausltattung eine Befonderheit für fich bll- ; Alb- yiteberg. feftftellen und die Schrift Silbermanns gegen Pierius, die
den, daß es mit anderen Worten keinen Jefuitenftil als Knaake befaß Kat. 3, 917, mit Hilfe der Berliner Auskunftsftelle deuteigenen
Stil, wie man ihn auch faffe, gibt, fondern daß fcher Biblioth. auflinden. Recht ungenügend ift Chriftoph Fifcher behan-
die Jefuitenkirchen fich durchaus einordnen in die Ge- dey-, Sei»e ^l'lrejchen Schriften, Predigten und Erbauungsbücher, zu
r , . "i , j j /--/•! im ry ■. , tt welchen Beck, Die Erbauungsht. Deutfchl. S. 205 zu vergleichen ift,

fchichte und den Gefchmack ihrer Zeit und ihrer Um- ; fonten einmal zufammengeftellt fein. Gut ift die biogrf Notiz von

gebung. Gerade diefe Erkenntnis unterltreicht Braun ' Scheuffler, Jahrb. f. Gefch. des Prot, in Ofterreich 30, 8ff. Vor allem

lebhaft; fie erhärtet ihm den Satz, den er fchon in feinen
Büchern über die deutfchen und belgifchen Jefuitenkirchen
als Schlußfolgerung gezogen, daß die Annahme

wäre das Corp. Ref. 7, I02iff., 1064fr. zu vergleichen, fodann Germanu,
Joh. Forfter 432 Anm. 465 u. ürk. 54. 55 und Nik. Müller, Wittb. Bewegung
S. 294, wo feine Gattin Elifabefh, Tochter des Paul Knodt, und
feine autobiogTaphifchen Notizen in der von Knaake befeffenen Tauler-

eines Jefuitenftiles Fabel fei. Wie die fpanifchen Jeluiten- I Ausgabe genannt find.

kirchen keine eigene Formenfprache haben — die alte- Sehr willkommen ift die Fortfetzung der Arbeit von

ften (Murcia, Saragoffa und Palma) find in heimifcher
Spätgotik gebaut, alle anderen in Renaiffance und Barock
; anders zu bauen wäre Anachronismus gewefen —,
fo haben fie keinen eigenen oder gar einheitlichen
Grundrißtypus. Vielmehr treffen wir, wie außerhalb Spaniens
, fo in Spanien die verfchiedenften, teilweife diame-
trallten Bildungen: Langhausanlagen und Zentralbauten
(unter diefen ein Unikum in der Reihe der barocken
Kirchen Spaniens das Oktogon der Kollegskirche zu

Wolters über die kirchlichen und fittlichen Zuftände
in den Herzogtümern Bremen und Verden 1650—1725
auf Grund der Generalkirchenvifitationsakten. Es ift ein
höchft lehrreiches Bild der paftoralen Tätigkeit und des
ganzen kirchlichen Gottesdienftes und Lebens, des Pfarr-
ftandes und des Schulwefens. Überrafchend ift der
Reichtum an Feft- und Feiertagen, der Württemberg
noch übertrifft. Sehr einleuchtend ift, daß die Lefekunft
bis 1650 noch nicht weit verbreitet war, alfo der Gebrauch

Burgos, S. 146 ff.), einfchiffige und dreifchiffige Kirchen, des Gefangbuchs, der Bibel und Erbauungsliteratur be
beide ohne oder mit Seitenkapellen, Kirchen mit und fchränkt fein mußte, daher auch erft plattdeutfcher Ge
Kirchen ohne Emporen, Kreuzkirchen und einfache Saal- fang. 1716—22 fehlt die Orgel noch in der Hälfte aller
bnuten (S. 34, 169, auch S. 127). I Kirchen. Noch findet fich ein Pfarrer, der nie ftudiert

Der bevorzugte Typus ift hierbei die einfchiffige j hat, dagegen ein Miffionar. Auffallend ift der Simonie-
Kreuzkirche mit Seitenkapellen zwifchen den einge- | eid (S. 148) und das Verhalten des Adels und der Beamten
zogenen Strebepfeilern des Schiffes, ohne oder mit j bei kirchlichen Handlungen (S. 161, 173, 182, 187). Für
Emporengefchoß. Es ift ein Typus, den die Jefuiten | die Gefchichte des Kirchenrechts ift zu beachten als Befitz
Spaniens in ihrem Lande an fpätgotifchen Kirchen des ; des Pfarrers die Vollhufe, der karolingifche mansus S. 150
15. und 16. Jahrhunderts vorfanden (174) und den fie für und der Pfarrer S. 152fr. und anderwärts die Kirche S. 228
fich aufnahmen, weil er ihren Kultbedürmiffen am beften 1 als Grund- und Gerichtsherr. Unwillkürlich erinnert fich Ref.
entfprach (173). Die architekturgefchichtlich wichtige I an das, was auch Ernft (die Entftehung des niedern Adels)
weitere Frage, woher er felber wiederum nach Spanien ge- ] über Grundherrfchaft und Gerichtsbarkeit und Rechte und
kommen, erhebt Braun nicht; fie liegt vielleicht auch j Pflichten jüngft fchrieb. Hier wäre eine weitere Unter-

außerhalb feiner Aufgabe. Tatfächlich liegt feine Heimat
in Südfrankreich, in dem alten Ketzergebiet der Wal-
denfer und Albigenfer, wo er in romanifch-gotifcher Zeit
geläufig war und mit eigenartigem Trotz feftgehalten
wurde und von wo er denn auch jenfeits der Pyrenäen
Eingang und Gegenliebe fand.

Ein ihrer würdiges muftergiltiges Regifter fchließt
Brauns Studie ab, die nur einen Wunfeh hinterläßt, nämlich
den nach einem reicheren Abbildungsmaterial.

Berlin. Georg Stuhlfauth.

fuchung fehr empfehlenswert. Dies nur einige Züge des
ganzen Bildes, das nach jeder Beziehung lefenswert ift.

Wertvoll find für die Kenntnis des kirchlichen Lebens
einer befcheidenen mittelalterlichen Stadt die Auszüge
aus einem Kopial- und Rechnungsbuch der Kirche zu
Münder, die Th. Meyer gibt. Münder hat fchon 1357
Pfarrer, Kaplan, 6 Vikare und 2 Lehrer (Mefter und
Lokat). Wir lernen die Koften des Kirchbaus, des gottes-
dienftlichen Bedarfs und der Weihe einer Kapelle kennen,
kurz alle kirchlichen Ausgaben neben den Einkünften.

Ift das Buch S. 239, das der Kirchherr für die Schule 1439 ftif-