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Ausgabe:

1916 Nr. 24

Spalte:

510-511

Autor/Hrsg.:

Makarewicz, Marjan

Titel/Untertitel:

Die Grundprobleme der Ethik bei Aristoteles 1916

Rezensent:

Goedeckemeyer, Albert

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Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 24.

510

getan werden. Was foll man dazu fagen, daß Buddes i
Bedenken dadurch beifeite gefchoben werden, daß K. j
darauf hinweift, wie Ifrael nur durch feine religiös-fitthche
Eigenart fich den Kanaanitern gegenüber behaupten
konnte. .Sollte diefe', fo fragt K., ,fich nicht auch ausbrechen
?' Diefe Beweisführung fteht auf derfelben Höhe
wie die G. Beer gegenüber, der die Ineinanderfetzung
der Pflichten gegen Gott und den Nächften meint nur
aus der Wirkfamkeit der Propheten verliehen zu können.
Er wird mit dem Satz abgetan: .Später wurden die Gefetze
detailliert, nicht vereinfacht'. Es ift nicht leicht zu
begreifen, wie K. angefichts von Männern wie Arnos,
Hofea, Jefaja, Micha (vgl, 6,9) und der an die Propheten
fich anfchließenden deuteronomiftifchen Richtung derartiges
behaupten kann. Gegen Buddes Ausführungen,
daß Ifrael in Kanaan nicht vonjahve habe den Erntefegen
erbitten können, wird darauf hingewiefen, daß fchon die
älteften Quellen (vgl. Gen. 20,12 J. Gen. 27,24 E) uns das
Gegenteil fagen, eine Widerlegung, die an Überzeugungskraft
der gleicht, die Baudiffin erfährt, der die milderen
Züge des heilenden Gottes, welche der ftrenge Gewitter-
und Feuergott Jahve angenommen, auf den Einfluß der
kanaanitifchen Religion zurückgeführt hatte, er wird damit
abgefertigt, daß nach den Quellen fchon der Gott
der patriarchalifchen und mofaifch-altprophetifchen Religion
ein Gott des unabhängigen, dauernden Seins und
Lebens in der Gefchichte war.

Abgefehen von den zahlreichen Erweiterungen, die
durch Berückfichtigung der neueften Literatur veranlaßt
find, ift an nicht wenig Stellen auch eine Kürzung oder
Umgeftaltung des Textes erfolgt, die, foviel Ref. feft-
ftellen konnte, freilich nur an einer Stelle einen größeren
Umfang angenommen hat, nämlich in dem Abfchnitt
über die Auferftehungshoffnung, wo die S. 610—615
neu gearbeitet find, vgl. auch den Abfchnitt über die
Effäer S. 621 f. Von größeren Auslaffungen ift mir nur
die der Polemik gegen Meinhold aufgefallen, der fich
mit Recht gegen die von K. gemachte Unterfcheidung
zwifchen den durch Vermittlung des Mofe gegebenen
und den direkt dem Volke zugefloffenenJahve-Vorfchriften,
die tatfächlich keine Opferforderung enthielten, gewandt
hatte (vgl. K.1 S. 322—324), fie ift jetzt verfchwunden,
ohne daß erfichtlich ift, ob K. fich inzwifchen vielleicht
eines Befferen befonnen, wie das einige andere Weg-
laffungen nahelegen (vgl. z. B. 1. Aufl. S. 163 u. 2. Aufl.
S. 217 die gegen Corn. u. Budde gerichteten Bemerkungen
, 1. Aufl. S. 262, 2. Aufl. S. 320, 1. Aufl. S. 287 Nr. 6,
2. Aufl. S. 547, 1. Aufl. S. 331—333, Aufl. S. 392, 1. Aufl.
S. 348, 2. Aufl. S. 409). Doch genug der Einzelheiten;
die gegebenen werden genügen, des Ref. Anerkennung
und Bedenken zu begründen.

Straßburg i. E. W. Nowack.

— ■'--v-—1

Mahler, Prof. Dr. Ed.: Handbuch der jüdilchen Chronologie.

(Schriften, hrsg. v. der Gef. zur Förderg. der Wiff. d.
Judentums: Grundriß der Gefamtwiff. des Judentums.)
(XVI, 636 S.) gr. 8°. Leipzig, G. Fock 1916.

M. 12—; geb. M. 14 —

Ein Handbuch der jüdifchen Chronologie von einem
rabbinifch gefchulten Aftronomen, der mit ägyptologifchen
und affyriologifchen Kenntniffen auch der proteftantifchen
altteftamentlichen Forfchung nicht fremd gegenüberfteht,
wird freudig begrüßt werden. Und man hat Grund zur
Freude, wenn die jüdifche Wochenrechnung von der Feier
der Mondphafen, der jüdifche Sabbat als Tag der Vollendung
von der Vollmondsfeier, der neunzehnjährige
Zyklus des jüdifchen Kalenders mit Monatsnamen und 1
Schaltungsregeln (Marchesvan und Kislev veränderlich)
von den Babyloniern hergeleitet wird und wenn aus Ta- j
bellen von 1895 gezeigt wird, daß der Kalender der Juden 1
von Affuan im 5. Jahrh. neben dem ägyptifchen der auf
Rechnung beruhende babylonifche Kalender war. Dann ift 1

es m. E. durchaus wahrfcheinlich, daß auch die im Hexa-
teuch, den Königsbüchern, der Chronik, bei Esra-Nehemia,
vorher bei Jeremia, Ezechiel, Haggai, Sacharja, fpäter in
den Büchern Efther und Daniel ftehenden Monatsdaten
diefen babylonifchen Kalender, vielleicht mit Modifikationen
(Esras Jahr beginnt mit Nifan, Nehemias mit
Tifchri) vorausfetzen. Die heidnifchen Monatsnamen werden
im Hexateuch und bei einzelnen biblifchen Schrift-
ftellern durch Ordinalzahlen erfetzt, wie das bei den
Wochentagen geblieben ift; eine Quelle des erften Königsbuchs
fucht dafür die kananäifchen Namen (Siv, Ethanim,
Bul) einzubürgern; zuletzt dringen doch die babylonifchen
Namen durch. Gut wird gezeigt, daß Jofephus keinem
einheitlichen Kalender folgt.

Mahler kennt fehr wohl die Schwierigkeiten der
Chronologie in den biblifchen Erzählungsbüchern; die
Vorliebe für die Zahl 40 flammt ihm aus Ägypten; die
Unftimmigkeit der Addition der Königsjahre, der Wider-
fpruch der Keilinfchriften gegen die Zahlen der Bibel
wird hervorgehoben. Trotzdem verfucht leider auch
Mahler einen Ausgleich: dabei ift Achabbu nicht König
Ahab, und Hiskia beginnt nach Krankheit und Bekehrung
zum zweiten Mal fein erftes Regierungsjahr. Allerdings
kann man hier noch eine andre Möglichkeit wählen.

Wie hier von der Bibel, macht fich Mahler auch
fonft von der Tradition nicht genügend frei. Mittels
Tradition und Deutung der ägyptifchen Finfternis als
zentraler Sonnenfinfternis wird Donnerstag 27. März 1335
v. Chr. als Tag des Auszugs aus Ägypten beftimmt; eine
Sonnenfinfternis und traditionelle Verkürzung der biblifchen
Zahl läßt den 8. Oktober 1764 als Zeitpunkt der
Verheißung an Abraham berechnen. So glaubt Mahler
in allzu großem Vertrauen den jüdifch-rabbinifchen Angaben
über Beobachtung des Neumonds, die doch nur
Gefchichtskonftruktion find. Luftig ift, wie er über diefe
Beftimmungen doch S. 384—396 nur Maimonides abdruckt
trotz einer neueren ,literarifchen Leiftung von
unvergänglichem Werte' von Zuckermann.

Die Ordnung läßt in diefem Buch alles zu wünfchen
übrig. Übel ift, daß das Buch der Lichter im äthiopifchen
Henoch und das Jubiläenbuch mit einer Unkenntnis beweifenden
Bemerkung S. 220 abgetan werden; daß 1 Kön.
9,10 = .II Chron. 8j eine Ära des erften Tempels durch
falfche Überfetzung gefunden wird; daß pns? Lev 24,23
der ägyptifche Sonnengott Aten fein foll; auch die Zu-
fammenftellung von Abib und Epiphi ift äußerft fraglich.
Auffallend ift auch, daß die einzige Stelle, wo das Sabbatjahr
im A. T. im Rahmen der vorexilifchen Gefchichte
erfcheint, Jer. 34,14, nicht erwähnt wird und daß die Teilung
der Stunde in 24 Onah zu 24 Eth zu 24 Rega durch
R. Juda d. H. (Tof. Berach. i,) Mahler unbekannt ift.

Sehr dankenswert find die am Schluß beigegebenen,
über 100 Seiten umfaffenden Tabellen.

Gießen. Oscar H oltzmann.

Makarewicz, Marjan: Die Grundprobleme der Ethik bei
Ariltoteles. (XV, 222 S.) gr. 8°. Leipzig, O. R. Reis-
land 1914. M. 6 —

Die leitenden Gefichtspunkte in dem ariftotelifchen
Ideengang befonders deutlich herauszuarbeiten, um die
gefamte ethifche Lehre des Stagiriten als eine fpezielle
Anwendung der theoretifchen Grundfätze feiner Philo-
fophie auf die menfchliche Praxis zu begreifen — das ift
es, was fich der Verfaffer zur Aufgabe gefetzt hat. Er
behandelt von hier aus in zwölf Kapiteln das, was ihm als
Grundproblem erfcheint wie die Stellung der Ethik im
Syftem, ihre Methode, ihre praktifche Vernunft, das freie
Handeln u. a. m. Ich flehe nicht an, zu erklären, daß
eine Reihe von Bemerkungen des Verf. volle Beachtung
verdienen. Dahin gehört z. B. das, was er im erften Kapitel
(S. 15 f.) über die Einteilung der Wiffenfchaften fagt,
ferner die entfchiedene Betonung des empirifchen Cha-