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Ausgabe:

1916

Spalte:

481-483

Autor/Hrsg.:

Söderblom, Nathan

Titel/Untertitel:

Das Werden des Gottesglaubens. Untersuchungen über die Anfänge der Religion 1916

Rezensent:

Hackmann, Heinrich

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiUS und Professor Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 10 Mark

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41. Jahrg. Nr. 23. Profeffor D. Titius in Göttingen, Nikolausbcrger Weg 66, zu fenden. 25. NOVeiTlDer lülO

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Söderblom, Das Werden des Gottesglaubens

(Hackmann).
Fries, Jätakam-Studien (Oldenberg).
Mowinckel, Statholderen Nehemia (Buhl).
Der Jude (Strack).

Meyer, Die evangelifchen Berichte über die

Verfuchung Chrifti (Bauer).
Meinertz, Die Gleichnifie Jefu (Fiebig).
Löfftedt, Tertullians Apologeticum (Jü-

licher).

Jong, Hegel und Plotin (Dorner).

Rofe, Die Baukunft der Ciftcrzienfer (Stuhl- I Norrenberg, Die deutfche höhere Schule nach

fauth). dem Weltkriege (Schulter).

Bürckftümmer, Gefchichte der Reformation , ,,_„,. trr__/vt;_l,

,„ ... • t^- 1 1 lzii/c . Wohlrab, Ulambara (Mtrbt).
und Gegenreformation m Dinkelsbuhl (Schorn- !

bäum). j Referate: Kittel, Gefchichte des Volkes Ifrael.

Wapler, Johannes v. Hofmann (Titius). Bd- 3- Aufl. — Huck, Synopfe der drei

. J „ ... , '. erften Evangelien. C.Aull. — Appel, DteEcht-

Dunkmann, Die Naclnvtrkungen der theo- ; hdt ^ T^ntLnn^mi. - Richter,

logtfchen Pr.nztpienlehre Schle.ermachers ; Gefchichte des Auguftinerkloflers Frenswegen

(Scholz). jn der Grafrcn- Bentheim. — Vierteljahrs-

Ifenkrahe, l ber die Grundlegung eines bun- | fcnrift für innere Mjffion. 35. Bd.

digen kosmologifchen Gottesbeweifes (Lob- j

ftein). I Wichtige Rezenfionen. — Neueste Literatur.

Söderblom, Erzbifchof Nathan: Das Werden des Gottesglaubens
. Unterfuchungen über die Anfänge der Religion
. Deutfche Bearbeitung, hrsg. von Rud. Stübe.
(XII, 398 S.) gr. 8°. Leipzig, J. C. Hinrichs 1916.

M. 8—; geb. M. 9 —
Dem fchwedifchen Original diefes Buches (von R.
Otto in Nr. 1 von Jahrg. 1915 diefer Zeitfchrift bereits
gewürdigt) ift nun die deutfche Bearbeitung gefolgt. Sie
ift ,inhaltlich eine nicht unbeträchtlich erweiterte Neubearbeitung
' (S. VIII), indem ein einfchlägiges Manufkript
von D. Söderblom durch den Hrsg. mit hineinverarbeitet
ift, vor allem aber Kap. 6 (Schang-ti) völlig neu durchgearbeitet
wurde unter Mitwirkung des Leipziger Sinologen
Conrady. Auch der Germanift E. Mogk und zwei
andere jüngere Gelehrte haben fich um die Arbeit verdient
gemacht. Ihnen und vor allem dem Bearbeiter
felbft, Dr. Stübe, wird ein großer Kreis von Benutzern
diefer deutfchen Ausgabe fich für die Erfchließung eines
fehr bedeutenden Werkes verpflichtet fühlen.

Inhalt und Anlage des Buches (Kap. 8 ftand in der
fchwed. Ausgabe hinter Kap. 10 der deutfchen Ausgabe)
find in der Befprechung von Otto bereits angegeben,
deren Wertung überhaupt fich der Ref. im ganzen anschließen
kann. Um daher eine Wiederholung von fchon
Gefagtem zu vermeiden und auch nicht in Kleinigkeiten
einer anderen Auffaffung ftecken zu bleiben, möchte
Ref. feine Dankbarkeit für die Arbeit erften Ranges, die
hier einem Problem erften Ranges zugewandt ift, dadurch
zum Ausdruck bringen, daß er zur Grundthefe des
Buches einiges zu bedenken gibt.

Diefe Grundthefe ift: an der Entftehung und Entwicklung
des Gottesglaubens im eigentlichen Sinne find
nicht nur Animatismus und Animismus beteiligt gewefen,
fondern daneben ebenfofehr zwei andere Gedanken, nämlich
die Machtvorftellung (der Glaube, der es mit Giößen
wie Mana, Orenda, Manitu, Tabu u. ä. zu tun hat) und
die Urhebervorftellung (welche um jene feltfamen Ge-
ftalten der Urväter oder Allväter, ,Kulturheroen', ,Heil-
bringer' kreift). Macht, Urheber und Geifter Rheinen
die Menfchen in gleicher Weife befchäftigt zu haben, als
die Ahnung des Göttlichen, der Gottesglaube, feinen Anfang
nahm (S. 223).

Hier find drei Dinge als nebeneinanderftehend behandelt
, die dem Ref. auf verfchiedenem Niveau zu liegen
Rheinen.

Die Frage nach der Entftehung des Gottesglaubens
fchließt zwei verfchiedenartige Unterfuchungen in fich,
nämlich 1. die Unterfuchung, auf welchem Mutterboden
fich der Gottesglaube gebildet hat, alfo die Erforfchung
der genetifchen Vorausfetzungen; 2. die Unterfuchung
, welches die Momente der Neubildung
waren, das eigentümlich Weiterführende, das eben in den
Begriff einer Gottheit auslief Jene drei Wurzeln, welchen
S. die Entftehung des Gottesglaubens zufchreibt, haben
etwas Ungleichartiges. Animatismus und Animismus find
genefifche Vorausfetzungen; konitituierende Faktoren
dagegen waren der Machtglaube und die Urhebervorftellung
. Das Auseinanderhalten diefer zwei Unterfuchungen
ift nicht unwichtig, denn nur unter diefer Bedingung
tritt klarer und ficherer das echte Wefen des
Gottesglaubens im Unterfchiede von älteren religiöfen
Vorftellungen heraus.

Vielleicht würde fich auch bei Richer Rhärferen Prä-
zifierung von felbft die weitere Frage eingeftellt haben,
ob Machtglaube und Urheberglaube die einzigen hinreichenden
Faktoren für Bildung des Gottesglaubens
gewelen feien. Ref. meint, daß ein Drittes hinzugezogen
werden muß: eine befondere Anlage, um die Vorftellung
von jenfeitigen Wefen mit Perfönlichkeitsfarbe zu
fättigen, woran dann eine innigere perfönliche Verflochtenheit
der Verehrer mit dem Überfinnlichen fich ausbildet
.

Es ift nämlich fehr zu beachten, daß dort in der
Menfchheit, wo die Fähigkeit der Verperfönlichung, die
Anlage zu plaftifcher Umbildung des Abftrakten, zur
Umkleidung von Ideen mit Fleifth und Blut am ftärk-
ften war, auch die kräftigfte Götterwelt zutage trat (im
griechifchen Kreife), daß aber da, wo diefe Anlage fchwach
war, der Götterglaube (und mit ihm die Mythologie) auch
immer fchwach und fchattenhaft blieb. So am auffällig-
ften bei den Chinefen. In deren religiöfem Leben hat
von jeher eine ganz andere Auffaffung vorgefchlagen.
Der chinefifche Geift war von jeher mehr eingeftellt auf
eine Art religiöfen Glaubens, die ich den Glauben an
verborgene Proportionalität nennen möchte. Das
Objekt der Religion ift dabei mehr die Jenfeitswelt
im Ganzen als einzelne Gebilde überfinnlicher Natur
(Geifter, Götter). Das Augenmerk richtet fich vor allem
auf verborgene Gleichungen, geheime Beziehungen, die
zwifchen Sinnlichem und Überfinnlichem beftehen. Das
Ahnen und Beachten diefer geheimen Zufammenhänge

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