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Ausgabe:

1916 Nr. 2

Spalte:

442-443

Autor/Hrsg.:

Pont, J. W.

Titel/Untertitel:

Het eigen karakter en beginsel van het Luthersch Protestantisme in Nederland 1916

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 20/21.

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Degering, H.: Aus Luthers Frühzeit. Briefe aus dem Eife-
nacher u. Erfurter Lutherkreife 1497—1519. Sonderabdruck
aus dem Zentralbl. f.Bibliothekswefen 33. Jahrg.,
1916, Heft 3/4. (S. 69—95) gr. 8°. Leipzig, O. Harraffo-
witz 1916. M. 1 —

Deutfche Luther-Briefe. In Auswahl u. mit biograph. Ein-
leitg. von Stadtpfr. J. Friz. (110S.) kl. 8°. Leipzig,
C. F. Amelang 1916. M. l —

Die Kgl. Bibliothek in Berlin hat 1908 aus der Erfurter
einen Sammelband von Frühdrucken und Hand-
fchriften übernommen, unter deren letzeren eine kleine
Sammlung von 24 Briefabfchriften unfer Intereffe bean-
fprucht. Soweit diefe nämlich datiert find, fallen fie in
die Jahre 1498—1510, Schreiber und Adreffaten, foweit
fie genannt find oder vermutet werden können, weifen
uns nach Eifenach und Erfurt. Ein Brief nennt fogar als
Schreiber Luther (Nr. 16). Diefer ladet am 28. [nicht 27.]
April 1507 feinen früheren Lehrer (Trebonius in Eifenach
oder den ihm fpäter noch befreundeten Wigand? vgl.
Scheel, Luther I 275) zu feiner Primiz ein, wie 6 Tage
vorher den Eifenacher Joh. Braun, Enders L 1 ff. Der
Abfchreiber der Briefe hat kein perfönliches Intereffe an
den Menfchen, die fie fchrieben oder empfingen, genommen
, er hat ohne chronologifche Ordnung fie fich
abgefchrieben, die Namen oft fortgelaffen oder durch ein
N. erfetzt; ihm werden fie nur den Wert von Stilproben
cehabt haben. Darum bleibt vieles dunkel, vielfach ift
man auf mehr oder weniger wahrfcheinliche Vermutungen
an^ewiefen. Aber jedenfalls handelt es fich um einen
Kreis, in dem Luther lebte; fein Freund Joh. Braun in
Eifenach tritt fo bedeutfam in ihnen hervor, daß Degering
die Sammlung von einem jüngeren Genoffen feines Haufes
aus Briefen in feinem Befitz zufammengefchrieben fein
läßt. Von den Briefen fchreibt D. noch zwei andere, Nr. 3
vom 5. Sept. 1501 und Nr. 13 vom 23. Febr. 1503, Luther
zu; hat er damit Recht, dann hätten wir Briefe aus den
Anfängen feines Studiums in der Artiftenfakultät, aus
einer Zeit, aus der uns bisher alle Selbftzeugniffe fehlten.
Freilich bleibt diefe Annahme unficher. Der Schreiber
von Nr. 3 nennt fich Martinus Viropolitanus. Einen
Martinus aus Mannftedt, an das man zunächft denkt, gibt
es damals in Erfurt nicht; aber könnte nicht auch ein
Mansfelder fich fo bezeichnen? Der Schreiber berichtet
von dem Anfang feiner Studien unter einem Lehrer N.,
der fein Landsmann fei, und von feinem Eintritt in die
Burfa Porta Coeli. Das könnte auf den vor 5 Monaten
immatrikulierten Luther paffen. Aber wir willen wenig-
ftens von dem Baccalaureus Luther, daß er der Georgs-
burfe angehörte (Giemen, Beiträge II, 1). Konnte man die
Burfen wechfeln? Dies Bedenken hat Degering nicht gehoben
. Noch unficherer fteht es mit Brief Nr. 13, der
gar nicht Schreiber und Adrefiat nennt, wo D. nur aus
dem ,aus ihm fprechenden Geift und der darüber ausgebreiteten
Stimmung' auf Luther fchließt. Nun, die Stimmung
bezeichnet D. felbft als .weltfchmerzlich', woran
wohl Schuld trägt, daß der Brieffchreiber felbft fich cra-
pulis et ebrietatibus impeditus nennt. Zu dem Grifarfchen
Luther würde das freilich paffen, aber auch zu dem ge-
fchichtlichen? Für D. ift wohl entfcheidend, daß der
Schreiber fo lebhaft fich für eine der kleineren Schriften
des Lyra intereffiert, er fchreibt: ,daß Luther fich neben
dem juriftifchen Studium mit theologifchen Dingen be-
fchäftigte, ift bekannt'. Aber 1503 trieb Luther noch
kein juriftifches Studium, und von feiner Befchäftigung
mit Theologie wiffen wir aus den erften Studienjahren
auch noch nichts. Er hatte vollauf mit den vorgefchrie-
benen Studien in artibus zu tun. Mir fcheint daher für
Nr. 13 nicht einmal eine Wahrfcheinlichkeit für L. als
Verfaffer zu fprechen. Den Martinus meus in Nr. 18, nach
deffen Gefundheit und Studienfortfchritten fich der Brieffchreiber
— D. vermutet Trebonius — erkundigt, auf

Luther zu beziehen, ift kein Bedenken. Den Brief Nr. 9
läßt D. von Eob. Heffus an Crotus gerichtet fein, da der
Verf. fich als Oreft bezeichnet, und diefe beiden fich Oreft
und Pylades nannten. Freilich wäre die Bezeichnung
christianae militiae singulari athletae für Crotus auffallend,
der damals noch vor dem Magifter-Examen ftand. Man
müßte hier den miles christianus als Stichwort aus dem
Enchiridion des Erasmus faffen. — So ift vieles mit der
Unficherheit kombinierender Vermutung behaftet. Aber
ficher haben wir Dokumente aus Luthers Studienjahren
vor uns, deren forgfältige Edition dankbar zu begrüßen ift.

J. Friz bietet in gefchmackvoller Ausftattung 60 gut
ausgewählte deutfche Briefe Luthers mit den notwendigen
Erläuterungen in einer von Sachkenntnis zeugenden bio-
graphifchen Einleitung dar, und zwar Briefe, die nicht
den Reformator, aber den Menfchen, den Sohn, Ehemann
, Vater, Freund ufw. in Ernft und Scherz, in feinem
reichen und tiefen Gemütsleben offenbaren. Das Büchlein
ift wohl geeignet, weiteren Kreifen den deutfchen
Mann näher zu bringen. In Nr. 56 kannte F., da er nur
auf die Drucke angewiefen war, nur den verftümmelten
erften Satz; nach Goth. B 187 lautet er: ,Wir find heute
umb Achte aus Halle gefahren, aber find nicht gen Eisleben
kommen, fondern umb neun wider gen Halle eingezogen
', So erft fügt er fich den Daten über Luthers
letzte Reife ein. In Nr. 57 bedürfte der Satz: ,wann der
verdrießliche Handel thäf der Erläuterung, daß ,thät' im
Konditionalfatz bedeutet: ,nicht vorhanden wäre'. In
Nr. 58 ift ,Selbsmartyrin' ein alter Lefefehler; im Original
fteht ,Sewmarckterin', in fcherzhafter Bezeichnung nach
dem am Saumarkt gelegenen Garten Luthers.

Berlin. G. Kawerau.

Pont, Dr. J. W.: Het eigen karakter en beginsel van het
Luthersch Protestantisme in Nederland. Rede, uitgespro-
ken bij het aanvaarden van het ambt van kerkelijk
Hoogleerar van wege het Herst. Evang. Luth. Kerk-
genootschap aan de Rijks Universiteit te Utrecht op
Woensdag 20. October 1915. (28 S.) gr. 8°. Utrecht,
G. J. A. Ruys 1915.

Mit dieferRede trittder bekannteErforfcher des Luthertums
in den Niederlanden feine Profeffur an der Univer-
fität Utrecht an; das Seminar, das bisher für die künftigen
lutherifchen Prädikanten Hollands in Amfterdam beftand,
ift nach Utrecht verlegt und durch jene Profeffur mit
dem dortigen akademischen Leben in Verbindung gefetzt
worden. Sein Thema wählt Pont natürlich aus der Ge-
fchichte; er will den reinen, unverfälfchten Charakter des
niederländifchen Luthertums nachweifen; der Erlanger
Harleß und der Amerikaner Lenker hatten ihn beftritten
und von Verfall und calviniftifchem Einfluß gefprochen.
Darum auch intereffieren P. die erften lutherifchen Regungen
in den Niederlanden nicht, er fetzt beim organi-
fierten Luthertum ein. Hier konftantiert er zwei Strömungen
; die eine fetzt in Woerden ein, die andere in Antwerpen,
erftere ftand auf dem Punkte, fich zur lutherifchen Staatskirche
zu entwickeln, als die Durchführung des reformierten
Bekenntniffes feitens der Staatsgewalt ihr ein
Ende machte, die andere, gefpeift zum guten Teile durch
deutfche Kaufleute, verfcherzte fich die Volksgunft durch
ihre echt lutherifche Weigerung, fich an der Revolution
1567 zu beteiligen. So hat das niederländifche Luthertum
nicht recht hochkommen können. Seine Eigenart
manifeftiert fich in Verfaffung und Kultus; erftere, die
Muttervorbild für einen Teil des amerikanifchen Luthertums
, ebenfo für das Luthertum in Kapftadt und Oftindien
geworden ift, zeigte zunächft die Form der ,huiskerken'
die von Älteften als proviforifchen Stellvertretern des
Magiftrates (nicht , etwa der Gemeinde) geleitet werden,
daher denn die Älteften in der Regel aus den Kreifen
der Angefehenften genommen werden; letzterer ift ganz