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Ausgabe:

1916 Nr. 2

Spalte:

433-438

Autor/Hrsg.:

Heikel, Ivar A. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Eusebius Werke. 6. Bd.: Die Demonstratio evangelica 1916

Rezensent:

Koetschau, Paul

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Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 20/21.

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verbunden, fo hat man auch fehr früh fchon aus der Tatfache
, daß Phil. 4, 3 ein Klemens erwähnt wird, gefchloffen,
unfer Klemens fei ein Begleiter des Heidenapoftels ge-
wefen. Solche Beobachtungnn regen immerhin einige
Skepfis gegen die Mitteilung des Irenaus auf. Und fie
verftärkt fich angefichts des Faktums, daß der I. Klemensbrief
von Paulus offenbar nichts weiter weiß, als was aus
der Apoftelgefchichte und den Paulusbriefen hergeleitet
werden kann. D. legt zwar (S. 85fr.) großen Wert auf
das hjtzdx 1 g ötöfia rpoQtOag (I Klemens 5,6). Aber diefe
.beftimmte Zahlenangabe' würde, auch wenn es fich nicht
gerade um die Siebenzahl handelte, niemandem imponieren
, der die Gefetze, die fich bei der Legendenbildung
auswirken, kennt. Haben wir mithin Veranlaffung, an der
Vertrautheit des Klemens mit dem Leben der Apoftel
einigen Zweifel zu hegen, fo erhebt gegen feine Behauptung
, Paulus fei in Spanien gewefen, der Schluß der Apoftelgefchichte
einen fo geharnifchten Proteft, daß wenigftens
ich ihn nicht zu überhören vermag. Ich glaube I Klem.
5,7 immer noch am richtigften zu verliehen als einen
Schluß aus Rom. 15,24. Klemens — oder wer fonlt für
den Inhalt des nach ihm benannten Briefes verantwortlich
fein mag — zieht ihn mit derfelben Unbekümmertheit
, mit der fich Polykarp (9, 2) zu der Annahme befugt
hält, Ignatius hätte das fehnlich erhoffte Martyrium bereits
erlitten, trotzdem er (nach 13,2) nichts Pofitives
davon weiß und Ignatius felber, wie fein Römerbrief lehrt,
keineswegs ficher ift, fein Ziel zu erreichen.

Göttingen. Walter Bauer.

Eufebius Werke. 6. Bd. Die Demonstratio evangelica.
Hrsg. v. Prof. Dr. Ivar A. Heikel. (Die griechifchen
chriftlichen Schriftfteller der erften drei Jahrh. 23. Bd.)
(XXIX, 589 S.) Lex. 8°. Leipzig, J. C. Hinrichs 1913.

M. 20 —; geb. M. 22.50

Seiner Evayyekix/j jiQOJiaQaOxevr] hat Eufebius als
apologetifches Hauptwerk die Evayyelix/j djto6ei§ic
(= Demonstratio evangelica) in 20 Büchern folgen laffen.
Soviele las noch Photius, erhalten find außer einigen Fragmenten
nur 10 Bücher, die uns einen tiefen Einblick in
die theologifchen Anfchauungen des Eufebius gewähren
und vor allem auch wichtige hexaplarifche Fragmente
gerettet haben. Eine Durchnahme diefer erhaltenen erften
Hälfte der .Evangelifchen Beweisführung' gewährt deshalb
manche intereffante Ausbeute. Merkwürdig, wie flüffig
noch zur Zeit des Eufebius der Text des AT.s erfcheint,
wie willkürlich verfchiedene Lesarten von Plufebius behandelt
und fogar zu dogmatifchen Beweifen benutzt
werden (vgl. z. B. die Verwertung von Jerem. 37 (30), 9
S. 3 H, 7 23 k 345,2 der neuen Ausg.). Mehrfach finden
wir Aquila und Symmachus (feltener Theodotion) neben
den Septuaginta zitiert; aber ebenfowenig wie Origenes
macht fein Verehrer Eufebius den ernftlichen Verfuch,
aus dem hebräifchen Grundtext die richtige oder wahr-
fcheinlichfte Lesart feftzuftellen. Dagegen kennt Eufebius
die textkritifchen Schwierigkeiten des Bibeltextes fehr
wohl und verfucht auch gelegentlich eine Erklärung derfelben
zu geben (vgl. S. 463, 13^.)-.

Die Neubearbeitung diefes wichtigen Werkes des
Eufebius ift deshalb mit befonderem Dank zu begrüßen.
Der Herausgeber Ivar A. Heikel, dem wir fchon den L
Band des Eufebius verdanken, legt in der Einleitung
des VI. Bandes dar, daß der Text der Demonstratio
evang. nur auf dem Codex Par. 469 s. XII (= P) beruht.
In diefer HS fehlen am Anfang eine Lage, nach fol. 135
ein Blatt, und am Schluß vier Zeilen vom Ende des X.
Buches; diefe Lücken werden durch Abfchriften von P
ergänzt. Leider ift der Ausgabe kein Fakfimile diefer
einzigen Textquelle beigegeben. Heikel hat die HS P im
Jahre 1904 verglichen, und Carl Schmidt hat die Kollation
1910 nachgeprüft. Hierdurch ift die Richtigkeit der Angaben
über P gewährleiftet. Die in der Ausgabe befolgten
Grundfätze für Variantenangabe und Rechtfchrei-
bung (Einl. S. XIf.) kann man im a'lgemeinen billigen.
Warum aber ift 'Aßpaafi gedruckt, wenn P überall 'AßffOaft
bietet? Auch konnten die Formen ßlmvorjq und Mmor/g
genau fo, wie fie in P nebeneinander vorkommen, in
der Ausgabe erfcheinen. Von den Abfchriften von P
find zur Ergänzung der erwähnten Lücken herangezogen
I. Codex Maurocordati (F), von J. A. Fabricius zur
Ergänzung von P benutzt und nach dem Tod des
Maurocordatus 1730 verfchollen; 2. Codex Bononiensis
I 3644 (O) s. XIII, am Schluß verftümmelt. O ift wie P
! von Heikel und Carl Schmidt verglichen worden. Die
übrigen noch vorhandenen 7 HSS. find jung und von P
direkt oder indirekt abzuleiten.

Von der zweiten Hälfte des Werkes ift nur ganz
wenig erhalten. Aus Buch XV flammen die fechs aus
Katenen-HSS gewonnenen Bruchftücke, die hinter BuchX
! abgedruckt find. Wichtig ift die Entdeckung Erich
! Kloftermanns, daß Prokop von Gaza das Werk des Eufe-
i bius benutzt hat. Die zu Buch VIII und IX gehörigen
J Exzerpte aus Prokops Oktateuchkommentar hat Klofter-
mann im Anhang diefer Ausgabe zum erften Male voll-
fländig griechifch abdrucken laffen. Leider ergibt fich
für den Text des Eufebius hieraus wenig Gewinn. Auch
die Parallelen in andern Schriften des Eufebius nützen
j nicht viel. Gedanken des Origenes liegen ficherlich an
! vielen Stellen den Ausführungen des Eufebius zugrunde,
aber wörtliche Zitate aus Origenes fehlen ganz. Dagegen
werden einzelne Stellen aus Jofephus, Porphyrius, der
Theologie des Apollonius von Tyana und Julius Africanus
| wörtlich zitiert. Daß Heikel auf eine fyftematifche Bearbeitung
der Bibelzitate verzichtet hat (Einl, S. XXII),
| ift zu billigen; auch find feine Bemerkungen über die Art,
wie Eufebius die Bibelftellen benutzt, durchaus richtig.
1 Ob aber, wie Heikel (a. a. O.) meint, Eufebius in dem
ganzen Werk nur aus einer Bibelhandfchrift zitiert, fcheint
: mir nicht ganz ficher zu fein. Anders liegt die Sache
, bei den Zitaten aus der Hexapla. Ferner betont Heikel
] (S. XXIII), daß er bei nicht wörtlichen Zitaten der Stellen-
! angäbe ein »vgl.« beigefügt habe. Das ftimmt durchaus
nicht überall, z.B. fehlt der Zufatz S. 27,9. 86,15. 87,22.
99,34. 35. 100,20. 107,7. no,ii ufw. Eine reichlichere
Anwendung der Anführungsftriche auch bei einzelnen
i Teilen der wörtlichen Zitate hätte ficherlich das Lefen
nicht »erfchwert« (S. XXIII), aber das Verftändnis des
j Textes gefördert, vgl. z. B. S. 143,2—4. Die Bibelzitate
j felbft find, foweit ich nachgeprüft habe, richtig und genau
i angegeben. S. 111,1 fehlt die Stelle Matth. 5,48, auch
im Regifter S. 522; S. 6,25f. fcheint vor allem Celfus
j (bei Orig. c. Cels. VI 11. 12) gemeint zu fein; S. 67, 5 f.
war die im Namenregifter unter Jefus' flehende Bemerkung
zu drucken; S. 242,9h fehlt: ,vgl. oben S. 217fr.'

Über den Inhalt der verlorenen Bücher finden fich
S. XXIVf. einige Bemerkungen. Ref. vermißt an diefer
Stelle eine Inhaltsüberficht der erhaltenen 10 Bücher, die
aus den einzelnen Indizes nicht fo bequem gewonnen
werden kann. S. XXV—XXVII werden die älteren Über-
fetzungen und Ausgaben (von denen die des Rob. Ste-
phanus 1546 und des Thomas Gaisford 1852 am wich-
tigften find) kurz befprochen. Der neuen Ausgabe Heikels
kann man ein doppeltes Lob fpenden: daß ihr Text auf
der forgfältigen Vergleichung von P beruht und vom
Herausgeber und andern Gelehrten, befonders von Erich
Kloftermann, an vielen Stellen verbeffert worden ift, und
daß die Bibelzitate mit folcher Genauigkeit und Voll-
ftändigkeit notiert find, daß nicht viel nachzutragen bleibt.
Beim Auffpüren der verdeckten, nicht wörtlichen Zitate
hat auch hier wiederum Erich Kloftermann feine Meifter-
fchaft bewiefen.

Daß der Text von P recht verbefferungsbedürftig
ift, ergibt fich z. B. aus S. III f. (Apparat), und daß er
trotz aller fchon darauf verwandten Arbeit noch zahl-

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