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Ausgabe:

1916 Nr. 1

Spalte:

404-405

Autor/Hrsg.:

Kougeas, Sokr. B.

Titel/Untertitel:

O Kaisareias Arethas kai to ergon autou 1916

Rezensent:

Meyer, Philipp

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403 Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 18/19. 404

bildes, die noch ungefchrieben ift, in objektiv wiffen-
fchaftlicher Darftellung, fondern ein aus praktifchem Anlaß
geborener, zum Zwecke der Betrachtung und inneren
Sammlung zufammengeftellter Gang von den Anfängen
des Chriftusbildes bis zur Gegenwart an der Hand ausgewählter
, die Perfönlichkeit des Heilandes veranfchau-
lichender Gemälde und Skulpturen. In feiner ganzen
Anlage und teilweife auch in feinem Charakter gleicht
das Buch einem Andachts- und Erbauungsbuche, wie fie
der Krieg ja auch mannigfach gefchaffen hat, mit einer
kurzen Betrachtung auf jeder Seite, beftehend etwa aus
Bibelwort, Liedervers und eigenem (Gebets- oder ähnlichem
) Text, nur daß in unferem Falle das Bibelwort

fonft fcheint dem Verfaffer das Werden des Chriftusbildes
im gefchichtlichen Zufammenhange noch nicht
ganz deutlich zum Bewußtfein gekommen zu fein.

WasdieAuffaffungim einzelnen betrifft, fo habe ich nur an
einem Punkte meine abweichende Anfchauung zum Ausdruck
zu bringen, nämlich hinfichtlich des Thorwaldfen-
Chriftus. Es ift wohl bei den Kunfthiftorikern jetzt Mode,
über ihn abzufprechen, aber abgefehen davon, daß die
morgen wieder anders urteilen werden als heute und geftern,
wird, wer unvoreingenommen die Statue an Ort und
Stelle kennen gelernt hat, weder künftlerifch noch religiös
in das Verdammungsurteil einftimmen können, dem fie
zurzeit unterliegt; fie ift m. E. in ihrer Weife ein Werk,

oder Lied, an welches die Betrachtung anknüpft, erfetzt 1 das nicht nur charakteriftifch ift für feinen Meifter und
ift durch das Bild, welchem wiederum ein entfprechender, nicht nur charakteriftifch für die künftlerifche Epoche,

mehr oder weniger knapper Text auf der gegenüberliegenden
Seite zugehört. So find es im ganzen 113
Nummern, beginnend mit einem Guten Hirten des 3. Jahrhunderts
aus der Lucinagruft der Kailiftkatakomben in
Rom, fchließend mit dem Bergprediger von Otto Gußmann
in der evangelifchen Kirche von Wiener Neuftadt
aus dem 20. Jahrhundert. Mißt man aber das Buch mit
feinem, d. h. dem in Vorftehendem bezeichneten, nicht fo
fehr wiffenfchaftlichen als religiöfen Maßftabe, fo finde
ich es als Ganzes vortrefflich gelungen. Die Reproduktionen
find ausgezeichnet, die erläuternden Texte Mufter
an Befchränkung und pädagogifchem Takt. Dasfelbe
gilt, wenn auch cum grano salis, von der Auswahl der
Bilder, zumal wenn man bedenkt, daß es fich hierbei um
eine Auslefe aus Taufenden handelt, bei der Gefchmack
und Urteil die verfchiedenften Wege gehen können; im
großen Ganzen aber fcheint mir P. für feine Aufgabe
und in den gegebenen Grenzen das Richtige und das
Typifche getroffen zu haben.

Am wenigften vertraut fcheint der Verfaffer mit der
chriftlichen Antike zu fein; ich fchließe das aus den Bemerkungen
zum Sarkophag des Junius Baffus (Nr. 3:
das Mittelbild oben ift die maiestas domini, nicht die
Wiederkunft zum Gericht; die zweite Gruppe oben die
Gefangenfuhrung des Petrus, die letzte Szene unten das
Martyrium des Paulus) u. a., namentlich auch aus der
Einführung, die dem Buche voranfteht und auf 19 Seiten
einen orientierenden Überblick gibt, nicht tief, aber anregend
und frifch und für den gegebenen Zweck
genügend, über die Entwickelung des Chriftusbildes
in der Kunft. Ausdrücklich ftellt der Verfaffer zum
Eingang feft, daß wir ein authentifches Chriftusbild
nicht haben; daß das gefagt wird, ift notwendig und gut
gerade für die weiteren Kreife, für die das Buch gedacht
und beftimmt ift. Hinfichtlich des Problems von dem
Übergange des unbärtigen zum bärtigen Chriftus lehnt
Verfaffer mit Recht die Annahme der Entlehnung des
bärtigen Typus von einem antiken bärtigen Götterbilde
ab. Seine Vorftellung fucht zwifchen den beiden Thefen,
daß der bärtige Typus etwas Göttlich-Erhabeneres dar-
ftellen wollte gegenüber dem weniger erhabenen jugendlichen
Typus, und daß andererfeits der bärtige Chriftus
ein Zeichen der Dekadenz der Zeit und der Kunft ift,
die ihn hervorbrachte, zu vermitteln (7 f.). Dabei ift
jedoch die Hauptfache nicht erkannt, nämlich die Tatfache
, daß die Chriftenheit um die Wende des 4. zum
5. Jahrhundert eine ihrer tiefften inneren, feelifchen Wandlungen
erlebte, die fie je gehabt, indem da fich an die
Stelle der rein und vorherrfchend religiöfen Stimmung
eine orthodox hiftorifche fetzt und in der Kunft das ge-
fchichtliche Intereffe das ausfchließlich religiös-fymbo-
liche, wie es die 3V2—4 erften Jahrhunderte beherrfchte,
verdrängt; diefes gefchichtlich geartete Chriftentum, das
in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts z. B. die Petrus- und
Paulustypen gefchaffen und unterfchieden hat, hat auch
das ,hiftorifche', d. i. das bärtige Chriftusbild erzeugt,
und diefer ,hiftorifche' Chriftus von der Wende des 4.
zum 5. Jahrhundert beherrfcht feitdem das Feld. Auch

der es gehört, fondern für das auch die chriftliche Gemeinde
der chriftlichen Kunft wohl dankbar fein darf
und das der chriftliche Sinn des ,Volkes', des Volkes
Stimme nicht fo ganz zu Unrecht fchätzt und würdigt,
wie es die Weifen und Klugen augenblicklich meinen.

Die chriftliche Gemeinde im allgemeinen wird es fein,
die auch das hier angezeigte Buch fich mit voller Hingebung
und Freude zu eigen machen wird. Je ftärker
aber das Volk gegenüber religiöfen Dingen zu Sentimentalitäten
neigt, defto mehr ift es zu loben, daß P. bei
aller Wärme zum Gegenftand jegliche Sentimentalität
nicht nur vermeidet, fondern wiederholt ernftlich und
warnend ablehnt. Es fteht darum auch unter diefem Ge-
fichtspunkte nichts im Wege, dem Buche, das ein Andachtsbuch
ift im beften Sinne des Wortes, zugleich eine
demonftratio ad oculos, wie Religion und Kunft zu-
fammengehen, zu wünfchen, daß es in viele Häufer und
Hände komme und nicht allein hinter der Front, fondern
ganz befonders auch an der Front vielen Freude und
innere Erhebung bringe.

Berlin. Georg Stuhlfauth.

Kovysaq, üoixq. B.: 'O KaiGuQtiag 'AQ£&ag xai rö
eoyov avrov. ^vftßoXrj sig xijv löTOQlav xf/g JXQcöxrjg
ävaytvvr6xmgxä)vXX'nvixä)v yQaflfiaxcöv Iv BvCavxlm.
(XI, 151 S. m. VII Taf.) gr. 8°. Athen, Eleftheru-
dakis & Barth 1913. Dr. 5 —

— 'Eoevval jtsni ttJs sXXrivixfjg XaoyQcupiag xarä rovg
[xeaovg yoövovg. Ä. AI iv xolg oyoXioig xov AytOa
XaoyQayixal eiör'/Gtig. (Aus: ,AaoyQa(pia'.) (S. 236—
27°-) gr- 8°- Ebd. 1913.

Das erfte Buch ift ein Ereignis in der Forfchung über
diefen wichtigen Byzantiner. Er war vor 50 Jahren noch
fo gut wie unbekannt; dann wies Harnack der Forfchung
die Wege, und die Lebensbefchreibung des Patriarchen
Euthymios (907—912), die De Boor 1888 herausgab, gab,
obwohl felbft nur ein Fragment, wefentliche Quellenangaben
über den gleichzeitigen Erzbifchof von Caefarea,
den Arethas. Seitdem haben Hiftoriker, Philologen und
Theologen nicht geruht, die einzelnen Leiftungen des
vielfeitigen Schülers des Photios wiffenfchaftlich feftzu-
ftellen. Eine Überficht über das Ganze aber war höchftens
einem diefer Forfcher vergönnt. Jetzt hat der junge
Grieche Kougeas, der auch in Berlin feine Studien machte
und zugleich Spyr. Lambros feinen Lehrer nennt, auf neues
handfchriftliches Material fich nützend und das Bekannte
wohl zufammenfaffend, unter Benutzung einer fehr ausgebreiteten
Literatur ein Lebensbild des Arethas entworfen
, das in knapper und klarer Darftellung den Mann
und fein Werk zur Anfchauung bringt. Die Einteilung:
fein Leben, feine Schriften, feine Bibliothek und Hand-
Ichriftenverbreitung führt denLefer fpannend auf die Höhe
des eigentlichen Lebenswerkes diefes merkwürdigen
Mannes. In den Daten feines Lebens fchon ändert fich
manches. Geburtsjahr 850 etwa, früher 860, 886 als Laie