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Ausgabe:

1916 Nr. 14

Spalte:

328-329

Autor/Hrsg.:

Uttendörfer, Otto

Titel/Untertitel:

Die Brüder. Aus Vergangenheit und Gegenwart der Brüdergemeine 1916

Rezensent:

Mirbt, Carl

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Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 14.

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von Brenz und von Nr. 26—93 meift folche Veit Dietrichs
an Hier. Baumgartner, bis jetzt Nr. 26—62. Der
Reft folgt famt Nr. 94—126, Briefen Befolds an Dietrich,
Nr. 127—144 Nachlefe und Vermifchtes. Treffliche Erläuterungen
begleiten die Texte. Sie find um fo wertvoller
, als Preffel keinerlei folche gab. Sehr zu beachten
ift Baumgartners Schilderung der Vortragsweife Luthers
S. 229. Der Kukuk ift wohl richtig Jak. Schenk. Doch
hieß auch Melander fo in Frankfurt. Vgl. ZGOR. N.
F. 23, in. Arch. f. Frankf. Gefch. N. F. 5, 224, 230fr.
Daß der Brief Nr. 12, S. 222 ficher ins Jahr 1548 fällt,
beweift Kawerau Agricola 255. Die Briefe Dietrichs an
Baumgartner beleuchten die kirchlichen Verhältniffe Nürnbergs
, doch bleibt noch Manches dunkel. Ofiander ift
ein ftarker Stein des Anftoßes mit feinen Sondermeinungen
. W. Link ift heftig erregt gegen ihn. Dietrich ift
gegen die ,domina' verftimmt, wie gegen die Wittenberger
überhaupt, satur morum barbarae et inconditae
gentis, aber macht fich als Nachschreiber von Luthers
Predigten neben dem gewandteften Schnellfchreiber
Cruciger und G. Rörer verdient.

Neu ift der Plan einer zeitweiligen Verlegung der
Univerfität Wittenberg nach Zeitz 1542. Zu Blafius
Stöcklin S. 257 vgl. Theol. Stud. a. Württb. 7, 49. Der
Arzt Ludwig ift vielleicht Dr. Ludw. Senger, 1556/59
Arzt in Göppingen, fpäter in Stuttgart, Württb. Jahrbücher
1905, 5, 6. Zu Matth. Vogel S. 273 vgl. 159. Seine
communes loci ex tota biblia S. 283 bilden wohl den
Grundftock feiner ,biblifchen Schatzkammer'. Ref. hellt
S. 161—204 das jähe Lebensende D. Joh. Mantels in
Elgg auf, eröffnet einen Blick in eine zerrüttete Ehe unmittelbar
vor der Reformation und das eigenartige
bifchöfliche Toleramus für ein Konkubinat und zeigt
das fchreiende Bedürfnis eines proteftantifchen Eherechts
und die charakterfefte Haltung des neugebildeten Züricher
Ehegerichts auf Grund der Akten.

So lebhaft P. Drews gegen P. Vetters Aufftellung
über das ältefte Ordinationsformular W. A. 38, 416 ff.
kämpft, fo kräftig erwidert diefer mit ftarken Beweifen,
daß F. das von Vetter gefundene Freiberger Exemplar
und C. das Kulmbacher Exemplar genuin lutherifch
feien. F. habe weder Jonas noch Spalatin nach Freiberg
gebracht, fondern J. Schenk fich aus Wittenberg
verfchafft. Das von Drews ftark bevorzugte H. fei nur
eine flüchtige Abfchrift von F., das aber unmöglich je
ein offizielles Formular der Wittenberger Kirche fein
könne, auch nicht ein Entwurf Luthers für ein folches.
Der Verfaffer von R. ift nicht feftzuftellen. _ Es ift eine
für den Ordinator etwas bequemere Bearbeitung von F.
So beachtenswert Vetters Ausführungen find, fo bleibt
doch noch Manches fraglich. Die Unzuverläffigkeit Joh.
Aurifabers als Sammler und Herausgeber lutherifcher
Schriften, welche Kroker für die Tifchreden und Buchwald
für die Predigten" nachwiefen, zeigt Kawerau auch
für die Briefe an den willkürlichen Daten. Eine von
Hartfelder überfeheneVorrede Melanchthons zu J. Lauterbacks
,Kurtze und gründliche anweifung, wie man
die Jugent zur Zucht und Schulen halten und chriftlich
unterwerfen fol' Wittenberg 1550 teilt Rem. Stölzle mit.
Mel. führt aus: Schulen find notwendig wegen des Lefens
der hl. Schrift. Gott wirkt durch feine Worte, nicht auf
andere Weife, wie Mönche und Anabaptiften dichten.
Die chriftliche Religion ift im Unterfchied von allen anderen
Religionen, die nur Gefetzeslehre find, nicht allein
eine folche, fondern ift ,darüber ein befonderer göttlicher
rat von erlöfung der menfchen durch den fon'.

Friedensburg teilt ein Schreiben von Juftus Menius
an die Söhne des gefangenen Joh. Friedrich vom 13. Okt.
1547 mit, in dem er fie mahnt, den ,vor allen anderen
zu Kirchen und Schulen fürtrefflichften und nützlichften'
Melanchthon fich für ihre künftige Hochfchule nicht entgehen
zu laffen, und die Bedenken der Fürften gegen
ihn zu befeitigen fucht. Ein kurzes Lebensbild der |

dritten Gattin A. Ofianders f 1597, der Tochter des Arztes
Joh. Magenbuch gibt Ref. Liborius Schwichtenberg,
den Gegner Bugenhagens und der Reformation Pommerns
, und deffen zwei verfchollene Schriften ftelltWehr-
mann mit aufgefundenen Exzerpten in helleres Licht.

Einen Katechismus des Grazer Schulmeifters Pica
von 1544 veröffentlicht Reu, der Loefche auch Auskunft
über den Verfaffer verdankt. Ein Sendfehreiben des Uni-
tariers Oftorod, Pfarrers in Schmiegel, an die Schweizerbrüder
in Straßburg vom 20. Okt. 1591 teilt Wotfchke
mit. Es enthält einen kurzen Abriß des unitarifchen Be-
kenntniffes und zeigt einen fcharfen Gegenfatz gegen die
Mennoniten, während wir von unitarifchen Anabaptiften,
aber auch von Einfluß Adam Neufers und Nonadoranten
hören, welche Laeliö Sozini für Nichtchriften erklärt, und
die weite Verbreitung der Unitarier im Offen und die
Verfuche einer Verbindung mit den Huterifchen Brüdern
in Mähren kennen lernen.

In die letzten Tage des Kryptokalvinismus in Wittenberg
läßt der von Friedensburg mitgeteilte Brief des
Profeffors David Voit an den Kanzler Nik. Crell vom
29. April 1589 einen Blick tun. Voit beruhigt den Kanzler
wegen der Gerüchte von Abnahme der Frequenz
der Univerfität; die Pedellen berichten, daß noch wenig-
ftens 2000 Studenten da feien. Der Kirchenbefuch ift
gut. Studenten kommen und gehen während des Se-
mefters, befonders zur Zeit der Leipziger Märkte. Nach
dem Bericht eines Lüneburger Pfarrers haben fich die
Paftoren von Lüneburg, Hamburg und Lübeck geeinigt
und laffen fich das ftete Gezänk J. Andreäs und feiner
Genoffen nicht gefallen. Zwei Briefe aus den Tagen der
lutherifchen Orthodoxie gibt Kawerau. Die Zurück-
weifung der Konkordiaformel durch Landgraf Wilhelm
von Heffen teilen Auguft von Sachfen und Joh. Georg
von Brandenburg an Ludwig von der Pfalz am 28. März
1588 mit. Eben demfelben berichtet 13. Juli 1592 Friedrich
Wilhelm von Sachfen, Vormund Chriftians IL, die
Abwendung des einftigen Hofpredigers Dav. Steinbach
(im Gefängnis) von feinem Kalvinismus. Er fleht darin
die Heimkehr eines verlorenen Sohnes.

Neben diefen zahlreichen Arbeiten erhalten wir wertvolle
Überfichten über die neuerfchienene Literatur der
Reformatio nsgefchichte.

Stuttgart. G. Boffert.

Die Brüder. Aus Vergangenheit u. Gegenwart der Brüdergemeine
. In Verbindg. m. verfchiedenen Mitarbeitern
hrsg. v.OttoUttendörfer u.Walth.E. Schmidt. (IV,
436 S. m. 120 Abbildgn.) Lex. 8°. Gnadau, Unitäts-
buchhandlung 1914. Geb. M. 5 —

Büttner, Osk.: Die Brüdergemeine. Ein Beitrag zur neueften
Kirchengefchichte. Mit Vorwort v. Miffionsdir. Karl
Mafcher. [Aus: ,B., Die ev. Freikirchen Deutfchlands'.J
(72 S.) 80. Bonn, J. Schergens 1915. M. —60

Die Verfaffer des Werkes ,Die Brüder' planten ur-
fprünglich, die Gefchichte der alten wie der erneuerten
Brüderunität in einem Lesebuch für die Jugend dar-
zuftellen. Während der Sammlung des Stoffs ergab
fich ihnen aber eine Befchränkung der Aufgabe, indem
fie von der alten Brüdergefchichte abfehen mußten,
und zugleich ein Erweiterung, indem fie über die
Bedürfniffe der Jugend hinaus ein Volksbuch fchaffen
wollten, das ein möglichft allfeitige Orientierung über die
Gefchichte der Brüdergemeine vermittelt. In neun Teilen
— 1. Zinzendorf und Herrnhut bis 1736; 2. Zur Gefchichte
von 1736—1750; 3. Zur Gefchichte von 1750—1775; 4. Bilder
aus der Gefchichte der Brüdergemeine nach 1775;
5. Bilder aus der Miffionsarbeit der Brüdergemeine; 6. Bilder
aus der Diafporaarbeit der Brüdergemeine; 7. Die
Brüdergemeinen in Böhmen und Mähren; 8. Bilder aus