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Ausgabe:

1916 Nr. 13

Spalte:

292-293

Autor/Hrsg.:

Veldhuizen, A. van

Titel/Untertitel:

Het Evangelie van Markus 1916

Rezensent:

Windisch, Hans

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291

Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 13.

292

Berufene äußern. Mich als Ägyptologen gehen nur einige
wenige Punkte in der Beweisführung an, und in ihnen
zeigt fich, daß G. von fremden Bearbeitungen abhängig
ift. Er pflegt fleh da an die Darftellungen der ägyp-
tifchen Gefchichte von Ed. Meyer, Breafted und v. Biffing
anzufchließen und hat einige Abhandlungen von Spiegelberg
und anderen Ägyptologen benützt, ohne ihre Grundlagen
in jedem Falle nachprüfen zu können. Die Art der
Verwendung des ägyptifchen Materiales erweckt nicht
überall Vertrauen zur Zuverlafflgkeit der Schlüffe; zudem
leidet die Arbeit an einer Überfülle von Stoffheranzie-
hung und Einzelbemerkungen, die oft mehr belaßten als
ftützen. Dem entfpricht, daß der Anhang , Indogermanische
Mythologie im alten Orient' mehr als ein Drittel
des ganzen Buches ausmacht. Er fucht fich feinen Stoff
aus den verfchiedenften Ländern und Zeiten zufammen
und kombiniert ihn fo, daß jedes Vergleicherherz feine
helle Freude daran haben muß. Ich peribnlich muß mich
leider außer Stande bekennen, diefen Kompliziertheiten
folgen zu können; ich kann mir allerdings nicht denken,
daß die vergleichende Mythologie im Ernfte durch Arbeiten
gefördert wird, bei denen der unbefangene Lefer
nicht weiß, ob er mehr die ausgebreitete Literaturkenntnis
des Verfaffers oder die Kühnheit in der Verbindung von
Tatfachen bewundern foll.

Hildesheim. Roeder.

Jacob, B.: Quellenfcheidung und Exegefe im Pentateuch. (VIII,
108S.) gr. 8°. Leipzig, M.W.Kaufmann 1916. M. 3.50

.Nicht die Kritik, fondern die Exegefe hat das Wort'
Wie man es machen muß, um die Kritik exegetifch zu
werfen, führt J. an Gen. 37,21 ff. vor. Eine fcharfe Exegefe
muß hier folgendes feftftellen: die Brüder haben den
Jofeph gar nicht verkauft; fie haben ihn in eine abgelegene
trockene Zifterne geworfen, dann bringt das Auftauchen
einer Karawane den Juda auf den Gedanken, Jofeph an
diefe zu verkaufen; während die Brüder fich das fehr
zögernd überlegen, ziehen die Kameltreiber — .Ismaeliter'
ift kein Volksname, fondern bedeutet .Spediteure', wie
■>3M3 auch .Händler' bedeutet — auf der Straße weiter,
und midianitifche Aufkäufer kommen zufällig an die
Zifterne, holen Jofeph heraus und übergeben ihn unter
gleichzeitiger Abrechnung der in ihrem Dienfte reifenden
Karawane. Die fogenannten Ismaeliter beforgen alfo
lediglich kommiffionsweife im Auftrag der Midianiter
(37, 36), die mit Potiphar fowiefo in Gefchäftsverbindung
ftanden (S. 21. 22), die Beförderung nach Ägypten und
die Ablieferung an Potiphar (39,1).

Die Eigenart der Exegefe, die das erreicht, beftimmt
J. felbft (S. 30) dahin, daß man eben nicht .mechanifch'
überfetzen darf. So bringt er heraus, daß "priit 15>i31t5''1
v. 27 heißt ,fie vernahmen es ungern', ,es gab ihnen zu
denken', ,fie überlegten' den unwillkommenen Vorfchlag;
Beleg für diefen Sprachgebrauch ift Gen. 35,22; Num.
16,4; 1 Sam. 17,23; 2 Sam. 3,28 — von Gen. 42,22, wo
»tt© ebenfalls ohne ,auf ihn' oder ,auf feine Worte' fteht,
fieht J. hier ab. Und Gen. 45,4 behauptet Jofeph gar
nicht, daß die Brüder ihn verhandelt haben, fondern
das 37,26. 36 fo fteht, bedeutet hier .expatriieren'.

J. erftrebt weiterhin F"eftftellung allgemeiner Gefetze
der altteftamentlichen Darftellung. Er findet ein Gefetz
der .Dichotomie' der Erzählung, ein Analogon zum Parallelismus
membrorum, das die Dubletten und den Wechfel
des Sprachgebrauchs erledigt, und für die Reden macht
er die Beobachtung, daß fie niemals vollftändig und er-
fchöpfend find, fondern nachfolgende Ergänzung vorbehalten
.

Grundfätzlich werden die aftralmythologifchen Kunft-
ftücke der .Religionsgefchichtler' abgelehnt. Ich bin damit
völlig einverftanden, aber daß die Jofephgefchichte fo
furchtbar bewußt theologifch und juriftifch gearbeitet ift,

wie das bei J. herauskommt, glaube ich auch nicht; dafür
ift die Erzählung nicht trocken genug.

Wenn die Quellenfcheidung im Pentateuch, fo gut
wie die allegorifche und typologifche Auslegung der
Kirchenväter, die hierin übrigens m. W. Schüler und
Nachfolger der Synagoge waren, je einmal ,in die Krank-
heitsgefchichte der biblifchen Wiffenfchaft' gewiefen wird,
fo ift immerhin zu beforgen, daß inj. der heilende Arzt
noch nicht erfchienen ift, obgleich er zweifellos den größeren
Scharffinn befitzt, der fich durch den Pentateuch
ohne Quellenfcheidung durchzufinden vermag. Die von
England importierte Erwürgung der Kritik wird übrigens
an J.s Hilfe wenig Freude haben, denn S. 53 Anm. urteilt
er, daß gerade auch ,die konfufe und interpolierte LXX'
zur Quellenfcheidung verführen kann.

Stuttgart. H. Holzinger.

Veldhuizen, Hoogl. Dr. A. van: Het Evangelie van Markus.

(Tekft en Uitleg.) (V, 143 S.) 8°. Groningen, J. B.
Wolters 1914. Geb. f. 1.90

Über die allgemeine Abzweckung und Einrichtung
diefes neuen, der Gemeinde dienenden Unternehmens habe
ich fchon bei Befprechung von van Leeuwen's Matthäuskommentar
(1916, Nr. 2) gehandelt. Vielleicht kommt das
Charakteriftifche in van Veldhuizen's Arbeit beffer zum
Ausdruck als in der eben genannten. Jedenfalls ift bei
v? V. Überfetzung und Auslegung originaler fowohl als
origineller, manchmal freilich reichlich gefuchtund künftlich.

Eine verhältnismäßig eingehende Einleitung orientiert
über die literarifchen Verhältniffe und Theologifchen
Lehren des Mk. Im Gegenfatz zu v. Leeuwen, der Zahn's
komplizierte Theorie fich angeeignet hat, rechnet v. V.
mehr mit der Zweiquellentheorie. Mk. ift noch vor 70
entftanden. Viel Richtiges wird zur näheren Charakteri-
ftik ausgeführt; ftark übertreibend ift jedoch das Urteil,
daß Mk. beinahe zur Hälfte von der Paffion handele.
Von den Dämonen hätte mehr gefagt werden follen;
Laien, für die das Büchlein gefchrieben ift, wollen hier
wiffen, ob es Dämonen wirklich gibt; leider geht der
Profeffor auf die heikle Frage nicht ein. Viel zu kurz ift
auch das Eschatqlogifche behandelt.

Über die Überfetzung haben in erfter Linie
Holländer zu urteilen. Zu dem, was D. Perrij in Theol.
Studien 1915, 293 fr. anführt, kann ich indes doch einige
Ergänzungen geben.

v. V. will möglichft volkstümlich, plaftifch überfetzen; das ift prinzipiell
richtig, wenn man die Grenze innezuhalten verlieht. Aber bei v.
V. wird die Überfetzung öfter allzu familiär, allzu gemütlich, allzu
holländifch. Ein Machtwort wie ool Xhyo) 5,41 darf man nicht überfetzen
: zag (meiije, sta op'). Wenn der ,Herr' die Jünger1 xhxva anredet
(10, 24), fo ift das nicht das holländiiche jongeur'. Für imxifiäv
in 10,48 ift toesnauweu' == anfehnauzen viel zu ftark. Auch 'komaan',
12,7 für ösixe, 15,29 für ov& fcheint mir nicht paffend, noch minder
aan het kreis en mee' für axuvQwaov avxüv 15, 13 b Defaillon, das
fchon Oort 15, 16 für ons?Qa gewählt hatte, ift erträglich. Ich führe
noch einige Verfehen oder Unrichtigkeiten an. In 9, 38 muß es heißen:
. . . volga (Praes.Q . . . volgae (Imp.). In II, 23 hat 'tot hen' (plur.) zu
fliehen. Ondanks für ix xfjg vaxep/Jf/eovc) 12,44 ift kaum zu verteidigen
. Wat bij u te seggen heeft' 13, 28 ift eine feine Umfchreibung
von xr'/V TiapaßoXfjV, bringt jedoch nicht zum Ausdruck, daß es fich um
eine Lehre in Bildform handelt. 'Met overdrijving' für ixTtspiaoiög 14,31
fcheint mir keine richtige Überfetzung zu fein, nadrukkelijker' bei Oort
ift beffer. Das Herrenwort 14,38 hätte in der Überfetzung wörtlich
wiedergegeben werden müden; die (nicht üble) Paraphrafe, die v. V.
gibt 'de geest wil wel, maar het vleesch kan niet' gehört in die Auslegung
. Ob aaipalwq 11,, 44 richtig mit 'gernot' überfetzt ift, fcheint
mir fehr zweifelhaft; bewaakt (Oort) oder 'wel vergekerd' (Harting
Woordenboek) ift entfehieden beffer. Den Fragefatz mit xi in 14,60
würde ich lieber indirekt faden.

Die Auslegung ift im allgemeinen frifch und anregend
, aber nicht immer gleichmäßig: über wichtige
Sachen hört man nichts oder wenig, minder wichtiges ift
übermäßig ausführlich behandelt: 8,15 beinahe auf 1 Seite,
9,41—43 auf 2 Seiten. — Es gibt in Mk. drei Stellen
wo der Forfcher zeigen muß, ob er, um mit Wellhaufen