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Ausgabe:

1916

Spalte:

238-239

Autor/Hrsg.:

Caspari, Karl Heinrich

Titel/Untertitel:

Geistliches und Weltliches zu einer volkstümlichen Auslegung des kleinen Katechismus Lutheri in Kirche, Schule u. Haus. 23. Aufl 1916

Rezensent:

Knoke, Karl

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liehe Züge, wohl aber durch eine Anzahl feiner Striche und Beleuchtungen
. Mag Rupp ftreiten oder aufbauen, mag er philofo-
phieren oder ein chriftliches Feft zu feiern verfuchen, mag er das
kantifche Wort für feine Konfirmanden auslegen ,Das Kreuz ift
des Sternes Fundament' oder die Hetze zum Maffenaustritt aus
der Kirche wegen ihrer unreligiöfen Art bekämpfen — immer
predigt er den ftrengen und tapferen Idealismus Kants und immer
hält er trotz feiner Verdrängung aus dem kirchlichen Amte feinen
Anfpruch auf Chriftlichkeit aufrecht. Man möchte mit dem Vorwort
des Herausgebers P. Chr. Elfenhans wünfehen, daß diefe
Predigt dazu beiträgt, die durch den Krieg verallgemeinerte Wendung
zum Idealismus zu erhalten und zu vertiefen. Jedenfalls ift es
ein Zeugnis von unerfchrockenem Idealismus, daß Herausgeber
und Verleger während des Krieges diefen Band vorgelegt haben.
Marburg a. d. L. Horft Stephan.

üennert, Prof. Dr. E.: Gibt es ein Leben nach dem Tode? (SO S.)

gr.8°. Godesberg, Naturwiifenfchaftlicher Vetlag 1915. M. 1.50
Diefe Schrift ift nicht ein Buch religiöfen Troftes. Die
Unfterblichkeitsfrage foll rein wiffenfchaftlich behandelt werden,
als eine Sache, die auf dem Wege empirifcher Beweisführung
erreicht werden kann.

Zur Erklärung des Befonderen der Lebensverrichtungen (des
Zweckmäßigen) und gewiffer allem Lebendigen eigentümlichen
pfychifchen ProzelTe bedarf es der Annahme ,einer befonderen
immateriellen Wefenheit des Lebens', der Seele, für deren Beziehung
zum Körper D. einen ,Ätherkörper' fehr annehmbar
findet. Diefe ,Seele' ift unperfönlich unvergänglich wie der Stoff.
Über das Seelifche herrfcht nach genauerem pfychologifchem
Befunde der ,Geift' in den Vernunftbetätigungen, teils fich der
Gehirnfunktionen bedienend (Tagesbewußtfein), in allerlei Er-
fcheinungen wie Hellfehen und Fernfehen, Gedankenübertragungen
, Intuition ufw. (Bedeutung der okkulten Phänomene)
dagegen als ,Überbewußtfein' ohne diere Vermittelung tätig, durch
die Seele mit dem Körper verknüpft, vielleicht — auch nach D.
fehr vielleicht — auch mit einem ,ätherifchen Leibe'. Diefer
Geilt, nachweisbar eine Exiftenz für fich, ift perfönlich unfterb-
lich. — Solche Art der Erörterung des Unfterblichkeitsproblems,
die nicht in den Erlebniffen und Forderungen des geiftigen Kulturlebens
ihren Hauptftützpunkt fucht, fcheint mir fchon im Anratz
verfehlt.

Gnadenfeld. Th. Stein mann.

Rüegg, Doz. Pfr. A.: Die Chriftian Science in biblircher Beleuchtung.

(Biblifche Zeit- u. Streitfragen zur Aufklärung der Gebildeten.
X. Serie, 2. Heft.) (48 S.) 8". Berlin-Lichterfelde, E. Runge
1915. M. -60

Das Heft bietet — mehr als der Titel befagt — eine gute Orientierung
über die ,chriftliche Wiffenfchaft', wenn auch leider nähere
Angaben über ihre Ausbreitung fehlen. Verf. fucht die Bewegung
in einen größeren Zufammenhang amerikanifchen Geifteslebens
zu (teilen, wie es etwa durch Emerfon, Trine und Marden reprä-
fentiert wird. Intereifant wäre übrigens auch eine Vergleichung
mit der modernen theofophiTchen Bewegung. Was R. über
den nicht immer einwandfreien Charakter der Begründerin der
Sekte ausführt, dürfte im wefentlichen das richtige treffen, ebenfo
feine Darlegung über die bedenklich pantheifierende Art ihrer
religiöfen Gedankenwelt. Bezüglich der biblifchen Begründung
der Lehre wird man allerdings nicht verkennen dürfen, was R.
teilweife doch verkennt, daß für den hiftorifchen Jefus feine Heilungen
ein wefentliches Stück feiner meffianifchen Erlöfertätigkeit
gebildet haben. Die Kirche hat fich in der weiteren Entwickelung
hier eben befchränken gelernt, während der Scientismus an die
Urzeiten wieder anzuknüpfen fucht.

Was S. 32f. über Frau Eddys formell pietätvolle Stellung zur
h. Schrift getagt ift, ftimmt nicht ganz zu der tabellarifchen Überficht
S. 47f. In den Literaturangaben S. 48 wäre behufs befferer
Überficht die Wiedernennung der bereits vorher angeführten
Büchertitel erwünfeht gewefen. Bemerken möchte ich noch, daß
ich die Frage, ob die — gewiß befchränkten — Heilerfolge der
Sekte allein auf Suggeftion beruhen, wie R. meint, oder auch auf
einer pfycho-phyflfchen, von den Heilern ausftrahlenden Kraft
für zur Zeit noch nicht geklärt erachte.
Wien. R. A. Hoffmann.

Briirrau, Superint. Oskar: Der evangelifche Pfarrer — „Beamter"
oder „religiöfer Charakter"? Eine ethifche, keine kirchenpolit.
Frage. 2. Taufend. (35 S.) 8". Berlin, M. Warneck 1913. M. — 60
Verf. hört die Titelfrage als durch die kirchenpolitifchen

Kämpfe der letzten Zeit geftellte gr u n d fä tz 1 i c h e Frage aus dem

Gewirr der ftreitenden Stimmen heraus und fucht auf fie Antwort
vom Standpunkt chriftlicher Ethik aus. Der Pfarrer ift zweifellos
vor allem und immer Diener Jefu Chrifti, modern ausgedrückt
religiöfer Charakter. In dem Wort ift aber viel mehr eine unend-

: liehe Aufgabe und eine gewaltige Pflicht vorgehalten als ein Rechtstitel
gegeben. Und ,Diener Jefu Chrifti' und kirchlicher Beamter'

I liegen nicht auf derfelben Fläche: auch in feinen Rechtsverhält-
niffen als Angeftellter der rechtlichen kirchlichen Organifation
hat fich der Pfarrer als Diener J. C. zu bewähren. Speziell auch
darin, daß er in Maß und Art der an der kirchlichen Organifation
und ihren Behörden zu übenden Kritik beftimmte Schranken
chriftlicher Ethik nicht überfchreitet. Als Paradigmen der Über-
fchreitung diefer Schranken dienen die Fälle Philipps-Lahufen
und Dörries-Voigts. Durch Kämpfe, die in folchem Geilt und
mit folchen Mitteln geführt werden, muß nicht nur die Landeskirche
' zugrunde gehen; darunter leidet zweifellos das Reich
Gottes in unferm Volk. Gegenüber der Berufung auf das Ge-
wiffen gilt der Satz: Es ift nicht nur nicht gut, etwas gegen das
Gewiffen zu tun; es ift auch nicht geraten, geiftige Fragen (kirchen-
politifche Machtfragen, Fragen nach Kirchenidealen etc.) allzu-
rafch zu üewiffensfragen werden zu lafTen. Befonders kämpft B.
gegen den üblich werdenden Mißbrauch des Wortes ,Prophet'.
,Das wiffen wir, daß ein rechter Prophet auffchießt wie ein ein-
fames Reis, aber nicht in Haufen auftritt, und daß fein Prophetenmantel
jedenfalls kein Parteimantel ift, und daß er etwas Erheblicheres
zu fagen haben wird als die Wahrheit von der felbftherr-
lichen Freiheit eines Dieners am Wort'. — Grundtendenz B.s ift:
Die theologifchen und kirchlichen ,Richtungen' find der evange-
lifchen Kirche dauernd nötig; ihre Gegenfätze follen nicht ver-
fchleiert und verkleiftert, fondern ehrlich, auch im Kampf, ausgetragen
werden. Aber in den Auseinanderfetzungen der ver-
fchiedenen ,Gruppen' müffen die Grundfätze chriftlicher Ethik
maßgebend bleiben, was nur möglich ift, wenn nicht dauernd
radikale extreme Elemente im Streit der Gruppen den Ton angeben.
Halle a. S. K. Eger.

Keppler, Birch. Dr. Paul Wilhelm v.: Leidensrchule. L—25.Taufend
(XI, 156 S.) kl. 8°. Freiburg i. B., Herder (1914).

M. 1.50; geb. 2.40

Seinem viel gelefenen Buch Mehr Freude hat K. als einen
unentbehrlichen Gefährten dies Buch über das Leiden folgen
laden. In 328 Abfchnitten behandelt er das Leiden von allen Seiten.
Er lenkt den Blick in die Weite des Weltleides und in die Seele
des Leidenden hinein. Dann fteigt er zu trottenden und ftärkenden
Gedanken auf, indem er von einfachen, vernünftigen Ratfchlägen
zu der erzieherifchen Bedeutung des Leidens, den Heilkräften
der Natur und all den Troftkräften übergeht, die bei Chriftus, bei
der Schmerzensmutter und in der Schrift zu finden find; das Leiden,
aus der Schuld geboren, foll Anlaß werden, uns zu verdemütigen
! und Reue und Leid erwecken über alles, was wir je gefündigt,
und unfer Leiden zur Sühne dafür aufzuopfern. Dann geht er
die verfchiedenen Arten des Leidens durch, Krankheit, Seelenleiden
, Wespenftiche, Kriegsnöte, um dann die armen Seelen im
Fegfeuer, die Märtyrer und andere große Leidensträger als ftarke
Helfer zu preifen. Den Schluß bildet eine Betrachtung über das
Todesleiden und feine Überwindung. — Es ift ein tiefes und reiches
Buch; tief, weil fich dem aufmerkfamen Lefer gleichfam die tiefften
Gründe der Welt und des Lebens, aber auch das Leben in Gott eröffnen
; reich, weil es mit vielen eigenen Gedanken, die ficher der
Gedankenerwecker Leid felbft erzeugt hat, eine große Fülle von
ebenfolchen Gedanken aus allen Zeiten, von Seneka bis Hilty, vorzüglich
aber aus der beften katholifchen asketifchen Literatur
vereinigt. Dadurch bekommt man einen Eindruck von den tiefften
religiöfen Kräften der katholifchen Religion, wie fie im Leiden
gewonnen und wieder für Leidende beftimmt find. Daneben verrät
fich überall der Mann von heute, der die Anläffe, die Ziele und
die Darftellungsmittel feiner erbaulichen Schriftftellerei der genau
beobachteten Umgebung und Gegenwart entnimmt,
j Heidelberg. Nieberg all.

Ca (pari. weil. Pfr. Karl Heinrich: Geiftliches und Weltliches zu
einer volkstümlichen Auslegung des kleinen Katechismus Lutheri

in Kirche, Schule u. Haus. 23. Aufl. Mit des Verf. Bild u.
Lebensbefchreibg. Orig.-Volksausg. (XXX, 402 S.) 8". Leipzig,
A. Deichen 1915. M. 1.40; geb. M. 1.80

Es wird genügen, an diefer Stelle darauf aufmerkfam zu
j machen, daß die vorliegende 23. Auflage von K. H. Cafparis volks-
j tümlicher Auslegung des Kleinen Lutherfchen Katechismus, die
I unter dem Titel .Geiftliches und Weltliches' zuerft 1853 erfchienen