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Ausgabe:

1916 Nr. 1

Spalte:

222-223

Autor/Hrsg.:

Michel, Rudolf

Titel/Untertitel:

Die Mosaiken von Santa Costanza in Rom 1916

Rezensent:

Stuhlfauth, Georg

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221 Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 10.

geht und die Bemerkungen über Clemens, Marcellina u. ä. I
von Epiphanius felbft eingefügt find, fcheint mir gegen
Lightfoot und Harnack erwiefen. Auf vieles andere, wie
die Unterfuchung über das Weihnachtsfeft und feinen
Feftkreis, einzugehen, verbietet der Raum. Hinzuweifen
aber ift noch auf die Anhänge mit ihren guten Plänen.

Halle a/S. von Dobfchütz.

Rahlfs, Alfr.: Die altteltamentlichen Lektionen der griechifchen
Kirche. [Aus: .Nachrichten d. Gefellfcb. d. Wiff. zu
Gött.'] (Mitteilungen desSeptuaginta-Unternehmens der
Kgl. Gefellfch. der Wiff. zu Gött.) (S. 119—230.) Lex.-8°.
Berlin, Weidmann 1915. M. 3.50

Den feit 1910 herausgegebenen vier Heften der .Mitteilungen
' (Hautfeh, Der Lukiantext des Oktateuch; Glaue
und Rahlfs, Fragmente einer griechifchen Überfetzung des
famaritanifchen Pentateuchs; Große-Brauckmann, Der
Pfaltertext bei Theodoret; Gerhäußer und Rahlfs, Münchner
Septuaginta-Fragmente) läßt R. hier das fünfte folgen,
bei dem das liturgifche Intereffe an die Stelle des philo-
logifchen tritt. Geboten werden zunächft die altteftament-
lichen Lektionen von fünf handfehriftlichen Lektionarien
(St. Simeon in Trier und vier Parifer), dazu zur Ergänzung
die der gedruckten Ausgaben der in betracht kommenden
liturgifchen Bücher (Triodion, Menäen und Anthologien).
Dem fo feftgeftellten Lektionenfyftem, das aus äußeren
und inneren Gründen als konftantinopolitanifcb.es an-
gefprochen wird, werden die altteftamentlichen Lektionen
in Jerufalem (nach einem altarmenifchen Lektionar aus
dem Ende des 5- Jahrhunderts, einem gleichfalls auf Jeru-
falemer Tradition zurückgehenden fyropaläftinenfifchen
Lektionar, ergänzt durch ein Jerufalemer Typikon) fowie
die altteftamentlichen Faftenlektionen bei den Kopten
(nach einer z. T. fehr jungen Göttinger Plandlchrift) vergleichend
gegenübergeftellt. Aus den dann folgenden
.Beiträgen zum Verftändnis der griechifchen Lektions-
fyfteme' heben wir heraus: die Feftftellung, daß die altteftamentlichen
Lefungen der Oftervigilie für die Wahl der
Faftenlektionen überhaupt richtunggebend gewefen find;
die in den verfchiedenen verglichenen Lektionarien fich
zur Geltung bringende verfchiedene Faftenpraxis in Kon-
ftantinopel, Jerufalem, bei den Kopten (intereffant hier
befonders das dreitägige Ninivefaften in der Woche vor
Septuagesimae); die Erörterungen über Alter und Urfprung
der konftantinopolitanifchen Faftenpraxis im Unterfchied
von der jerufalemifchen und koptifchen. In den Erörterungen
über die verfchiedene F*aftenpraxis liegt R.'s ganz
befonderes Intereffe. Jerufalem hatte nach dem Lektionar
eine aus fechswöchiger Quadragefima und Karwoche zu-
fammengefetzte, im ganzen alfo fiebenwöchige Faftenzeit;
doch laßt die ungewöhnlich reiche Ausgeftaltung des
Gottesdienftes der zweiten Woche auf eine urfprünglich
bloß fechswöchige Faftenzeit (einfchl. Karwoche) wie im
Abendland fchließen. Übrigens fchwankt die Jerufalemer
Praxis, die Peregrinatio Ätheriae bezeugt fürs Ende des
5. Jhrh.(?) eine achtwöchige— und zwar als achtwöchige
Quadragefima, 8 mal 5 Tage, angefehene — Faftenzeit.
Die Kopten hatten bis mindeftens 577 eine fechswöchige,
fpäter eine achtwöchige Quadragefima (8x5) Tage, in der
die Karwoche einbegriffen war. Dagegen hat Konftan-
tinopel eine Dreiteilung: die Butterwoche (nur Vorfaften),
die (fortlaufend durch alle Tage gezählte) Quadragefima, j
die Karwoche. R. verflicht glaubhaft zu machen, daß diefe
Praxis aus — allerdings in der Hauptfache ergebnislofen —
Bemühungen des Kaifers Heraklius um einen Kompromiß
zwifchen der Reichskirche und den wiedergewonnenen
wefentlich monophyfitifchen Provinzen Äygpten, Syrien
und Armenien auch in der Faftenpraxis etwa 630 heraus-
gewachfen fei. Ob das von R. für diefe Annahme beigebrachte
und kritifch verarbeitete Material volle Beweiskraft
hat, muß dahingeftellt bleiben; beachtenswert find

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feine Gründe in hohem Maß. Zweifellos ift er im Recht
mit der nachdrücklichen Beftätigung der Baumftark'fchen
Feftftellung (im Oriens Christianus N. S. 1, 1911), daß die
achtwöchige Quadragefima (8x5 Fafttage) eine ,von der
byzantinifchen Abfolge von Vorfaftenwoche, '/'eööapaxoörzj
und Karwoche wefenhaft verfchiedene Größe' ift. Das
konftantinopolitanifche Lektionar bezeugt feinerfeits aufs
deutlichfte die Verfchiedenheit der drei Teile, aus denen
fich die achtwöchige Gefamtfaftenzeit der orthodoxen
Kirche zufammenfetzt. — Altteftamentliche Lektionen
außerhalb der (immer den Charakter büßender Vorbereitung
tragenden) Vigilien und der Faftenzeit finden fich im
konftantinopolitanifchen Lektionsfyftem nur in den jüngere
Dubletten zu den Vigilien darftellenden großen Hören
vor Weihnachten, Epiphanias und Oftern. Von allen
Hauptgottesdienften find die altteftamentlichen Lefungen
vollftändig ausgefchloffen, wohl auch feit dem 7. Jhrh. —
Ein Verzeichnis der Lefeftücke, geordnet nach den bibli-
fchen Büchern, fchließt die ungemein anregende und
wertvolle Studie ab.

Halle a. S. K. Eger.

Michel, Rudolf: Die Mofaiken von Santa Coltanza in Rom.

Mit 1 Abbildg. u. 4 Taf. (Studien üb. chriftl. Denkmäler
. 12. Heft.) (VI, 51 S.) gr. 8°. Leipzig, Dieterich
1912. M. 2.40

Eine fehr forgfältige und in ihren Refultaten ebenfo
wertvolle als abfchließende Studie 1 Sie tut aus eingehender
, durch genaue Autopfie befruchteter Analyfe
der gefamten Mofaikendekoration, die in dem Ringgewölbe
fowie in den großen Seitennifchen noch erhalten,
für den Tambour mit der darüberliegenden Kuppel, die
kleine Kuppel und die zugehörige Nifche gegenüber dem
(jetzigen) Eingange jedoch nur mehr in unzulänglichen
Notizen und fragmentarifchen, nur für das Ornamentale
noch einigermaßen ergiebigen Zeichnungen überliefert ift,
dar, was fchon Jubaru 1904 aus einer Entdeckung am
baulichen Befund feftgeftellt hatte, daß S. Coftanza nicht,
wie de Roffi auf grund des 1870 und 1880 in der Mitte
unter dem Boden ausgegrabenen Wafferbehälters annahm,
in den letzten Jahren Konftantins als Baptifterium gebaut
, fondern für die im Jahre 354 als Gemahlin des
Gallus verftorbene Konftantina, der fich im Jahre 360
Helena, die zweite Tochter Konftantins d. Gr., Gemahlin
des Julian Apoftata, beigefellte, als Maufoleum errichtet
ift, um dann erft im Anfang des 5. Jahrhunderts in ein
Baptifterium umgewandelt zu werden. Der große Porphyr-
farkophag der Konftantina, jetzt im Vatikanifchen Mufeum,
verblieb hierbei wohl zunächft in dem Bau, wurde aber
aus der Mitte an die Seite gerückt unter die kleine, wahr-
fcheinlich fchon vorhandene (S. 50) Kuppel vor den ur-
fprünglichen Eingang, der zugemauert wurde und eine
Nifche bildete. Zugleich erhielten jetzt nicht bloß diefe
Eingangsnifche, fondern vor allem auch die beiden großen
Seitennifchen eigenen Mofaikfchmuck; letzterer, erhalten,
während jener fpurlos untergegangen und auch aus den
ganz fpärlichen Angaben und Zeichnungen von ihm nicht
mehr rekonftruierbar ift, ift offenfichtlich ebenfo aus der
neuen Zweckbeftimmung des Raumes, d. h. im Sinne
des Baptifteriums und der Taufliturgie konzipiert, wie die
älteren Mofaiken des Ringgewölbes und der Kuppel (einfchl.
derjenigen des Fußbodens; doch find diefe nur aus einer,
obendrein von Wilpert als Fälfchung angezweifelten Zeichnung
bekannt, f. S. 8 A. 2) dem Charakter des urfprüng-
lichen Maufoleums entfprechen. Zweierlei verleiht diefen
älteren Mofaiken noch eine, von dem Verfaffer eigens betonte
befondere Bedeutung, nämlich erftens ihr durchaus
im Geifte des helleniftifch-römifchen Heidentums gehender
bacchifcher Gehalt, zweitens das völlig Alexandri-
nifche des ganzen Zyklus, welchem fich auch die Relief-
i dekoration des Konftantinafarkophages einordnet. Es