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Ausgabe:

1916 Nr. 9

Spalte:

211-212

Autor/Hrsg.:

Winckler, Hugo

Titel/Untertitel:

Nach Boghasköi! Ein nachgelassenes Fragment 1916

Rezensent:

Guthe, Hermann

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 9.

212

logen und Laien willkommenes Hilfsmittel, mit dem Krieg
gedanklich fertig zu werden.

Löber12 ift der von franzöfifchen und englifchen
Zeitungen fo heftig angegriffene Pfarrer Löbel, deffen Worte
über Deutfchlands Weltaufgabe und die rückfichtslofe
Kriegsführung fo entftellt worden find. Mit Ausnahme
diefer ins Altteftamentliche hinüberklingenden Kraftftellen
enthält der Vortrag wenig, was mehr bedeutete als eine
temperamentvolle Darftellung allgemeinen Gedankengutes.

Heinzelmann13 ftellt warm und mit weitem Blick
die Bibel mitten in den Krieg hinein: fie kennt die Wirklichkeit
und rettet aus ihr, fie deutet die Rede Gottes in
den großen Weltbegebenheiten, indem fie erinnert an das,
was Gott einft in feinem Wort gefprochen hat; das Alte
Teftament zumal zeigt uns den lebendigen Gott in feinem
Verhalten zu Völkern; fo wird das Wort heute etwas
wert, wo nichts wertlofer fcheint als Worte.

Keppler 14 läßt in wundervoller Sprache und in tiefen
ergreifenden Tönen die toten Helden fprechen: Nehmet
es ernft mit dem Leben und mit der Religion und mit
dem Vaterland! Schirmt das Heiligtum der Ehe und die
Jugend: Freut euch Deutfche zu fein! Rettet den Kriegsfrieden
unter den Konfeffionen in die Zukunft hinein,
indem ihr bittern Streit durch edlen Wetteifer erfetzt. —
In diefer Gefinnung einig zu werden ift ein hohes Ziel
beider Kirchen.

Bezzel15 fpricht am gewaltigften durch die Wucht
feines Wollens, die Fülle feiner Gedanken, die in allen
Lichtern des Geiftes fchimmernde, in der Weife der alten
gelehrten Theologen reich mit lateinifchen und deutfchen
Zitaten gefchmückten Sprache. Hier fpricht die ftarke und
auch harte lutherifche Kirche aus, was fie auf Grund ihres
Gotteswortes und ihrer Überlieferung zu fagen hat zu Bild
und Perfon Jefu, zu dem Amt des Predigers und Lehrers;
hier heißt der Kampf mit den Kleinheiten: principiis obsta;
denn kleine Nachgiebigkeiten gefährden alles, von der Lehre
über Gott an bis zum religiöfen Gedächtnisftoff und der
einheitlichen Liturgie und der einfachen Würde des Pfarr-
haufes. In Kleinheiten liegt aber auch der Kirche Kraft:
nicht in großen Organifationen, noch in dem Großbetrieb
der Innern Miffion noch im Dauergefchwätz der Synoden,
fondern in der Kleinheit und Armut, fowie in der Kleinheit
von Wort und Sakrament liegt die Kraft und die
Zukunlt der Kirche Jefu Chrifti.

Heidelberg. Niebergall.

Referate.

Winckler, Hugo: Nach Boghasköi! Ein nachgeladenes Fragment.
(Der Alte Orient, 14. Jahrg., Heft 3.) (32 S.) gr. 8". Leipzig,
J. C. Hinrichs 1913. M. — 60

Der bekannte, 1912 verftorbene Verfaffer erzählt, welche
Gedanken ihn nach Boghasköi 1905 geführt haben (S. 3—15), was
er bei der erften, durch ihn veranlaßten Erkundungsreife Oktober
1905 gefehen und erlebt hat (S. 15—26), und wie ihm bei der durch
das ottomanifche Mufeum unternommenen Ausgrabung 1906 am [
20. Auguft die Entdeckung der wichtigen Tafeln, die den Vertrag
Ramfes' II. mit König Chattufll betreffen, gelungen ift (S. 26—32). I
Die Darfteilung lieft fich wie der Anfang eines vollftändigen Be- I
richts über die Ausgrabungen und deren Ergebniffe, und es ift
fehr zu bedauern, daß de, in der Zeit vom 29. Januar bis zum
6. April 1910 niedergefchrieben (S. 32), ein Bruchftück geblieben

12) Löber, Pfr. Georg: Chriftentum und Krieg? Durchgefehener
Sonderdr. aus dem Neuen Sächf. Kirchenblatt. (28 S.) 8°. Leipzig, A.
Strauch 1915. M. —30

13) Heinzelmann, Prof. G.: Die Bibel im Lichte des Krieges.
Rede, gehalten an der Jahresfeier der Bibel-Gefellfchaft in Bafel am 29.
Juni 1915. (16 S.) 8«. Bafel, Kober 1915. Rppn. —25.

14) Keppler, Bifch. Dr. Paul Wilhelm von: Unfere toten Helden
und ihr letzter Wille. 1—10. Tauf. (28 S.) kl. 8«. Freiburg i. B., Herder
1915. M. — 30

15) Bezzel, Oberkonft.-Präf. D. Dr. Hermann: Der Kampf mit den
Kleinheiten. Vortrag, geh. auf der Paftoral-Konferenz der Wuppertaler
Feftwoche am 30. Juli 1915. (Salz u. Licht, Heft 22.) (40 S.) 8». Bar- j
men, Wuppertaler Traktat-Gefellfchaft 1915. M. —60

ift. Der Lefer fragt fich jedoch, ob nicht eine Ergänzung wenig-
ftens für die Arbeiten von 1906 aus anderen Auffätzen W7s hätte
hinzugefügt werden können. Der fachliche Wert des Heftes wäre
dadurch erhöht worden.
Leipzig. Gut he.

Hoberg, Prof. D. Gottfried: Katechismus der merfianifchen Weis-
Tagungen. (XII, 111 S.) kl. 8». Freiburg i. B., Herder 1915.

Kart. M. 2.20

Das Büchlein ift für katholifche Seminare beftimmt, für pro-
teftantifche Studenten dagegen völlig ungeeignet. Die Texte, zum
Teil hebräifch, meift aber nach Vulgata und Septuaginta, umfallen
die Weisfagungen in den hiftorifchen Büchern (vom fogenannten
Protevangelium an bis zu den Worten Nathans an David), in den
Pfalmen (Pf. 2. 15. [Tod und Auferftehung Chrifti!] 21. 44. [Die
Vereinigung des Meffias mit der Menfchheitl] 71. 109) und in den
prophetifchen Büchern.
Berlin-Zeh lendorf. Greßmann.

Klameth, Priv.-Doz. Dr. Guft.: Das Karramstagsfeuerwunder der
hl. Grabeskirche. (Studien und Mitteilungen aus dem kirchen-
gefchichtl. Seminar der theolog. Fakultät der k. k. Univerfität
in Wien 13.) (56 S.) gr. 8". Wien, Mayer & Comp. 1913. M. 1 —
Eine fehr intereffante hiftorifche Studie über den Anfang
des heiligen Feuers in der Grabeskirche zu Jerufalem bis zum
Ende der Kreuzzüge. Die Arbeit ift gut disponiert, reich an Quellennachweifen
, im ganzen unbefangen aber doch dafür eintretend,
daß kein abfichtlicher Betrug den Ritus gefchaffen hat. Verfaffer
geht der Entftehung der Feier nach und fucht fie zu erklären
oder wenigftens aufzuhellen. Er geht zurück auf die im alten
Teftament vorhandenen Keime, weift auf Verwandtes in heidnifchen
Kulten hin, und führt dann aus, daß die Feier zurückgehe auf
eine finnbildliche Handlung, die daran erinnern folle, daß Jefus
das Licht der Welt ift und dann fich weiter ausgebildet hat zu
einer Darfteilung des Glaubens an feine Auferftehung. Hiervon
wird aber die Entftehung eines neuen Feuers nicht unterfchieden,
wobei die Vermutung ausgefprochen wird, daß die Griechen das
urfprüngliche Symbol mittels eines felbftentzündlichen Stoffes in
ein Wunder verwandelt hätten. Die Schrift bietet auch fonft manches
Neue und ift als Beitrag zur üppigen Mirakelgefchichte
Paläftinas fehr zu begrüßen.
Ahlden/Aller. E. W. Bussmann.

Neubauer, Prof. Dr. Richard: Martin Luther. Eine Auswahl aus
feinen Schriften in alter Sprachform, m. Einleitgn. u. Erläutergn.,
nebft e. grammat. Anh. 1. u. 2. Tl. (Denkmäler der älteren
deutfchen Literatur. III, 2. u. 3.) 8°. Halle a. S., Buchhandlung
des Wairenhaufes. Je M. 2.80

1. Tl. 5. u. 6. verb. Aufl. (XVII, 287 S.) 1913.

2. Tl. 4. u. 5. verb. Aufl. (XIV, 284 S.) 1914.

Neubauers Luther-Auswahl hat ihren durch die Zahl der
Auflagen bezeugten Erfolg verdient. Fleißige Arbeit, befonders
fprachlicher Art, fteckt in den zwei Bänden. Bd. 1 bringt eine
Einleitung, die Luther als Begründer (nicht eigentlich ,Schöpfer')
der neuhochdeutfchen Schriftfprache fchildert; eine Art zweiter
Einleitung bringt aus Mathefius Lutherpredigten die Befchreibung
feines Lebens bis zum Ablaßhandel. Von Luther felbft enthält
Bd. 1 dann wefentlich reformatorifche Schriften (Thefen, Adel,
Gefangenschaft, Freiheit, Predigt gegen die Bilderftürmer, Pfalter,
Vorrede, Sendbrief vom Dolmetfchen u. a.), auch den Brief von
der Wartburg an den Vater, den aus Borna an feinen Kurfürften.
Höchft lehrreich ift der Anhang, der Proben aus vorlutherifchen
Bibelüberfetzungen fowie aus katholifchen Plagiaten mit Luthers
Text (in verfchiedenen Entwicklungsftufen) zufammenftellt, eine
Vergleichung, die durch Beifügung des Vulgata-Textes befonders
anregend wird. Bd. 2 gibt Schriften weltlichen Inhalts (an die
Ratsherrn, Kinder zur Schule halten, Meifter Klügling, Kriegsleute
, Nutz der Hiftorien); ferner Fabeln, Gleichniffe, Sprüche
und Reime, Dichtungen, Briefe und vor allem eine reiche Auswahl
aus Luthers Lebensweisheit, (zumeift aus den Tifch-
reden). Ein grammatifcher Anhang behandelt Luthers Sprache.
— Der Text ift nach den Originalausgaben und, mit geringen Abweichungen
, auch in der alten Schreibart gedruckt, öfter ftark
verkürzt, aber nicht verändert. Reichliche Bemerkungen (fowie
kurze Einführungen) geben allen zum fprachlichen und fachlichen
Verftändnis nötigen Stoff. Die Auswahl ift in erfter Linie für den
deutfchen Unterricht (der Prima) beftimmt, Luther als ,deutfcher
Klaffiker' ift der leitende Gefichtspunkt. Sie genügt aber auch