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Ausgabe:

1916 Nr. 9

Spalte:

203

Autor/Hrsg.:

Kirch, Hermann Joseph

Titel/Untertitel:

Die Fugger und der schmalkaldische Krieg 1916

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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203

Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 9.

204

Teile des Großherzogtums Heffen bald ebenfalls eine Bearbeitung
bezw. Zufammenftellung finden.

Leipzig. Otto Lerche.

Kirch, Hermann Jofeph: Die Fugger und der fchmalkaldifche
Krieg. (Studien zur Fugger-Gefchichte. 5. Heft.) (XIV,
305 S.) gr. 8°. München, Duncker & Humblot 1915. !

M. 8 —

Die Gegenwart hat uns vielleicht zum erftenmal in !
vollem Maße erkennen laffen, welche finanziellen Mittel I
das Kriegführen bedingt. Wir verliehen vielleicht jetzt j
erft, warum die wichtigften Erfolge auf dem Schlachtfeld j
fo manchmal durch finanzielle Schwäche paralyfiert wurden.
Die Forfchung ift leider daran oft vorübergegangen; man
hat fich begnügt mit der Schilderung des äußeren Verlaufs
, der politifchen Verwicklungen oder auf die Technik
fein Augenmerk gewandt. Wie vielfach find allerdings
gerade folche Schriftstücke verfchwunden, welche jene
Seite beleuchten könnten. Mit dem Konkurs fo manchen
Bankhaufes (cf. Weifer in Augsburg) find auch all' feine
Bücher zu Grunde gegangen. Darum ift die vorliegende
Studie doppelt zu begrüßen.

Der hchmalkaldifche Krieg bedarf noch genugfam
der Aufklärung; die Erforfchung der politifchen Maßnahmen
der einzelnen Bundesglieder hat noch nicht alle
Rätfei löfen können. Die vorliegende Arbeit läßt uns
vieles in einem klaren Lichte fehen. Die Erfolge des
Kaifers befonders im 1. Teile, im Donaufeldzug, beruhten
darauf, daß es ihm gelang, rechtzeitig die nötigen Mittel
aufzubringen, um ein Heer nicht nur zu fammeln fondern
auch zu unterhalten; die beftändige finanzielle Mifere der
Bundeskaffe der Schmalkaldener trug dagegen am meiften
zur fchnellen Auflöfung des Bundesheeres bei. Das Haus
Fugger unter bef. Anteilnahme des Hauptes Anton Fugger
war es, welches dem Kaifer in weitgehendftem Maße feine
Hilfsmittel zur Verfügung Hellte. Mit großer Sorgfalt hat |
Kirch diefe gefchäftlichen Beziehungen der Augsburger j
Kaufherren zum kaiferlichen Hof aufgehellt; oft wurden j
fie allerdings fo geheim oder durch Mittelsperfonen ge- ;
führt, daß bei allem Scharffinn unmöglich alle Verhand- j
lungen klargeftellt werden konnten. Aber mit vollem 1
Recht fchreibt Kirch: Ohne die Fugger hätte der Kaifer j
den Krieg weder anfangen noch führen können.

Es wurde dem Haufe Fugger nicht leicht, auf folche
Weife den Feldzug des Kaifers zu finanzieren. Zwar das
Aufbringen der nötigen Summen fchloß weniger Rifiko
in fich: man genoß ja überall faft unbefchränkten Kredit;
andrerfeits wußte man fich gute Deckung zu verfchaffen.
Aber man fetzte fich damit in Gegenfatz zur Politik der
Reichsftadt Augsburg, welche dem fchmalk. Bunde beigetreten
war. Es erforderte alle Klugheit, um keinen
begründeten Verdacht gegen die anfcheinend eingenommene
neutrale Haltung aufkommen zu laffen; immer
wieder Ackerten Nachrichten über die finanziellen Traktationen
zwifchen dem Haufe Fugger und dem Kaifer
durch. Nicht wenig nützte Anton Fugger die einfichtige
Haltung des Rates, die ihn gegen alle Angriffe der Bundes-
genoffen immer deckte. Er konnte es bald reichlich vergelten
. Perfönlich unterhandelte er mit dem Kaifer und
Alba, um die harten Bedingungen der Übergabe der Reichsftadt
einigermaßen abzumildern. Ihm hatte man es zu
verdanken, wenn fie erträglich wurden: er war es, der
auch da wieder finanziell viel für fie leiftete.

So bekommt diefe Studie ein anziehendes perfönliches
Moment. Die Bedeutung des Hauptes des ganzen Haufes,
Anton Fugger, wird mannigfach beleuchtet; er kommt uns
dabei perfönlich näher.

So bedeutet diefe Studie einen wichtigen Beitrag auf
einem bisher faft unerforfchten Gebiete.

Alfeld bei Hersbruck. Schornbaum.

Kofink, Dr. phil. Heinrich: Lelfings Anfchauungen über die
Unfterblichkeit und Seelenwanderung, dargeftellt. (XVI,
223 S.) gr. 8°. Straßburg, K.J. Trübner 1912. M. 6 —

Der klaffifche Ort für Leffings Seelenwanderungslehre
bezw. feinen Wiederkehrgedanken ift bekanntlich der
Schlußparagraph der .Erziehung des Menfchengefchlechts'.
Aber um diefen umftrittenen Paragraphen verftändlich zu
machen, flehen uns in Leffings Werken von 1754 an eine
größere Reihe von Äußerungen über das Schickfal der
Seele nach dem Tode, das jenfeitige Leben, die Frage
der Apokataftafis, der Befeligung aller Menfchen (bef. in
,Leibniz von den ewigen Strafen' und im ,Gegenfatz' zum
4. Fragment), der Wanderung der Seele durch verschiedene
hohe Organifationsflufen (f. bef. Leffings Fragment,
,Daß mehr als fünf Sinne für den Menfchen fein können')
u. dergl. zur Verfügung, deren forgfältige Sammlung und
Enträtfelung fich Kofink zur Aufgabe gefetzt hatte, um
fo dem Streit um Leffings Anfchauungen über diefe
Fragen ein Ende zu machen. Hier ftanden ja feit langem
diejenigen, die in der Seelenwanderungsidee einen Grundgedanken
oder gar die treibende Kraft der gefamten
religiöfen Weltanschauung Leffings fahen, anderen gegenüber
, die darin nur eine erklärende oder ergänzende
Hypothefe zur Löfung des Spezialproblems der .Erziehung
des Menfchengefchlechts', der ftufenweifen Entwicklung
des menfchlichen Geiftes, erblickten, zu der er
auf dem Weg der philofophifchen Spekulation gelangt
fei; daneben fehlte es auch nicht an Solchen, die darin
nur eine vorübergehende .Grille' Leffings sahen, obwohl
Schon Karl Leffing in der Lebensbeschreibung feines
Bruders (Bd. II, S. 76—83) jeden Zweifel, ob jene Idee
auch wirklich Leffings volle Überzeugung gewefen fei,
entschieden hat ablehnen können. Kofink gibt in feinem
einleitenden Teil einen kurzen Überblick über die bisherige
Auseinanderfetzung mit jenen Gedanken Leffings,
um fich feinerfeits in den Hauptteilen feiner Studie insbesondere
mit Walter Arnfperger, dem Verfaffer der
einzigen größeren Monographie über .Leffings Seelenwanderungsgedanken
' (1893), auseinanderzufetzen. Was
Kofink von A. vorteilhaft unterfcheidet, ift die größere
Vorficht und Zurückhaltung in der Analyfe der L.fchen
Idee und ihrer Entwicklung. Hier hatte A. zuviel be-
weifen wollen, wenn er die Thefe vertrat, daß der Gedanke
der Seelenwanderung bei Leffing erft Ergebnis der
Spekulation und darum nur Hypothefe, fpäter Ergebnis
des religiöfen Bedürfniffes, alfo Glaubenspoftulat, religiöfe
Idee gewefen fei, daß Leffing ferner Seelenwanderung
anfangs als Höherentwicklung der Seele (MetamorphoSV)
mittelft Eingehens in immer höhere körperliche Organi-
fationen, fpäter allein als Palingenefie, als Wiederkehr in
diefes Leben, aufgefaßt habe, und wenn Arnfperger versuchte
, das Auftauchen diefer verfchiedenen Faffungen
und Motive Leffings zeitlich genau zu fixieren, ohne zu
bedenken, daß das Material doch Schließlich recht fpär-
lich ift, und daß aus der erstmaligen Erwähnung des einen
oder des anderen Motives, diefer oder jener Faffung in
dem Spärlichen und zeitlich weit auseinanderliegenden
Material (1754, 1767—68, 1770, 1772, 1776/77, 1780) kein
Sicherer Schluß auf das wirkliche Auftauchen der betreffenden
Idee in Leffings Denken oder gar auf Ablöfung der
einen durch die andere gezogen werden kann. Im Gegenfatz
zu A. befchränkt fich Kofink deshalb nach der
chronologifchen Befprechung der einzelnen Äußerungen
Leffings SS. 19—168) auf ein Dreifaches. Er weift 1. die
Einheitlichkeit bezw. Vereinbarkeit derfelben nach und
fkizziert L.s übrigens fragmentarische Gefamtanfchauung
von der Entwicklung der Einzelfeele und der Gefamtheit
als einer beständigen ,Höherwanderung' von den niedersten
Formen des Anorganifchen und Unbewußten bis zur
höchsten, weit über das menfchliche Seelenleben hinausführenden
Form (S. 153 — 168). 2. geht K. den gefchicht-
lichen Zusammenhängen von L.s Anfchauungen nach