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Ausgabe:

1916 Nr. 9

Spalte:

195

Autor/Hrsg.:

Dahl, George

Titel/Untertitel:

The Materials for the History of Dor 1916

Rezensent:

Duensing, Hugo

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195

Theologifche Literaturzeitung 1916 Nr. 9.

196

handlungen und redaktionellen Arbeiten S.'s (feit 1867)
vorausgefendet; fie erreichen die Zahl 160. Die glänzende
Ausstattung des durch die Hof- und Univerfitätsbuch-
druckerei Holzhaufen in Wien, hergestellten Bandes wird
durch die Beigabe eines prächtigen Bildniffes Sachaus
fowie durch 4 Tafeln erhöht.

Budapeft. I. Goldziher.

Dahl, Prof. George, Ph.D.: The Materials for the History of

Dor. (131 S. m. 1 Karte.) New Häven, Conn., Yale
University Press 1915. $ 1.40

Der Titel beanfprucht nicht zuviel. Es find hier wirklich
alle in Betracht kommenden Materialien zu einer bis
jetzt kaum zu fchreibenden Gefchichte der kleinen palä-
ftinifchen Küftenftadt gefammelt, ausführlich im Wortlaut
mitgeteilt und durchweg befonnen beurteilt. Nach einer
ausführlichen Topographie werden die altteftamentlichen
Bezeichnungen Dor und Naphat Dor befprochen fowie der
moderne Name Tantüra zu erklären verfucht. Letzterer
foll fprachlich auf tentorium zurückgehen und fachlich
durch den einst vorhanden gewefenen Turm, der an ein
Zelt erinnern mochte, veranlaßt fein. Auf fichereres Gebiet
kommen wir im Folgenden mit dem gefchichtlichen Vorkommen
von Dor auf dem Papyrus Golenifchefl fowie
auf zwei Bruchstücken affyrifcher geographifcher Listen
(vgl. hierzu übrigens Delitzfch, Wo lag das Paradies?
S. 285). Es folgen dann die Materialien, die aus Schürer,
Gefchichte II S. 138—141 bekannt find, von den Erwähnungen
im AT. an bis hin zu den christlichen Bifchöfen
mit Hinzufügung zweifelhafter talmudifcher Stellen. Was
dann noch folgt, nämlich fpätere Geographen, die Periode
der Kreuzzüge, die arabifchen Geographen, die an fich
nicht unintereffanten Berichte über Befuche des Ritters von
Arvieux und Bemerkungen fpäterer Besucher werfen herzlich
wenig Pofitives ab, zeugen vielmehr nur von der
völligen Bedeutungslosigkeit des Örtchens. Vielleicht
hätte der bei Ebers und Guthe, Palästina II 130f. und auch
vorher fchon ausgezogene Bericht der Miß E. Rogers
eine Erwähnung verdient. — Ist der behandelte Gegenstand
auch nicht von weltbewegender Bedeutung, fo erfreut
es doch, die Brandung der Gefchichte an einer
folchen entlegenen Stelle zu beobachten, zumal wenn
alles in Betracht kommende Material fo liebevoll und
gewiffenhaft behandelt vor dem Intereffenten ausgebreitet
wird.

Daffenfen, Kr. Einbeck. H. Duenfing.

Die heiligen Schriften des Alten Bundes. Unter Mitwirkung
v. Fachgenoffen hrsg. v. Prof. Dr. Nivard Joh. Schlögl.
O. Cift. III. Bd. Die poetifch-didakt. Bücher. 1. Pfal-
men. 2. Ijjob. 3. Sprüche, Qohelet, Hohes Lied, Buch
der Weisheit. 4. Jesu'a ben Sira. 1. Tl. Die Pfal-
men. (XIX, 146 u. 35 S.) Fol. Wien, Orion-Verlag
1915. M. S —

Es ist ein fehr erfreuliches Zeichen wieder erwachten
Intereffes an der altteftamentlichen Literatur in der ka-
tholifchen Kirche, daß der befonders durch feine Studien
über die Metrik der Israeliten bekannte Vertreter der
altteftamentlichen Wiffenfchaft in Wien es wagen konnte,
unter Mitwirkung von Fachgenoffen eine neue dem heutigen
Stande der Wiffenfchaft Rechnung tragende Über-
fetzung des A. T. herauszugeben, von der zuerst die der
Pfalmen erfchienen ist. Für fie war der Herausgeber der
gewiefene Mann, hatte er doch fchon 1911 in Graz eine
hebräifch-deutfche Pfalmenausgabe veröffentlicht und 1912
in den biblifchen Studien XVII Heft 1 fein metrifches
System der wiffenfchaftlichen Welt bekanntgegeben, das
die Vorausfetzung der hier vorliegenden Rekonstruktion
des Pfalmentextes und feiner Überfetzung ist. Naturgemäß
fchickt er daher feiner Überfetzung eine kurze
Darlegung der von ihm wiedergefundenen .echten bib-
lifch-hebräifcnen Metrik' voraus, an die fich Bemerkungen
zur Einleitung in die Pfalmen anfchließen. Was
er in diefer bietet, fleht freilich nicht auf gleicher Höhe
mit der übrigen Arbeit: er gibt hier einige dürftige Bemerkungen
1. über Inhalt, Einteilung und Charakter und
2. über Beifchriften, Verfaffer und Zeitalter der Pfalmen.
Eine genauere Bekanntfchaft mit der wiffenfchaftlichen
Literatur der Gegenwart hätte ihm Fingerzeige gegeben,
die weiter zu verfolgen auch ihm möglich gewefen wäre.
Ich erinnere nur z. B. an das heute wohl ziemlich allgemein
zum Durchbruch gekommene Verständnis der
Uberfchriften, foweit fie Angaben über Verfaffer zu enthalten
fcheinen. Auch die Darlegung der Ftntftehung
und des Zwecks der Pfalmenfammlung ist gar zu dürftig
ausgefallen: daß fich hier mit wenig Worten ohne gelehrtes
Beiwerk alles für den gebildeten Leser Wiffens-
werte hätte fagen laffen, haben andere z. B. noch jüngst
Budde in der Einleitung zu feiner Arbeit ,die fchönften
Pfalmen' bewiefen. Auf den letzten 35 SS. hinter der
Überfetzung finden fich die zum Verständnis der Überfetzung
notwendigen textkritifchen Anmerkungen, die
freilich fast ausfchließlich durch die von Schlögl wiederentdeckte
.echte hebräifch-biblifche Metrik' bedingt
find. Über die Eigenart diefer Metrik und ihre
Hauptgrundfätze hat fich Ref. im Jahrg. 39 diefer Zeitfchrift
Sp. 166 f. geäußert, auf die er hier verweifen muß. In der
vorliegenden Überfetzung haben wir nun den Verfuch,
die Richtigkeit diefes Systems im Einzelnen nachzu-
weifen. Es mag fein, daß jener ehrwürdige katholifche
Geistliche, der nach Kenntnisnahme von diefer Überfetzung
fagte, daß er fie für ein Werk der göttlichen
Vorfehung halte, Genoffen findet, die in gleicher Weife
wie er unter der Suggestion Schl.'s flehen, wer fich aber
einen kühleren Kopf und kritifcheren Blick bewahrt hat,
wird bei aller Anerkennung des hier Geleisteten doch
i nicht umhin können, an zahlreichen Stellen Fragezeichen
zu fetzen oder auch geradezu Schl.'s Rekonstruktion als
von verkehrten Vorausfetzungen ausgehend abzulehnen.
Zum Beweife deffen greife ich die Wallfahrtslieder heraus
, über deren Metrik wohl ein Einverständnis dahin
erzielt ist, daß es fich im Wefentlichen um fünfhebige
Verfe handelt, die fich meist ohne tiefere Eingriffe herstellen
laffen.

So ilt 121, 2 nicht durch Tilgung des Artikels von "USD und des
Suff, in IIIS zu helfen, fondern lediglich das für das Verfländnis unnötige
Kai Zu befeitigen. Unmöglich kann 124, 8 urfprünglicher Beftand des
Liedes fein, denn v. 8 ift 3 -f- 3, die übrigen vv. 3 -f- 2, wir haben
demnach in v. 8 einen liturgifchen Zufatz. wie auch der Inhalt beweift.
Unmöglich ift auch Schl.s Vermutung zu 125, 1 das 3 vor "ih zu tilgen,
vielmehr ift piS "IMS Prädikat zu Dinuan und aiöi ü6 Relativf. zu pIX.
Durch Haplographie ift obisb ausgefallen und danach aiün zu lefen.
Verkehrt ift auch Sch's Auffaffung von v. 3, die b"l15 bs nicht zu feinem
Recht kommen läßt, während alle Schwierigkeiten verfchwinden bei
Budde's L. A. :OTSvrl naih niS*; höchft unglücklich ift die Vermutung
zu v. 5 Orbit) zu tilgen, fo daß wir den v. gewönnen BmbpbpS DiBBir
btnUJi bs> pK ibSB nt* -|bin der in feinem Rhythmus nicht zu dem der
vorhergehenden vv. paßt, ganz abgefehen von dem unhebräifchen Ausdruck
in v. 5 b. Vielmehr ift fllrtl und die liturg. Formel btnUJi b» DlbttJ
zu tilgen und DSiblri ft. D3ib"|i zu lefen. So gewinnt B. auch hier den
fiinfhebigen v. Ähnlich liegen die Dinge im Pf. 126, I. 3. 5- A. 127, 1.
2. 4' 5' ,2öS I« 4. 5- öfter ift auch die von Schi, gegebene Überf. aus
Sprachlichen Gründen zu beanstanden: fo kann unmöglich 7, 10 b bei
dem jetzigen Text als Vokativ zu dem Subj. des vorhergehenden Satzes
7, loa gefaßt werden, ebenfo wenig ift zu fehen, wie Schi, die Überf.
von v. 11 rechtfertigen will. Auch 7, 6 c hat Schi, in der Überf. fallen
laffen, ohne daß fich eine Bemerkung darüber fände, wie denn auch für
die von ihm vorgenommene Gruppierung der Verfe in Pf. 7, die Schwerlich
viel Zustimmung finden dürfte, jede Begründung fehlt.

Doch genug der Beifpiele. So Mark auch des Ref.
Widerfpruch gegen Schl.'s Löfung der Probleme exe-
getifcher wie metrifcher Art an vielen Stellen ift, das
kann ihn doch nicht hindern anzuerkennen, daß hier eine
achtbare Leiftung vorliegt, die auch dem Fachmann da
und dort Anregung zu geben vermag.

Straßburg i/E. W. Nowaclc