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Ausgabe:

1915

Spalte:

107-108

Autor/Hrsg.:

Pastor, Ludwig Frhr. von

Titel/Untertitel:

Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters. Bd. VI: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration. Julius III., Marcelus II. und Paul IV.

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 5.

108

bis zur Zeit Gregors des Großen, die germanifche Welt
bis auf die Karolinger, die Kelten, die Slaven, das oft-
römifche Reich bis zu den Kreuzzügen, Entftehung und
Ausbreitung des Iflams, die Karolinger und ihre Reiche,
Alfred der Große von England, Staatengründungen der
Normannen, Reich und Kirche zur Zeit der fächfifchen
Kaifer, Reich und Kirche zur Zeit der Hohenftaufen, die
Kreuzzüge, Frankreich und England bis zur Mitte des
13. Jahrhunderts. Es ift klar, daß viele der unter diefen
Gefichtspunkten notwendig zu bringenden Quellenftellen
an anderen Orten fchon leicht zugänglich find. Allerdings
enthalten die üblichften Sammlungen mehr urkundliche
als hiftoriographifche Quellen, und darin liegt ein Vorzug
der neuen Sammlung. ,Die Quellen find nach den neu-
eften und beften Ausgaben, foweit fie irgend zu befchaffen
waren, abgedruckt. Grundfätzlich find fie in der Urfprache
gegeben, nur wo die Kenntnis der Urfprache nicht bei
dem Hiftoriker vorausgefetzt werden konnte, in deutfcher
Überfetzung', gibt der Herausgeber felbft als Grundfatz
feiner Arbeitsweife. Die Texte find in der Tat recht forg-
fältig gedruckt und nach den beften Ausgaben. Doch
hätte ich gerne gefehen, wenn über die Überlieferung ein
Wort hinzugefügt wäre. v. Weiffembach hat der Raum-
erfparnis halber von allen Erklärungen abgefehen. ,Auch
ift für den Studierenden in diefer Beziehung eigene Arbeit
, durch die er die Hilfsmittel benutzen lernt, fruchtbarer
als ein mühelofer Blick unter den Text' Darin
liegt doch offenbar eine Inkonfequenz des Unternehmens.
Auch meine ich, daß man nun noch weiter gehen foll, und
Quellenstücke in einer folchen Ausgabe geben foll, die auch
die griechifchen und lateinifchen Quellen überfetzt. Dann
wird v. Weiffembach ficher auf Anerkennung in breiten
Schichten der Hiftoriker, Politiker undjournaliften rechnen
dürfen, zumal das Büchlein gut ausgeftattet und preiswert
ift. Der wiffenfchaftliche Wert folcher Publikation
dagegen ift wohl nicht umftritten; lediglich eine metho-
difche Frage bietet fich zu abermaliger Erörterung an.

Leipzig. Otto Lerche.

Paftor, Hoff. Prof. Dir. Ludw. v.: Gefchichte der Päpfte leit
dem Ausgang des Mittelalters. Mit Benutzg. des päpftl.
Geheim-Archives u. vieler anderer Archive bearb. 6. Bd.
Gefchichte der Päpfte im Zeitalter der kathol. Reformation
u. Reftauration Julius III., Marcellus II. u. Paul IV.
(1S50—1559). (XL, 723 S.) gr. 8°. Freiburg i. B., Herder
1913. M. 11—; geb. M. 13 —

Die große Papftgefchichte Paftors fchreitet mit ruhiger
Sicherheit fort, fie ift mit vorliegendem 6. Bande bis zum
Jahre 1559, dem Todesjahre Pauls IV, vorgerückt. Die
großen Vorzüge der früheren Bände trägt auch der neuefte:
eine klare Verarbeitung eines immenfen Materials, fichere
Linienführung und eine Fülle erläuternder Anmerkungen,
in denen auf manche teils nur kurz herangezogene, teils
überhaupt nur erwähnte Quelle hingedeutet wird; fo feien
die Reformationshiftoriker auf die S. 564 Anm. 1 namhaft
gemachte Handfchrift der Trierer Seminarbibliothek II
14: Protocollum actorum in Comitiis Augustanis, incipiens
a. d. 31. Dezember 1554 et finiens d. 25. Sept 1555,
scriptum a quodam, qui interfuit comitiis et cardinali le-
gato ibidem praesenti fuisse videtur amicus hingewiefen.
Auch Beilagen find geboten, fogar reichlicher als fonft —
ich hebe heraus Nr. 25 die Lifte der ,Lutheraner in Rom
1552—54' und die Akten zum Prozeß der römifchen In-
quifition gegen Kardinal Morone, Nr. 74 und 75 —, nebft
einem Anhang über die Quellen und Bearbeitungen der
Gefchichte Pauls IV; das gute Regifter gehört bei Paftor
zu den Selbftverftändlichkeiten. Befonderer Wert ift der
ftarken Heranziehung der allgemeinen Kulturgefchichte
beizumeffen, von dem Leben und Treiben unter dem
Renaiffancepapfte Julius III. wird ein fehr eingehendes und
anfchauliches Bild entworfen, z. T. im Anfchluß an die

Befchreibungen des Frankfurter Fichard, und Paftor ver-
[ gißt nicht anzugeben, was von den damals berühmten
Stätten noch heute zu fehen ift. Von den behandelten
drei Pontifikaten ift das des Marcellus nur von 22tägiger
Dauer, innerhalb deren er fich fogar nur 10 gefunder
Tage erfreute, gewefen. Dabei ift diefer Papft zweifellos
| der fittlich höchftftehende von den dreien gewefen, e-
I erinnert in mancher Hinficht an Pius X. Noch weit fchlimmer
| als in der Gegenwart ift damals das Intriguenfpiel im
Konklave gewefen; um ein Haar faft wäre an Stelle Ju-
1 lius III der Kardinal Pole Papft geworden, man hat ihn
fogar per Akklamation auf den Tron heben wollen, nur
eine Stimme fehlte noch, aber an ihr ift er gefcheitert.
Kennzeichnend find auch die lukullifchen Gaftmähler im
Konklave (S. 27). Die Hauptquelle für die ganze dar-
geftellte Periode ift Maffarelli, deffen Tagebücher über das
Tridentinum ja Merkle veröffentlicht hat. Mit Recht aber
j verzichtet Paftor auf eine eingehende Darfteilung des
I Konzils, da eine folche derzeitig noch nicht angebracht
ift. Das wichtige Dekret über die Euchariftie wird be-
1 handelt, fodann das Erfcheinen der proteftantifchen Ge-
I fandten auf dem Konzile. Doch kann ich hier P.s Dar-
ftellung nicht fehr glücklich finden. Z. B. liegt doch wohl
kaum ein ,greller Widerfpruch' vor, wenn der fächfifche
Gefandte Badhorn einerfeits eine Erklärung des Konftanzer
Konzils, daß man Häretikern gegenüber das fichere Geleit
j nicht zu halten brauche, bekämpfte, andererfeits für den
Konftanzer Grundfatz von der Superiorität des Konzils
über dem Papfte in Glaubensfragen eintrat. Der Widerfpruch
kommt nur dann heraus, wenn man katholifiert
d. h. das Konzil als eine einheitliche, autoritäre Größe
faßt. Auch in der Beurteilung der beiden englifchen
Königinnen Maria und Elifabeth kommt des Verf. katho-
lifcher Standpunkt etwas grell zum Ausdruck. Oder follte
die blutige Maria wirklich ,die befte der englifchen Königinnen
' gewefen fein? (S. 609). Demgegenüber erfcheint
Elifabeth zu einfeitig unter dem Gefichtspunkte der ,Ver-
ftellungskunft und unergründlichen Verfchlagenheit'. Aber
es find das Ausnahmen, im Allgemeinen bemüht fich P.
um gerecht nach beiden Seiten abwägende Urteile, und
feine innere Überzeugung verleugnen kann der Hiftoriker
nicht nur nicht, fondern foll er auch nicht. Die Schwierigkeiten
, unter denen der Jefuitenorden unter Paul IV. zu
leiden hatte, werden offen dargeftellt, und P. macht kein
Hehl aus feiner Antipathie gegen diefen Papft, über deffen
Regierung man das eine Wort fetzen könnte: Inquifition.
Noch auf dem Totenbette hat er fie feinen Kardinälen
befonders empfohlen, der Pöbel quittierte dafür mit einem
Sturme auf das Inquifitionsgebäude. Rückhaltlos wird
auch die Nepotenwirtfchaft diefes Papftes gefchildert. In
summa, mag auch in diefem oder jenem Punkte P.s Darfteilung
oder Urteil Widerfpruch begegnen, als Ganzes
genommen ift fein Werk eine glänzende Leiftung.

Zürich. Walther Köhler.

Koepp, Lic. Wilh.: Johann Arndt. Eine Unterfuchg. üb. die
Myftik im Luthertum. (Neue Studien zur Gefchichte
der Theologie u. der Kirche. 13. Stück.) (XI, 313 S.)
gr. 8°. Berlin, Trowitzfch & Sohn 1912. M. 11.20

Die vorliegende tief dringende Arbeit über Johann
Arndt dient, wie der Untertitel fagt, neben dem hiftorifchen
zugleich dem fyftematifchen Intereffe. So zerfällt ihr Inhalt
in zwei Hauptteile.

Der erfte (S. 1—178) fchildert Leben, Entwicklungs-
! gang und Schriften Arndts nebft den verwickelten Käm-
j pfen, die fich an diefe Schriften knüpfen, fowie endlich
! Arndts Nachwirkungen in Pietismus und Erweckungszeit.

Die Darftellung kann eine noch nicht ausgefchöpfte Quelle
j benutzen in dem bei Raidelius, epistolae virorum erudi-
| torum ad Joh. Gerhardum, erhaltenen Briefwechfel zwifchen
Arndt und Joh. Gerhard von 1601—08.