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Ausgabe:

1915 Nr. 4

Spalte:

91-92

Autor/Hrsg.:

Falke, Robert

Titel/Untertitel:

Warum zweifelst du? Ein Jahrgang apologetischer Predigten 1915

Rezensent:

Schian, Martin

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Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 4.

92

und Wiffenfchaft fcheint die einzige von den gegenwärtig
fo viel beredeten Trennungen zu fein, die Ausficht auf
Verwirklichung hat.

Heidelberg. Troeltfch.

Falke, Konfift.-Rat Hofpred. R.: Warum zweifelft du? Ein

Jahrg. apologetifcher Predigten, unter Mitarbeit von
Geh. Konfift.-Rat Dr. Conrad, Prof. D. Hilbert, Hofpred
. Keßler, Pfr. Krummacher, Konfift.-Rat
Richter, Hofpred. Richter u. Dir. P. Stuhrmann
hrsg. (VIII, 594 S.) 8°. Gütersloh, C. Bertelsmann
1914. M. 8—; geb. M. 9 —

Der Band macht den Verfuch, nicht in fyftematifcher
Folge, fondern im Anfchluß an das Kirchenjahr 1913
,die wichtigften Fragen und Zweifel unferer Zeit apolo-
getifch und erbaulich zu behandeln'. An den 61 Predigten
find der Herausgeber und feine 7 Mitarbeiter nicht
gleichmäßig beteiligt; von Krummacher flammen nur 3,
von Conrad 6, von Falke 19. Die Themata zeigen die
entfchloffene Art, Zentralfragen in Angriff zu nehmen:
Gibt es eine göttliche Weltordnung? Gibt es einen Zufall
? War Jefus der Gottesfohn? Ift der Glaube eine
Illufion? Gibt es eine Willensfreiheit? Die Auferftehung
Chrifti das Fundament des chriftlichen Glaubens; Lohnt
es fich zu beten? Ift das apoftolifche Bekenntnis noch
zeitgemäß? Worin befteht das Wunder der Geburt
Jefu? ufw. Die Prediger flehen alle ,auf pofitivem Glaubensgrunde
', man wird kaum fagen können: auf modern-
pofitivem. Charakteriftifch ift Hilberts Darlegung über
die leibliche Auferftehung Jefu, Falkes Befprechung der
Jungfrauengeburt, die freilich bei aller Bejahung doch
auf folche Rückficht nimmt, denen diefes Wunder unvollziehbar
erfcheint. Im einzelnen zeigen fich natürlich Nuancen
; manche Predigten formulieren maffiver, manche
feiner. Sehr gut fagt Conrad: ,Mit Verftandeserwägungen
werden wir die Welträtfel und die Lebensrätfel niemals
löfen können. Mit logifchen Gründen werden wir unfere
praktifchen Zweifel nicht überwinden'. (5). Andere aber
wollen geradezu beweifen oder doch Bewiefenes verkündigen
. Eben hier tun fich die großen Fragen auf, die folche
apologetifche Predigt notwendig begleiten. Die Beweife
können folche Hörer kaum überzeugen, die andere Gedankengänge
zu gehen gewöhnt find; ihren Einwendungen
wird der Prediger nie ganz gerecht werden
können, weil fchon die Vorausfetzungen der Argumentation
oft verfchieden find. Wo das Wort zum Zeugnis
wird, wirkt es; wo es zu beweifen fucht, findet es nur
die zur Zuftimmung Willigen. Diefe Bedenken treffen
natürlich am ftärkften die Predigten über Fragen, die
auch innerhalb der Gemeinde kontrovers find, viel
weniger dagegen oder gar nicht die über Themata wie:
Der Sonntag und die Seele; Gibt es eine Gnade Gottes?
Was muß ich tun, daß ich feiig werde? Bedarf ein religiös
ernfter Menfch der Kirche? Bei diefen aber ent-
fteht die andere Frage, ob ihre apologetifche Behandlung
vor der Gemeinde notwendig ift. Bei alledem ift ficher,
daß die Predigten der Gefahr blaffer Allgemeinheit oder
abftrakter Unbeftimmtheit mit Glück entgehen, daß fie
großenteils einen foliden Gedankenaufbau zeigen und in
klarer Führung konkrete Ziele herausarbeiten. Viele
Predigten benutzen einen erheblichen Apparat von
modernen Terminis, Schlagworten, Zitaten; manche
bieten fehr viel rhetorifche Kunft auf; am beften gelallen
doch die fchlichteren, wie z. B. die Neujahrspredigt
und die auf Himmelfahrt gelegte von Conrad.
Zuweilen, wie z. B. in Stuhrmanns Apoftolikumspredigt,
klingen mehr kirchenpolitifche Töne an, als für die Predigt
gut fein kann. Nach dem Vorwort foll das Werk für
die Prediger eine Handreichung fein und für alle Glau-
bensgenoffen, die fich mit den Problemen unferer Gegenwart
befchäftigen, ein Führer und Wegweifer zur Klarheit
und Wahrheit. In gewiffer Weife wird es diefen
Dienft leiften können: man kann an ihm homiletifch-apo-
logetifche Methoden in praktifchen Beifpielen ftudieren
und daraus Anregungen fchöpfen; Gemeindeglieder
werden manchen Gedanken finden, der ihr Nachdenken
befruchtet. Nur wird die hinter der Apologetik ftehende
theologifche Pofition natürlich den Kreis der das Werk
mit voller Zuftimmung Benutzenden einengen; und der
gebildeten Gemeinde wird nur teilweis Genüge gefchehen:
am meiften dort, wo die Zeugniskraft des Glaubens in
unmittelbarer Kraft redet; am wenigften dort, wo eine
beftimmte theologifche Meinung, indem fie fich felber verteidigt
, das Chriftentum zu verteidigen meint.

Gießen. M. Schian.

Referate.

Cannon, William Walter: The Song of Songs edited as a Drama-
tic Poem. With Introduction, revised Translation and Ex-
curses. (VIII, 158 S.) 8°. Cambridge, University Press 1913.

s. 7.6

Vf. fleht im Hohenlied ein einheitliches dramatifches Gedicht,
nicht eine Sammlung verfchiedener lyrifcher Stücke. Die Dichtung
fchildert, wie ein junges Mädchen aus Sunem, in Liebe mit
einem jungen Bauern verbunden, vom König Salomo in den königlichen
Frauenhof gebracht wird (vgl. 1,4); hier fleht es nun vor
der Entfcheidung, ob es dem Geliebten treu bleiben will; der
Dichter läßt diefen Ausgang hoffen. Vf. meint, das Gedicht beruhe
möglicherweife auf einer gefchichtlichen Tatfache; ein nord-
israelitifcher Dichter um 910 habe die Dichtung gefchrieben, mit
feinen Zeit- und Volksgenoffen darüber begeiftert, daß ein nord-
israelitifches Landmädchen der Liebe eines Königs Salomo wider-
ftand. Das anonyme Büchlein fei dann von den Sammlern unter
Hifkia als falomonifche Schrift verftanden und aufgenommen
worden und fei fpäter in den Kanon gekommen, weil es fich in
den judäifchen Archiven als falomonifche Schrift fand. Ausführlich
bekämpft Vf. die feit Wetzftein beliebte Deutung; zur
Durchführung feiner eigenen und eigenartigen Deutung gebraucht
er das künftliche Mittel, daß er das dramatifche Gedicht auf ver-
fchiedene Perfonen verteilt, die er redend einführt (z. B. l,2f die
Hofdamen, 1,4adie Sulamitin, 1,4b die Hofdamen, l,9bis2,7Wechfel-
gefpräch zwifchen Salomo und der Sulamitin; außer diefen Perfonen
treten noch der Dichter felbft 3,6—11; 5,1 b; 8, 5 a und der
Geliebte 4,8ff u. ö. auf).
Tübingen. Volz.

L. Annaei Senecae opera quae supersunt. Vol. III. Ad Lucilium
epistolarum moralium quae supersunt. Iterumed.OttoHenfe.
(XXXII, 634 S.) kl. 8». Leipzig, B. G. Teubner 1914.

M. 6.60; geb. M. 7.20
Nach fünfzehn Jahren erfcheint jetzt die zweite Auflage von
Henfe's Ausgabe der Senecabriefe, d. h. der maßgebenden Ausgabe
der auch für die Theologen fo wichtigen Epifteln. Johannes
Weiß hat einmal gefagt, daß Seneca mutatis mutandis dem Paulus
am nächften flehe, was Satzbau und Stil betrifft, und in der
Tat hat auch die theologifche Forfchung Form und Inhalt der
Senecabriefe nicht unberückfichtigt gelaffen. Manches findet fich
jetzt auch in Bultmanns fchönem Buch über den Stil der pauli-
nifchen Predigt. Über die neuere Literatur orientiert der Herausgeber
in der Vorrede, die zugleich das Werentliche über die text-
kritifche Grundlage gibt. Diefe letztere ift neuerdings noch ver-
ftärkt worden — ohne daß dies in der Ausgabe noch benützt
werden konnte — durch einen Handfchriftenfund des italienifchen
Philologen Beltrami, über den Henfe fich inzwifchen noch felbft
in der Berliner philol. Wochenrehr. 1914, 125ff., 604ff., 635ff. geäußert
hat. Die hier gegebenen Zurätze find alfo der neuen Ausgabe
hinzuzufügen.
Marburg. Fr. Pfifter.

Castellion, Sebastien: Traite des Heretiques. A savoir, si on les
doit persöcuter, et comment on se doit conduire avec eux,
selon l'avis, opinion, et sentence de plusieurs auteurs, tant
anciens, que modernes. Ed. nouvelle, publice par les soins
de past. A. Olivet. PreTace de prof. E. Choisy. (X, 198 S.)
8°. Geneve, A. Jullien 1913. fr. 3—; geb. fr. 5 —

Das bekannte Buch von Sebastian Castellio (Pfeudonym :
Martin Bellius): de haereticis, an sint persequendi wird hier in
der franzöfifchen Überfetzung von 1554 geboten. Da die franzö-