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Ausgabe:

1915

Spalte:

73-75

Autor/Hrsg.:

Frazer, James George

Titel/Untertitel:

The Golden Bough. A Study in Magic and Religion. 3. ed., part IV, 2 vols 1915

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiuS und Oberlehrer Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 10 Mark

- _ ._ , . Manufknpte und gelehrte Mitteilungen find aus fehl i e ß 1 i c h an . _ _

■40- Jahrg. Nr. -et Profeiror D. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, zu fenden. /iU. C QDT13.T LJlO

D Rezenfionscxemplare ausfchließlich an den Verlag.

Frazer, The Golden Bough. 3. ed. part. IV.
(Baudiffin).

Gennrich, Moderne buddhißifche Propaganda
u. indifche Wiedergeburtslehre in Deutfchland
(Franke).

Kittel, Die Pfalmen (Staerk).
Godet, La seconde epitre aux Corinthiens
(W. Bauer).

Goetz, Das apoßolifche Glaubensbekenntnis

(Kattenbufch).
Thieme, Das ApoBolifche Glaubensbekenntnis

(Derf.).

Urfinus, Einleitung ins Apoltolikum (Kattenbufch
).

Reitzenftein, Des Athanafius Werk über das

Leben des Antonius (Grütztnacher).
Krieg, Der Kampf der Bifchöfe gegen die

Archidiakone im Bist. Würzburg (Lerche).
Schubert, Reich und Reformation (Brieger).
Nuutiaturberichte aus Deutfchland. 1585—1590.

2. Abtlg., 2. Hälfte, hrsg. v.J. Schweizer (R. Holtz-

mann).

L o t e ,Du Christianisme au Germanisme (Lobflein).
Drews, Gefchichte der Philofophie. Band VII
(Dorner).

Peisker, Die Gefchichtlichkeit Jefu Chrifli u.
der chriftliche Glaube (Troeltfch).

Falke, Warum zweifelft du? (Schian).

Referate: Cannon, The SoDg of Sorgs. — L.
Annaei Senecae opera quae supersunt. —
Castellion, Traite des Heretiques. — Der
Maffenübertritt zur ev.Kirche A.B.inHermann-
ftadt. — Niedermeyer, Morgenröte. — Jör-
genfen, Sören Kierkegaard u. das biblifche
Chrißeutum. — Ruland, Das Findelhaus. —
Skribanowitz, Gott und deine Seele.

Wichtige Rezenftonen. — Neuefte Literatur.

Frazer, Prof. J. G, D.C.L., LL.D., Litt. D.: The Golden
Bough. A Study in Magic and Religion. 3. ed., part IV.,
2 vols. gr. 8°. London, Macmillan 6k Co. 1914. s. 20 —

IV. Adouis, Attis, Osiris. Studies in the History of Oriental
Religion. 2 vols. (XVII, 317 u. X, 321 S.)

Im Jahrgang 1907 diefer Literaturzeitung Sp. 97 ff.
habe ich die im Jahre 1906 erfchienene erfte Auflage diefes
Buches befprochen, das jetzt einen Teil der dritten Auf-

Ofiris mit großer Wahrfcheinlichkeit um eine Vegetationsgottheit
handelt und die Vorftellung von Gottheiten diefer
Art fich überall gebildet haben wird auf einer Stufe der
Kultur, die mit dem Leben der heutigen Naturvölker eine
gewiffe Verwandtfchaft befaß. Ich weiß keinen andern
Autor, der aus den Erfcheinungen tiefftehender Kulte
allgemein menfehliches Empfinden — ich kann nicht
gerade fagen: religiöfes Geftimmtfein — mit größerer
Feinheit herauszulefen vermöchte als der Verfaffer. Nur

läge des großen Werkes ,The Golden Bough' bildet. Ich j über ein Zuviel des Verglichenen ließe fich vielleicht

Klage führen. Die ,Analogien' find mehrfach kaum als
folche anzuerkennen. Bei Gelegenheit der Totenfeier
für Ofiris z. B. wird jetzt eine einigermaßen vollftändige
Darftellung aller Allerfeelenfefte bis auf die Gegenwart
gegeben (Bd. II, S. 51—83), die zum Teil nicht mehr mit
Ofiris zu tun haben als daß es fich eben überall um eine
Totenfeier handelt.

glaube dort, was ich nicht wiederholen kann, den hervorragenden
Wert diefer Leiftung in gebührender Weife
zur Geltung gebracht zu haben.

Aus dem damaligen einen Bande von ,Adonis, Attis,
Osiris' find jetzt zwei Bände geworden, jeder beinahe
ebenfo umfangreich als jener einzige. Der Verf. hat mit
feiner erftaunlichen Belefenheit in der irgendwie einfchlagen-
den Literatur nichts Wefentliches unberückfichtigt und
unverarbeitet gelaffen von dem, was in den letzten acht
Jahren für die drei von ihm behandelten Gottesvorftellungen
und Kulte an neuer Aufklärung gewonnen worden ift.
Aber aus dem, was diefe direkt betrifft, rührt nur ein
kleiner Teil des neu Hinzugefügten her, zum weitaus
größern Teil aus der Vermehrung der Analogien in andern
Gottesvorftellungen und Kulten. Noch viel mehr als fchon
in der erften Auflage find in der zweiten und dritten
Adonis, Attis und Ofiris faft nur Etiketten, nach denen
die Darftellung großer Mythen- und Kultkreife geordnet
ift. Trotz des Umhangs des Werkes ift eine erfchöpfende
Behandlung der drei Gottheiten auch jetzt nicht gegeben.
Her Verf. will fie nicht geben, fondern hat diefe Aufgabe
andern Monographien überlaffen. Der Hauptwert feiner
Leiftung befteht in der forgfaltigen Herbeifchaffung und
Beurteilung der Analogien. Auf einen gefchichtlichen
Zufammenhang kommt es dem Verf. dabei nicht an, wie
* ebenfowenig auch diesmal die Frage nach gefchicht-
»chen Berührungen jener drei Gottesvorftellungen erörtert.
Bein Material hat er zum größten Teil nicht aus den
antiken Religionen entnommen, fondern aus modernen
Beobachtungen an den fogenannten Naturvölkern. Es llt
aie G eichmäßigkeit der Entwicklung von Glauben und
Brauch unter beftimmten einander entfprechenden Ver-
haltnifien, was er zur Darfteilung bringen will. Die Ver-
gleichung der Naturvölker ift hier berechtigter für die
Deutung des Antiken als an vielen andern Punkten der
Religionsgefchichte, wo fie von andern zur Geltung gebracht
wird, da es fich in Adonis und Attis zweifellos und in
73 74

Ganz neu hinzugekommen find von der zweiten Auflage an die Ab-
fchnitte .Sacred Men and Women' Bd. I, S. 57—109, Jnfluence of Mother-
Kin on Religion' Bd. II, S. 202—212 und die nur lofe mit dem Gefamt
inhalt in Verbindung Behenden Anhänge ,Moloch the King' Bd. II, S.
219—226 (Moloch vielleicht urfprünglich der in Jerufalem refidierende
menfehliche König), ,The Widowed Flamen' S. 227-—248, ,Some Customs
of the Pelew Islanders' S. 253—268, in der dritten Auflage der für die
Gefamtauffaffung des Verf.s wichtige Abfchnitt ,The Origin of Osiris'
Bd. II, S. 158—200.

In der Reproduktion feines reichen Materials befleißigt fich der
Verf. immer größerer Korrektheit. Eine kleine Verbelferung, die ich
Billfchweigend fchon an anderm Orte gemacht habe, fei mir zu wiederholen
geBattet. Das Zitat Bd. I, S. 230 Anmkg. .Clement of Alexandria,
Horn. 6, 11' vererbt fich nun fchon recht lange von Buch zu Buch. Es
follte lauten: Clementina [ed. de Lagarde c; 9 (119 B), S. 76].

Die neue Auflage ift von den frühern, befonders der
erften nicht nur durch Erweiterungen unterfchieden, fondern
an vielen Stellen macht fich bei dem Verf.', der
immer neu aus fich felbft heraus arbeitet und immer von
andern zu lernen bereit ift, ein vorfichtigeres und gereif-
teres Urteil bemerkbar. Ganz befonders tritt es hervor
in dem abfchließenden Abfchnitt des Ganzen: ,Mother-
Kin and Mother-Goddesses'. Der Verf. redet feit der
zweiten Auflage nicht mehr wie früher vom .mother-right'
und hat die Annahme einer fozialen Stufe des Mutterrechts
überhaupt aufgegeben. Die ,Gynäkokratie' der
Urzeit erklärt er für einen Traum von Phantaften (Bd. II,
S. 211). So wie er jetzt ,mother-kin' als das einftmals
Ausfchlaggebende dafür fubftituiert, d. h. ,eine foziale
Ordnung, die Abdämmung und Eigentumsvererbung
durch Frauen, nicht durch Männer, beftimmt fein läßt'
(Bd. II, S. 212), ift diefe Form der Gemeinfchaftsbildung