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Ausgabe:

1915 Nr. 3

Spalte:

57

Autor/Hrsg.:

Kaufmann, Carl Maria

Titel/Untertitel:

Handbuch der christlichen Archäologie. 2., verm. u. verb. Aufl 1915

Rezensent:

Hennecke, Edgar

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57

Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 3.

58

Urkundenbücher hinaus einen Fortfehritt. Sämtliche De-
perditafind aufgenommen nach dem Vorbild der Regelten
Rehrs, und die Rekonftruktion der verderbten Stücke ift,
foweit es möglich war, verfucht worden. Ein ebenfo
wichtiges wie gefährliches Unterfangen, das nur ein fo
trefflicher Kenner der Urkundenformeln, wie St. es ift,
wagen durfte. Kleinere Neuerungen dienen der belferen
,Anordnung und Veranfchaulichung des Stoffes'.

Den größeren Teil des Bandes bilden naturgemäß
die Traditionen, deren ältelte (Nr. 11) aus dem Jahre 751
flammt. Quelle für den Druck waren in den meiften Fällen
Cartulare, über die eine gefonderte Unterfuchung des
Herausgebers in Ausficht fleht. Ungleich wichtiger find
natürlich die kaiferlichen und päpftlichen Privilegien, deren
fich das Klofler feit feiner Gründung in nicht geringer
Zahl erfreute. Wie fehr ihre Kritik erfchwert ifl durch
die Maffenfälfchungen des Eberhard und Rudolf, ift ja
bekannt genug. In diefer Beziehung konnte fich St. teilweife
auf Vorarbeiten Tangls Mützen, der urfprünglich
die Ausgabe übernommen hatte. Daß er aber in manchen
Punkten nicht unwefentlich über Tangl hinausgekommen
iM, zeigte fchon die Vorarbeit über die Fälfchungen des
Rudolf von Fulda (erfchienen im Archiv f. Urkunden-
der VeVöffentlichu^ Das YapV über Epi- forfchung V 41 —152, unter dem Titel: Fuldensia I). Von

graphifche Denkmäler ift nunmehr an das Ende des Buches den vielen fchönen Ergebniffen der mühevollen kntifchen
geftellt. Störende Druckfehler kommen in der Akzen- ' Arbeit feien hier nur zwei befonders hervorgehoben,
tuierung griechifcher Texte leider noch immer vor; unter j Nr- 62 bringt eine Urkunde Karls d. Gr., wohl vom Jahre
den fonftigen bemerke ich S. XVII (unter den Erratal) I 773. die St. aus dem ganz verderbten Text des Codex
Basagne (lies Basnage), S. 26 .Bifchof Mynfter Münter Eberhardi wiederhergeftellt hat ,mittels umfaffender Her-
von Seeland' — eine Perfonenverdoppelung (Mynfter, kein anziehung der zahlreichen und fehr gleichmäßig formu-
Archäolog, war der Nachfolger des 1830 geft. Münter), | berten Genchtsurkunden der Merovinger, ihrer Hausmaier
S. 777 S Hilarius (lies Hilarus). I und der erften Karolinger'. Wohl fleht diefe Urkunde

' verzeichnet in den Karolingerregeflen, aber auf Grund

Braunfchweig. E. Hennecke. j ejnes rur ai,thentifch angefehenen Druckes von Schannat,

einem Gelehrten des 18. Jahrhunderts, den St. als einen

Kaufmann, Carl Maria: Handbuch derchriltlichen Archäologie.

2., verm. u. verb. Aufl. (Wiffenfchaftliche Handbibliothek
, 3. Reihe, V.) (XVII, 814 S. m. 50x5 Abbildgn.,
Riffen u. Plänen.) 8°. Paderborn, F. Schöningh 1913.

M. 15—; geb. M. 16.20

Daß im Verlaufe von acht Jahren eine Neuauflage des
von H. Lietzmann ThLZ. 1906 Nr. 1 befprochenen Buches
nötig geworden ift, beweift doch, daß es ähnlichen Ver-
fuchen gegenüber Vorzüge aufzuweifen hat. Ich erblicke
diefe a) in der fehr reichhaltigen Vorführung guter Abbildungen
einfchließlich neuefter Funde (worunter die
eigenen des Verf. in der libyfchen Wüfte), b) in dem Be-
ftreben, über den neueren Fortgang der Forfchung mög-
lichft vollftändig, und zwar ohne kleinliche konfeffionelle
Rückfichtnahme, zu berichten — einige der von L. ge-
wünfehten Nachträge find vollzogen —; c) in der Beigabe
nützlicher Tabellen (darunter auch der Konfullifte), die
man fonft nicht fo beifammen findet. Das Buch erfüllt im
ganzen auch in der Darftellung die Zwecke eines Handoder
Nachfchlagebuch.es, es freilich dem gewiffenhaften
Lefer überlaffend, das Wichtige und Geficherte fich von
dem weniger Geficherten an der Hand mehr einfchlagen-

Henning, Priv.-Doz. Dr. Hans: Der Wulfila der Bibliotheca
Augulta zu Wolfenbüttel (Codex Carolinus). (5 S. m. VIII
Tafeln.) Fol. Hamburg, C. E. Behrens (1914).

M. 5—; Luxusausg. M. 15 —

der zahlreichen ,wiffenfchaftlicheir Fälfcher jener Zeit entlarvt
hat. Man mag ermeffen, welch' eine Unfumme von
Arbeit allein in der knappen Einleitung fleckt, die dem
Druck diefer Urkunde vorangeht. Und es ifl nur einer
von vielen ähnlichen Fällen.

Die wichtigen Bruchftücke der Wulfilanifchen Bibel- Wichtiger noch find die Auffchlüffe, die uns St. unter

überfetzung zu Wolfenbüttel werden uns in der Henning
fchen Publikation in photolithographifchen Nachbildungen
vorgelegt Die acht Tafeln in Naturgröße machen einen
vortrefflichen Eindruck in Bezug auf größtmögliche Klarheit
des gotifchen Textes, foweit das Palimpfeft fie irgend
zuläßt; mehr kann ich augenblicklich nicht fagen, da ein

Nr. 4 über die Landfchenkung Karlmanns an Bonifatius
zur Gründung eines Klofters gibt. Erhalten ifl fie nicht,
wenn auch vielfach bezeugt. So konnte fraglich fein, ob
überhaupt eine Beurkundung vorgelegen hat. Da ift es
St. gelungen, ein bisher unbekanntes Regeft diefer Urkunde
zu finden, das ihre Exiftenz außer Zweifel ftellt.

Vergleich mit dem Original mir zur Zeit nicht möglich ift. Dadurch gewinnt aber wiederum der chronikalifche Be
Der Herausgeber hat eine Einleitung beigefügt, die rieht Eigils, des Biographen Sturmis, in dem auffallende

int Hinblick auf die Benutzer eines folchen Werkes reichlich
elementar anmutet; fie bringt das allgemein bekannte.
Der hierauf folgende transfkribierte gotifche Text der
Bruchftücke ift, laut Einleitung, Andreas Uppftröms
Fragmenta gothica selecta ad fidem codicum Ambrosia-
norum Carolini Vaticani (Upfala 1861) entnommen, folgt
alfo einfach den Uppftrömfchen Lefungen, ohne daß an-
fcheinend eine Nachprüfung am Original oder an der
Nachbildung vorgenommen worden ift. Der Benutzer wird
lelbft nachzuprüfen haben.
Wien. Walther Brecht.

*«nge|, Edmund E.: Urkundenbuch des Klofters Fulda. i.Bd.,
j" a^fte(DieZeitdesAbtesSturmi). (Veröffentlichungen
,Z hlftor- Kommiffion f. Heften u. Waldeck X, I'.)

Die2°2 S) gf* 8°" Marbur£- N- G-Elwert W3- M' 7-So
der wled^r^h61" Urkunden waren bisher zu benutzen in
von Dronke F u? alten c°dex diplomaticus Fuldensis

Unterfchied-alter^ndWn0hl k*™ ein an dem

vortritt wie hpiAi ,neuer Editionstechnik fo grell her-
bucher Stentp t*™ VergEich diefer beiden Urkunden-
öueher. Stengel bringt noch über unfre bellen modernen

Anklänge an den Urkundenftil jener Zeit fich finden, einen
ganz anderen Wert. Die Ausflellung der Urkunde felbft
fetzt St in den Anfang des Jahres 743.

Diefe frei herausgegriffenen Beifpiele zeigen wohl zur
Genüge die Bedeutung der von St. geleifteten Arbeit Möge
die Fortfetzung nicht allzulange warten laffen.

Berlin-Dahlem. Gerhard Bonwetfch.

Greven, Jofeph: Der Urlprung des Beginenwefens. Eine Aus-
einanderfetzg. m. Godefroid Kurth. (60 S.) 8°. München,
J. G. Weiß 1914.

Die Frage nach dem Urfprungsort des Beginenwefens
hatte Greven in feinem Buche über die Anfange der Be-
ginen (Münfter i. W. 1912) mit dem Hinweis auf Nivelles
im füdlichen Brabant beantwortet. Demgegenüber beharrte
G. Kurth in feiner Abhandlung ,De l'origine liegeoise des
beguines' (Bulletin de l'Academieroyale deBelgique, Classe
des lettres 1912, 437—62) auf feinem fchon früher (La
Cite de Liege au moyen-age II, Bruxelles 1910, 255—57,
344, 345) eingenommenen Standpunkt, daß das Beginen-
tum in Lüttich aufgekommen und von dort aus fich verbreitet
habe und von dem Lütticher Priefter Lambert le