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Ausgabe:

1915

Spalte:

42-43

Autor/Hrsg.:

Steinbeck, Johannes

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der kirchlichen Jugenderziehung (Katechetik) 1915

Rezensent:

Knoke, Karl

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Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 2.

des allgemeinen Begriffes des Lebenstriebes einen wertvollen die Behandlung des gleichen Feftes durch eine ganze
Fortfehritt. Anzahl verfchiedener, wenn auch fämtlich irgendwie

Die Arbeit Ruefchs will zeigen, daß die praktifche .modern' geftimmter, Prediger zeigen; fie bieten alfo
Vernunft fo wenig als die theoretifche den Ideen von treffliches Material etwa in der Richtung der Schubert
Freiheit Unfterblichkeit und Gott objektive Realität ver- | fchen Studie /Unfere Predigt vom auferftandenen Heileihen
könne. Dabei glaubt fie das metaphyfifche Bedürfnis land'; aber fie geben auch für die Praxis ähnlich orien-
des Menfchen an feiner wahren Wurzel anzugreifen und tierter Prediger mannigfaltige und gerade deswegen
den darauf beruhenden Phantaftereien den Boden für immer ' wertvolle Anregung. Mir fcheint die Auswahl in be-
zu entziehen. Da in ethifchen Fragen jedermann fachver- i fonderem Maße geglückt; unzeitiger Radikalismus, flache
ftändig ift, wendet fleh Ruefch nicht an die, welche mit Aufklärerei, gelehrter Ballaft find entfchloflen fernge-
ihrer Schriftgelehrfamkeit wichtig tun, und hütet fleh da- ! halten (mehr als in der .Feftpredigt des freien Chriften-
vor, fleh mit .müßigem Tieffinn zu zieren'. So hofft der ; tums'); obwohl die .moderne' Stellung öfter deutlich
Verf., denen ein zuverläffiger Wegweifer zu fein, die fleh I zu erkennen ift, befleißigen fleh doch alle Predigten
von jedem Vorurteil loszufagen vermögen und die Wahrheit < einer im beften Sinne pofitiven Haltung. Das Studium

der Ofterpredigten wäre unter diefem Gefichtspunkt
auch den argwöhnifchen Gegnern aller .Moderne' dringend
anzuraten. Natürlich zeigen fleh auch in diefer
Hinficht Unterfchiede. Vielleicht verhältnismäßig am
meiften fpiritualifiert Schullerus (II Nr. 11) die Ofter-
botfehaft; daneben flehen Predigten, die das gefchicht-
liche Faktum in fehr konferyativem Sinn nutzen (Smend,
Schönhuth, Häring u. a). Ähnlich fteht's bei den Weibnachtspredigten
, bei denen übrigens eine befonders
große Fülle von Anfchauungsmaterial zur Verwendung
kommt. Den Feftevangelien ift nicht im minderten ausgewichen
; vier Pred. behandeln Luk. 2, i ff, zwei Mt. 28,
1 ff; auch über Apgefch. 2, 1 ff. und I. Kor. 15, 14. 17
findet fleh je eine Predigt. Im Durchfchnitt ift erfreuliche
Schlichtheit, glückliche Klarheit erreicht. Daß
auch unter den hier gebotenen Predigten Verfchieden-
heit obwaltet, ift mehr als felbftverftändlich. Die per-
fönliche Stellung wie der fubjektive homiletifche Ge-
fchmack wird fleh in der Bewertung der einzelnen
Gaben äußern. Nach meinem Empfinden find einige
Beiträge von Th. Häring (z. B.: Uns ift heut ein göttlich
Kind geboren, Das dreifache Oftern) und von J. Smend
befonders wertvoll; des letzteren Predigt .Weihnachten

allein um der Wahrheit willen fuchen.

Es ift nicht möglich, die Gedankengänge des Buches hier zu verfolgen
. Einen Hauptpfeiler bildet die Thefe, dali keiner Handlung fitt-
licher Charakter zugefpuchen werden dürfe, da jede, auch die uneigen-
nützigfte Tat nur auf Befriedigung ausgeht und die eigene Glückfeligkeit
zum Endziel hat, fomit egoillifcher Natur ift. Hier liegt eine Verwechslung
vor. Das Endziel kann auch nach Ruefchs Anficht das Glück des
andern einfchlieflen. Manu kann den andern zuliebe Qual und Tod
wählen. Dies ift nimmermehr Egoismus, eben weil der anderen Glück
erftrebt wird. Man brauchte dabei nicht zu rechnen, die Unterlafiung
des Opfers brächte ein noch größeres Quantum von Uuluft. Ift mit fol-
chem Altruismus Befriedigung verbunden, fo beweift diefe Tatfache gerade
die altruiftifche, unegoiftifche Natur des Menfchen. Ruefch verwechselt
beftändig die Luft, die fich an die Vorflellung eines altruiftifchen
Zieles anfchließt und nicht felbft Ziel zu fein braucht, fowie die Befriedigungswirkung
, die aus Vorfatz oder Handlung hervorgeht, mit Endziel.

Nicht weniger oberflächlich find die übrigen Argumente Ruefchs, wenn
es auch nicht an guten und treffenden Bemerkungen fehlt. Die Lektüre der
Abhandlung wird erfchwert durch die beftändigen heftigen Ausfälle, deren
Heftigkeit in umgekehrtem Verhältnis zum Verftändnis der befehdeten
Sache fteht. So deutet der Verf. das Wott vom Kamel und Nadelöhr:
,W'er das Unglück hat, durch Reichtum in Verfuchttng geführt zu werden,
dein wird die Erwerbung der Seligkeit fchwerlich gelingen; worauf dann
auch das Umgekehrte gelten muß: wer zufällig arm ill, dem wird die
Erwerbung der Seligkeit ein leichtes fein'. Bei folcher Exegefe wundert
es uns nicht, daß das Neue Teftament ,in der Hauptfache für eine Stufe
der menfchlichen Entwicklung zugefehnitten ift, die weit in der fogenannten
vorfittlichen l'eriode zurückliegen muß'. Die Seligpreifung auf die Armen

im Geift foll wieder einmal denen gelten, die auf Wahrheit und Erkenntnis als Band ZWlfchen Eltern und Kindern' möchte ich

verzichten. Die zum Scharlatanismus führenden Gottesdienfte der Kirche | deiltlichft hervorheben Aber auch die anderen Dai-

und durch Vorträge über die fugend zu erfet/en. Der Grund aller reli- KJ.hin„.n finrl moili- Mir liiihfch rrrfifitenteiL reich an

gtöfen Reaktion und ihrer Begriffe Gott, Unfterblichkeit und Freiheit liegt : Dlet,ungen lint m<;1,t '.lir {ululcn, großenteils leicil an

— in der Verteidigung des Privateigentums. i Gedanken und fchon in der Form; nicht wenige von

Die Schrift kann nur denen Eindruck machen, die wie Ruefch das eigenem Gehalt ohne gefuchte Originalität. Man kann

Leben für eine leidige Komödie halten und ihre Wut auf die GefeUfchaft, ;ilf0 den I Irsebr., der auch felbft durch mehrere

die Ktrc
erheben.
Intere
gehört
und di

verfuchen " er-—— — — | jes Verl.'s; die rsamensangaoe nt auuemen ntent ganz gleichmalSig

1 fmeift am Ende; doch Weihnachtspr. Nr. I am Anfang); ebenfo die
Textangabe. Im Inhaltsverzeichnis der I'lingflpr. fehlt bei Nr. 7 der
Text; die Numerierung könnte im Inhaltsverzeichnis wohl angegeben fein.

>e

Zürich. Pfifter.

Moderne Predigt-Bibliothek, hrsg. v. Paft. Lic. E. Rolffs.
XI. Reihe, i.—3. Heft. 8°. Göttingen, Vandenhoeck

Gießen. M. Schian.

& Ruprecht Je M 1 Steinbeck, Konfift.-R. Prof. D. theol. Joh.: Lehrbuch der

i. Heft. 12 Weihnachtspredigten v. Th. Breit, O. Born- i kirchlichen Jugenderziehung (Katechetik). (Sammlun-

kämm, E. Foerfter, H. Gallwitz, Th. Häring, P. Jaeger,
W. Lueken, E. Rolffs, O. Schönhuth, J. Smend. (93 S.)
T9i3-— 2. Heft. 12 Ofterpredigten von J. Smend,
Th. Bungenberg, O. Schönhuth, Th. Häring, P. Jaeger,
G. Wendt, O. Bornkamm, H. Gallwitz, W. Lueken,
Ad. Schullerus, E. Foerfter. (92 S.) 1914.— 3. Heft.
12 Pfingftpredigten v. Bodenfieck, Bornkamm, Breit,
Bungenberg, Foerfter, Gallwitz, Häring, Jaeger, Lueken,
Kölns, Schönhuth, Smend. (103 S.) 1914.
Samm'elh^^t'116 der Modernen Predigt-Bibliothek bringt
StW6" ?U den &roßen F^ften- Beigefteuert
Breit Bunlnhem Hr^br- "och Bodenfieck, Bornkamm,

Än^sShuth F§Ä- GalIcTitZ' HH^g',Jaegf,r'
war^o L.k„ UIUJUin' Bchullerus, Smend, Wendt; alle

TeilPt Her wnffl',Ühceren Heften der Sammlung beteiligt
. Der Wert diefer Bändchen liegt darin, daß fie

theologifcher Lehrbücher.) (XI, 318 S.) gr.8°. Leipzig
, A. Deichert Nachf. 1914. M. 6.80; geb. M. 8.30

Stärker, als es fonft in katechetifchen Lehrbüchern
bisher üblich war, wird in diefer Arbeit die kirchliche
Seite der evangelifchen Jugenderziehung betont; deswegen
wird von Kindergottesdienft, von Konfirmandenunterricht
und von kirchlicher Pflege der Konfirmierten
befonders ausführlich gehandelt S. 224—315, aber auch
in dem kürzern Abfchnitte über die Kirche und den
Religionsunterricht der Schule S. 140—147 Recht und
Pflicht der Kirche bezüglich der religiöfen Unterweifung
unter Berufung auf meine Unterfuchungen über diefes
Thema klar und beftimmt betont. Diefe Art der Darfteilung
der Katechetik bezeichnet einen wefentlichen
Fortfehritt in der Behandlung diefes Teiles der Prakti-
fchen Theologie gegenüber der bisher gebräuchlichen.
Daneben tritt das Intereffe an dem Gefchichtlichen und
an der formalen Seite des kirchlichen Unterrichtes nach