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Ausgabe:

1915 Nr. 1

Spalte:

20-21

Autor/Hrsg.:

Knopf, Rudolf

Titel/Untertitel:

Probleme der Paulusforschung 1915

Rezensent:

Vischer, Eberhard

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Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 1.

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nun die religiöfe Entwicklung des Schülers parallel geführt
werden foll. — Der 6. Abfchn., ,das Ideal und die
Wirklichkeit', bringt viel Praktifches, auch über Maßnahmen
der Schulverwaltung, nicht immer Gerechtes,
aber immer ftark Empfundenes und konfequent Gedachtes.
Wie denn die herbe Entfchloffenheit des erfahrenen Methodikers
, der das ihm nicht Gemäße ftreng zurückweift,
überall Refpekt abnötigt, — freilich auch das Recht mindert
, gleich einfeitige Gegner zur Rechenfchaft zu ziehen.

Bromberg. Kabifch f.

Richter, Schuir. Bez.-Schulinfp. Dr. Julius: Das Erziehungs-
wefen am Hofe der Wettiner Albertinilchen (Haupt-)Linie.

(Monumenta Germaniae Paedagogica. Bd. LH.) (XXIX,
652 S.) gr. 8°. Berlin, Weidmann 1913. M. 17 —

Der zur Befprechung vorliegende 52. Band der Mon.
Germ. Paedag. bietet einen überaus reichen Inhalt aus
der Gefchichte der Erziehung an den Höfen der Wettiner,
Albertiner Linie, beginnend mit der Erziehung Albrechts
des Beherzten, geb. 27. 7. 1443, und schließend mit derjenigen
der Prinzeffin Maria Augufta, geb. 21. 6. 1782,
der einzigen Tochter Friedrich Augufts III. In der Gefchichte
der Erziehung der Albertiner aus dem Wettiner
Fürftenhaufe machten fich ftärker als vielleicht in anderen
Regentenfamilien konfeffionelle Strömungen geltend, die
durch die verfchiedene Stellung der maßgebenden Per-
fönlichkeiten zum evangelifchen oder römifchen Bekenntnis
bedingt waren. Das ftrenge Luthertum vertrat die Kur-
fürftin-Witwe Sophie bei der Erziehung ihrer unmündigen
Söhne Chriftian und Joh. Georg nach dem Tode ihres
Gemahls Chriftians I. f 29. 10. 1560; der Einfluß römifcher
Denkweife begann bei der Erziehung des Prinzen Friedrich
Auguft, geb. 7. 10. 1696, nachdem fein Vater Auguft
der Starke 1697 zur katholifchen Kirche übergetreten
war, um feine Stellung als König in Polen zu ftärken.
Der Verf. hat mit erftaunlicher Arbeitskraft in feinem
Werke alles zufammengeftellt, was er aus den Archiven
und Bibliotheken für die Ziele, die er verfolgte, ausfindig
machen konnte. So bietet er dem Forfcher einen überaus
reichen Stoff zur Verwertung für fpezielle Unter-
fuchungen auf dem Gebiete der Gefchichte der Pädagogik
, der von ihm dankbar begrüßt werden muß.
Befonders wertvoll ift es auch, daß dem Buche von
S. 432—614 nicht weniger als 70 Urkunden beigefügt
find, welche wichtige Belege für die voraufgegangenen
Ausführungen des Verf. bringen. Unter ihnen verdienen
namentlich die Studienordnung vom 16. 6. 1596 (Nr. 10,
S. 456fr.) und das „Bedenken" von Joh. Friedrich Reinhard
ca. 1710 (Nr. 53, S. 545 ff) beachtet zu werden, weil
diefe Schriftftücke einen unmittelbaren Einblick in die
Anfchauungen ihrer Zeit über Fürftenerziehung geben.
— Auf den reichen Inhalt der vorliegenden Arbeit im
einzelnen einzugehen, verbietet der für die Anzeige päda-
gogifcher Schriften eng bemeffene Raum diefer Zeit-
fchrift, auch ift eine Nachprüfung des von R. Gebotenen
nur demjenigen möglich, dem die reichen Schätze der
von ihm benutzten Archive zur Verfügung ftehen.

Es intereffiert vielleicht, daß von den beiden S. 93 erwähnten
Katechismen des Sebaflian Leonhard für die beiden Prinzen Chriftian
und Joh. Georg, die 1588 in Dresden gedruckt find, noch eine ältere
Ausgabe exiftiert, die 1579 in Görlitz erfchienen ift und von Leonhard
für den Unterricht der fächfifchen Prinzen Joh. Kafemir und Joh. Ernft
in Koburg, deren Erzieher er ebenfalls gewefen, benimmt war.

Göttingen. K. Knoke.

Referate.

Okakura-Yoshisaburo, Prof.: Life and Thought of Japan. (VIII,
150 S. m. 25 Abbildgn.) 8°. London, Dent & Co. 1913. s. 3.6
Ein neues Buch über Japan von einem Japaner, und das
kein fchlechtes, wenn auch nicht eben irgend Neues bietend.
Einen empfehlenden Hinweis auf dasfelbe in diefer Zeitfchrift

rechtfertigt nicht nur das fünfte,,Buddhismus in Japan' betitelte,
Kapitel, in dem jedenfalls die Ausführungen über die Meditationspraxis
der Zen-fhu Hervorhebung verdienen: auch in den anderen
Abfchnitten, deren Überfchriften das nicht gleich verraten, nimmt
die Charakteriflerung des japanifchen Religionswefens verhältnismäßig
breiten Raum ein. Nach Okakura ift dem Schintoismus
durch den Buddhismus fo wenig die Seele ausgezogen, daß vielmehr
das Volk von Japan bis auf diefen Tag hinter den Hotoke-
darftellungen der indifchen Religion, denen es feine kultifche Verehrung
erweift, im Grunde feine eigenen nationalen Götter (Kami)
fieht. Auch der chinefifche Konfuzianismus hat nur dazu gedient,
den Schintogeift zu nähren. Was über den Larismus gefagt wird
(S. 66ff.), war wörtlich fchon in einem voraufgegangenen Buch
des Verfaffers: ,The Japanese Spirit', zu lefen. Vom Chriften-
tum meint er, daß es, eine Jenfeitsreligion, von den Japanern
wohl äußerlich angenommen, fchwerlich aber je innerlich erfaßt
werden könne. In feiner Interpretation des Volkscharakters geht
Okakura fo ziemlich einig mit den heften europäifchen oderameri-
kanifchen Japankennern, deren Veröffentlichungen übrigens auch
ausgiebig von ihm verwertet werden. Bemerkenswert ift das Ein-
geftändnis S. 35: ,Ob wir es Wort haben wollen oder nicht, wir
find durch die Bank euere [der Okzidentalen] große Bewunderer
, die fleh weit hinter euch zurückgeblieben fühlen', —
was den Autor indes nicht hindert, feinen europäifchen Lefern
doch auch in aller japanifchen Deiikateffe recht bittere Wahrheiten
zu verfetzen.
Jena. Hans Haas.

König, Geh. Konflft.-Rat Prof. D. Dr. Eduard: Die Gerchlchtrehrei-
bung im Alten Teftament. 3. Taufend. (Biblifche Zeit- u. Streitfragen
, VII. Serie, 10. Heft.) (48 S.) 8". Berlin-Lichterfelde,
E. Runge 1913. M. — 60

Die Parallelität der popularifierenden Schriftenreihen ,Reli-
gionsgefch. Volksbücher' und ,Bibl. Zeit- und Streitfragen' erftreckt
fleh bis auf die Themata und ihre Formulierungen. Nachdem
H. Schmidt 1911 ,die Gefchichtsfchreibung im A. T.' behandelt
hatte, fchreibt jetzt E. König über denfelben Gegenftand unter
demfelben Titel. Für die Kreife, denen mit diefer Art Schrift-
ftellerei ein Einblick in die z. T. recht fchwierigen Probleme
der at. Wiffenfchaft ermöglicht werden foll, ift das ohne Zweifel
von Nutzen. Sie brauchen fleh nicht auf eine beftimmte An-
fchauung über Charakter und Wert der at. Gefchichtsfchreibung
feftlegen zu laffen, fondern finden in jeder von beiden Schriften
die fo dringend nötige Korrektur für die Thefen der anderen.
Während Schm.'s Hauptzweck ift, die Gattungen der Gefchichtsfchreibung
im pfychologifch-hiftorifchen Werdegang vorzuführen,
legt König mehr Wert darauf, den Lefer über den Urfprung und
fpezififchen Charakter der im A. T. enthaltenen Gefchichtsdar-
ftellungen zu belehren und ihre Glaubwürdigkeit gegen die dagegen
erhobenen Einwände zu verteidigen. Überhaupt ift feine
Arbeit ftark von polemifchem Intereffe beherrfcht, was ihrem pä-
dagogifchen Zweck m.E. etwas hinderlich ift. Aber vielleicht wird fle
gerade deswegen in den kirchlichen Kreifen, an die fich die ,B ib 1. Zeit-
und Streitfragen' wenden, gefchätzt werden. Jedenfalls ift fle
durchaus geeignet, hier dem wirklichen hiftorifchen und religiöfen
Verftändnis des A. T.'s Bahn zu brechen. Nur follen folche
Lefer den Mut haben, dann auch Schm.'s Büchelchen zu lefen
und trotz mancher kühnen Behauptung darin als Schritt auf dem
Wege zur wiffenfehaftlichen Wahrheit zu würdigen. Umgekehrt
gilt natürlich dasfelbe.
Jena. W. Staerk.

Knopf, Prof. D. Rud.: Probleme der Paulusforfchung. (Sammlung
gemeinverltändlicher Vorträge u. Schriften aus dem Gebiet
der Theologie u. Religionsgefchichte. 77.) (41 S.) gr. 8".
Tübingen, J. C. B. Mohr 1913. M. 1.20

Je eingehender und erfolgreicher man fleh gerade in jüng-
fter Zeit um das Verftändnis der Perfon und der Gedanken des
Apoftels Paulus bemüht hat, defto willkommener wird weiten
Kreifen diefe orientierende Darftellung fein, die ihnen ein Bild
des gegenwärigen Standes der Forfchung, entworfen von einem
fachkundigen Mitarbeiter, gibt. Bei der Kürze der Schrift, die
offenbar einen Vortrag wiedergibt, mußte der Verfaffer freilich
nicht bloß auf abfolute Vollftändigkeit verzichten, fondern fich
auch meift darauf befchränken, feine eigene Stellung zu den
Problemen zu skizzieren, ohne fle näher zu begründen. Um fo mehr
möchte man wünfehen, daß er wenigftens nicht, mit einer einzigen
Ausnahme, davon abgefehen hätte, die Namen der Forfcher zu
nennen, deren Schriften er im Auge hat. Wohl erkennt der Fach -