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Ausgabe:

1915 Nr. 2

Spalte:

553

Kategorie:

Religiöse Kriegsliteratur, Kriegspredigten, Kriegspädagogik

Autor/Hrsg.:

Seidel, H. Wolfgang

Titel/Untertitel:

Wege zum Sieg. Ein Andachtsbuch für die Kämpfenden im Felde und Daheim 1915

Rezensent:

Schian, Martin

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Seite 1

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553

Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 25/26.

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3. Predigt-Hülfe bietet Dunkmann8. Einige
,Winke zur Herftellung (das Wort macht den Prediger
zum Fabrikanten) von Kriegspredigten' gehen voraus;
fie find allgemein gehalten, bieten viele intereffante, daneben
auch einige anfechtbare Bemerkungen (z. B. über
den Text). Dann folgen für die Sonntage von Quafimodo
bis Pfingften je drei Textbehandlungen (altkirchliche Peri-
kopen und ein freier Text). Eine gedankliche Durcharbeitung
mündet in Dispofitionen. Dabei finden fich
o-eiftvolle Vermittlungen und Anknüpfungen, aber auch
Künftliches. Die Benutzung der Perikopen hat für die
Fefttage, an denen der P'eftgedanke leiten muß, ihre
großen Vorteile; für die anderen Tage mehr Gefahren.
Grundfatzlich ift eine Bindung (die ja auch D. nicht
will) an die altkirchlichen Reihen in diefer ganz befonderen
Gotteszeit als verfehlt zu erachten. Als Hilfen mag man
fie dankbar nehmen, aber nie vergeffen, daß geiftreiche
Überleitungen und kunftvolle Kombinationen mit dem
Krieg in diefer ernften, fchlichten Zeit von den Gemeinden
als unerträglich empfunden werden.

4. Die in Nr. 7, Sp. 148f. angezeigte Kriegsagende9
hat einen 3. Teil erhalten. Er bringt noch 23 Entwürfe
zu Gottesdienften, 31 Gebete; eine Reihe älterer und
neuerer Gebetslieder, Zeitlieder (d. h. Gedichte aus diefer
Zeit) und Vaterländifche Worte aus Luther, Treitfchke,
Fichte, Arndt (befonders reichlich), auch Erich Mareks
und Alexis. Eine Fülle von Material. Eine Agende will
vom gottesdienftlichen Standpunkt aus beurteilt fein.
Von hier aus bin ich auch für vieles in diefem Band Dargebotene
herzlich dankbar, weil es brauchbar und gut ift.
Aber ich hätte erheblich ftärkere Sichtung gewünfeht. Ob
man überhaupt folche .Vaterländifche Worte' gottesdienft-
lich brauchen will, bleibe unerörtert; aber die hier gewählten
find nicht alle geeignet; z. B. weder die von
Friedrich d. Gr., noch das von Mareks. Die Auswahl der
Zeitlieder gibt zu vielen Fragen Anlaß; viele, nicht aufgenommene
, paffen für Gottesdienfte fehr viel befier, z. B.
die Bornemannfchen, von denen fich hier nur eins findet.
Was foll z. B. .Ausblick' von Cäfar Flaifchlen im Gottes-
dienft? Oder ,Unfer Frieden' von A. von Gleichen-Rußwurm
r In den Gebeten begegnen (ob auch vereinzelt)
Flüchtigkeiten (z. B. S. 26 Z. 11 v. u.) und ftiliftifche Ge-
fchraubtheiten (z. B. S. 26: .lehre uns, dein Wirken ... zu
bejahen') auch nicht ganz feiten eine archaifierende Wort-
ftellung. Im allgemeinen follten die Gebete auch nach
der Gedankenordnung gründlich durchgefehen, z. T. umgearbeitet
werden. Diefe Agende hat fchon fo viele dankbare
Benutzer gefunden, daß fie auf den höchftmöglichen
Stand gebracht werden muß.

5. Andachten. Seidel10 gibt 65 Andachten von
reichlicher Länge (2—3 Oktavfeiten), z. T. in ausführlichem
Eingehen auf biblifche Situationen, für einfache Leute
nicht fchlicht genug, auch in der Sprache nicht; aber
warmherzig und andringend. Derfelbe Verfaffer gab auch
ein ganz kleines Heft11 mit 9 Stücken ähnlicher Art
heraus, bei denen befonders an die Kämpfenden gedacht
ift (z. B. ,Die Predigt des Schützengrabens'). Für Schweizer
fchreibt'Fankhaufer12 (S. 19k); kräftig redet er der
Welt, Europa, England, aber auch allen daheim, die

8) Dunkmann, Prof. D. Karl: Die Predigt in der Kriegszeit.
Dispofitionen zu den altkirchl. Epifteln u. Evangelien u. zu freien Texten.
I. Bd. Odern — Pfingften. (88 S.) 8». Herborn, Buchh. des Naftauifchen
Colportagevereins 1915. M. 1.20

9} Arper, Archidiak. Karl, u. Pfr. Alfred Zilleffen: Durchhalten!
Entwürfe, Gebete, Gedichte und Vaterländifche Worte f. Kriegsgottesdienfte.
Der Agende f. Kriegszeiten 3. Tl. Mit Regiftern über alle drei Teile.
(IV, 140 S.) 8°. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 1915. M. 2 —;
die 3 Tie. in 1 Bd. geb. M. 6.20

10) Seidel, Tfr. H. Wolfgang: Des Königs Fahnen gehn hervor!
Ein Buch Andachten. (VI, 180 S.) 8". Berlin, Buchh. d. Oftdeut.
Jünglingsbundes 1914. Geb. M. 1.80

11) - Wege zum Sieg. Ein Andachtsbuch f. die Kämpfenden

im Felde u. Daheim. (47 S.) 16°. Ebd. 1915. M. —15

12) Fankhaufer, Gottfried: Kriegsbrot. (46 S.) 8°. Bafel, Kober
1915. M. — 40

,Frommen' eingefchloffen, ins Gewiffen; die 7 Betrachtungen
find meift auf den Bußton geftimmt. Merkwürdig, daß
auch er Worte wie theoretifch, objektiv, paffiv, aggreffiv
nicht vermeidet. Außer 32 kurzen Andachten ftellt
Schneider13 Sprüche, kurze Lieder und Worte, zum
Lefen vorgefchlagene Schriftfteller zufammen. Der Ton
der Mahnung: ,Lies fleißig', fcheint zu patriarchalifch.
Die Andachten arbeiten mehr, als praktifch, mit biblifchen
Reminiszenzen, Bildern, Redewendungen (S. 4: .Lerne von
dem Morijahpilger Morijahftille'.); fie umfehreiben öfter, ftatt
die Dinge beim Namen zu nennen. Das mag für gewiffe
Kreife gut fein, für unfere Soldaten (an fie ift vornehmlich
gedacht) paßt es nicht.

6. Betrachtungen, Vorträge. In tiefgreifenden
Erwägungen Hellte mit ficherer Hand Dryander11 das
Weihnachtsfeft mitten hinein in die ftürmenden Gedanken
der Kriegszeit. Das Heft wird fich als Gabe für religiös
i gefinnte Gebildete auch für Weihnachten 1915 eignen.
| Dunkmanns13 Thema feffelt den denkenden Chriften;
; mit weit ausfehauenden Gedanken und mit großer Kunft
i der Ideenverbindung ift es behandelt. Aber fo fehr ich
| mit D. eins darin bin, daß das Thema geftellt und die
innere Beziehung der beiden Größen gefunden werden
muß, fo finde ich doch, daß er ihm zu viele und darum
auch gefuchte Beziehungen gegeben hat. Er betrachtet
das Kreuz im Licht des Krieges, als unfere Kraft im
Kriege, als unfere Bewahrung nach dem Kriege. Alles
richtig, aber man erfpart fich viel Wege, wenn man ftatt
.Kreuz' dabei Chriftentum oder Chriftenglaube fagt, wobei
der Kreuzesgedanke durchaus im Zentrum liehen
kann. Die Polemik gegen die Moderne S. 11 IT., auch
die Auseinanderfetzung über den Liberalismus in den GeGemeinden
S. 42 ff. leiden unter großer Allgemeinheit der
Begriffe. Die Sätze über die Gemeinden S. 42 (entweder
lebendige Träger des Kirchenlebens, dann geben fie der
Kirche in Kirchenregiment und Chriftlichkeit erft ein
Objekt der Arbeit, oder fie find tot) find fchief. Ein
zweites HeftDunkmanns 16 ftellt die reichen Beziehungen
zwifchen Bibel und Krieg zufammen und beleuchtet fie
vielfeitig. Manche Ausführung fordert Widerfpruch heraus,
weil fie dem gefchichtlichen Tatbeftand nicht gerecht
wird. Die Gedankenreihe, die altteftamentliche Linien für
die Gegenwart fruchtbar zu machen fucht, muß fchwere
Bedenken erregen, weil fie altteftamentliche und neutefta-
mentliche Stufe nicht klar genug fondert. — Vom fitt-
lichen, chriftlichen, katholifchen Standpunkt aus beurteilt
Swoboda" den Krieg im Allgemeinen, diefen Krieg
im befonderen. Auch der öfterreichifche Gefichtswinkel
kommt zu feinem Recht; was S. von daher zu fagen hat,
ift uns, weil wir derartiges feltener hören, befonders inter-
effant. Urteilsdifferenzen gegenüber dem Katholiken
ergeben fich felbftverftändlich; aber fie beziehen fich mehr
auf Einzelpunkte. Einige beachtenswerte Daten über Pfarr-
organifation und Kirchenbau in katholifchen Städten
(S. 47f.) — Von ganz anderer Art ift die Arbeit von
Müller und Juft18, die als Hilfe für vielbefchäftigte Vereinsleiter
gedacht ift und im nächften Winter vielen zu
Hatten kommen wird. Sie bringt 30 Vortragsfkizzen, die
bis auf die formelle Geftaltung fertig find. Religiöfe
Themata find in der Minderzahl, gefchichtliche, humani-

13) Schneider, Archidiak. A.: Dennoch treu! Vornehmlich den
Kranken u. verwundeten Kriegern gewidmete Gottesgrüße. (V, 80 S.)
kl. 8". Leipzig, G. Strübig 1915. M. — 60

14) Dryander, Oberhof- u. Dompred. D. E.: Weihnachts-Gedanken
in der Kriegszeit. (30 S.) 8°. Leipzig, S. Hirzel 1914. M. — 60

15) Dunkmann, Prof. D. Karl: Kreuz u. Krieg. (47 S.) 8°.
Herborn, Buchh. des Naffauifchen Colportagevereins 1915. M. — 50

16) - Die Bibel und der Krieg. (Biblifche Zeit u. Streitfragen,

X. Serie I. Heft.) (38 S.) 8°. Berlin-Lichterfelde, E. Runge 1915. M. — 60

17) Swoboda, Prof. Dr. Heinrich: Unfer Krieg in feinen ftttlicheu
Werten. Ein Mahn- u. Troftwort an Beforgte, Sorglofe u. Seelforger.
(59 S.) 8». Wien, A. Schroll & Co. 1915. M. 1 —

18) Müller, J. H., u. A. Juft, Paftoren: 30 Entwürfe zu Kriegsvorträgen
f. Kriegs-, Gemeinde- u. Vereinsabende jeder Art. (V, 135 S.)
8°. Gütersloh, C. Bertelsmann 1915. M. 1.60