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Ausgabe:

1915

Spalte:

481-485

Autor/Hrsg.:

Prinz, Hugo

Titel/Untertitel:

Altorientalische Symbolik 1915

Rezensent:

Gressmann, Hugo

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur Titius und Oberlehrer Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 10 Mark

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40. danrff. NF. 23 Profeflor D.Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, zu fenden. 20. NOVeiTlDer 1915

~ Rezcnfionsexemplare ausfcllließlich an den Verlag.

Prinz, Altorientalifche Symbolik (Grellmann). Zeitfchrift der Gefellfchaft für niederfächfifche Die jiidifche Gemeinde von Elephantine. —
Studien zur femit. Philologie u. Religionsgefch., : KircheDgefchichte. 19. Jahrg. (Bolfert). Rottet de Journel, Enchiridion patristicum.

R h^l1^^^0-0^^^^^4 Hall, Die Begrüuder der modernen Pfychologie ' T lelweS™' Germanifche Rechtsfymbolik

Houffet, Kynos Chrtflos (Knopf). fKowalewskil m romtfeben Liturgie. — I.oe, B. Albertt

Schrörs, Zur Textgefchichte u. Erklärung v. , - „ Magni, O. Praed., commentaiii in librum Boe-

Tertullians Apologetikum (v Soden). Wcingärtuer, Rudolf Euckens Stellung zum thii de divisione. _ Darieyi Les Acta Sal-

Raufchen, Prof. Heinrich Schrörs und meine Wahrhettsproblem (Koppelmann). vatoris. — Kind, Was ift es mit dem ewigen

Ausgabe von Tertullians Apologetikum (Derf.). Burckliardt, Was ift Individualismus: I.ebcuf — Mix, Der Pfarrer als Volkserzieher.
Callewaert,Lavaleurdu Cod.Fuldensis(Derf.j. (Troeltfch). — Brockes, Die Predigt von Schuld und
Blume, Abbatia (Seltling). Haering DaschriftlicheLeben. 3.AufL(Wendt). Sünde. — Hennig, Das Amt des Gemeinde-
Schäfer, Die Orden des h Franz in Württcm- Fjlulhaber Zeitfragen undZeitanfgaben (Egerj. kelfers.-Bell.Laienwünfcheandieev.Kircbe.

berg bis zu Ludwig d. Bayern (Lempp). 16 » Mitteilung

Bauer, Reformation und Gegenreformation in Referate: Gall, Die Papyrustirkunden der jü-

Lahr-Mahlberg (Diehl). difchen Genieinden in Elephantine. —Jirku, Wichtige Rezenfionen. — Neuefte Literatur.

Prinz, Hugo: Altorientalifche Symbolik. Preisgekrönt v. der (teilt; die Nacktheit ift nachweisbar fonft nur bei Gottheiten

i-k«;^-i a At n j xwirr /vir 1 ,f et m t,Tifl (Schamafch) und gottheitlichen Wefen (Stiermenfch), bei Prieftern

kon.gl. preuß. Akad. d. Wiff. (XII, 146 S. m. 1/ Taf.) ^ bej ^ ^ ^ ^ ^

Lex.-8°. Berlin, K. Curtius 1915. Geb. M. 30— i gelegt werHen, da ältere Faffungen anders lauten konnten. Wich-

Auf diefes Werk möchte ich die Aufmerkfamkeit aller lenken, i tiger ift eine zweite Erwägung: Die Geftalt des ,Gilgamefch' kann
die ftch mit der Religionsgefchichte des vorderen Orients befchäf- ! von der des Stiermenfchen, mit der tle der Form und dem Wefen
tigen. Auch die Forfcher des Alten Teftaments und der jüdifchen nach faft ganz übereinftimmt, nicht getrennt werden. Beiden ge-
Apokalyptik werden es bald alsFundgrubefürneueErkenntniffe und meinfam ift nicht nur die Nacktheit, fondern auch die Haar-und
als Anregung für weitere Studien fchätzen lernen. Ein Beifpiel: • Barttracht, fodaß fie fleh zum Verwechfeln ähnlich fehen,
Auf Taf. X, 5 bildet Prinz ab und auf S. 64. 75 behandelt er das wenigftens bisweilen.

bereits bekannte Täfelchcn des Nabü-abal-iddin aus Sippar (um I Prinz unterfcheidet auf Grund der Bilder zwei Typen des

860 v. Chr.); dargeftellt ift der Sonnengott Schamafch in einem Stiermenfchen: Typus I ift ganz Stier mit Menfchenkopf,
Zelt, das auf der Wafferfläche fleht. Man hat dies Bild fchon Typus II dagegen eine Mifchung aus menfehlichem Oberkörper
zur Illuftration von Pf. 19, 5 f. herangezogen, ohne indelfen zu und dem Hinterleib eines Stieres, alfo fehr viel menfehenähnlicher
erkennen, daß hier direkte Abhängigkeit von einem babylonifchen und oft nur durch die Stierohren ficher vom ,Gilgamefch' zu
Mufter vorliegt. Prinz hat diefe Verfe nicht beachtet. Ich unterfcheiden. Jene beiden Typen nun find nach Prinz ,zwei
überfetze: ,Dem Schamafch hat er (Jahve) ein Zelt im Meere (D">a) grundverfchiedene Wefen' (S. 111). Er bezeichnet Typus I als
errichtet; der ift wie ein Bräutigam, der aus feiner Kammer hervor- ein ,Fabe!tier' nach Art des Schlangengreifen, Löwengreifen,
tritt, frohlockt wie ein Krieger, zu laufen feinen Weg'. Selbft Vogelgreifcn, Typus II als einen ,Dämon'nach Art des Schlangen-
Gunkel überfetzt »ttttJ falfch mit ,SonnenbaIl'. Daß der perfön- menfehen, Löwenmenfchen, Vogelmenfchen. Die Wahl des Ausliche
Sonnengott gemeint ift, folgt 1. aus dem Zelt, das man keinem | drucks ,Dämon' ift nicht fehr glücklich; Prinz hat fonft folche
Gegenftand, fondern nur einer Perfon zu errichten pflegt, 2. aus i vieldeutigen und mißverftändlichen Termini vermieden. Das
dem Vergleich mit dem ,Bräutigam' und 3. aus dem Vergleich mit Wort ,Drache' ift durch ihn — hoffentlich endgültig — aus dem
dem .Krieger'. Grade diefe drei Einzelheiten find für den baby- ! Sprachfehatz des Religionshiftorikers und Archäologen geftrichen
lonifch-affyrifchen Sonnengott charakteriftifch: l.DasZelt im Meere und durch die exakten Begriffe des Schlangengreifen ufw. erfetzt,
illuftriert die oben genannte Abbildung; in der Regel fteht fonft Wie man die Gefamtheit diefer Wefen Fabeltiere nennen kann,
das Haus des Sonnengottes auf den Bergen (Prinz S. 76ff.). 2. fo empfiehlt fleh für die entfprechenden Schlangenmenfchen,
In dem Zelt oder Haus wohnt Schamafch mit feiner geliebten Löwenmenfchen, Vogelmenfchen, Fifchmenfchen, der zufammen-
,Gattin' oder ,Braut' Aja; zu ihr kehrt Schamafch des Abends ' faffende Name des Fabel menfehen. Der Unterfchied zwifchen
heim, von ihr mit einem leckeren Mahl empfangen, wie es in diefen beiden Arten von Fabelwefen aber ift nicht prinzipiell, wie
dem wundervollen babylonifchen Sonnenpfalm(Ungnad-Greßmann: 1 Prinz annimmt, fondern nur graduell: Das Fabeltier (wie der
Texte I S. 83) heißt, fle entläßt ihn des Morgens mit ihren Segens- ; Stiermenfch Typus I) ift mehr Tier als Menfch, der Fabelmenfch
wünfehen. 3. Daß der babylonifche Sonnengott als ,Krieger' ge- ; (wie der Stiermenfch Typus II) ift mehr Menfch als Tier. Es
dacht ift, lehren zahlreiche Abbildungen der Kämpfe mit feinen ift kaum zu leugnen, daß das Fabeltier die ältere Stufe des Fabel-
Feinden '(P"nz S. 118ff.) und literarifche Nachrichten der alten ! menfehen ift und daß am Schluß der Entwicklung der volle
Babylonier (Paffrath: Zur Götterlehre S. 94) und der Affyrer Menfch fteht. Mit anderen Worten: Der ,Gilgamefch', deffen
(Jaftrow: Rel. I, 220ff.). Wie in Pf. 104 der ägyptirehe Sonnen- Geftalt, foweit er Menfch ift, völlig dem des Stiermenfchen
hymnus Ameno'phis IV. mit feiner Myftik zum Teil wörtlich nach- gleicht, der aber alles Tierifche von (Ich abgeftreift hat, ift die
klingt, fo hat fleh in Pf. 19,2—7 das Stück eines babylonifchen 1 letzte Stufe und könnte als ,Stiermenfch' Typus III bezeichnet
Sonnenpfalms bewahrt. Ifraelitifch ift hier nur die Degradation werden.

des Schamaich zum Diener Jahves. So bietet Prinz eine Fülle Daß die Entwicklung tatfächlich fo verlaufen ift, lehrt oder

von Material, aus dem jeder Forfcher für das ihm naheliegende beftätigt das Gilgamefchepos. Es fchildert den Engidu, den Freund
Gebiet neue Erkenntniffe entnehmen oder felbft gewinnen kann, des Königs von Uruk, Taf. I, 86ff. wie ein Tier: Sein Körper ift
Hier fei nur das wichtige Gilgamerch-Problem erörtert, deffen mit Haaren bedeckt, mit den Gazellen frißt er Kraut ufw. In
Lörung Prinz bedeutend gefördert hat, wenn ich auch feinem Rerul- : diefen Verfen ift der tierifche Charakter, wie auch Prinz aner-
tat nicht zuftimmen kann. kennt, noch deutlich bewahrt. Daraufhin identifiziert er nun den

Prinz hat früher die Identität der ,Gilgamefch'-Figur mit dem Engidu mit feinem Stiermenfchen Typus II. Aber diefer Gleich-
Gilgamefch des Epos geleugnet, hat fleh aber jetzt zum Gegen- fetzung widerfpricht das Epos, das den Engidu trotz jener Verfe
teil bekehrt, wie mir fcheint mit Unrecht. Der .Gilgamcrch' wird immer als vollen Menfehen denkt (nicht nur I, 83, wie auch
in keiner Weife als König gekennzeichnet, fondern nackt darge- Prinz zugibt, fondern cbenfo I, 184. 274). Geht man alfo mit

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