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Ausgabe:

1915

Spalte:

466-467

Autor/Hrsg.:

Hofmann, Konrad

Titel/Untertitel:

Die engere Immunität in deutschen Bischofsstädten im Mittelalter 1915

Rezensent:

Bonwetsch, Gerhard

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46s

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gaben der KO. in größerem Zufammenhang, der dritte
die Überlieferung derfelben im Rahmen der jtagäöoöig
ixxXrjatadrtxj oder aygacpog. Das Ergebnis der Unter-
fuchungen wird aber bereits (S. 9) mitgeteilt: ,Die ganze
KO war eine allgemein kirchliche; Rom hat, wie es fcheint,
den Hauptanteil an der Ausgabe und Redaktion, während
da und dort, neuen Zeitverhältniffen entfprechend, beigefügt
und umgeändert wurde. Das Rituale geht in
feinen wefentlichften Beftimmungen auf den Anfang des 2.,
wenn nicht auf den Schluß des 1. Jahrhunderts zurück'.

Wenn allein das Rituale und diefes nur in feinen
wefentlichften Beftimmungen der Gefamtkirche des
2. Jahrhunderts angehört, fo ift es nicht ganz verftändlich,
wie der Verfaffer auf dem Titelblatt die beiden Stücke
einfach als ,die allgemeine KO des zweiten Jahrhunderts'
bezeichnen konnte. Aber davon abgefehen — auch die
eingefchränktere Faffung verfetzt uns in Spannung. Daß
bedeutende Teile der Apoftol. KO auf das 2. Jahrh. zu
datieren find, glaube ich vor 30 Jahren nachgewiefen zu
haben, daß die Hauptteile der fog. Ägypt. KO (oder vielmehr
der z. T. identifchen Canones Hippol.) teils von
Hippolyt herrühren, teils älter find und von ihm kompiliert
, hat.Achelis zu zeigen unternommen, daß die
ganze fog. Ägypt. KO wefentlich eine Kompilation Hippolyts
ift, ift E. Schwartzs Meinung — aber von diefen
Erkenntniffen ift es noch ein weiter Weg bis zur .Allgemeinen
Kirchenordnung des 2. Jahrhunderts'. Wie der
fachkundige Verfaffer fich den Weg zu diefer Einficht
gebahnt hat und ob er gangbar ift, werden erft die
folgenden Teile feiner Unterfuchung lehren.

Was die Recensio der apoft. KO, die vollftändig nur
in einer griechifchen Handfchrift überliefert ift, betrifft,
fo kann man fragen, ob es nötig war, ihr den ganzen
weitfchichtigen Apparat mitzugeben, da doch der Text
fchon öfters durchgearbeitet und gedruckt ift und fo gut
wie feft fteht. Z. B. von meiner vor 30 Jahren gedruckten
Ausgabe unterfcheidet fich trotz der hinzugekommenen
fekundären Hilfsmittel der Schermannfche, foviel ich fehe,
nur an 7 unwichtigen Stellen (c. 4: ig oXn^ oov xagölag
für e. oX. zrjg xag- Oov, 8: tloöeyo^ikvovg avzä f. dotgxo-
fitvovc dg avzrjv, 8: jtaga/itvovOa f. jcagaiiivovza, 9: /ioi-
Xeicti i. [loixda, 13: xgoOxgivet f. ngoxgiva, 14: ovx ixeze
f. faste [fchwerlich richtig], 28: ötaxovlav f. öiaxoviag).
Aufzunehmen wäre aber in c. 26 der Zufatz des Ms. von
Malabar gewefen: (Mugia etxsv ovxtzi lyeXaod), ,fondern
ich habe mich der Worte unfres Herrn erinnert und deshalb
war ich fröhlich'; {jrgoeXeye yag rjftt», özs iöiöaOxcv,
Ott zö cto&eveg öia zov lo%vgov owd^oezai). Die vermutlich
durch Verluft einer Zeile früh ausgefallenen
Worte können nicht entbehrt werden.

Erwünfcht wäre es gewefen, beim Abdruck der fog.
ägypt. KO die in der Veronefer lateinifchen Handfchrift
erhaltenen Abfchnitte durch andere Typen von den
oroßen Partien zu unterfcheiden, die aus dem Sahidifchen
in moderner lateinifcher Überfetzung (nach Funk) gegeben
find. Aber warum überhaupt hier eine lateinifche
Überfetzung? Warum nicht eine Retroverfion ins Grie-
chifche, die bei diefem leichten Text mit relativ großer
Zuverlä'ffigkeit geboten werden und fchwerlich irreführend
fein kann?

Berlin. v- Harnack.

KraulJ, Prof. Dr. Samuel: Studien zur byzantinifch-jüdifchen

Gelchichte. (In: XXI.Jahresbericht der israel.-theolog.
Lehranftalt inWienf.dasSchulj. I9I3/I9I4-) (V> 160 S-)
8". Wien 1914. (Leipzig, Buchh. G. Fock.) M. 3—

Der Verfaffer der .Talmudifchen Archäologie' hat
fich fchon durch zwei Arbeiten als gut belefen in der
fpätgriechifchen Literatur gezeigt: ,Zur griechifchen und
lateinifchen Lexikographie aus jüdifchen Quellen' in der
Byzantinifchen Zeitfchrift 2 (1893), S. 493 — 548, und:

,Griechifche und lateinifche Lehnwörter in Talmud, Mid-
rafch und Targum' 2 Bände, Berlin 1898. 99. Auch die
hier anzuzeigende Schrift legt Zeugnis ab für großen
Fleiß und vielfeitige Belefenheit. Wir erhalten nicht eine
eigentliche Gefchichte der Juden im byzantinifchen Reiche
(zu folcher ift die Zeit noch nicht gekommen), fondern
.Studien' zu ihr. Der erfte Abfchnitt (S. 1—55) befchäf-
tigt fich mit der äußeren Gefchichte bis zur Zeit des
Michael Palaiologos; der zweite (S. 55—76) mit der ge-
fellfchaftlichen Stellung: Judengefetze, Behandlung, Be-
fchäftigung; der dritte (S. 77—98) mit der jüdifchen Bevölkerung
: Wohnfitze, Organifation der Gemeinde, Karäer;
der vierte (S. 99—139) mit der Kulturgefchichte: Byzanz
in der jüdifchen Literatur, griechifche Sprache, Liturgie;
der fünfte (S. 140—156) endlich berichtet, was bei den
Juden über die Gefchichte von Byzanz überliefert ift, und
gibt einen Beitrag zur Gefchichte der Chazaren (mit Benutzung
namentlich des zuerft von S. Schechter in Jewish
Quarterly Review, New Series Bd. 3 veröffentlichten Cha-
zarenbriefes). Wie mannigfaltig der Inhalt der ,Studien',
zeigt außer diefer Überficht auch ein Blick in das Namen-
und Sachregifter, in dem aber manches fehlt, z. B. Abraham
Roman 69, Alanen 151 f, Elia der Prophet, Hebrais-
men in der Koine 124, (jüdifche) Ketzer (minim)96, Pirqe
R. Elfezer 145, Raziel (Buch) 139, Seder Elijjahu 146.
Ein Wortregifter fehlt leider, vgl. z. B. 850» III, hlMPI
126, 1153 131, "i(»)bp'9 126. Sehr eingehend wird der
Dichter Eleazar Qahr behandelt 126 ff, 131 f. Über mef-
fianifche Erwartungen vgl. befonders S. 37 f, S. 47—50,
bei den Samaritanern S. 3.

Von Einzelheiten fei folgendes erwähnt. S. 49.52, Ebjathar ha-ko-
hen war nach Sam. Posnanzki, Babylonifche Gaouim im nachgaonäifchen

1 Zeitalter, Berlin 1914, S. 96, der letzte paläftineulifche Gaon (feit 1094).
S. 61 Z. 3 ff muß es heißen: .Durch dies Edikt Juftinians [Novelle 146]

I ift die Deuterofe [das mündliche Gefetz] verboten worden, obwohl fie
keinen Beftandteil der Liturgie bildet, als den fie das Edikt offenbar
vorausfetzt'. S. 69, der Patriarch Kyrillos, gegen den Abraham Roman
den Sela' ha-mahleqoth [i Sam 23,28] fchrieb, f. Blatt 3a des auch in
meinem Belitz befindlichen feltenen Buches Milhemeth hoba, Kouftanti-
nopel 1710, ift nicht eine ,vor 1410' lebende Perfonlichkeit gewefen,
fondern Kyrillos Lukaris (1572—163S). S. 123, die aus Jewish Quarterly
Review 16,394 herübergenommene Bemerkung (J. Freudenthals),
daß das Buch Baruch am 9. Ab griechifch gelefen worden, verdient zwar
keinen Glauben, beruht aber nicht auf Verwechfeluug mit dem Buche
Jeremia, f. Apoftol. Konftitutionen V, 20 (von mir angeführt Prot. Real-
Encykl.3 9,754). S. 131, bei der Erörterung über ,den großen Sabbat'
hätte Joh. 19,31 erwähnt werden müffen. — S. 101, Z. 10 lies ,51' ftatt
,94'; S. 106, Z. 30 lies ,Meffiasnamen'.

Berlin-Lichterfelde W. Herrn. L. Strack.

Hof mann, Dr. Konr.: Die engere Immunität in deutfehen
Bifchofsftädten im Mittelalter. (Görres-Gefellfchaft zur
Pflege der Wiff. im kath. Deutfchland. Veröffentlichungen
der Sekt. f. Rechts- u. Sozialwiff. 20. Heft.)
(XII, 155 S.) gr. 8". Paderborn, F. Schöningh. 1914.

M. 5 —

Das Buch beginnt auf der 32. Seite. Was als I. Teil
vorangeht unter dem Titel ,Die rechtlichen Grundlagen
der kirchlichen Freiungen', ift im Grunde nur eine Einleitung
, die Bekanntes wiederholt. Der Wert der eigentlichen
Abhandlung liegt in der Schilderung, die fie in
Form von Bildern aus zahlreichen Bifchofsftädten von den
Domfreiungen und den Gefahren, die ihr durch die Steuerpolitik
der Bifchöfe und Städte erwachfen, gibt. Hervorzuheben
ift befonders der letzte Abfchnitt, dem Gegen-
fatz zwifchen Immunität und Stadt gewidmet. Eine Fülle
von Beifpielen aus dem Kampf der Domgeiftlichkeit mit
den Magiftraten um ihre Immunitätsrechte bringt hier ein
Gemälde von großem Reiz hervor. Dagegen tritt die
eigentliche Gefchichte der Domimmunität ftark zurück.
Man fragt vergeblich nach ihrer Beziehung zur Klofter-
immunität, die viel lebhafter war, als der Verf. anzunehmen
fcheint. Nur hie und da erfährt man beiläufig etwas über
die Mittel, mit denen der Kampf geführt wird. Beide

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