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Ausgabe:

1915 Nr. 2

Spalte:

429-430

Autor/Hrsg.:

Mowinkel, Sigmund

Titel/Untertitel:

Zur Komposition des Buches Jeremia 1915

Rezensent:

Löhr, Max

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429

Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 20/21.

430

ins Auge gefaßte Gefichtspunkt einmal mit Erörterung j zwar die Urfammlung diefer ,Fremdenorakel'. — Das
aller betreffenden Stellen durchgeführt werde, und B. hat ; eigentliche Buch c. 1—45 ift aus vier verfchiedenen fchrift-
fich den Dank der Fachgenoffen verdient, daß er dieie j liehen Quellen zufammengearbeitet. A ift eine Sammlung
Arbeit geleiftet hat. Diele Anerkennung ift um fo mehr jirmejanifcher' Orakel, ganz lofe neben einandergeftellt,
auszufprechen, als die Unterfuchung an vielen Punkten ohne befbndere Einleitungsformeln. Diefe Quelle wird
keineswegs leicht war, und doch der Verf. meines Er- 1 S. 18—21 auf ihre Gattungen unterfucht, hierin liegt das
achtens mit gefundem hermeneutifchen Takt in den aller- wefentlich Neue und Wertvolle von M.'s Arbeit. Der
meiften Fällen das Richtige getroffen hat. Wegen der I Zweck der Quelle A ift einfach: eine möglichft voll-
dabei geleifteten eindringenden Einzelexegefe vieler Stellen j ftändige Sammlung jirmejanifcher Orakel zu geben,
ift fein Buch zu einer erwünfehten Fundgrube geworden, ' Ganz ohne Spuren redaktioneller Tätigkeit ift übrigens

wie z. B. über Ex. 21,6 und 22,7 ff. (S. 40} oder über den
Gottesgarten in Hef. 28,13 etc. (S. 48 f.).

Zweifelhaft aber ift mir der von B. behauptete appellative Sinn von
ha-elohtm in deffen Verbindung mit ,Lade' (S. 50 f.). Es war doch eben
die auf den wahren Gott hinweifende Lade, weil fie das Zeugnis des
Zwilchen ihm und Ifrael gefchloffenen Bundes enthielt. Demnach ift
arön ha-elohlm gleichbedeutend mit dem daneben auftretenden aron jahve.
Erft dann begreift fich, wofür mit Steuernagel (Einleitung 330f.) auch B.
eintritt, daß beide Ausdrücke in ebenderfelben Quelle nebeneinander gebraucht
worden find. Ferner ift nicht einzufehen, weshalb in ,Buch des
Gefetzes elohims' Jof. 24, 26 das elohim appellativifch (S. 63) fein foll.
Warum foll es nicht ebenfo den wahren Gott bezeichnen, wie in Gen.
20, 3 etc. (neben ha-elohim V. 6). an welches Kapitel ja Jof. 24 vielfach
erinnert. Man weiß doch, daß deshalb allgemein beide Kapitel zum
Elohiften gerechnet werden. Sodann in Bezug auf die fchon früher beobachtete
Tatfache, daß der Chronift vielfach da, wo Parallelberichte in
Sam. und Kon. den Gottesnamen Jahve haben, trotzdem elohim und ha-
elohlm bietet, will B. geltend machen, daß der Chronift damit nicht den
Eigennamen elohim oder ha-elohim, fondern nur ,appellativifches elohim
bevorzugt' (S. 73). Aber erftens leuchtet es mir nicht ein, daß der
Chronift, wenn er in ,die Lade' oder ,das Haus Jahves' vielmehr ,des
Gottes' fetzt, dann ein Gattungswort und nicht den wahren Gott gemeint
habe. Außerdem bleiben auch nach B. noch ,14 Stellen übrig, bei denen
man von wirklicher Änderung in Eigennamen-EIohim fprechen kann' (S. 71).
Aber fogar wenn alle elohim und ha-elohlm, die der Chronift anftatt eines
Jahve bietet, appellativifchen Sinn haben könnten, würde doch die Bedeutung
der Tatfache nicht aufgehoben, daß er ftatt Jahve vielfach elohim
oder ha-elohim gefetzt hat. Alfo bleibt es bei dem, was von uns behauptet
worden ift, daß der Chronift gegenüber den Büchern Sam. und
Kön. vielfach elohim bevorzugt hat. Und nun zuletzt nur noch ein Wort
über eine der Schlußfolgerungen, die B. aus feiner Darlegung zieht!
Hauptfächlich aus der wichtigen Unterfuchung S. 55—60 über PSBfVOB
'i*> E10-.-R 'bst (Am. 4,11 Jr. 50,40 Jef. 13,19) zieht er gewiß mit
Recht den Schluß, daß eine altercrbte Formel lieh in der Überlieferung
erhalten hat. Dazu füge ich noch etwas, was er nicht beachtet hat. Die
Ausdrücke elohim und ha-elohlm finden fich als Eigennamen in Ri. 6, 20.
36. 39. 40; 9, 23. 56. 57, wovon mindeftens die letzterwähnten Stellen anerkanntermaßen
zu den alten Partien der Gefchichtsbücher gehören. Das
dient immerhin zur Beftätigung denen, was im Anfchluß an eine Feft-
ftellung Neftles von mir dafür geltend gemacht worden ift, daß die
elohiftifche Reproduktion der Erinnerungen Ifraels an feine Vorzeit viel
alte Materialien aus jener Zeit enthält, wo Jahve fich noch nicht in den
zufammengefetzten Eigennamen zeigt, wofür auch andere unleugbare Tatfachen
(meine Einl. 203f.) fprechen.

Bonn. Ed. König.

Mo Winkel, Sign..: Zur Kompofition des Buches Jeremia.

(Videnskapsfelfkapets fkrifter. IL Hift.-filof. Klaffe.

1913. No. 5.) (68 S.) Lex. 8°. Kriftiana, J. Dybwad

1914. M. 2.1S

diefe Sammlung nicht. Sammlung B ift ein perfonal-
gefchichtliches Werk, und zwar in der Art des Volkes
oder der berufsmäßigen Erzähler. Zweck desfelben, denkwürdige
Erlebniffe des Propheten, infofern fie Gelegenheit
zu denkwürdigen Worten gegeben haben, mitzuteilen;
keine Aufzeichnung des Baruch, aber wahrfcheinlich in
Ägypten entftanden, ebenfo wie A, vgl. S. 30. 55f. —
Eine dritte Gruppe und Gattung, größere Reden enthaltend
, ift C. Ihr Umfang wird S. 31 unten angegeben,
faft durchgehends in Profa, vgl. S. 33. Begriff der Religion
, wie auch der des Propheten ift der deuteronomiftifche.
Endlich eine vierte Gruppe bilden c. 30. 31., Heils-
weisfagungen, urfprünglich anonym, hat garnicht den An-
fpruch erhoben, jirmejanifch' zu fein. Aus unbekannten
Gründen dafür gehalten, ift fie, mit einer dies befagenden
Überfchrift und mit einem Abfchluß verfehen, in ABC
eingefchoben. — Die bekannte Urrolle fteckt in A. Durch
Redaktorenhand find AB CD nach einander zufammen-
gefügt. Für C läßt fich übrigens keine fichere Heimat
feftftellen, es kann babylonifchen, auch paläftinifchen
Urfprungs fein. Noch weniger läßt fich bei D eine Vermutung
wagen. Das kanonifche Jeremiasbuch muß vor
165 redigiert fein. — Damit find die Hauptgedanken der
Abhandlung in Kürze fkizziert. Der Verf. fchrieb in
einem Sanatorium und konnte darum die einfehlägige
Literatur nicht heranziehen. Dem Fachmann wird das
Neue und die Berührungen mit dem bisherigen Urteil
über das vorliegende Problem fofort deutlich fein. Jedes-
falls bietet M. durch die Gefiohtspunkte, die er an die
verfchiedenen Teile desjeremiasbuchesheranträgt, dankenswerte
Anregungen.

Königsberg Pr. Max Lohr.

Mac Neill, Prof. Harris Lachlan, Ph. D.: The Christology of
the Epistle to the Hebrews, including its Relation to the
Developing Christologie of the Primitive Church.
(Historical and Linguistic Studies in Literature related
to the New Testament. II. Series. Vol. II, part 4.)
(147 S.) gr. 8°. Chicago (1914). Leipzig, K. W. Hier-
femann. M. 3.15

Eine fleißige und gründliche, an manchen Punkten
auch ergiebige Arbeit über die Chriftologie des Hebräer-
briefes liefert Mac Neill. In der Einleitung nimmt er zu
den vielerörterten Fragen über den Charakter des Hebräer-

Der Verf., durch Gunkel angeregt, unternimmt eine
Beantwortung der Frage nach der Kompofition des Buches

des Jeremias, abweichend von der bisherigen rein literar- ! briefes Stellung. Der Brief ift ca. 85 von einem anonymen
kritifchen Manier, in Gunkelfchem Sinne. Seine Unter- ! Verfaffer, wahrfcheinlich einem Diafpora-Juden, vielleicht
fuchung bringt zahlreiche intereffante Gefichtspunkte, j in Rom gefchrieben. Die Gemeinde ift eine gemifchte
wenn fie auch nicht alle vollftändig neu find.. Als Haupt- ' mit vorwiegend heiden-chriftlichen Beftandteilen (die Frage,
regel ftellt er die Thefe auf: die Prophetenbücher find ob nicht die Gemeinde des Hebräerbriefes als eine aus der
Sammlerwerke, wie es die Evangelien find. Das Buch 1 jüdifchen Synagoge hervorgegangene Profelyten-Gemeinde
des Jeremias ift aus mehreren fchriftlichen Quellen zu- | anzufehen fei, erörtert Verfaffer gar nicht). Er beginnt
fammengearbeitet. Das beweifen die zahlreichen Paral- ; dann mit feinem eigentlichen Thema und betont vor allem
lelen, über die Verf. fich S. 6—14 ausführlich ausläßt. die ftarke Empfindung des Verfaffers des Hebräerbriefes
Mit Rückficht darauf nimmt er an, daß der Redaktor für die Menfchlichkeit Jefu. ICr findet diefe hier wie in
des Buches Jeremias' mehrere fchriftliche Quellen, Samm- : keiner anderen Schrift des Neuen Teftamentes mit Auslungen
jirmejanifcher' Orakel vor fich gehabt hat, und j nähme etwa der Synoptiker betont. Ja er ift fogar der
verflicht nun eine literarifche Analyfe des Buches. Das Meinung, daß der Brief mit feiner Betonung des Charak-
ejgentliche Buch umfaßt nur c. 1—45, die c. 46—52 find : terbildes Jefu und dem Gedanken der Vollendung feines
e>n fpäterer Anhang, etwa wie Jef. 40—66. Innerhalb ' Charakters im Leiden über die Synoptiker hinausgehe.
46—51 bilden c. 50. 51 eine eigene kleine Sammlung, und Ich kann an diefem Punkt mit dem Verfaffer durchaus

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