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Ausgabe:

1915 Nr. 1

Spalte:

396-398

Autor/Hrsg.:

Wohlgemuth, J. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Jeschurun. Monatsschrift für Lehre und Leben im Judentum. I. Jahrg. 1914 1915

Rezensent:

Strack, Hermann L.

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39

Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 18/19.

396

hängig zu machen, einen allzu hohen Preis zu zahlen
haben würde. —

Kommen wir nach diefer Abfchweifung auf Hertels
Buch zurück, fo ift es nicht möglich, diefen Bericht zu
fchließen, ohne die ganz außergewöhnliche Energie ent-
fagungsreicher Arbeit, die hier geleiftet wurde, nachdrücklich
hervorzuheben. Das Werk Benfeys, der die
Erforfchung des Pancatantra in die Wege leitete, hat
würdige Nachfolge gefunden.

Außer dem weiteren Ausbau des in diefem Buch
vorzugsweife Geleifteten bleiben nun Aufgaben, die in
den bisherigen Unterfuchungen Hertels zwar mehrfach
berührt find, mit denen wir ihn aber noch eingehender,
als bisher gefchehen, fich befchäftigen fehen möchten.
Einerfeits, wie ift der literarifche Typus, der im Tanträ-
khyäyika oder Pancatantra vorliegt, zuftande gekommen?
Andrerfeits, wie hat fich die Weltanfchauung, die Ethik
oder Nichtethik, die Auffaffung menfchlicher Beziehungen
entwickelt, die fich in diefen Erzählungen fpiegelt? Es
darf wohl angenommen werden, daß die Grundlage des
Gegebenen, die jetzt gelegt ift, hinreicht, auch die letztbezeichnete
, fozufagen die Seele des Pancatantra angehende
Frage zu fördern. Möge unter den Mitarbeitern
an ihr Hertel die ihm mit fo vollem Recht gebührende
Stelle einnehmen. Sein in Ausficht geftellter Beitrag zu
Dähnhardts Naturfagen, ,der die älteften Erzählungsftoffe
der Inder farnmein und, wo es möglich ift, die Entwicklung
von der Naturerfcheinung über den Mythus bis
zur Sage, zum Märchen und zum Schwank verfolgen foll',
erweckt erfreuliche Hoffnungen.

Göttingen. H. Oldenberg.

Salih, Schaich Afchfcharif attunifi: Haqiqat aldfchihäd

Die Wahrheit über den Glaubenskrieg. Aus dem
Arab. überf. v. Karl E. Schabinger. Mit e. Geleit-

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wort v. Martin Hartmann. Hrsg. v. der Deutlchen . I , •. • V . , &, .

* s zum erften Male mit rein fupranaturalen und transzen

Bertholet, Prof. D. Alfr.: Die ifraelitifchen Vorftellungen
vom Zultand nach dem Tode. 2. gänzlich umgearb. u.
erweit. Aufl. (Sammlung gemeinverftändl. Vorträge u.
Schriften aus dem Gebiet der Theol. u. Religionsgefch.
16.) (IV, 58 S.) gr. 8°. Tübingen, J. C. B. Mohr 1914.

M. 1.50

Seit dem Erfcheinen der erften Auflage diefer kleinen
Schrift 1899 ift die Frage, die Bertholet damals behandelte,
mehrfach Gegenftand der Erörterung gewefen, am ein-
gehendften und forgfältigften ift das in dem 1906 erfchie-
nenen Werk von A. Lods, La Croyance ä la Vie future
et le Culte des Morts dans TAntquite israelite gefchehen.
Es ift daher begreiflich, daß B. bei der Neuherausgabe
feiner Schrift fich gezwungen fah, feine Anfchauungen in
verfchiedenen Punkten zu modifizieren. Das ift namentlich
in zweien gefchehen. B. glaubte 1899 die fämtlichen
Trauergebräuche aus dem einft von Ifrael geübten Totenkultus
erklären zu können. Mit Recht betont er jetzt,
daß es fchon im Prinzip falfch ift, auf dem Boden des
Irrationalen, auf dem man fich doch gerade mit den
Trauergebräuchen befindet, alles aus einem einzigen und
ausfchließlichen Grunde ableiten zu wollen. Er zeigt, daß
in Wirklichkeit mehr Gedanken bei diefen Vorftellungen
im Spiel find, zum Teil fogar einander widerftrebende,
was er namentlich durch Heranziehung von etwas mehr
religionsgefchichtlichem Material darzulegen fucht. In dem
zweiten Punkt, der Frage der Auferftehungshoffnung,
hatte er ehedem den Gedanken vertreten, daß das Aufleuchten
der Auferftehungshoffnung weder als Produkt
parfifcher Einflüffe, noch als Refultat theoretifcher Erwägungen
und logifcher Gedankenfchlüffe zu begreifen
ift, fondern daß fie vielmehr aus Seelennot und Glaubens-
zuverficht geboren wird, und zwar ift es fpeziell der
Glaube an die meffianifche Zukunft, aus dem die Auferftehungshoffnung
hervorwächft. Letzteres behauptet
B. auch jetzt noch mit Recht, ftellt es aber angefichts der

Gefellfchaft f. Islamkunde. (18 S. m. Bildnis) gr. 8°. j dentalen Zügen ausgeftatteten Gerichtserwartung, die fich

Berlin, D. Reimer 1915. M. 1 —

Eine für den Augenblick, aber auch als dauerndes
Dokument wichtige Schrift ift die des Tuniii (Salih) über
den Glaubenskrieg. Die Preffe unferer Gegner geht in

im Danielbuche neben dem Auferftehungsglauben findet,
als fraglich hin, ob man mit der Annahme rein inner-
jüdifcher Entwicklung der Zukunftsgedanken auskommt,
vielmehr hält B. es jetzt für wahrlcheinlich, daß das

ihrer Verblendung fo weit, zu behaupten, der gegenwärtige Judentum durch den Parfismus beeinflußt lei m dem fich die-
Krieg der Türkei fei ein Religionskrieg in dem mittel- felbe Verbindung von Auferftehungs- und Gerichtsglauben
alterlichen barbarifchen Sinne und richte fich gegen die «} Zusammenhang mit der Erwartung des Anbruchs der
Chriften als Religion. Diefem widerfpricht zunächft das Heilszeit findet wie im Damelbuch. Und wenn die Dichter
Fetwa des hl. Krieges, das als Gegner im gegenwärtigen i von -?f- 49 und 73 wenigftens für ihre Perlon eine Art
Kriege die politifchen Feinde des Islam (England, Ruß- ! von Entruckung zu Gott zu erwarten fcheinen, fo ver-
land und Frankreich) erklärt, zudem die Gefamtftimmung mutet jetzt B. dann efotenfche Sonderlehre, bei der
des jetzigen Orientes, der im Bewußtfein eines Freiheits- ] m.°g"cEer Weife felber fchon gnechifcher Banfluß be-
krieges zu den Waffen gegriffen hat, fchließlich die völ- j teiligt ift.

lige politifche Unmöglichkeit für die Türkei, jetzt in einen I n. Nicht jeder wird B. in allen feinen Darlegungen zu-
Religionskrieg im alten Sinne einzutreten, zumal da gerade 1 ftimmen können — fo erlaube ich mir zu den letzten
das Eingreifen der Zentralmächte zur Unterftützung der ; Ausfuhrungen ein Fragezeichen zu fetzen — das ändert
Türken jede Entfachung des Religionshaffes verhindert. | mchts an der Tatfache, daß diefe zweite Auflage einen
Alle diefe Gedanken werden durch die Schrift des Tunifi j erheblichen Fortfchntt über die erfte bezeichnet und wegen
in der fchönften Weife beftätigt. Sie zeigt, daß der mrer Befonnenheit des Urteils und der volligen Beherr-
islamifche Orient politifch denken gelernt hat, befonders ! fchung des gefamten Materials vortreftlich geeignet ift,
unter der Wucht der Rechtsverletzung Frankreichs, Eng- [ u.ns uber den gegenwartigen Stand der Präge zu Unterlands
und Rußlands, die islamifchen Völkern das höchfte ; richten.

Kulturgut, das Selbftbeftimmungsrecht, raubten. Um diefes Straßburg i. E. W. Nowack.

wiederzuerlangen, ift der Islam in den hl. Krieg einge----——----

treten. Diefer ift alfo ein Freiheitskampf und daher eine ... . - -,A -, . T, , _ ,

Kulturtat erften Ranges, und es ift eine ebenfolche Jelchurun. Monatsfchnft f. Lehre u. Leben im Judentum,
große Kulturtat für Deutfchland, die Türkei in diefem Hrsg.: Dr. J. Wohlgemuth. I.Jahrg. 1914.(4545.) gr.8°.
Kriege für Zivilifation und Recht zu unterftützen. Aus Berlin, Verl. des Jefchurun. Jährlich M. 6 —

alten vergilbten Rechtsbüchern des Islam kann man fich 1 £ine neue Monatsfchrift für das ftreng gefetzestreue
kein Bild von dem jetzigen hl. Krieg zurechtmachen. Zu : oder überlieferungsgläubige Judentum. M warm ge-
A rn°n n r Tu mT T lernen' Was m m°- fchriebene Einführung aus der Feder des Herausgebers

dernen Oriente lebendig ift. betont die Notwendigkeit des Vereinigtfeins von jüditchem

Bonn. Horten. Wiffen, Wollen und Fühlen. Eigentliche Kritik an einer