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Ausgabe:

1915 Nr. 14

Spalte:

330-331

Autor/Hrsg.:

Rodhe, Edvard

Titel/Untertitel:

Schwedische Kirchenkunde 1915

Rezensent:

Goltz, Eduard Alexander

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Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 14.

330

Farner fich in dem erwachenden tieferen Verftändnis von
Paulus und feiner Gnadenlehre fich zeigt. Der ganze
Abfchnitt verdient befondere Beachtung und Prüfung der
Reformationshiftoriker, welche die Fortfetzung mit Spannung
erwarten dürften. G. Finsler fchildert Zw. äußere
Erfcheinung, namentlich feine ziemlich große Kurzfichtig-
keit, auf welche fich Zw. beruft in der Frage der Bilder,
die ihm kein Ärgernis bereiten können, weil er fie ,übel'
fehen mag.

Auf die genaue Kenntnis des Engländers Chriftoph
Halefius 1550 fr. von Zwingiis Schriften macht W. Köhler
aufmerkfam, was fich aus einem Zitat von Zw. Brief an
V. Compar über die Unfchädlichkeit von Bildern und Statuen
, die niemand anbete, ergibt. Der Brief an Krautwald,
Schwenkfeld und die Brüder in Schienen wird durch den
Augsburger Arzt Karl Widenmann nach Wolfenbüttel gekommen
fein, wie die Durchficht der Widenmannfachen

am Schluß feines Buches fagen muß: ,Mein Leben war
reich an Demütigungen und Enttäufchungen'.

Göttingen. K. Knoke.

Mahling, Prof. D. Fr.: Die Gedankenwelt der Gebildeten,

Probleme u. Aufgaben. 2. Aufl. (Vortrag, geh. auf
dem 37. Kongreß f. Innere Miffion in Hamburg am
23. Septbr. 1913.) (66 S.) 8°. Hamburg, Agentur des
Rauhen Haufes 1914. M. 1 —

In einem kurzen Kongreßvortrag erwartet man nicht
eine ganz neue Auffaffung der geiftigen Zeitlage zu finden;
und es wird auch immer zu den Seltenheiten gehören,
daß bei folcher Gelegenheit neue Zukunftwege gezeigt
werden. Sicher aber hat diefer Vortrag M.s auf dem
Kongreß für innere Miffion des vorvergangenen Jahres
in v Heinemanns Katalog der dortigen Handfchnften ! bHc,föffnend den Gefichtskreis erweiternd und das Urteil
nahelegt. I o-.,f» w.vi„,„--—

Stuttgart. G. Boffert.

klärend feine gute Wirkung getan.

Die charakteriftifchen Grundzüge der modernen Bildung
find unter dem Eindruck einer ,fchier erdrückenden
Kulturfülle' ein ftarker Lebensoptimismus, Kampfesfreude,
Oertzen, Dietrich von: Erinnerungen aus meinem Leben. Perfönlichkeits- refp. Ichkultur, ein eigentümlicher Gegen-
(VIII, iq5 S. m. Bildnis.) 8°. Berlin - Lichterfelde, 1 wartsrealismus und bewußter Gegenwartsfinn, der im

E. Runge (1914). M. 3—; geb. M. 4 —

Weite Kreife werden es dem Verf. Dank wiffen, daß
er dem Lefer durch diefe Selbftbiographie einen Einblick
in feine innere Entwicklung, in die Geftaltung feiner
Lebensaufgabe und in feine Lebenserfahrungen gewährt.
Die fchlichte Darfteilung und die fchlanke Wahrhaftigkeit
, womit das Buch gefchrieben ift, ziehen an und gewinnen
für die lautere Perfönlichkeit, die in ihm über fich
berichtet. Wir erfahren, wie der Verfaffer als Offizier
eines Mecklenburgifchen Dragonerregimentes den franzö-
fifchen Krieg 1870/71 mitgemacht, vorübergehend als
Landwirt im Lüneburgifchen tätig gewefen, dann bei der
Herausgabe verfchiedener Zeitfchriften mitgewirkt hat,
unter denen namentlich die ,Konfervative Monatsfchrift'
und ,Das Volk' genannt fein mögen, und endlich eine
Reihe von Brofchüren und größern Arbeiten veröffentlicht
hat, zu denen z. B. die folgenden gehören: ,Was
treiben die Freimaurer?' ,Was bedeutet der Sozialismus
für die konfervative Partei?' ,Chriftlich-fozial oder Kon-
fervativ'? und die zweibändige Biographie von Ad. Stöcker.
Wir erfahren von mancherlei Beziehungen, in die er zu
mehreren bekannten Perfönlichkeiten unter feinen Zeit-
genoffen getreten ift, z. B. zu Geffken, Ungern-Sternberg,
Martin Nathufius, dem unglücklichen Kreuzzeitungsredakteur
v. Hammerftein, dem Redakteur des ,Reichsboten'
Engel und befonders zu Stöcker. Sind fchon die verständnisvollen
, gerechten und billigen Urteile, die er über
diefe

und andere Männer feiner Bekanntfchaft ausgesprochen
, für den Hiftoriker beachtenswert, fo find erft recht
Rine gelegentlichen, fehr kritifchen Bemerkungen über
die konfervative und über die chriftlich-foziale Partei, zu
denen er fich nach feiner ganzen Lebensanfchauung
»merlich und äußerlich rechnete, von bleibendem geschichtlichen
Werte. Dahin wird auch zu rechnen fein,
daß er von den modern pofitiven Theologen der Gegenwart
die Äußerung macht: daß nicht ein einziger diefer
Dozenten auf altorthodoxem Standpunkte ftehe, S. 192.
Wenn der Verf. unter anderem berichtet, daß er von den
eignen Parteifreunden wiederholt als der Mohr behandelt
lei> der gehen konnte, nachdem er feine Pflicht getan,
daß die Buchhandlung der Stadtmiffion in Berlin feine
fnographie Stöckers zurückzog, weil Herr von Mirbach,
der fich durch eine Bemerkung in ihr verletzt fühlte, mit
der Entziehung der Subvention für die Berliner Stadtmiffion
aus den Mitteln des Evangelifch-kirchlichen Hilfsvereins
drohte, und daß diefe Zurückziehung erfolgt war,
ohne daß dem Verf. ,auch nur ein Wort darüber mitgeteilt
wäre', fo kann man es wohl verftehen, daß diefer

Bunde mit einem ftarken Subjektivismus ,unempfänglich
macht für die Gewalt der hiftorifchen Größe und der
hiftorifchen Objektivität'. Die gemeinfame Grundanfchau-
ung der Zeit ift ,entfprechend dem in der Wirklichkeit
des Dafeins liegenden Ausgangspunkt in erfter Linie eine
immanente', nicht transzendente; ,fie ift dann weiter
autonom', nicht theonom; fie ift ,durch und durch kritifch',
,kritilch fezierend' gegenüber aller einfachen Anerkennung
eines Gegebenen,,kritifch fouverän' gegenüber aller geltenden
Autorität. Sie ,fragt einzig nach dem Kaufalzufam-
menhang, ift durchdrungen von der Geltung des natürlichen
Entwicklungsgefetzes und pfychologifch zergliedernd
'. Auf diefem Boden .verlor die Religion den
Charakter der Objektivität und damit der objektiven
Geltung'. Es blieb von ihr nicht viel mehr übrig als
,fubjektive Religiofität'.

In einem weiteren Abfchnitt nennt M. .Reformver-
fuche', welche die Einfeitigkeiten diefes modernen geiftigen
Typus zu korrigieren verfuchen, und Gegenftrömungen
von allerlei Art, um dann im Schlußteil zu zeigen, wie
nur die chriftliche Religion die volle Heilung zu bringen
imftande fei. Allerdings bedürfe es dazu einer jener
.Neuentdeckungen und Neuentfaltungen' der im Evangelium
Jefu liegenden Wahrheiten und Kräfte, unter den
Gefichtspunkten der Lebenskräftigung und Lebensbefreiung
.

Diefer letzte Teil befriedigt am wenigften. Hier
fchnitt wohl die erforderliche Kürze eines Vortrags befonders
allerlei ab, was bei einer vollftändigen Behandlung
des Gegenftandes unbedingt noch hätte gefagt werden
müffen.

Gnadenfeld. Th. St ein mann.

R od he, Prof. D. Edvard: Schwedifche Kirchenkunde. Überf.
v. ftud. theol. Rud. Muuß. (Studien zur prakt. Theologie
. VI. Bd. 2. Heft. Kirchenkunde des ev. Auslandes
IV.) (82 S.) gr. 8°. Gießen, A. Töpelmann
1913. M. 3 —

Eine fachkundige Darftellung von ruhiger Objektivität.
Der Bericht über die Verfaffung und Organifation ift
durch eine kurze gefchichtliche Überficht über die Ent-
ftehung und Entwicklung der heutigen Verfaffung eingeleitet
, die uns zeigt, daß wenigftens der rechtlichen
Form nach die Refte des alten ftaatskirchlichen Syftems
in Schweden ftärker find als bei uns. Auch der Abfchnitt
über das Wahlrecht der Gemeinden für die Paftorenwahl