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Ausgabe:

1915 Nr. 11

Spalte:

260

Autor/Hrsg.:

Aufhauser, Johannes B.

Titel/Untertitel:

Antike Jesus-Zeugnisse 1915

Rezensent:

Bultmann, Rudolf

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259

Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. II.

260

Zufatz hinzudenken: ,aber nicht alle Worte'. Daß auch hier wiederum
formell falfch zitiert wird, ftatt art. 3 art. 4 (oben war es die falfche
queftio, 2 ftatt 11), fei nur beiläufig erwähnt.

Die Seiten 112—168 (im franzöf. Original s. S. 136 bis
200) enthalten eine einzige umfangreiche Fälfchung über
den Urfprung der Inquifition, über die Entftehung der
Blutgefetze Friedrichs IL, über die fchändlich-heuchle-
rifche ,Bitte' der Kirche, das Leben des Ketzers zu fchonen
bei feiner ,Überlaffung' an den ,weltlichen Arm', die, wie
Thomas von Aquin (oben) und viele andere deutlich
fagen, mit der Ab ficht gefchah, damit er getötet werde,
und über vieles andere, was die Inquifitionsgefchichte betrifft
. Die breiten Ausführungen haben den Zweck, die
Wahrheit zu verhüllen. Denn die gefchichtliche Wahrheit
über den jahrhundertelangen Greuel der päpftlichen Inquifition
ift fo furchtbar, daß mit ihrem Zugeftändniffe die
,Göttlichkeit* von Papfttum und Kirche rettungslos zu-
fammenbricht. Die Fälfchungen werden mit einer fo unerreichten
Dreiftigkeit vorgetragen, daß derVerfafferfeinem
Lefepublikum gegenüber ficheren Tones fchreiben kann
(S. 145): feine ,Unterfuchung fei eine ehrliche undgewiffen-
hafte' (franz. Original S. 172: un examen loyal et sincere).
Das Buch muß als Pamphlet bezeichnet werden, deffen Charakter
der Verfaffer felbft, unbewußt, gekennzeichnet hat
durch den fchlagwortartigen Fragefatz der Vorrede: ,Ift
wirklich der Katholizismus intolerant?'

An anderer Stelle (im ,Literarifchen Zentralblatt' bei
Befprechung des Wunderbuches über Loreto von Georg
Hüffer) ftelle ich die Frage: ,Wann endlich wird auch der
äußere Strich gezogen zwifchen wahrer Wiffenfchaft und
der ganz und gar unwahrhaftigen „Wiffenfchaft" des Jefu-
itismus?' Es ift höchfte Zeitl Man laffe die dort drüben
in ihrer ,Wiffenfchaft' erfticken und tue ihnen nicht mehr
die Ehre einer Befprechung an. Unfere Befprechungen
kommen doch nicht in die Kreife, für welche die dort
drüben fchreiben. Das muß einmal deutlich ausgefpro-
chen werden.

Berlin. Graf von Hoensbroech.

Wehnert, Dr. Bruno: Jefu Bergpredigt pfychologifch u. philo-
rophifch erklärt f. Lehrer u. Schüler. (IV, 184 S.) 8°.
Tübingen, J. C. B. Mohr 1914. M. 2.80; geb. M. 3.60

Dies ift ein eigenartiges und bedeutendes, aber eben
darum ,für Lehrer und Schüler' wenig brauchbares Buch.
Weit entfernt davon, eine fchulmäßige ,Auslegung' zu
bieten, legt W. außerordentlich geiftvoll und kühn den
Worten Jefu eine philofophifche Auffaffung ein, die ihn
zum Urheber eines voluntariftifchen, induktiven, fymboli-
ftifchen Idealismus macht. Voluntariftifch, denn Jefus
will Wollen, und nicht Wiffen wie das AT; induktiv,
denn Jefus will Selbftgefetzgebung, ftatt Ableitung von
Normen wie das AT.; idealiftifch-fymboliftifch, denn Jefus
bringt weder Realität noch Ideale zum Ausdruck, fondern
er verbindet Realismus und Idealismus in feinem Symbolismus
, wo alles nur Zeichen ift, um dem Willen zu
dienen. Jefu ganze ,Philofophie' bezeichnet W. als moni-
ftifche — Ethik, d. i. als eine Synthefe des Ethifchen und
Natürlichen. Faft alle geläufigen Wörter erhebt er durch

„ " und--zu einem höhern Sinn. — Im Ganzen:

jeder praktifche Ausleger legt ja ein oder gar unter, aber
W. bringt doch Gedanken und Erkenntniffe an Jefus heran,
die nur fehr mittelbar von ihm ausgegangen find; aber
geiftvoll und anziehend ift alles, was er bringt.

Heidelberg. F. Niebergall.

Referate.

Knortz, Prof. Karl: Hexen, Teufel und Blocksberglpuk in Gefchichte,
Sage u. Literatur. (169 S.) 8°. Annaberg i. S., Grafer (1913).

M. 2.40

Eine dankenswerte Materialfammlung legt der bekannte
Deutfch-Amerikaner in diefem Büchlein vor, deffen befonderer

Wert in einer ftarken Heranziehung der fchwer oder überhaupt
nicht zugänglichen englifch-amerikanifchenfolkloriitifchenLiteratur
liegt. Eine fyftematifche Verarbeitung wird nicht geboten, mitunter
auch allerlei, ftreng genommen, nicht zur Sache Gehöriges eingefügt
, aber das Ganze ift trotz eines gewiffen Dilettantismus fehr
anregend gefchrieben und kannvon derVolkskundegenutztwerden.
Vf. handelt zunächft von den Hexen und ihren Fahrten, fpeziell
von der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg, auch von den Hexentieren
, fpeziell der Katze; dann folgt der Blutaberglaube, der Teufel
und dieTeufelsbündniffe, dann eine genaue Erörterung der Figuren,
die in der Goethefchen Walpurgisnacht im ,Fauft' verwertet find,
fpeziell der Lilith, des Befens und Bockes, der Frau Baubo mit
ihrem Schweine, fowie der Maus als eines Seelentieres. Sie alle
werden an zahlreichen Beifpielen aus internationaler Literatur erläutert
, von den Primitiven an bis herunter zu dem Frankfurter
Friedr. Stoltze oder dem Schweizer J. V. — fo heißt er, nicht
G. (S. 128) — Widmann.
Zürich. Walther Köhler.

The Cambridge Bible for Schools and Colleges. The Book of the
Prophet Jeremiah together with the Lamentations, in the
Revised Version with introduction and notes byA.W. Streane,
D. D. (LIII, 381 S. m. 3 färb. Karten.) Cambridge, University
Press 1913. s. 3 —

Streane hatte in der bekannten Sammlung ,The Cambridge
Bible for Schools and Colleges' schon 1881 den Jeremia und die
Klagelieder bearbeitet. In die verliegende neue Auflage hat er
die wiffenfchaftliche Arbeit der letzten drei Jahrzehnte einzuarbeiten
fleh bemüht. Die Einleitung zu Jer. hat er zum Teil
ganz neu gearbeitet; fie ift von einer für den Lernzweck der
Sammlung erfreulichen Ausführlichkeit; wertvoll fcheint mir be-
fonders Kap. III (Jer. a. other Prophets. Character a. Style of the
Book). Der Kommentar ift, dem Charakter der Sammlung ent-
fprechend, verhältnismäßig knapp, aber gut orientierend und
verdient fchon wegen der Verarbeitung der englifchen Literatur,
neben der der Verfaffer aber auch die wichtigften deutfehen
Publikationen verwertet, auch bei uns Intereffe. Unter den
deutfehen Kommentaren empfiehlt er den englifchen Studenten
am meiften Cornill (1905): Cornill is perhaps the most usefull
to a German-reading Student. Gegen den Einfluß der metrifchen
Gefichtspunkte auf die Textbehandlung verhält er fleh fehr zurückhaltend
, was weithin richtig und zum minderten für den Zweck
feines Buches durchaus berechtigt ift.
Roftock. J. Herrmann.

Aufhaufer, Priv.-Doz. D. Dr. Johannes B.: Antike Jeuis-Zeugniffe.
(Kleine Texte f. Vorlefgn. u. Übgn. 126.) (51 S.) 8». Bonn,
A. Marcus & E. Weber 1913. M. 1.30

Vorgelegt find der Brief des Syrers Mara an feinen Sohn
Sarapion (in der Überretzung von Fr. Schultheß), die wichtigen
Jofephusftellen, die beiden berühmten Briefe des Plinius und
Trajan, Tacitus Ann. XV 44, die Stellen aus Suetons Claudius
und Nero, der apokryphe Briefwechfel des Abgar von Edeffa und
Chriftus nach Eufebius wie nach Rufinus, die fyrifche Lehre des
| Addai in deutfeher Überfetzung, der apokryphe Brief des Pilatus
an Tiberius und der des Lentulus an den römifchen Senat. Den
I Anhang bilden die in Betracht kommenden Talmudftellen im
Originaltext und in deutfeher Überfetzung nach Goldfchmidt. —
Der Verf. gibt keine felbftändigen Textrezenfionen, fondern druckt
nach den beften Ausgaben. Zur Erörterung der methodifchen
Fragen der Leben-Jefu-Forfchung im Unterrichtsbetrieb fcheint
j mir die Auswahl praktifch zu fein. Stracks Buch: Jefus, die Häre-
I tiker und die Chriften nach den älteften jüdifchen Angaben hätte
[ nicht erft S. 51, fondern in der Literaturüberficht S. 3 neben dem
älteren Werk von Laible genannt werden müffen.
Marburg. Bultmann.

Or igen es: HomilieX zum Jeremias, Homilie VII zum Lukas, Homilie XXI
zumJofua. Hrsg. v. Erich Kloftermann. 2. Aufl. (Ausgewählte
Predigten. I.) (Kleine Texte f. Vorlefgn. u. Übgn. 4.) (25 S.)
8". Bonn, A. Marcus & E. Weber 1914. M. — 70

Daß Lietzmanns Sammlung, die fchon 127 Nummern zählt,
i in vielfacher Hinücht recht brauchbar ift, beweifen die zweiten,
ja dritten Auflagen der älteren Hefte. Auch der L Teil der Ausgewählten
Predigten' gehört dazu. Wir begrüßen es mit befonderer
: Freude, daß durch die dem Origenes gewidmeten Hefte der Samm-
j lung die Kenntnis von der Lebensarbeit des großen Alexandriners
I in weitere Kreife dringt. Erich Kloftermann hat mit ficherem Blick
| drei Homilien des Origenes ausgewählt, aus denen nicht nur die