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Ausgabe:

1915

Spalte:

249-250

Autor/Hrsg.:

Walther, Georg

Titel/Untertitel:

Untersuchungen zur Geschichte der griechischen Vaterunser-Exegese 1915

Rezensent:

Goltz, Eduard Alexander

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Seite 1

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249 Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. ff. 250

Ehrhard, Alb.: Das Chriltusprobiem der Gegenwart. Reli- | vollen Beitrag zur Gefchichte der Vaterunfer-Exegefe.
giöfe Vorträge (XI, 193 S.) 8°. Mainz, Kirchheim & Co. : Der Verfaffer behandelt nacheinander die Auslegung des

M. 2 -; geb. M. 2.80 i Herrngebets bei Clemens von Alexandria, Origenes, Cyrill
* ^ . ; von Jerufalem, Gregor von Nyffa, Chryfoftomus, Cyrill

Die Themata diefer acht Vorträge, die im akademi- j yon Alexandria, Maximus Confessor, Petrus von Laodicea.
fchen Sonntagsgottesdienft vor den katholifchen Studenten j Dabei hat er fein Augenmerk darauf gerichtet, wie weit
und gebildeten Katholiken Straßburgs gehalten worden ; das Gedankenmaterial der genannten Ausleger in fich
find, find: ,Die Gefchichtlichkeit Chrifti'; .Chrifti Worte'; , verwandt ift, was fie von einander übernommen haben
.Chrifti Taten'; ,Chrifti Gottesfohnfchaft'; ,Chriftus der Welt- ! und was fie felbftändig bieten; daraus foll fich dann auch
erlöfer'; ,Chriftus und die Urkirche'; .Chriftus und Paulus' t ein Bild gewinnen laffen von ihrer exegetifchen Methode
und endlich ,Chriftus und Johannes. Chriftus und die j und ihrer geiftigen Eigenart. Es wird bei jedem Schrift-
katholifche Kirche'. Da ich die Leiftungen der katholifchen ; fteller gewiffenhaft Punkt für Punkt der Gedankengehalt

Theologen, die das Chriftusproblem popularifierend be>
handelt haben, nicht genug kenne, vermag ich den
relativen Wert diefer Vorträge nicht ficher zu beftimmen.
Daß er ihren Druck vollkommen rechtfertigt, bezweifle ich
nicht, aber daß fie vom gewiffenhaften proteftantifchen

der Auslegung der Anrede und jeder der fieben Bitten
erhoben; am Schluß jedes Abfchnitts ift der Gedankengehalt
durch eine zufammenfaffende Paraphrafe deutlich
gemacht; dazu find einige Bemerkungen über die exe-
getifche Methode und die geiftige Eigenart des Schrift-

Forfcher wegen ihres wiffenfchaftlichen Hintergrundes zu ftellers hinzugefügt und das Abhängigkeitsverhältnis zu
beachten feien, meine ich nicht urteilen zu müffen. den vorhergehenden erörtert. Die ruhige Gleichmäßigkeit,

Einen unmethodifchen Sprung vom Glauben zur j mit der diefe Schätze aus jeder Abteilung der Fundgrube
realen Exiftenz des Geglaubten bietet folgendes (S. 18). I gehoben werden, wirkt freilich auf den Lefer etwas ein-

Noch viel wichtiger als das Auffteigen des Namens Chrifti in die tönig. Man ift verflicht ZU fragen, ob es nicht beffer
rdmifche Gefchichtsfchreibung fei der Umlland daß jeder damals zum efcn wäre jede Schrift als Ganzes zuerft ZU charakte-

Chr.ftentum Übertretende Jefu gefchichthche Ex.ftenz bezeuge; denn j mA >Ap ^iaMart HpH S^Hriftfl».l-r. h,r,„c ,.,

wegen der vielen Gefahren dabei mufte er die .volle Uberzeugung von
der Wahrheit der neuen Religion' gewonnen haben, ,die ihm nicht in
der Geftalt von Ideen und religiöfen Spekulationen entgegentrat, fondern
als das Evangelium von Jefus von Nazareth, dem Sohne Gottes'.

Wenn gegen die Behauptung, der Satz .Empfangen
vom Heiligen Geilte' befage nichts anderes, als daß Gott
in Jefu den Anfang einer neuen Schöpfung gemacht habe,
S, 95 bemerkt wird, bei Leugnung feines wörtlichen
Sinnes könne .weder von einem Anfang noch von einer
neuen Schöpfung die Rede fein', fo ift das doch recht
grobe Dogmatik. Modern — und katholifch — dagegen
mutet es einen an, daß Chrifti Worte nach der erften

rifieren und die Eigenart des Schriftftellers heraus zu
arbeiten ohne in das Detail der Exegefe einzugehen,
diefes aber dann bei jeder Bitte im Zufammenhang zu
behandeln. Der Verfaffer verliert fleh zwar durchaus
nicht in kleinliche Unterfuchungen literarifcher Abhängigkeiten
, fondern behält ftets die inneren Beziehungen
und die etwa hervortretenden Entlehnungen von Gedankenmaterial
im Auge, aber feine Unterfuchung hätte
doch gewonnen, wenn er die Eigenart jeder Einzelfchrift
und ihres Urhebers noch deutlicher, auch unter der Beleuchtung
der Zeitverhältniffe und der Stellung derChriften
zur .Welt', herausgearbeitet hätte, dann aber einen Beitrag-
Auslage über fie (S. 25) das rehgiofe Lebensideal ver- zur ' Gefchichte der Auslegung im Einzelnen nach der
Kunden, mag auch gleich dahinter geredet werden von a„„,j-----^.u;„M „au„fa„"uz», uv 1,^^ <-.„u a„-„

feiner .Lehre vom Reiche Gottes, in der fein religiöfes
Lebensideal befchloffen liegt'. Auch in dem Vortrag
.Chriftus der Welterlöfer' würde ein ftrammer proteftan-
tifcher Orthodoxer die objektive Erlöfung wohl mehr betont
haben. Katholifche Mirakelfucht gibt ein Ehrhard
preis, indem er S. 68 fchreibt, daß nur in der Fülle der
Zeiten die Wundertaten Gottes fich in Fülle offenbarten.
Aber die Argumentation für deren Tatfächlichkeit verrät
wieder unmethodifche, unkritifche Gebundenheit an die
Wunderberichte, an die Auffaffungen der Berichterftatter.

Die mit Pfychotherapie vorgenommenen Erklärungen .muffen dem
Wortlaute der Evangelien Gewalt antun: eine Erklärung aber, die das zu
Erklärende vorerft zurechtftutzen muß, kann offenbar keinen wirklichen
Wert beanfpruchen' (S. 64). Erklärungen, die über den Wortlaut hinausgehen
, brauchen ja gar nicht wunderfeindlich zu fein. Der Katholik
™uß freilich all und jedes im evangelifchen Wunderbericht für glaubwürdig
halten. Daß ,die Leugnung der Gefchichtlichkeit der Wunder-
Kerichte die Leugnung der Gefchichtlichkeit Chrifti felbft nach fich zieht'
(S- 63), ift eine Übertreibung.

Das Buch ift charakteriftifch für die katholifche Art
und Weife, das Glauben und das Wiffen aufzubieten, vgl.
S- 88f, o,i( I03, 131, 169 und den Schluß des Vorworts:
'Für die Leiftu'ng des Glaubensaktes, den das Bekenntnis
Zu Chriftus als dem Gottmenfchen fordert, fprechen fo
Yjele und fo kräftige Gründe, daß fie fich vor jedem
Gegner, wie vor unferer eigenen Vernunft, vollkommen zu
rechtfertigen vermag'.
Leipzig. Karl Thieme.

Walther, Pfr. Lic. Geo.: Unterfuchungen zur Gefchichte der
griechifchen Vaterunfer-Exegefe. (Texte u. Unterfuchungen
zur Gefch. der altchriftl. Literatur. III. Reihe.
*6. Bd., 3. Heft.) (VIII, 123 S.) 8°. Leipzig, J. C
Hinrichs 1914. M. 4.50

Das vorliegende Heft der Texte und Unterfuchungen
ZUr altchriftlichen Literaturgefchichte bringt einen wert-

Anordnung der Bitten geboten hätte. Es hätte fleh dann
beim Begriff der Heiligung des Namens durch den Wandel,
des Gottesreichs, des Brotes und feiner Wertung, der
Sünde und Verfuchung jedesmal ein Spiegelbild der
kirchengefchichtlichen Entwicklung ergeben. Dahingehende
Beobachtungen fehlen durchaus nicht; fie wären
aber reichlicher ausgefallen, wenn auch das benutzt
worden wäre, was fich über die Auffaffungen des Lefer-
und Hörerkreifes erfchließen läßt. Eine Heranziehung
der Schriften ,de oratione' von Tertullian und Cyprian
wäre kein Fehler gewefen, denn fo klafft eine große zeitliche
Lücke zwifchen Origenes und Cyrill von Jerufalem.

Immerhin bietet die Arbeit einen fehr dankenswerten
Beitrag zur Gefchichte des Herrngebets und feiner Auslegung
. Im befondern fei der fchöne Abfchnitt über
Origenes hervorgehoben. Nicht nur der Dogmenhiftoriker
kann daraus lernen; auch unferen praktifchen Geiftlichen
foll die Schrift als ein Wegweifer empfohlen fein, um fich
in diefen fo wertvollen Ausfchnitt patriftifcher Exegefe
hineinzuarbeiten. Man lernt daraus, wie gewiffe Grundgedanken
fich unverlierbar bis heute immer wiederholen,
wie aber auch jedes Gefchlecht und jeder Ausleger eine
neue eigentümliche Anfaffung des Vaterunfers mit fich
bringt und für feine Gegenwart nutzbar zu machen weiß.

Greifswald. Ed. von der Goltz.

Hünermann, Domvik. Dr. Frdr.: Die BuBlehre des heil.
Auguftinus. (Forfchungen zur chrifti. Literatur- u. Dog-
mengefchichte. XII. Bd., 1. Heft.) (XII, 159 S.) gr. 8«.
Paderborn, F. Schöningh 1914. M. 5 —

,Es gibt akatholifche Dogmenhiftoriker, die behaupten,
dem großen Lehrer von Hippo fei die Exiftenz eines Buß-
fakraments noch unbekannt' Der Verfaffer diefer Unterfuchung
hält eine folche Behauptung für unhaltbar.
Auguftins Behandlung der Bußfrage gewinnt fogar eine

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