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Ausgabe:

1915

Spalte:

169-170

Autor/Hrsg.:

Strack, Hermann L.

Titel/Untertitel:

Wilhelm Bacher und seine letzten Arbeiten 1915

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TiÜUS und Oberlehrer Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 10 Mark

Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find aus fehl i e ß I i c h an « .-. - _

4L). Jahrg. Nr. 8 Profetror D. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, zu fenden. I/. April ItHO

Ö" " Rezenfionsexcmplare ausfchließlich an den Verlag.

Bacher und feine letzten Arbeiten (Strack).
Jaftrow jr., Babylonian-Assyrian Birth-Omens
(Meißner).

Roth dein, Hebräifche Poefie (Staerk).
Dunkmann, Gehört Jefus in das Evangelium?

(M. Dibelius).
Norden, Jofephus und Tacitus über Jefus Chri-

ftus und eine meffiauifche Prophetie (Bouffet).
Corffe u, Die Zeugniffe des Tacitus u. Pfeudo-

Jofephus über Chriftus (Derf).
Bardy, Saint Athanase (Koch).
Glas, Die KircheDgefchicbte des Gelafios von

Kaifareia (Krüger).
Schulte, Die Entwicklung der Lehre vom

menfehlichen Wiffen Chrifti (Scheel).

Below, Der deutfehe Staat des Mittelalters.
I. Bd. (Robert Holtzmann).

Joh. Ficker, Bildniffe der Straßburger Reformation
(Boffert).

Graß, Die ruffifchen Sekten. 2. Bd. (Katten-
bufch).

J. T. Beck, Treu und frei (Haering).

Kerler, Jenfeits von Optimismus und Pefftmis-
mus (Thimme).

Nutting u. Dock, Gefchichte der Krankenpflege
(Zimmer).

Sohm, Weltliches u. geiftliches Recht (Seh-
ling).

Referate: Studien des W. Th. V. — Hunger
u. Lamer, Altorientalifche Kultur im Bilde.

— Jacobsen, Om ,Den gammeltestamentlige
Theologie' som theologisk Disciplin. — Herrmann
, Unpunktierte Texte aus dem Alten
Teftament. — Leifegang, Die Begriffe
der Zeit und Ewigkeit im fpäteren Platonis-
mus. — Raufchen, Grundriß der Patrologie

— Baiißizaoc;, Elaayoyl) aC? zd sXXrjVixbv
ixxXijaiaox ixbv öixatov zwv ä(>{Xoäö£(ov. -—
Holmquist, Luther, Lojola, Calvin, i deras
reformatoriska genesis. —

Wichtige Rezenfionen. — Neuefte Literatur.

Wilhelm Bacher

und feine letzten Arbeiten.

Ana 25. Dezember 1913 fchied aus diefem Leben
nach längerem Leiden (afthmatifcher Art) Wilhelm Bacher,
Direktor der Landes-Rabbinerfchule in Budapeft, einer
der fleißigften und mit abendländifcher Bildung ver-
trauteften jüdifchen Gelehrten, zugleich ein vornehmer,
lauterer und friedfertiger Charakter. Mehr als drei Jahrzehnte
habe ich mit ihm in freundfehaftlichem Briefwechfel
geftanden und ihn auch durch diefen, nicht nur durch feine
gedruckten Arbeiten immer höher fchätzen gelernt. Gern,
wenn auch nicht ohne Wehmut, erfülle ich den Wunfeh
der Herausgeber der ThLz., den letzten Arbeiten Bachers,
die erft nach feinem Tode erfchienen find, eine Anzeige
zu widmen.

Bei diefer Gelegenheit einen wenn auch nur das
Wichtigfte darbietenden Überblick über des Verewigten
literarifche Tätigkeit zu geben, ift mir wegen ihrer Vielseitigkeit
und Reichhaltigkeit leider nicht möglich. Doch
fei gefagt, daß wir drei Gruppen von Werken unterfcheiden
können: Zur Literatur der perfifchen Juden, zur Gefchichte
der hebräifchen Sprachwiffenfchaft, zur Gefchichte der
Haggada. Aus der zweiten nenne ich hier: die hebrä-
ifche Sprachwiffenfchaft vom 10. bis zum 16. Jahrhundert,
Trier 1892; Die Anfänge der hebräifchen Grammatik,
Leipzig 1895; Die Bibelexegetifche Terminologie der
Tannaiten, Leipzig 1899; Die Bibelexeg. Term. der Amo-
räer, Leipzig 1905. — Von chriftlicher Seite haben die
meifte Anerkennung gefunden die zur dritten Gruppe
gehörigen Schriften: Die Agada der babylonifchen Amo-
f^er, Straßburg 1878, unveränderter Neudruck mit 14
leiten Ergänzungen und Berichtigungen, Frankf. a. M.
J9I3; Die Agada der Tannaiten, 2 Bände, Straßburg 1884.
:r9°, 1. Band 2. Aull. 1903; Die Agada der paläftinen-
d'chenAmoräer, 2 Bände 1892—1899; Bibelftellenregifter
!902; Die Proömien der alten jüdifchen Homilie, Leipzig 1913.

Eine dankenswerte Ergänzung zu dem fechsbändigen
V^ggadawerke bildet das Buch ,Rabbanan, die Gelehrten
des Tradition.'' In ihm find gefammelt die durch ,unfre
Lehrer tagten' (meift i-yas pm) eingeleiteten Haggada-
»atze, und zwar zuerft diejenigen, in welchen die Anficht

. 1) Rabbanan, Die Gelehrten der Tradition. Die Agada der Gelehrten,
«ertrag 2ur Gefchichte der anonymen Agada. (Programm.) (V, 104 S.)
ö- Budapeft, A. Alkalay & Sohn 1914.
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eines mit Namen genannten Tannaiten (S. 17—31) oder
Amoräers (S 31—65) daneben fleht, dann (S. 65—102)
die, in welchen einfach die Anficht ,unfrer Lehrer' angegeben
ift. Die zweite Gruppe ift, foweit möglich, nach
den Bibelftellen geordnet, das Übrigbleibende nach dem
Inhalt (Sentenzen, Zahlenfprüche, Meffianifches ufw.)

Schwierig ift die Berichterftattung über das zweite,
umfangreichere Werk Bachers:,Tradition und Tradenten.'2
Denn es ift dem Verfaffer nicht mehr vergönnt gewefen,
felbft zu fagen, was er mit diefer von felbftaufopferndem
Fleiße zeugenden Arbeit beabfichtigt hat. In 44 Abhandlungen
werden uns nach dem Untertitel .Materialien zur
Entftehungsgefchichte des Talmuds' dargeboten, und zwar
ift: die alles zufammenhaltende Abficht offenbar gewefen:
zu zeigen, wie das von Früheren Gefagte durch Spätere
auf die diefen folgenden Zeiten überliefert worden ift.

Der Verfaffer beginnt mit den Ausdrücken für Tradition
und mit den älteften Trägern der Tradition bis zu
den,Schulen'Hilleis u. Schammais S. 1—71. Dann folgt die
Tradition bei Tannaiten und des von Tannaiten Gefagten
S. 72—281. Den dritten Teil bildet die auf die Amoräer
bezügliche Tradition S. 282—577. In die Entftehung des
Talmudtextes gewährt einen Einblick die Zufammenftellung
der von einzelnen Amoräern tradierten oder bezeugten
Textesrezenfionen im babylonifchen Talmud S. 579—589.
Den Schluß der Arbeit bilden die Abhandlungen über
den Gebrauch der Ausdrücke Rabbothenu und Rabbanan
S. 590—621. Als ein Beweis für die unermüdliche Ge-
wiffenhaftigkeit des Verfaffers fei erwähnt, daß der doch
erft 1912 von mir herausgegebene Münchner Talmudkodex
an fehr zahlreichen Stellen verglichen worden ift.

Aus der Fülle des Inhalts zu fchöpfen ift erleichtert
durch ein ausführliches Inhaltsverzeichnis und die fehr forg-
fältigen von Prof. Mich. Guttmann angefertigten Regifter
S. 626—704.

Der Name Wilhelm Bacher wird in der Gefchichte
der Wiffenfchaft vom Judentum ftets mit hoher Anerkennung
genannt werden. Infonderheit hat Jeder, der
fich mit der Haggada befchäftigt, die Pflicht, die auf
fie bezüglichen Schriften Bachers gründlich zu ftudieren.

Berlin. Herrn. L. Strack.

2) Tradition und Tradenten in den Schulen Paläftinas u. Babyloniens.
Studien u. Materialien zur Entftehungsgefchichte des Talmuds. (Schriften,
hrsg. v. der Gefellfch. zur Förderg. der Wiff. des Judentums.) (VIII, 704 S.)
gr. 8». Leipzig, Buchh. Guftav Fock 1914. M. 15 — ; geb. M. 16.5D

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