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Ausgabe:

1915 Nr. 7

Spalte:

163-164

Autor/Hrsg.:

Leendertz, W.

Titel/Untertitel:

Sören Kierkegaard 1915

Rezensent:

Leeuw, Gerardus

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i63

Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 7.

164.

Gründen hergeleitetes gefchmeidiges ,Ja Damit ift das Aktenmaterial
erfchöpft; der fchließliche Ausgang der Sache bleibt leider unbekannt.

Eine ftörende Eigentümlichkeit des Verfaffers ift,
Quellen teils im Urtext (fpanifch, italienifch, lateinifch),
teils in Überfetzung wiederzugeben, und zwar ohne er-
fichtlichen Grund, weshalb das eine Mal fo, das andere
Mal anders verfahren wird; felbft ein und diefelbe Quellen-
ftelle wird teils urfprachlich, teils deutfch vorgelegt. Diefe
Sonderbarkeit beeinträchtigt ftark den einheitlichen Eindruck
des Ganzen. Sie ift Gelehrten-Schrulle.

Berlin. Graf Hoensbroech.

Leendertz, W.: Sören Kierkegaard. (V, 315S.) 8°. Amfter-
dam, A. H. Kruyt (1913). fl. 2.50; geb. fl. 3.25

Bis vor Kurzem war Sören Kierkegaard in Holland
nur durch zwei Auswahlbände bekannt, welche dem Lefer
zwar ein recht gutes Bild von dem Nordifchen Denker
geben, jedoch nicht im Stande find, uns den ganzen Mann,
wie er lebte und dachte, vor Augen zu führen. Denn,
wenn überhaupt jemals, fo gilt es von K.: man muß fein
ganzes Lebenswerk kennen, um ihn auch nur annähernd
würdigen zu können. Dazu will uns jetzt Leendertz verhelfen
, indem er in einem Buche von etwas mehr als
300 Seiten uns die Hauptgedanken K.'s an der Hand
feiner Werke vorführt. Wenn aber des Verfaffers Abficht
fich zum Teil auf das beffere Verftändnis K.'s in Holland
richtet, fo darf er nichtsdeftoweniger auch einen felb-
ftändigen Platz in der betreffenden Literatur behaupten,
infofern er von den bisherigen Anfchauungen Höffdings,
Brandes' ufw. hin und wieder beträchtlich abweicht.

Sein Verfahren ift fehr einfach: er redet in zeitlicher
Folge über alle bedeutenden Werke K.'s und verknüpft
damit Bemerkungen über deffen Leben, um jedesmal den
Gedankeninhalt ausführlich zu befprechen. Diefem be-
fchreibendenTeil ift am Schluffe des Bandes ein ,kritifcher'
hinzugefügt, der aber nur zum befferen Verftändnis K.'s
beitragen will; die Kritik ift alfo rein immanent.

Es fragt fich allerdings, ob ein mehr fynthetifches
Verfahren nicht auch etwas für fich gehabt hätte. Jetzt
muß man die verfchiedenen Gegenftände des K.'fchen
Denkens einigermaßen mühfam herausfuchen wie aus K.
felbft. Eine mehr fyftematifche Behandlung der Erkenntnistheorie
— oder, wie der Verfaffer will, der Anti-Erkenntnistheorie
— z. B., hätte der Klarheit des Ganzen
vielleicht nicht gefchadet. Allerdings ift die Gefahr der
Syftematifierung des den ,Paragraphen' fo abholden K.'s
da, aber, wie mir fcheint, nicht unumgänglich.

Aber auch, wie das Buch jetzt vor uns liegt, hat es ein
großes Verdienft, befonders indem es uns das Werk und
den Mann als Ganzes zu zeigen verfucht. Daß dabei nur
Hauptlinien zu fkizzieren waren, ift felbftverftändlich, und
es ift dem Verfaffer als ein Verdienft anzurechnen, daß
er fich von dem geiftreichen Nordländer nicht zu Ab-
ftechern hat verleiten laffen.

In der Frage der Pfeudonymität Kierkegaards nimmt
Leendertz eine vermittelnde Stellung ein. Brandes und
Höffding gegenüber leugnet er, daß in K.'s ,indirekter
Methode' urfprünglich gar keine Abficht gewefen fei. Er
gibt aber zu, daß, wie Brandes nachgewiefen hat, manches
auf die Pfeudonymenwut der Romantiker zurückzuführen
ift; keinesfalls aber ward die ganze Methode nachträglich
ausgeklügelt, fondern, was urfprünglich nur unbeftimmt
war, wurde K. allmählich immer klarer.

Auch in der erkenntnistheoretifchen Frage und in
einigen andern Punkten ftellt fich der Verfaffer Höffding
gegenüber, fo daß fein Buch fich hin und wieder geradezu
zu einer Apologie K.'s geftaltet — ein Umftand, der,
dem fo ganz verfchieden veranlagten Höffding gegenüber,
gar nicht fchadet.

Im zweiten Abfchnitt des Buches wird K. betrachtet
als Romantiker, als Nordländer und als Pietift; fodann der
Romantik, Hegel und Sokrates gegenüber geftellt.

Es wäre uns lieb gewefen fein Verhältnis zur vorangegangenen
Periode, insbefondere zur Romantik, etwas
ausführlicher dargeftellt zu fehen; auch ein kurzer Hinweis
auf die Fäden, welche ihn mit der modernen Nordifchen
j Dichtung, die fo viele Herzen bewegt, verbinden, hätte
; fich vielleicht in den Rahmen des Buches fügen laffen.
Aber auch fo, wie es ift, bildet es eine bequeme Anleitung
zum Studium K.'s und einen wertvollen Beitrag zu der
über diefen Denker erfchienenen Literatur.

Haag. G. van der Leeuw.

Referate.

Salomonski, Martin: GemüTebau und -Gewächfe in Paläftina zur

Zeit der Mifchnah. (71 S. m. Fig.) 8°. Berlin, M. Poppelauer

1911. M. 2.50
In diefer kleinen und gelehrten Studie, die einen hübfchen

Beitrag zu einem Ausfehnitt aus der talmudifchen Archäologie
! bildet, behandelt Salomonski die GemüTe der Bibel, die Gemüfe
; nach der Mifchna, ihren Bau und ihre Verwertung. S. 38—62
i ift ein alphabetifches Lexikon beigefügt, das für Mifchna-Studierende
j brauchbar erfcheint. Vollftändig ift es allerdings nicht. S. 50
! vermine ich z. B. •pBBVba, S. 56 BlbBp, DWiirp u. dgl. (vgl. Krauß,
Talmud. Archäol. I. 1910 S. 116f.) S. 57 oro-nn ift das griech.
&£(>fios Feigbohne. S. 29 Anm. ift zu msiB das griech. nsQupoQa
geftellt, was mir auch richtig erfcheint (vgl. meinen Mifchnatraktat
| Pefachim 1912 S. 191). Es wäre erwünfcht, wenn KennerderMifchna
und des Talmuds die griechifchen und lateinifchen Fremdwörter in
den verfchiedenen Kulturteilen zufammenftellten, um einen Ein-
! druck zu geben von dem ungeheuren Einfluß des Hellenismus
auf das Judentum auch in rein materiellen Dingen.

Heidelberg. Beer.

| Weinel, H.: Biblifche Theologie des Neuen Teftaments. Die Religion
Jefu u. des Urchriftentums. 2., vielfach verb. u. verm.
Auflage. (Grundriß der Theolog. Wiflenfchaften, 19.) (XVI,
671S.) gr. 8°. Tübingen, J. C. B. Mohr 1913. M. 12 —; geb. M. 13—

Es ift erfreulich, daß in kurzer Zeit die biblifche Theologie
{ des Neuen Teftaments von Weinel in zweiter Auflage hat er-
fcheinen können. Sie erfcheint in der Tat, wie das Titelblatt
angibt, in vielfach verbefferter und vermehrter Auflage.
Faft auf jeder Seite begegnet man der nachbeffernden Hand des
! Verfaffers. Drei Paragraphen find neu hinzugekommen. § 22
,die alte und die neue Religion', als Einleitung zu der grundlegenden
Beurteilung der Frömmigkeit Jefu, als flttlicher Erlöfungs-
religion; § 109 und 110, weitere Ausführungen über die Johanne-
j ifche Myftik. Doch erftrecken fich die Änderungen nur auf Ein-
| zelheiten, ,den ganzen Aufriß meines Buches aber habe ich nicht
geändert und werde ihn auch nicht ändern'. Seinen Rezenfenten
feines Buches verfpricht W. im Vorwort eine eigne Auseinander-
fetzung über die Grundfragen, eine Abficht, die er hoffentlich zur
Ausführung bringen wird. Ihnen gegenüber ift er außerordentlich
zuverfichtlich geftimmt: ,Vielmehr hoffe ich, daß fich mit der Zeit
nicht bloß in der biblifchen Theologie diefer neue Aufriß, fondern
auch in der allgemeinen Religionsgefchichte, die ihm zu Grunde
liegende Gliederung durchfetzen wird'. Ich kann dem gegenüber
nur mit derfelben Zuverficht zum Ausdruck bringen, daß meine
fämtlichen Bedenken, die ich gegenüber der erften Auflage erhoben
habe, auch gegenüber der zweiten beliehen bleiben, und
daß ich die Hoffnung W.s nicht zu teilen vermag. Doch wünrche
ich dem Buch von Herzen eine dauernd günftige Aufnahme und
weitere ergiebige Benutzung, denn wir haben vor der Hand nichts
Befferes.

Göttingen. Bouffet.

Biblical and Theological Studies by the Members of the Faculty of
Princeton Theological Seminary. Published in commemora-
tion of the one hundredth anniversary of the founding of the
seminary. (VI, 634 S.) gr. 8Ü. New York, Ch. Scribner's Sons

1912. | 3-
Der vorliegende Band ift zur Jahrhundertfeier der bekannten

presbyterianifchen Theologenfchule zu Princeton (gegründet
12. Auguft 1812) errchienen. Der Sammelband hat einen fehr
verfchiedenartigen Inhalt. Da ich mich nicht imftande fühle,
über die allermeiften der Abhandlungen ein eigenes Urteil abzuge-