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Ausgabe:

1915

Spalte:

156-157

Autor/Hrsg.:

Burkitt, F. Crawford

Titel/Untertitel:

Jewish and Christian Apocalypses. The Schweich-Lectures 1913 1915

Rezensent:

Beer, Georg

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Theologifche Literaturzeitung 1915 Nr. 7.

156

überlegt, ob diefem Tatbestand gegenüber feine Definition
von Religion richtig fei. Nicht einmal das Ringen mit
einem Problem fpürt man den Behauptungen des Ver-
faffers ab; ich verweife auch hier auf die feinfinnigen und
zu den Dingen in Ehrfurcht fich Stellenden Ausführungen
Söderbloms S. 197 fr. Das mag genug fein um zu begründen
, in wiefern ich diefes Buch mit einem Gefühl der
Enttäufchung bei Seite legte.

Göttingen. Bouffet.

Thomfen, Dr. Pet.: Kompendium der paläftinifchen Altertumskunde
. Mit 42 Abbildgn. nach eigenen Aufnahmen des
Verf. (VIII, 109 S.) gr. 8». Tübingen, J. C. B. Mohr
1913. Kart. M. 4.80

Der Verf. befpricht in den neun Paragraphen des
allgemeinen Teils' S. 1 —19 zunächst Begriff und Gefchichte
der paläftinifchen Altertumskunde, und darauf Raffen,
Völker, Kulturen, Siedelungen des heiligen Landes; in
dem ,befonderen Teil' S. 20 — 101 behandelt er vorgefchicht-
liche Denkmäler (§§ 10—14), Wohnung, Haus, Dorf und
Stadt (§§ 15—19), Kunft(§§ 20—26), Grabanlage(§§27—29),
Schriftvvefen, Infchriften (§§ 30—35) und Geldwefen,
Münzen (§§ 36—42). Er gibt alfo eine kurze Überficht
und geordnete Darstellung der während der letzten Jahrzehnte
in Palästina gemachten Funde von den vor-
gefchichtlichen Zeiten an bis zum Ende der byzantini-
fchen Herrfchaft. Der Verf. verfucht damit eine Lücke
auszufüllen, die er felbft bei feinem wiederholten Aufenthalt
in Palästina lebhaft empfunden hat (vgl. das Vorwort),
und die jeder empfinden muß, der fich feit den letzten
30 Jahren etwa um die alten Denkmäler Palästinas gekümmert
hat. Nirgends gab es eine Zufammenftellung,
aus der man fich leicht unterrichten konnte. Das bahnbrechende
Werk des gelehrten Dominikaners H. Vincent
in Jerufalem, Canaan d'apres l'exploration recente (1907),
foll durchaus nicht in den Schatten gestellt werden; aber
es ift in Deutschland nicht jedem zugänglich, es erstreckt
fich nur bis zum 6. Jahrh. v. Chr. und bietet keine Überficht
, fondern eine forgfältige und umfichtige Befprechung
der durch die Deutung der älteften Funde veranlaßten
Fragen. Nur der, welcher in der Paläftinaliteratur gut
Befcheid wußte, konnte den weit zerftreuten Stoff über-
fehen. Daher hat fich Dr. Thomfen, der Herausgeber der
,Paläftinaliteratur' I und II (1895—1909) ein offenbares Verdienst
damit erworben, daß er feine Kenntniffe des Landes
und der Literatur dazu verwandt hat, einen Führer durch
die Denkmäler des alten Palästina zu fchreiben.

Der Verf. fpricht mit Recht von einer paläftinifchen
, nicht von einer hebräifchen Altertumskunde; denn
es handelt fich um die Kultur des Landes, an der die
Hebräer (oder die Ifraeliten) nur vorübergehend beteiligt
gewefen find. Daß er hingegen fein Buch eine Altertumskunde
' nennt, hat nicht in gleicher Weife meinen
Beifall. Diefer Teil des Titels erinnert zu fehr an den
Ausdruck .Altertümer', mit dem fich ein ganz bestimmter
Sinn in der altteftamentlichen Wiffenfchaft verbindet, ähnlich
wie in der griechifch-römifchen Philologie. Zu diefer
Disziplin Steht allerdings das, was Th. in feinem Buche
bringt, in enger Beziehung, infofern die ,Altertümer' nicht
nur den Inhalt der Schriftwerke, fondern auch die Aus-
fage der Denkmäler, die Th. verzeichnet, zu verwerten
haben, aber es ift doch nicht die Altertumskunde felbft
in ihrem vollen Umfange. Wie mir Scheint, würde ein
Titel wie ,Die Denkmäler Palästinas' oder ,Denkmäler-
kunde P.s' klarer und zutreffender fein. Daran würde das
Buch leichter kenntlich fein als das, was es nach der
Meinung des Verf. fein foll (§ 1): ein Verzeichnis und
eine kurze Erklärung der in P. zutage geförderten Denkmäler
.

Über die Grenze der Darstellung nach unten hin läßt
fich Streiten. Der Verf. beftimmt fie nach § 1, S. 2 auf

den /Beginn der osmanifchen Herrfchaft', was vieles für
fich hat. In ,diefem erften Verfuche' find aber die Denkmäler
der Araber und der Kreuzfahrer ,vorläufig aus-
gefchloffen'. Das gibt mir Anlaß dazu, die Hoffnung
auszufprechen, daß der Verf. recht bald in die Lage
kommen möge, feine Arbeit für eine neue Auflage zu
erweitern, fo daß fie zu einem unentbehrlichen Führer
nicht nur für das Altertum, fondern auch für das Mittelalter
wird.

Dem Buche find 42 Abbildungen beigegeben, die,
abgefehen von Nr. 5, fämtlich eigene Aufnahmen des
Verf. wiedergeben. Daran ift gewiß nichts zu tadeln, im
Gegenteil: je mehr neue Aufnahmen, defto beffer, und
diele Aufnahmen find gut. Doch möchte ich darauf auf-
merkfam machen, daß es dem Zweck der Abbildungen
oft förderlicher ift, nicht eine Anficht, fondern einen Plan
des Gegenstandes beizugeben (vgl. z. B. Abb. 4 und zu
§ 27h). Abb. 13, 14, 27 und 41 würde ich zugunsten
anderer, der Sache beffer dienenden Darstellungen Streichen.
Für andere Einzelheiten will ich den Raum hier nicht in
Anfpruch nehmen, ich werde fie dem Verf. perfönlich
mitteilen und Spreche zum Schluß meine Freude darüber
aus, daß wir diefen Verfuch einer neuen Disziplin, die in
erfter Linie den Bedürfniffen der Theologie entgegenkommt
, einem Theologen zu verdanken haben. Mögen
fich auch andere Theologen ihrer freundlich annehmen 1

Leipzig. H. Guthe.

Burkitt, Prof. F. Crawford, M.A., D.D.: Jewish and
Christian Apocalypses. The Schweich-Lectures 1913.
(VIII, 80 S.)' gr. 8°. London, H. Milford 1914. s. 3 —

In feinen jetzt gedruckten Schweich-Lectures von 1913
unternimmt Burkitt eine Wanderung durch jene aus der
wichtigsten und aufregendsten Periode jüdifcher Gefchichte,
der Zeit von der Erhebung der Makkabäer 167 v. Chr.
bis zum Untergang des jüdifchen Gemeinwefens im Jahre
70 bzw. 135 n. Chr. Stammende apokalyptifche Literatur.
Was ihn dazu veranlaßt, ift die große Bedeutung diefes
Schrifttums für das Neue Teftament. Es ift die Idee des
nahen Weltgerichtes, das Gefühl vor etwas ungeheuerlichem
kommenden Neuen zu Stehen, und auf diefem Hauptgedanken
beruht auch das Neue Teftament. Das Neue
Stellt fich dem Historiker dar als das Ergebnis eines
Kampfes zwifchen Religion und Kultur, Judentum und
Hellenismus, Glaube und Wiffenl Da der Zufammenftoß
beider Mächte fchließlich zum äußeren Bankerott des
Judentums führte, hat letzteres jene Literatur, die aus der
Periode des Kampfes Stammte und ihn förderte, von fich
geftoßen, während fie gerade die Lieblingslektüre der
Christen wurde, bis fie auch von ihnen, als die Kirche
aus einer kämpfenden zur fiegenden geworden war, ver-
geffen wurde.

Am eingehendsten wird von Burkitt die äthiopifche
Henochapokalypfe berücksichtigt (S. 17—33). Erfcheinen
doch einzelne Dicta Jefu wie ein Midrafch zu gewiffen
Worten und Gedanken des Henochbuches. So Matth. 12,
43—45 Luk. 11, 24—26 verglichen mit den Ausfagen über
die Dämonen Hen. c. 15 und vor allem die Menfchenfohn-
ausfagen Matth. 25, 31 ff. verglichen mit Hen. c. 62 u. 63
(S. 21 ff.) Wenn Burkitt S. 28 ff., um einen Einfluß der
Henochapokalypfe auf die Gedankenwelt Jefu wahrscheinlich
zu machen, betont, daß die Heimat des Verfaffers
— vgl. Hen. c. 13 — das Quellgebiet des Jordan fei, fo
hat er darin einen Vorgänger an Baldenfperger (vgl. Beer,
bei Kautzfeh Apokryphen und Pfeudepigraphen des AT
1900 II, S. 232 e), den er nicht erwähnt. Sehr lehrreich
ift die Gegenüberstellung ,Henochs' und feines Zeitge-
noffen des ftoifchen Philofophen Pofidonius aus Apamea
in Syrien 135—51 v. Chr. S. 30 ff. Weiter werden dann
berücksichtigt die Teftamente der XII Patriarchen (Rub.
VI, 10), die Pfalmen Salomos (tp 17), die Assumptio Mosis