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Ausgabe:

1914

Spalte:

163

Autor/Hrsg.:

Sethe, Kurt

Titel/Untertitel:

Sarapis u. die sogenannten katochoi des Sarapis. Zwei Probleme d. griechisch-ägyptischen Religionsgeschichte 1914

Rezensent:

Wiedemann, Alfred

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164

Vorwürfen aus dem Gebiete der Kunft befchäftigen. ,Spät-
byzantinifches und frühchriftlich-fyrifches Weihnachtsbild'
ift der erfte überfchrieben (III, 115 ff). ,Ein rudimentäres
Exemplar der griechifchen Pfalterilluftration durch Ganz-
feitenbilder' heißt der andere (II, 107 fr.). Beide haben
ein Ziel, nämlich die lang bewahrte Unabhängigkeit der
chriftlichen fyrifchen Miniaturen und ihrer Motive von der
byzantinifchen Kunft zu behaupten und nachzuweifen;
dies im Gegenfatz z. B. gegen Heifenberg, der von Ju-
ftinian an die Führung auf dem ikonographifchen Gebiet
den Byzantinern überträgt. In dem Zufammenhang fei
auch der Auffatz von Johann Georg Herzog zu Sachfen
(III, 111 ff.) erwähnt, der in dem fyrifchen Klofter Deir-es-
Surjäni in der nitrifchen Wüfte fyrifche Fresken aus
dem 8. Jahrhundert entdeckt hat und eine anfchauliche
Befchreibung hier gibt.

Aus diefen Inhaltsangaben mögen die Lefer erfehen,
daß A. Baumftark den Oriens Chriftianus auf die alte
Höhe gebracht hat. Ich möchte das befonders betonen,
nachdem in der Zeit, wo Baumftark nicht redigierte, die
Zeitfchrift von Schwankungen fich nicht freigehalten hatte.

Hannover. Ph. Meyer.

Sethe, Kurt: Sarapis u. die fogenannten xäxo-fpi des Sarapis.

Zwei Probleme der griechifch-ägypt.Religionsgefchichte.
(Abhandlungen der Kgl. Gefellfchaft der Wiff. zu
Göttingen. Philologifch-hiftor. Kl. N.F. XIV. Bd., Nr. 5.)
(IV, 100 S.) Lex. 8°. Berlin, Weidmann 1913. M. 6.60

Über Sarapis und die Einführung feines Kultes in
Ägypten ift in den letzten Jahren eine ausgedehnte Literatur
erfchienen, ohne daß ein allfeitig befriedigendes Ergebnis
gewonnen worden wäre. Auch die Studie, in
welcher Sethe die verwickelten einfchlägigen Fragen verfolgt
, wird kaum ohne Widerfpruch bleiben. Nach feiner
Anficht hätte man gleich nach der Gründung Alexandriens
dort den Kult des ägyptifchen Unterweltgottes Ofiris-Apis
als Stadtkult eingeführt, in dem Gottesnamen hätten die
Griechen den Anlaut als Artikel gefaßt, aus dem Refte
habe fich Sarapis gebildet. Ptolemäus I habe fpäter eine
in Sinope erworbene Statue des Pluto als Bildnis des
Gottes nach Alexandria gebracht.

Die Hauptfchwierigkeit für die Annahme einer primären
Gleichheit, nicht erft fpäterer Gleichftellung von
Ofiris-Apis und Sarapis liegt darin, daß für den Ägypter
der verftorben in der Unterwelt weilende und damit zum
Ofiris gewordene Apis ein Stier blieb. So faffen ihn die
Serapeumftelen auf und in diefem Sinne erhalten feine
Ufchebti-Statuetten den Stierkopf. Sarapis dagegen hat
für die Griechen menfchliche Geftalt, während diefe bei
der Hellenifierung beifpielsweife des fperberköpfigen Horus
oder des schakal-, bez. hundsköpfigen Anubis kein aus-
fchließendes Bedenken trugen, die Tierköpte beizubehalten.
Ofiris-Apis und Sarapis gingen auch im Kulte nicht in
einander auf. In den Apis-Grüften finden fich hierogly-
phifche und demotifche Weihinfchriften für Ofiris-Apis,
aber trotz der Nähe des griechifchen Serapeum keine
griechifchen für Sarapis. Der in Memphis lebende Apis
erfcheint nicht mit Sarapis verbunden.

Über die Zuftände in dem griechifchen Serapeum in
den Jahren 169 bis 152 v. Chr. liegen viel erörterte Papyri
vor, welche fich auf die hier weilenden xäroxoi beziehen.
Man hat diefe als Klausner aufgefaßt, welche durch ein
religiöfes Gelübde gebunden waren, oder als Leute in
einer Art Gotteshaft, oder als befeffene, Heilung fuchende
Kranke. Demgegenüber fucht Sethe eingehend nachzuweifen
, daß es fich um Männer handelt, welche fich in
einer leichten Haft wegen Schulden befinden, vielleicht
auch wegen militärifcher Vergehen oder als Kriegsgefangene.

Bonn. A. Wiedemann.

Winternitz, Prof. Dr. M.: Gefchichte der Indifchen Litteratur.

2. Bd. 1. Hälfte. Die buddhiftifche Litteratur. (Die
Litteraturen" des Oftens in Einzeldarftelign. IX. Bd.,
2. Abtig., 1. Hälfte.) (VI, 288 S.) gr. 8°. Leipzig, C. F.
Amelang 1913. M. 7 —

Winternitz ift als guter Gelehrter bekannt. Auch der
vorliegende Band zeigt, wenigftens was das literarifche
Tatfachenmaterial anbetrifft, die Vorzüge feiner fonftigen
Arbeiten: die Zufammenftellung ift, von Einzelheiten ab-
gefehen, vollftändig, richtig, bündig und klar. Schade, daß
der Band durch eine fehr wichtige Auslaffung entwertet
ift. Die Anficht über das Datum und das hiftorifche
Wefen des Buddha hat die allererheblichfte Bedeutung
für die Möglichkeit, der buddhiftifchen Literatur gefchicht-
lich in jeder Beziehung gerecht zu werden. Hängt ja
doch'zu einem großen Teil von ihr nicht nur die Datierung
des Kanons ab, fondern auch die Abfchätzung von deffen
j hiftorifchem Wahrheitsgehalte. Es handelt fich da nicht
einfach um die arithmetifche Frage nach ein paar Jahren
mehr oder weniger. Je fchemenhafter die Buddhafigur
wird, um fo geringeres Vertrauen wird auch der nach
Buddha benannten Literatur entgegengebracht werden.
Man bedenke z. B. das eine: Hat es zu der und der Zeit,
I alfo fpeziell von etwa 560—480 v. Chr., einen hiftorifchen
j Stifter der buddhiftifchen Lehre wirklich gegeben, dann
; hat die Anficht eine gewiffe Berechtigung, daß die erfte
datierbare Erwähnung des Buddha, in den Asoka-In-
I fchriften des 3. Jh. v. Chr., von Gotama Buddhas Jode
j zeitlich nicht fo weit getrennt wäre, daß verläßliche Überlieferungen
nicht mehr vorhanden gewefen fein könnten.
Eine folche Erwägung gilt aber doch nicht für den Fall,
| daß die buddhiftifchen Doktrinen nur als zufammengefaßtes
j Bündel allgemeiner indifcher Lehren aufzufaffen und daß,
was gar nicht als fo unwahrfcheinlich angefehen werden
darf, Buddha eine Götterfigur wäre. Es gibt in der in-
I difchen Literatur der älteften Zeiten kaum viel, was nicht,
! ganz deutlich oder etwas verhüllt, auf das Urwefen oder
! auf Urwefen zurückgeführt würde; ein und dasfelbe Wort
| bhagavat,Erhabener' dient ja z. B. auch fowohl in den
: Päli-Texten als Anrede an den Buddha wie in der Bha-
I gavadgitä des Mahäbhärata als Anrede an den Gott
Krsna-Visnu. Und daß der Buddhismus felbft der älteften
Texte die widerftreitendften Elemente vereinigt, liegt ja
auf der Hand. Stand aber am Anfang des Buddhismus
keine Stifter-Perfönlichkeit, dann waren der freien Erfindung
und Ankristallifierung alle Türen und Wege offen.
Eine Erwähnung des Buddha im 3. Jh. vor Chr. beweift
in diefem Falle natürlich nicht das geringfte. Die Per-
fpektive verfchiebt fich auch vollkommen je nach der ver-
fchiedenen Anficht über die Authentizität der Überlieferung.
Was in einem unechten Texte echt (d. h. im Gefamt-
zufammenhange diefes Textes mit entftanden) ift, das
muß derjenige, der den Text im Prinzip für echt hält,
vielfach als unechtes Einfchiebfel betrachten. Und fo wird
je nach der Grundauffaffung die Darfteilung eine ganz
andere. Belege dafür laffen fich aus dem vorliegenden
Bande genug anführen. Da ift es denn ein böfes Malheur,
das Winternitz, der in der Betrachtung Buddhas und der
buddhiftifchen Literatur, foweit es den neuen Ergebnifien
gegenüber noch irgendwie fich machen läßt, die alten An-
fchauungen zu halten fucht, bei der Diskuffion von Buddhas
Datierung zugeftoßen ift. Die einzige ernftlich in Betracht
kommende Grundlage für die bisher wahrfcheinlichfte
Datierung war die Zahl 256 in den ,neuen Edikten' Asokas,
die als Zahl der Jahre feit Buddhas Tode aufgefaßt wurde.
Die wichtigen Erörterungen von Thomas, S. Levi, Fleet,
Hultzfch über die Deutung diefer Zahl aus den Jahren
1910 und 1911 (Journal Asiatique 10. Ser. T. XV, 507—22;
XVII, 119—26; Journal of the Royal Asiatic Society 1910
S. 1301—8; 1308—11, ja von Thomas fchon im Indian
I Antiquary 1908 S. 21—23) erwähnt W., deffen Einleitung
! auf den 17. Okt. 1912 datiert ift, mit keinen Worte, wäh-