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Ausgabe:

1914 Nr. 5

Spalte:

142-143

Autor/Hrsg.:

Yahuda, A. S. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Al-Hidaja ‘ila Fara‘id al-Qulub des Bachja ibn Josef ibn Paquda aus Andalusien 1914

Rezensent:

Horten, Max

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I4i

Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 5.

142

das vere bono würde ich nicht bloß 498,11 fondern eben-
fo 501,11 durch vero bono erfetzen, auch wenn diesmal
alle 4 Handfchriften, dort nur 2 den Fehler bieten.

Ein Beifpiel überfehener Bibelftellen ift S. 384,3 —
alioquin quo modo iudicabit deus mundum? — Rom. 3,6.
Unerwünfcht fcheint mir die Identifizierung altteftament-
licher Sprüche innerhalb neuteftamentlicher Zitate. Z. B.
S. 225,26—226,19 fchreibt Aug. wörtlich Gal. 4,21—5,1
aus: bedarf da Jemand in diefer Ausgabe zu Gal. 4,22 der
Belehrung, daß Paulus auf Gen. 16,15. 21,2 anfpiele?
Auch fonft wird in den Apparaten zu viel getan, wenn
z. B. S. 355A3 — Auguftin zitiert Prov. 9,8 —, die Belehrung
erfolgt ,(cf. Septuag. cod. Alexandrinum et 9 sec.
Septuag. x{)oo&r)Oti)'. Das sec. sacr. litt, bei der Lesart
von CO zu S. 179, 17, oder S. 187, 19, auch zu S. 187,22
,edd. sec. ep. ad Rom. 8, 15' fällt neben den zahlreichen sec.
Vulg. mindeftens auf: weiß denn der Herausgeber immer
genau, wie der echte Text der h. Schrift gelautet hat?
S. 206, 20 fchreibt er z. B. der Vulgata einen Wortlaut
zu, den wenigftens die offizielle Ausgabe nicht führt. 93, 12
ift das sec. Vulg. hinter der Variante in TKP2 geradezu
falfch; vielleicht hatte es hinter der Q-Variante flehen j
follen, könnte aber auch da mißverftanden werden. Diefe |
Unterftützung des Itala- oder Vulgata-Spezialiften geht zu
weit; da unter den Vulgata-Lesarten auch folche unterlaufen
, die in einer kritifchen Ausgabe der lateinifchen
Bibel des Hieronymus ficher keine Aufnahme finden,
kann fie fogar irreführen: in der Praefatio ift der Platz,
über die Neigung einzelner Zeugen, Auguftins Bibeltexte
nach dem ihnen geläufigen Wortlaut fei es nun der Hieronymus
-Ausgabe, fei es einer anderen Rezenfion umzu-
geftalten, ein Referat zu erftatten. Keineswegs ift ja immer,
im Fall von Textdifferenz in den Handfchriften, der echte
Auguftin der Vulgata entgegen.

Auch glückliche Konjekturen fehlen bei Goldbacher
nicht neben gewagten wie origo 497,19; daß einzelnes
Unbefriedigende flehen geblieben ift wie 651,22 facies, quae,
nisi adsit speculum, gestatur(?) et latet, gereicht nicht dem
Herausgeber, fondern nur der Überlieferung zum Vorwurf;
diefe ift ja gerade bei den Briefen Auguftins von äußerft
verfchiedener Güte. Aber erft nach dem Erfcheinen des
Schlußbandes wird darüber zu reden fein.

Marburg i. H. Ad. Jülich er.

Grüneifen, M. W. de: Le Portrait d'Apa Jeremie. Note ä
propos du soi-disant nimbe rectangulaire. (Extrait.)
(12 S. m. Fig. u. 5 Taf.) Lex. 8°. Paris, C. Klinckfieck
1912. fr. 2.30

Der rechteckige Nimbus, wie er befonders auf den
Papftmofaiken des 8. und 9. Jahrhunderts bekannt ift,
aber bis auf Gregor L zurückgeführt werden kann (zu
der 872 verfaßten Biographie des Johannes Diaconus
treten Kopien des betreffenden zeitgenöffifchen Freskos),
hat bisher noch keine befriedigende Erklärung gefunden,
aber in letzter Zeit einen durch rechthaberifchen Ton
recht unerfreulichen Streit zwifchen mehreren Gelehrten
hervorgerufen. Daß fymbolifierende Deutungen auf die
firmitas fidei oder das Irdifche (eckig im Gegenfatz
zum Himmelsrund) nicht verfchlugen, war klar. Die naheliegende
Erklärung aus rein malerifchen Gründen: farbiger
Hintergrund für den Kopf, fcheitert an der Art der Anwendung
. Wußte Krücke 1905 noch nichts rechtes damit
anzufangen (er hielt ihn für eine Erfindung GregorsI;
eine abfichthche Umbildung des Nimbus), fo erklärte
gleichzeitig Wilpert ihn aus dem Brauch, den Porträtkopf
auf ein rechteckiges Stück Leinwand gemalt auf das
Freskobild aufzufetzen. Strzygowski, v. Grüneifen wider-
fprachen: es handelt fich in den angeführten Beifpielen
nicht um gleichzeitig aufgefetzte Leinwand, fondern fpätere
Ubermalung auf neuem Stuck. Bedeutfam ift vor allem,
daß jetzt zwei ältere Beifpiele aus dem chriftlichen Ägypten
und eins aus Thefialonich bekannt geworden find.

So flicht W. von Grüneifen die Urfprünge diefes
fonderbaren Attributs in der ägyptifchen Sitte, die Ver-
ftorbenen vor ihrem Grabmal darzuftellen: das Grabtor,
das erft die Geftalt ganz umfchließt und Architektur
zeigt, wird allmählich zu einem hinter dem Rücken der
Figur verfchwindenden Rechteck und fchließlich zu einer
nur den Kopf umrahmenden quadratifchen Tafel. Merkwürdig
nur, daß daraus endlich viventis insigne, wie
Johannes Diaconus fagt, d. h. ein unterfcheidendes Abzeichen
lebender Perfonen wird. Hier foll die ägyptifche
Symbolik helfen: das Leben der Vergänglichkeit angedeutet
durch das Grab, bezw. fl oder □ , das Leben
der Unfterblichkeit durch die Sonnenfcheibe, den Q Nimbus
. Wenn auf dem in Sakkära gefundenen Porträt
eines Mönchsheiligen Apa Jeremias in den Rundnimbus
eingelegt ein Quadrat erfcheint, fo bedeutet dies den
Übergang vom Leben des Todes zum Leben in Chrifto
(vgl.Joh. 5,24), ebenfo wie Gr. auf einem Leichentuch im
Louvre den von Anubis im Boot zu Ofiris Richtftuhl
gefahrenen Toten doppelt, einmal mit □, einmal mit O
dargeftellt fieht, als Andeutung feiner Verwandlung von
der Sterblichkeit in die Unfterblichkeit. Mir erfcheint
diefe Deutung trotz Strzygowskis Zuftimmung RQS 1910,
172 ff. fehr fraglich, doch weiß ich keine beffere zu geben.

Wertvoll find jedenfalls die beigegebenen 5 Tafeln:
ein Fresko aus Bawiti, das Parifer Leichentuch, der Kopf
Leo's IV aus der Freske von San demente, und 2 Miniaturen
einer Handfchrift von St. Amand (jetzt Valencien-
nes 501), die auf den Bll. 58—60 acht Heilige paarweife,
je einen mit fj", einen mit O Nimbus zeigt. Gr. konftatiert
einen großen Unterfchied zwifchen der Angabe bei Johannes
Diaconus (in deffen Worte er fogar Verftändnis
für feine Theorie hineinlieft) und der bei Wilh. Durandus
von Mende, ration. div. off. I 3: ich finde, daß beide das-
felbe fagen: FJ dient zur Auszeichnung Lebender, nur
daß Johannes mehr das ,Lebender', Durandus mehr ,Auszeichnung
' betont. Richtig ift, daß die jüngeren Maler
die tabula unverftanden einfach als eine Art Nimbus
unterfchiedslos verwenden. Übrigens ift für den Orient
die Frage, ob fchon kanonifiert oder nicht, überhaupt
nicht zu Hellen: der Heilige ift dies ipso facto, meift
fchon zu Lebzeiten, ficher mit dem Tode.

Halle. von Dobfchütz.

Al-Hidäja ^yksi u&ji J[ jotcAgJt 'ilä Farä'id al-QuIüb
des Bachja ibn Josef ibn Paqüda aus Andalufien. Im
arab. Urtext zum erften Male nach der Oxforder u.
Parifer Handfchrift fowie den Petersburger Fragmenten
hrsg. v.Dr. A.S. Yahuda. (XVIII, 116 u. 407 S.) gr. 8».
Leiden, E. J. Brill 1912. M. 20 —

Ein wichtiger Zeuge für die mittelalterliche Geiftes-
kultur in Spanien befonders für das Zufammenwirken mus-
limifcher und jüdifcher Bildung ift Bachja (ca. 1040 vielleicht
ca. 1140). Sein Werk: ,Anleitung zu den Herzenspflichten
', ein im Judentume häufig gelefenes Buch, war
in der arabifchen Form des Originals außer Brauch gekommen
und durch die hebräifche Überfetzung des ibn
Tibbon erfetzt worden. Es ift das Verdienft Yahudas,
diefes verfchollene Original in muftergültiger Weife herausgegeben
zu haben. Es follte zu weiteren Unterfuch-
ungen über die islamifchen Quellen Yahudas dienen und
es ift dem Herausgeber gelungen, manche Abhängigkeiten
von der myftifchen Literatur des Islam nachgewiefen
bezüglich: wahrfcheinlichgemacht zu haben. Ein geringer
Einfluß feitens der philofophifchen Literatur liegt ebenfalls
vor. Ariftoteles wird als ,der Philoloph' mehrmals zitiert.
Philofophifche Gedanken find ebenfalls vorhanden (die
Einteilung der Wiffenfchaften in Naturwiffenfchaft, Mathematik
und Philofophie, die Dispofitionen der einzelnen
Kapitel, die Ablehnung des Skeptizismus 54,12 die Ver-
fchiedenheit der Methoden in den einzelnen Disziplinen
25,17. die Einteilung des Einen 159,4 und 13,12. das