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Ausgabe:

1914

Spalte:

135-136

Autor/Hrsg.:

Linck, Kurt

Titel/Untertitel:

De antiquissimis veterum quae ad Jesum Nazarenum spectant testimoniis 1914

Rezensent:

Windisch, Hans

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 5.

I36

Auch ift verwunderlich, daß die Teftamente der 12 Pa- ] Chriftus redete, ohne diefen felbft feinen Lefern vor-
triarchen nicht unter den Apokalypfen ftehen. Und nun j zuftellen, findet L. nicht verwunderlich; m. E. liegt hier
gar die Rubrik der apokryphen Moralfchriften, unter der eine Schwierigkeit.

die Teftamente der 12 Patriarchen mit Pfalmen Salomos, Weiter wird nun die Echtheit des 96. und 97. Briefes

Gebet Manaffes und 4. Makkabäer vereinigt find! Warum | in der Brieffammlung des Plinius verteidigt, in ge

ift die Ascensio Jesajae nicht als ,Legende' behandelt?
Was unter den kritifchen Fragen uns angeboten wird, ift
mehr eine gefchickte und dankbar anzunehmende Mufter-
karte der verfchiedenen kritifchen Anflehten über die
einzelnen Themen, als eine durch eigenes tieferes Forfchen
gewonnene kritifche Anficht des Verfaffers. Da und dort
greift er in die Diskuffion der noch fchwebenden Fragen,
wie z. B. S. 418. 420 ein. Aber wo bleibt z. B. des Verf.
eigne Meinung über die Kompofition des äthiopifchen
Henochbuches S. 220—225? Aus dem Conspectus S.
495/496 kann man allerdings einigermaßen Szek. eigne
Stellung zu den Problemen kurz angedeutet finden und
daraus entnehmen, daß er im Allgemeinen auf Seiten der
modernen kritifchen Forfchung z. B. hinfichtlich des äthiopifchen
Henochbuches, der Jubiläen oder 4. Efra fleht.
Wie dogmatifch befangen mitunter die Darftellung der
.Lehren' der Apokryphen ift, dafür genüge ein charak-
teriftifches Beifpiel: Baruch 48,39 ,Darum wird Feuer ihre
Pläne freffen' ift für Szek. eine Beweisftelle für die Lehre
vom ignis probatorius S. 77/270, wofür Pf. 50, 3 Dan. 7, 10
i Cor. 3,l3ff. Sachparallelen find! Anerkennenswert ift
die Literaturkenntnis. Wer tiefere Studien in den alt-
teftamentlichen Apokryphen machen will, wird freilich mit

fchickterAuseinanderfetzungmitHochartu.A. Hauptfächlich
der Zurückweifung Hochart'fcher Argumente ift
auch die folgende Behandlung der Tacitusftelle (Ann.
XV 44) gewidmet. Hier ift die Antikritik L.'s befonders
willkommen, weil namentlich Drews die haltlofen Argumente
Hochart's zur Unterftützung feiner Theorie ftark
heranzieht. Der fehr gründlich geführte Echtheitsbeweis
fcheint mir durchaus gelungen. Beachtung verdient, daß
L. als Quelle des Tacitus nicht Jofephus (wie Harnack in-
zwifchen vermutet hat), fondern den Prokurator von Palä-
ftina Antonius Julianus annimmt. Dann wäre das Zeugnis
von höchfter Sicherheit. In jedem Fall ift es das einzige
Zeugnis, das wirklich die Gefchichtlichkeit Jefu deckt, da
Jofephus interpoliert ift, Plinius nichts Näheres über
Chriftus berichtet und Suetonius, mit dem fich das letzte
Kapitel befchäftigt, nicht Jefus Chriftus, fondern nur einen
Juden Chreftus meinen kann (Vita Claud. 25,4).

Das Buch hat feinen Wert, wenngleich es manche
neuere Erfcheinung übergeht, fo den Auffatz von Steck
,Das echte Zeugnis des Jofephus von Chriftus', Proteft.
Monatshefte 1912, S. I —11 und W.B.Smith, Ecce Deus
S. 225 ff.; auch die neueften Arbeiten zur Sache, die fchon
erwähnten Auffätze von Burkitt und Harnack (vgl. dar-

den noch dazu in lateinifcher Sprache verfaßten Exzerpten i über mein Referat Theol. Rundfeh. 1913 S. 331—333),
fich nicht begnügen, fondern, falls ihm die Originalquellen ! weiter die Artikel von Götz, Die uffprüngliche Faffung
nicht zugänglich find, nach einer vollftändigen wiffen- | der Stellen Jofephus Antiquit XVIII 3,3 und ihr Verhält-
fchaftlichen Überfetzung greifen. Als erfte Einführung mag ' nis zu Tacitus Annal. XV 44 (Zeitfchr. f. neut. Wiff. 1913
das gelehrte Werk, abzüglich gewiffer, oben erwähnter S. 286—297) und Ed. Norden, Jofephus und Tacitus über
Mängel, katholifchen Theologen Dienfte leiften — unferen j Jefus Chriftus und eine meffianifche Prophetie (Ilberg's
proteftantifchen jüngeren Theologen wird es wohl, fchon I Neue Jahrb. 1913 I 637—666) haben fie nicht überflüffig
dank feiner lateinifchen Sprache, ein modernes Apokryphon { gemacht. Doch ift zu fürchten, daß ihre Abfaffung in
werden! lateinifcher Gelehrtenfprache einer weiteren Verbreitung

Der 2. geplante Band foll die jüngeren altteftament- ! hinderlich fein wird. Schriften, die eine brennende Tages-

lichen Apokryphen und fämtliche Apokryphen des NT.
behandeln.

Heidelberg. Georg Beer.

frage behandeln, follte man in einer gangbaren Kultur-
fprache abfaffen.

Leipzig. H. Windifch.

Linck, Kurt: De antiquissimis veterum quae ad Jesum Naza- | Mayer, Dr. Hans Helmut: Über die Paltoralbriefe. (I II Tim

renum spectant testimoniis. (Religionsgefchichtliche Ver-
fuche u. Vorarbeiten. XIV. Bd., 1. Heft.) (115 S.)
Gießen, A. Töpelmann 1913. M. 4 —

Diefe verdienftvolle Arbeit unterfucht zunächft das
zumeift verdächtigte, neuerdings aber von Autoritäten

Tit) (Forfchungen zur Religion u. Literatur des Alten
u. Neuen Teftaments. Neue Folge. 3. Heft.) (III, 89 S.)
gr.8°. Göttingen,Vandenhoeck&Ruprecht 1913. M. 2.80

Es ift fehr dankenswert, daß die Paftoralbriefe zum
Gegenftand einer Monographie gemacht werden. Denn

wie Burkitt (Theol. Tijdfch. 1913 S. 135—144) und Har- ; ^ie übliche Behandlung in Kommentaren und .Einleitungen'
nack (Internat. Monatsfchr. f. Wiff, Kunft u. Technik 1913, 1 muß fich meift fchon aus Raumgründen ausführliches Ein-
1037—1068) überrafchenderweife wieder verteidigte Zeug- ■ gehen auf gewiffe Probleme verfagen, deren Erörterung
nis des Jofephus Ant. XVIII 63 fr. Bedeutfam ift fchon 1
die Feftftellung, daß Origenes es nicht gelefen haben
kann. Diefer eigentlich fchon entfeheidende Punkt ift von
Harnack überfehen worden; ja L. macht wahrfcheinlich,
daß auch Johannes Chrysftomos und Photius die Stellen
in ihrem Exemplar nicht lafen. Eine genaue ftiliftifche,

für die Frage nach Art und Entftehung der Paft. wefent-
lich ift. M. geht ohne weiteres Bedenken auf diefes fein
Ziel los, indem er die Unechtheit der Briefe einfach vorausfetzt
— natürlich unter Verweifung auf die hierher gehörige
Literatur. Diefes Verfahren entlaftet das Buch,
aber es belaftet die Unterfuchung mit einer ungelöften

bez. lexikographifche und inhaltliche Unterfuchung führt j Schwierigkeit, die jeder Lefer — auch wer wie ich von
zu dem Ergebnis, daß nur ein unbedeutender Extrakt von der Unechtheit der Paft. überzeugt ift — empfinden wird:

Jofephus gefchrieben fein könnte, daß man alfo das ganze
lieber für Interpolation erklären wird. Zur Erklärung
des Schweigens führt L. befonders an, daß Jofephus hätte
fürchten müffen, den Judenhaß der Heiden zu mehren,
wenn er die Chriften als Abkömmlinge der Juden genannt
hätte. Die Erwähnung des Jakobus, des Bruders
des fogenannten Chriftus Ant. XX, § 200 hält er für echt,
wie er auch für möglich hält, daß die Verbindung des

welchem Zweck dienen die Perfonalnotizen, befonders in
II Tim? Sind fie erfunden oder übernommen, follen fie
in ihrer Fülle zeigen, daß der Autor viel wußte, oder mit
ihrer Unklarheit verhindern, daß man die Situation kontrolliere
? (denn auch diefe Möglichkeit bleibt zu erwägen
vgl. II Tim. 4, iof. mit dem Anfang des Martyriums p. 104
Lipfius — beruht der Widerfpruch nicht auf Abficht?).

Mit Recht hat M. die zur Beurteilung der Perfonalnotizen unent-

UntergangS Jerufalems mit dem Tode des Jakobus, die ! behrlichen Paulus-Akten herangezogen. Aber er befchränkt fich auf einen
Origenes bei Jofephus vorgefunden haben will, im echten I Vergleich, ohne die Frage zu diskutieren, wie weit Paulus-Legenden,

Jofephustext geftanden hat; mit mehr Recht wird man j ,deren Ex'««»* «"« Akten doch wohl vorausfetzen auch auf die Anfpie-

^uuol^.-^l S'-"-"'™''" r ri- ., tt r langen in den Paft. eingewirkt haben. Wenn dies aber keine Anfpielungen

annehmen, daß Origenes Jofephus mit Hegefipp ver- I fin| woher hat der Verf. dann die Namen? Der Witz über II Tim. 1, iS
wechfelt hat. Daß Jofephus vom Bruder des fogenannten ! .tröfllich ift es für uns da, zu wiffen, daß auch der Redaktor davon keine