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Ausgabe:

1914 Nr. 4

Spalte:

106-109

Autor/Hrsg.:

Feder, Alfred Leonhard

Titel/Untertitel:

Studien zu Hilarius von Poiters 1914

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 4.

106

keit dai'ür fpricht, daß Iren. V. 33.3 der das Gefamtzitat unterbrechende Haeuler, Pfarrkurat Dr. Philipp: Der Barnabasbrief neu

unterfucht u. neu erklärt. (Forfchungen zur Chriftl.
Literatur u. Dogmengefchichte. 11. Bd., 2. Heft.) (V,
132 S.) gr. 8°. Paderborn, F. Schöningh 1912. M. 4.50

direkte Hinweis auf Papias: zavza de xai üanlaq bis avvzezay/zeva eine
fpätere Gloffe zu fein fcheint. Das würde den von Zahn gegen Harnack,
Corffen hier erhobenen Einwand entkräften.) — Nach aUedem kommt
der Verfaffer zu dem Schluß, daß, da beftimmte Gründe gegen die Echtheit
des Evangeliums fprechen, diefes von einem Schüler des Apoftels .
Johannes, der mit dem Johannes von Ephefus identifch fei, und in An- Der Verfaffer der vorliegenden Unterfuchung geht

lehnung an die Traditionen feines Meifters gefchrieben fei. Aber wie ; VQn Jem richtigen Empfinden aus, daß die Rätfei des

reimt fich damit die faft durchgehende gefchichtliche Wertlofigkeit der
außerfynoptifchen Traditionen, die Cl. felbft zugefteht?!

Daß im einzelnen die Arbeit wieder mit muftergültigem
Fleiß und der Durcharbeitung alles erreichbaren Materials
gefchrieben ift, braucht man bei Clemenfchen Arbeiten
kaum mehr zu erwähnen.

Göttingen. Bouffet.

Zietlow, Superint. Gerhard: Der Tod. Biblifche Studien.
(VII, 204 S.) 8°. Gütersloh, C. Bertelsmann 1913.

M. 3.50; geb. M. 4 —

Das Buch könnte ebenfogut den Titel führen ,das
Leben' oder noch beffer ,durch Tod zum Leben'. Es
fchildert in ruhiger und nüchterner Sachlichkeit das leibliche
und geiftige Sterben und Auferftehen nach biblifcher
Auffaffung, und zwar nicht nur die betreffenden Vorgänge
und Zuftände felbft, fondern auch die Bedingungen und
Vorausfetzungen. Obwohl oder vielmehr weil der Verf.
beinahe ängftlich alle erbaulichen Redewendungen und
Abfchweifungen meidet, kann fein Buch in dem Lefer
wohl einen Eindruck von der fchlichten Größe der bib-
lifchen Gedankenwelt erwecken. Der Bibelkritik zeigt er
fich abhold, und zwar nicht dadurch, daß er fie bekämpft
und zurückweift, fondern dadurch, daß er fie völlig ignoriert.
Daß er fie nicht kennt, wird man jedoch kaum mutmaßen
dürfen, jedenfalls erweift er fich in der Einzelexegefe als
wohlgefchult. Sein Standpunkt ift etwa der der alten
Bibliziften, augenfcheinlich wurde er auch durch v. Hofmann
beeinflußt Er betrachtet die Bibel als organifche
Einheit, kennt wohl Differenzen, wie fie durch den Fort-
fchritt der Offenbarung bedingt find, aber keine Wider-
fprüche. .Biblifche Studien', fchreibt er im Vorwort,
.haben apologetifchen Wert. Sie bezeugen den einen
Geift, der durch die Jahrtaufende fchreitet zu einem feft-
beftimmten Ziele. Sie gelangen zu einem gefchloffenen
Syftem. Sie liefern einen lückenlofen Aufbau.' Charakte-
riftifch für die Art, wie Z. die biblifchen Gedanken kombiniert
, ift vor allem fein Verfuch, die altteftamentliche
Lehre von der Scheol, die er im Wefentlichen korrekt
darftellt, als wohl vereinbar mit den neuteftamentlichen
Vorftellungen vom Zuftände nach dem Tode nachzuweisen
. Durch den Tod wird die Leiblichkeit abgeftreift,
die Seele tritt in die Sphäre des Geiftes, ihre Tätigkeit
ift ftillgelegt, fie .fchläff, fie ift infolgedeffen in gewiffer

Weife verarmt — hier kommen die Ausfagen des A. T. | In der zeitlichen Feftlegung des Briefes fchließt fich

Barnabasbriefes noch keineswegs gelöft find, fondern daß
eine Vielheit von kritifchen Anfchauungen noch der Klarung
und einheitlichen Zufammenfaffung harrt. Der erfte größere
Abfchnitt des Buches (S. 4—106), überfchrieben: Der Inhalt
des Barnabasbriefes, geht Stück für Stück die Ab-
fchnitte des Briefes durch und weift den Gedankengang
und die Einheitlichkeit des Briefes nach. Der zweite
kürzere Abfchnitt: Schlußfolgerungen (S. 107—132) bringt
die Ergebniffe.

Die Arbeit ift eine Anfängerarbeit, fie hat dem Verf.
als Differtation gedient. Gerne hebe ich den Fleiß hervor,
mit dem er fich in die vorliegende Literatur eingearbeitet
hat. In der Auslegung des Textes ift eine Menge guter
und treffender Bemerkungen enthalten, und die Erkenntnis
um die Einheitlichkeit des Schreibens, die übrigens in den
letzten Jahren nur noch feiten angezweifelt wird, hat H.
durch allerlei Überlegungen gefördert.

Andrerfeits aber muß ich leider an vielen Stellen
daran zweifeln, ob H. den richtigen Sinn feines Autors
ermittelt.

Er erklärt gleich eingangs die Gnofis, die Barn, feinen Lefern geben
will, als fittliche Erkenntnis, die zugleich verbunden fei mit ehtfprechen-
der Gefinnung und Betätigung. Diefe fehr fragwürdige Begriffsbeftimmung
kann als Leitwort über die ganze Erklärung gefetzt werden. H. bemüht
fich in ihr, die Ausführungen von Barn, nach Möglichkeit zu ethilieren
und auf fittliche Ermahnungen herauskommen zu laffen. Das geht einmal
nicht ohne große Gewalt ab, und fodann werden ganz unmögliche Gedanken
, oft ganz neuen LTfprungs, in den Text eingetragen. Ich will ein
paar Beifpiele bringen. Barn. 5 befchäftigt fich mit der in der chrift-
lichen Gemeinde fo oft und fo früh behandelten Frage: warum mußte der
Meffias leiden? und gibt eine Fülle von Gründen für das Leiden des
Chriftus an. In der Auseinanderfetzung mit dem Judentume, von der uns
Barn, ein wichtiges Zeuguis Ift, war die Frage nach dem Leiden des
Meffias eben fehr wichtig. H. lieft (S. 24—35) aus Kap. 5 heraus: Das
Leiden Jefu warnt vor Sünde und lehrt, daß der Kampf gegen die Macht
des Böfen nicht fruchtlos ift, daß er bei Ausdauer trotz aller Hinderniffe
zum Siege führen muß, da die höchfte Entfaltung der böfen Macht den
Heiland auch nicht dauernd erniedrigen konnte. S. 50 hören wir zu 8, S,
den Brombeeren am dornigen Strauche: Offenbar dachte der Verf. an das
mühevolle irdifche Leben der Chrifteu, welches zwar infolge feiner Leiden
unreife und unedle Früchte zeitigt, welches aber mit Rückficht auf die
beffere ewige Zukunft dem wahren Chriften die Bitterkeiten und Unvoll-
kommenheiten der Gegenwart fchon jetzt als fuße Früchte erfcheinen läßt,
da ihm diefes Leben ja gerade nur in den Mühen frohe Auslichten gewährt
u. a. m. Die gewaltfame Ethifierung der oft fo kraufen und wirren
Ausführungen des Briefes halte ich für den Hauptfehler, der durch die
ganze Auslegung hindurchgeht. Ein anderer ift die Nichtbeachtung des
apokalyptifchen Gemeingutes, das der Brief bietet. Auf die apokalyp-
tifchen Ausführungen des Schreibens aber baut H. an verfchiedenen Stellen
allerlei Schlüffe auf.

über die Scheol zur Geltung, kein Wunder, daß auch den
Frommen davor graut — doch fchließt diefe fchemen-
hafte Fortexiftenz der Toten nicht aus, daß fie fich entweder
in Gottlofigkeit verhärten und Qualen leiden (vielleicht
nur vorübergehende, denn nach Auffaffung des
Autors ift der ,Hades' als Purgatorium zu verftehen),
oder aber daß fie gleichfam in feiigem Traume fchon vor
der Auferftehung Gottes genießen. Ich fürchte, es wird

H. der wohl zu begründenden Meinung an, daß das Stück
aus der Zeit Hadrians ftamme. Unmöglich aber erfcheint
mir die Zweckbeftimmung: ein Judenchrift fchreibt an
Judenchriften, die durch die Schrecken des Barkocheba-
krieges erfchüttert find! Damit und mit der weiteren Annahme
, daß wir es hier mit einem wirklichen, echten Briefe
zu tun haben, verbaut m. E. fich H. gründlich das Ver-
ftändnis des Schriftftückes.

nicht jedem plaufibel erfcheinen, daß der Zuftand des „ jnif xrnnnf

Lazarus in Abrahams Schoß als Verarmung bezeichnet Wlen- Rudolf Knopi.

werden kann (S. 89). Der zweite Teil des Buches fcheint

mir gegen den erften abzufallen; hier werden die bib
Iiichen Ausfagen zu fehr bloß nebeneinander gereiht,
und das Intereffe des Lefers flaut ab. Das Werk ift
nicht bloß für Theologen beftimmt. Literaturhinweife
fehlen.

Iburg. W. Thimme.

Feder, Alfred Leonhard S.J.: Studien zu Hilarius von Poi-
tiers. I. Diefog. ,Fragmenta historica'u. der fog.,Liber
I ad Constantium imperatorem' nach ihrer Überlieferg.,
inhaltlichen Bedeutg. u. Entftehg. (Mit 2 Tafeln.) (Sitzungsberichte
der Kaif. Akad. der WifT. in Wien.
Philof.-hift. Kl. 162. Bd., 4- Abhandig. Vorgelegt in
der Sitzg. am 17. März 1909.) (188 S.) gr. 8°. Wien,

A. Holder 1910. M. 4.90

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