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Ausgabe:

1914 Nr. 3

Spalte:

91-92

Autor/Hrsg.:

Rotscheidt, Wilhelm (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Monatshefte für Rheinische Kirchengeschichte. 4. - 6. Jahrg 1914

Rezensent:

Zillessen, Alfred

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 3.

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um den Befitz des Klofters, nicht minder die erfolgreichen ,
Beftrebungen des Jefuitenordens, zugunften feiner Univerfität
die wiffenfchaftliche Betätigung der Dominikaner lahmzulegen.
Kulturgefchichtlich wertvoll find die noch vorhandenen Rechnungsbücher
aus den Jahren 1487—1502, wobei die Ausgaben
für Eier unter der Rubrik ,Pro ovibus'(l) gebucht find
Hieraus erfahren wir auch, daß am 1. Februar 1502 Johann Tetzel
auf der Durchreife von Krakau nach Glogau, wo er damals
Prior war, Galt des Klofters gewefen ift. Zu den Prioren gehörte
von 1606—1609 auch Abraham Bzovius, der nach übler
Verwaltung und übler Lebensführung flüchtete, um dann in Rom
fleh als Fortfetzer der Annalen des Baronius neues Anfeilen zu
gewinnen. Im übrigen ift der VerfafTer auf objektive Schilderung
auch der fchlimmen Zeiten des Ordens bedacht gewefen. Die
Wirkung der Einführung der Reformation in Breslau auf das
Klofter hat er freilich nicht anfehaulich zu machen gewußt. Nachdem
er eben erft von deffen hoher Blüte geredet, fpricht er
(S. 36) wenige Zeilen fpäter von dem letzten Aufbäumen fterben-
der Kraft bei der Disputation des Johann Heß. Viele Abbildungen
und Pläne erhöhen den Wert der lebendigen Schilderungen.
Breslau. Georg Hoffmann.

Monatshefte für Rheinifche Kirchengefchichte. Herausgegeben v.
Paftor W. Rotfcheidt. 4-6. Jahrg. Jährlich 12 Hefte (Je
384 S.) gr. 8". Mörs, Selbltverlag. M. 6 —

Die neuen Jahrgänge der Monatshefte für Rhein. K.-Ge-
fchichte arbeiten in der Weife ihrer Vorgänger weiter an der
Sammlung von Stoff zur ober- und niederrheinifchen evangelifchen
Spezial-Kirchengefchichte. Der niederrheinifche Stoff herrfcht
nicht mehr fo überwiegend vor, wie früher. Zu begrüßen ift
der vom Herausgeber begonnene Abdruck der Chroniken von
Hunsrücker Pfarreien aus dem Nachlaß von D. Friedrich Back,
die von deffen Enkel, dem Direktor der Mufeen in Darmftadt,
Prof. Dr. F. Back, zur Verfügung geftellt worden find, eine Ergänzung
zu Backs großem Werke: Die evangelifche Kirche im
Lande zwifchen Rhein, Mofel, Nahe und Glan bis zum Beginne
des 30jährigen Krieges (Bonn, Marcus, 1872—74). Dr. H. Fliedner
fetzt feine wertvolle Bearbeitung der Kirchenbücher der Kur-
fälzifchen Infpektion Bacharach fort. Aus dem Saargebiet liefert
Jungk Mitteilungen über die conventus ministeriales der Saargegend
und Beiträge zur Gefchichte der evangelichen Kirche in
der mittleren Saargegend. Die Einwirkung der Reformation auf
Coblenz befpricht Archivdirektor Dr. H. Reimer-Coblenz, Dr.
G. Kentenich-Trier die Unterdrückung der Reformation in Trier
Ende des 16. Jahrhunderts. Rodewald-Irmenach lichtet die
Sage von dem angeblichen kühnen Ritt des Pfalzgrafen Georg
Wilhelm von Birkenfeld nach Trarbach zur Sicherung des evangelifchen
Glaubens 1629 und weift deren Urfprung nach in dem
perfönlichen Erfcheinen des Pfalzgrafen zu Trarbach am 27. November
1635 'zum energifchen Einfpruch gegen den Simulta-
nifierungsverfuch feines badifchen Mitgemeiners Hermann Fortunat
. Rheinifche Studenten an der Univerfität Leiden teilt der
Herausgeber mit, von dem auch eine größere Anzahl abgedruckter
Urkunden zum Religionskampf ftammen. K. F. Schneider gibt
einen gefchichtlichen Beitrag zum 150jährigen Beliehen des Stipendium
Bernhardinum in Utrecht, das heute noch rheinifchen,
pfälzifchen und ungarifchen Theologen das Studium dort ermöglicht
. P. Bockmühl weift die Verfchiedenheit der erft von
ihm identifizierten Joh. Anaftafius Veluanus (f um 1570 als In-
fpektor zu Steeg) und Gerardus Verstegus (zuletzt Infpektor zu
Alzey, f 1573) nach und gibt eine Skizze von Leben und Wirken
diefer reformierten Theologen, fowie des gleichfalls in der Pfalz
und am Niederrhein wirkenden Engelbert Faber (f zu Venlo 1580).
Über die Begründung und Tätigkeit des Emmericher Jefuiten-
kollegs macht F. Nippold Mitteilung. Gefchichten niederrheinifcher
Gemeinden bezw. Beiträge dazu geben Giefeke (Solingen), Rotfcheidt
(Capellen, Bislich), Wolf (Büderich), van Veen-Arnheim
(Emmerich), Bösken (Cleve, franzöf. Gem.) u. a. Auffätze
allgemeineren Inhalts bringen Dr. W. Tuckermann-Köln: Zur
Kenntnis kirchengefchichtlich-geographifcher Verhältniffe in der
Rheinprovinz, Dr. J. Hashagen-Bonn: Einige Aufgaben des Rheinifchen
Proteftantismus (mit Nachtrag von Rotfcheidt), worauf
Harräus-Winningen entgegnet in ,Das Provinzial-Kirchenarchiv'
[zu Coblenz] als deffen Archivar. Aus den Mitteilungen fei erwähnt
die von Hashagen: Spinoza am Rhein, und Kentenich:
Reformationsfreundliche Regungen in Trier 1524.

Die Zeitfchrift zeigt in den neuen Jahrgängen zu ihrem
Vorteil weniger bloße Abdrucke von Urkunden und mehr verarbeiteten
Stoff. Die f. Z. ThLZ. 1910 Sp. 118 als wünfehenswert bezeichnete
Organifation der Mitarbeit ift noch nicht verwirklicht.
Doch verdient das Unternehmen das Intereffe aller, die mit der
rheinifchen evangelifchen Kirchengefchiche Berührung haben
und überhaupt Mitarbeit auch Unzünftiger zulaffen.
Lobberich. Alfred Z i 11e ffe n.

Mitteilungen.

4. Die Quellen der ,Catena Nicephori'. —Nixvifopog
Oioxoxrjg hat für die von ihm 1772 und 1773 in Leipzig in zwei
Foliobänden herausgegebene ,Catena Nicephori' oder ,Catena
Lipsiensis' (Seipa evog xai ntvxrjxovxa vnoiivnfjiaxioxuiv etg xt]v
Oxxaxevyov xai xa xojv liaOiXeiaiv) nach feiner eigenen Angabe
(Bd. IS.? und 'Q) drei Handfchriften benutzt, nämlich 1) eine
damals im Befitze des Hegemon Vpqyöpiog Txixaq in Kon-
ftantinopel befindliche Hf., welche eine Catene zum Okta-
teuch und den vier Büchern Regnorum enthielt, 2) eine Hf.,
deren Befitzer ' AXiqavSpoq 6 Kwvoxavxivov ö iit-yaXoonaßäpwg
war, gleichfalls eine Catene, aber nur zu Lev. — Ruth, 3) eine Augsburger
Hf. von Prokops Commentar zum Oktateuch und den
Büchern Regnorum und Paralipomenon. Die Augsburger Hf.
war leicht nachzuweifen: fie ift jetzt in München, Kgl. Hof- und
Staatsbibl., Graec. 358. Die beiden anderen Hff. galten als ver-
fchollen. Aber mit Unrecht. Die erlte konnte ich im vorigen
Jahrgang Sp. 476f. in Athen nachweifen, 'Ultvixi/ ßißXio9r)xri,
Graec. 43. Die andere habe ich jetzt in London wiedergefunden,
Archiepiscopal Library (Lambeth Palace), 1214. Die Befchreibung
diefer Hf. in Todd's Catalogue of the Archiepiscopal Manuscripts
in the Library at Lambeth Palace (1812), S. 264 ift mehr als dürftig;
Todd fagt uns nur, daß fie Lev. — Ruth griechifch enthält, ohne
die Catene zu erwähnen, und fetzt fie ins 13. Jahrh., obwohl fie
vom Jahre 1103,4 datiert ift. Bei Karo et Lietzmann, Catenarum
graecarum catalogus fehlt die Hf. ganz. Nur dem Umltande, daß
Swete, Introduction to the O. T. in Greek S. 152 unter den bei

| Holmes-Parfons noch nicht verglichenen Hff. auch ,Lambeth, 1214'
nennt und als Befchreibung hinzufügt ,Lev. — Ruth, cat. (A. D.
1104)', verdanke ich meine Entdeckung. Denn die zweite Hf. des
Theotokis enthielt eben eine Catene zu Lev. — Ruth und war in der
Unterfchrift, die Theotokis S. ? mitteilt, vom Jahre 1103,4 datiert.
Daß es nun zwei Catenen zu Lev. — Ruth aus demfelben Jahre
geben follte, war von vornherein fo gut wie ausgerchloffen. Um
aber ganz ficher zu gehen, beforgte ich mir eine Photographie
der Unterfchrift der Londoner Hf. und (teilte feft, daß fie bis auf
einige Kleinigkeiten genau mit der von Theotokis abgedruckten
Unterfchrift übereinftimmt. Bei Theotokis lautet fie: ixeXeabH-rj
i] lepä avxr/ ßißXog oliv 6bö> xfjg'Oxxaxtvyov tni ßaoiXsaiq iisyäXov
iv Xpiozw moxov xai 6p9vSöq'ov avzoxpäxopoq 'Pioiiaiwv 'AXeSiov
lov liofivnvov, xai 'Iwavvov /.teyäXov ßaoiXtiog xov nopipvpoysvvi'/-
xov, iirji'dq iß', wpq 9', h'xovg änd xzioeaiq xoo/xov C/jß', irötxzivjvoq
iß, npooxalgei Akovxoq xov /jeyaXemipaveoxäxov npaixovoßeXXiol/xoi,
xai olxeiov äv9pio7iov xov xpaxaiov xai ayiov Ijuwv ßaoiXiaiq xov
vixepixov, öta ytindq 'Iwavvov xov evxeXoTq xai t-tvov xov KoiXixoq-
xai oi ävayivwoxovzeq evyeoße inep ijßwv Sia xov Kipiov. In der
Hf. finden fich nur folgende wefentlichen Abweichungen: 1) wo
Theotokis unvöq druckt, hat fie 11 mit hochgeltelltem n und Gravis
und v mit hochgeltelltem 0 und Akut, d. h. itr/vi voeitßpigj, die
! Hf. ift alfo am 12. November des Jahres 1103 vollendet, 2) vor
1 öjpa 9' hat fie noch vvxxög, die genaue Zeit der Vollendung war
! alfo die 9. Stunde der Nacht, 3) der Titel Proto-Nobilissimus ift
nicht npwxovoß., fondern richtiger npwxovwß. gefchrieben. —
j Hiermit find alle von Theotokis benutzten Hff. nachgewieren,
und die Catena Nicephori verliert die Bedeutung einer felb-
ftändigen, wenn auch fekundären Quelle, die fie bisher als Vertreterin
verfchollener Quellenhandfchriften tefeffen hatte.
Göttingen. A. Rahlfs.

5. Das Programm der ReligionsgefchichtlichenKom-
miffion der Kgl. Gefellfchaft der WiiTenfchaften zu Göttingen
ift nach langen Vorbereitungen foeben erfchienen und kann vom

I Unterzeichneten unentgeltlich bezogen werden. Die ,QuelIen der
Religionsgefchichte' find unter 12 Gruppen verteilt: 1. Religionen

l des indogermanifchen Sprachgebiets in Europa, 2. Agyptifche und
altfemitifche Religionen (mit Einfchluß der mandäifchen), 3.Juden-

1 tum, 4. Islam, 5. Religionen des ural-altaifchen und der arktifchen
Völker, 6. Iranifche, armenifche, kleinafiatifche, kaukafifche Reli-
gionen, 7. Indifche Religionen, außer 8. Buddhatum, 9. Oftafia-
tifche Religionen, 10. Afrikanifche 11. Amerikanifche 12. Primitive
Religionen Südafiens und Oraniens. An der Herftellung des
Planes haben fich außer den 9 Mitgliedern der Kommiffion mehr
als 50 Gelehrte von Ruf beteiligt, fo daß das Programm als
Spiegelbild des heutigen Standes der reiigionsgefchichtlichen