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Ausgabe:

1914

Spalte:

68-69

Autor/Hrsg.:

Plessis, Joseph

Titel/Untertitel:

Les Prophéties d‘Ézéchiel contre l‘Egypte 1914

Rezensent:

Nowack, Wilhelm

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Hindus fiud nicht exklufiv (26), und ihre pantheiftifche Lehre ift logifcher-
weife tolerant (48) und liberal (136). Wenn die Hindus gelegentlich
feindlich gegen andere Religionsgemeinfchaften und Sekten find, fo ge
fchieht das nur vom fozialen Gefichtspunkte aus, weil diefelben zugleich
befondere Karten find und fo fozial ftörend wirken (62).

Freilich haben auch die Hindus noch vieles abzutun,
was einer Affimilation hinderlich ift, z. B. das Dogma, daß
Chriften und Muhammedaner Barbaren und als niedrige
Karte zu rechnen feien (138), und fie haben vor allem fich
zu einer Nation umzubilden (z. B. 138), indem fie ihre auf
der ganzen Erde ohnegleichen daftehende, tiefe und viel- j
fältige Zerklüftung in Taufende von Karten und Unter-
kaften (138; 133) befeitigen, fich ,integrieren' (Kap. VIII). I
Sie müffen Patriotismus lernen (138). Sie muffen fich
eine Ariftokratie fchaffien, die das ganze Volk zu leiten
imftande ift (147). Die Abschaffung der Karten ift möglich
(130). Auch mit diefer Integrierung ift fchon der Anfang
gemacht. Ein gemeinfames Hindubewußtfein hat fich, j
fchon feit der Invafion des Islam und infolge davon, auch
als Gegenfatz zum chriftlichen Element, namentlich den
Portugiefen, gebildet (30; 113). S. 34 fr. zählt er auf, was
die Hindus verbindet. Selbft fremde Bevölkerungsbeftand- 1
teile, Parfis und Juden, affimilieren fich (30). Das Bevölkerungselement
, das er allein für geeignet hält, die j
leitende Ariftokratie zu werden, freilich nur unter der
Bedingung, daß es, jetzt noch in etwa 800 Unterkaften
zerfallend (152; 87!" Anm.), fich organifiert (151; 8of.), ift
das brahmanifche; von den Fürften und dem Adel i
(Ksatriya) erwartet er nichts (151). Daß die Brahmanen 1
das Kaftenwefen protegierten, ift nicht wahr (62).

Die Hindus zu diefer nationalen Einigungsarbeit an-
zufpornen ift wohl und hoffentlich der eigentliche Zweck
des Buches (f. p. l3Öf.) und ift jedenfalls der allein ernft
zu nehmende programmatifche Zweck. Was darüber
hinausgeht, die Erörterung über die dereinftige Einheitlichkeit
der Zivilifation der ganzen Erde, ift z. T. felbft-
verftändlich und alfo überflüffig, z. T. utopiftifche Phan-
tafie. Daß die Kultur aller Völker fich immer ähnlicher
wird, bedarf keiner langen Auseinanderfetzung; wie fchnell
und wie durchgreifend diefe Affimilation aber vor fich
geht, hängt wahrfcheinlich von unbeeinflußbaren Gefetzen
der hiftorifchen Entwicklung und nicht von Erkenntnis
und Abficht einzelner Individuen ab. Den Abendländern
wird es wohl auch ziemlich fchwer werden, des Verfaffers
optimiftifches Urteil über die Überbrückbarkeit derGegen-
fätze zwifchen weftlicher und indifcher Kultur zu dem
ihrigen zu machen. Scheidet man aber folche Tendenzen
von der Beurteilung aus und läßt auch fonft manche anfechtbare
Einzelheit auf fich beruhen, fo muß man wohl
fagen, daß fich in dem Buche viele kluge und feine Gedanken
finden, vgl. z. B. das, was K. 164 h" über leichtfertige
Gleichungen der Ethnologie fagt. Es wirkt über-
rafchend und erfreulich, einem fo klardenkenden, auf der
vollen Höhe abendländifcher Bildung und Kritik flehenden
Hindu zu begegnen. Wäre er nicht eine Einzel-
erfcheinung, dann allerdings könnte man feiner Theorie
eine günftige Prognofe ftellen.

Königsberg i; Pr. R. Otto Franke.

Meek, Th.J.: Cuneiform Bilingual Hymns, Prayers and Peni-
tential Pfalms. Autographed, transliterated and trans-
lated with notes from the original tablets in the British
Museum. — Fr.D e 1 i t zfch, Bemerkungen zuProf.Meek's
zweifprachigen Fragmenten. (Als Anhang.) (Beiträge
zur Affyriologie X. Bd., Heft 1.) (IV, 146 S.) gr. 8°.
Leipzig, J. C. Hinrichs 1913. M. 9 —

Meek veröffentlicht hier etwa 50 Fragmente bilinguer
(fumerifch-femitifcher) religiöfer Texte, die er im Britifchen
Mufeum kopiert hat. Einige diefer Texte find bereits
früher von Macmillan publiziert worden; Meek hat aber
an manchen Stellen beffere Lefungen geben können. Die
Kopien machen überhaupt einen ganz zuverläffigen Eindruck
und find auch fauber gefchrieben. Eine Anzahl
der Meek'fchen Texte ift neuerdings von Langdon in
feinen Babylonian Liturgies unabhängig herausgegeben
worden (K 9154 9333. 9475. 10205. Km 514); man muß
hier aber Meek's Kopien in editionstechnifcher Hinficht
entfchieden den Vorzug geben. Der bedeutfamfte> unter
den neuen Texten ift wohl No. 1, ein Gebet an Samas,
das M. aus fünf Fragmenten faft vollftändig hat herftellen
können.

Die Texte find vom Herausgeber umfchrieben und
überfetzt worden, wobei zwar manches Neue fich ergeben
hat, aber auch vieles Alte überfehen worden ift, was bei
einer Anfängerarbeit gewiß entfchuldbar ift. Ein be-
ftimmtes Prinzip hat M. bei der Sammlung und Anordnung
des Materials nicht befolgt und wohl aus äußeren Gründen
nicht befolgen können. Im wefentlichen find die Texte
Gebete an Samas, Marduk, Ea, Enlil, Ninlil (M. fchreibt
noch Bei und Belit), Sin, Nabu, Istar und Ningal, die zwar
meift nicht viel neues bieten, deren Edition aber doch
dankenswert ift.

Eine ganze Anzahl von Einzelheiten hat Delitzfch im
Anhang richtig geftellt; auch war es ihm möglich, einige
der Texte zu kollationieren und daraufhin etliche Textfehler
zu verbeffern.

Jena. A. Ungnad.

Cheminant, P.: Les Propheties d'F.zechiel contre Tyr (XXVI
—XXVIII 19). (These). (X, 131 S.) 8°. Paris, Letouzey
& Ane 1912.

Plessis, Jofeph: Les Propheties d'£techiel contre l'Egypte

XXIX—XXXII). (These.) (VIII, 121 S.) 8°. Paris, Letouzey
& Ane 1912.

Zwei Doktordiffertationen der katholifch-theologifchen
Fakultät von Angers, die für den Referenten eine Über-
rafchung bedeuteten, denn beide zeigen eine fehr erfreuliche
Kenntnis faft der gefamten in Betracht kommenden
Literatur, eine gründliche Vertiefung in die vorliegenden
Probleme und den Verfluch einer von fachlichen Gründen
beftimmten Auseinanderfetzung mit dem Gegner. Leider
find beiden Doktoranden die Ezechielftudien von Herrmann
und der doch mannigfache Anregungen bietende
Kommentar zum Ezechiel von Jahn unbekannt geblieben.
Vielleicht war die Wahl des Themas keine ganz glückliche
, denn der Text bietet fehr erhebliche Schwierigkeiten
und die Bewältigung der Aufgabe erfordert größere
I methodifche Schulung und Sicherheit, als die Verfaffer
[ befitzen. So erklärt es fich, daß der Ref. bei aller An-
kennung, die er den unter befonderen Schwierigkeiten
arbeitenden Männern ausfprechen muß, doch in diefen
! Arbeiten eine wefentliche Förderung der vorliegenden
j Probleme nicht fehen kann. Einige Beifpiele zur Erhärtung
diefes Urteils:

In 27,4 will Ch. lefen: iVlSS 133 Q'' ^3-'3 V>3 D*^ was er fo

überf.: au coeur des flots [ce sons les maltres de la mer] — qui ont
elevd mes flancs, was mehr als unwahrfcheinlich ift. Nicht beffer fteht
es mit der Änderung in 27,9b, wo er konjiziert: *-pTn Sirra "im3X bs,
eine Änderung, die in den Verss. gar keine Stütze hat und lediglich dadurch
veranlaßt ift, daß Ch. verkannt hat, daß 27,98 — 1] L,jcht mei,r
zu den vorhergehenden Vv., fondern zu den folgenden gehören, denn 27, 25 a
ift die Fortf. zu 27,9 a. Die literarkritifcheu Schwierigkeiten, die namentlich
c. 27 bietet, werden nur geftreift. Immerhin zeigt Ch. mehr philo-
logifche Schulung als PI., bei dem eine Reihe von Fehlern fich finden,
die nicht nur als Verfehen fich erklären laßen, wie das bei Ch. der Fall
ift, der leider eine recht beträchtliche Zahl von Druckfehlern ftehen ge-
laffen hat vgl. S. 19. 22. 23. 24. 29. 30. 31. 35. 36. 38 ufw. Schwerer
fallen in der andern Arbeit von PI. eine Reihe von Erfcheinungen in's
Gewicht, vgl. S. 28 SNI/in S. 29 als LA. der LXX in">iarj S. 30 als
von P. vorgefchlagene Konj. Dfia-an, DHJt S. 31 tl'HS! s- 3^ nous pro-
posons donc la lecture IttSlh!; on pourrait aussi lire T^VjSfn S. 39
aSDS"1 vgl. S. 43. 49 ufw. Auch bei PI. fehlt es nicht an Verfuchen,
durch neue Konjekturen dem verderbten Text beizukommen, aber auch
von ihnen dürfte nur fehr wenig ernftlich in Betracht kommen, ich verweife
z. B. auf den F.rklärungsverfuch von 32, 19 (!., wo fich PI. durch fehr
zweifelhafte rythmifche Gründe beftimnien läßt.