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Ausgabe:

1914 Nr. 26

Spalte:

676-677

Autor/Hrsg.:

Proost, Karel Frederik

Titel/Untertitel:

De Bergrede, hare herkomst en strekking 1914

Rezensent:

Bauer, Walter

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 26.

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rifche Entwicklung des Kultus feftzuftellen. Eine er-
fchöpfende Sonderunterfuchung feiner Gefamtheit wurde
aber erft durch die vorliegende umfangreiche Arbeit gebracht
.

In der Einleitung befpricht der Verfaffer die klaf-
fifchen Angaben über die Gründe des Tierkultes, die
lokale Befchränkung der Verehrung der einzelnen Arten,
ihre Behandlung und Wartung, ihre Beamten, die Strafen
für ihre Verletzung, ihre vielfach fehr umftändliche Be-
ftattung, die Gefchichte des Kultes. Den Hauptteil
bildet eine Befprechung derjenigen Arten, deren Verehrung
im Niltale verbürgt ift. Zunächft der Säugetiere,
von denen befonders die Rinder wichtig erfcheinen, unter
denen der Apis-Stier als typifches Beifpiel des ägyptifchen
Tierkultes angeführt zu werden pflegt, dann Affe, Katze,
Löwe, die Schakalähnlichen Tiere, Nilpferd, Antilope,
Set-Tier (Okapi, fpäter Efel), u. f. f. Dann folgen die
Vögel mit den falkenähnlichen Gefchöpfen, Geier, Ibis,
Gans und einigen feltener erfcheinenden Vertretern. Dann
das wichtige Krokodil und der mit diefem im Zufammen-
hang gebrachte Waran, das Erdkrokodil der Alten, die
vielverehrte Schlange, mehrere Fifcharten, der Skarabäus-
käfer, der Skorpion. Die behandelten Arten find unter
36 Nummern geordnet, wobei bisweilen mehrere verwandte
Arten unter einer Rubrik zufammengefaßt werden
. Bei jeder Tierart wird eingehend erörtert, mit welchem
Gotte fie in Zufammenhang ftand, ob es fich um
Inkorporationen beftimmter Götter in einzelnen Individuen
oder nur um heilige Tiere handelte, was fonft von
ihrer Verehrung bekannt ift. Dabei berückfichtigt
der Verfaffer die Angaben der Klaffiker mit der gleichen
Sorgfalt und Vollftändigkeit wie die plaftifchen und Re-
liefdarftellungen der ägyptifchen Denkmäler und die bisher
zugänglich gemachten Infchriften und Papyri. Auf
eine etwaige Verehrung der gleichen Gefchöpfe bei andern
Völkern wird hingewiefen.

Weitere Literaturangaben und Erörterungen von
Einzelpunkten bringen angefügte Anmerkungen. Auf diefe
folgt ein Verzeichnis der Abkürzungen, mit dem eine
Aufführung der ägyptologifchen Literatur verbunden ift,
und ein folches der befprochenen Autorenftellen. Ein eingehendes
alphabetifches Sachregifter bildet den Schluß
des Werkes, welches nicht nur das gefamte bisherige
Wiffen zuverläffig und überlichtlich geordnet zufammen-
ftellt, fondern auch unfere Kenntnis des ägyptifchen Tierkultes
und feiner Ausbildung in grundlegender Weife vertieft
und fördert.

Bonn. A. Wiedemann.

Bayer, Dr. P. Edm., O. F. M.: Danielftudien. (Alttefta-
mentliche Abhandlungen. Hrsg. v. J. Nikel. III. Bd.,
5. Heft.) (VI, 188 S.) gr. 8°. Münfter i. W., Afchen-
dorff 1912. M. 5 —-

The Book of Daniel. Introduction, revised version with notes,
index and map. Edited by R. H. Charles, D. Litt.,
DD. (The Century Bible.) (XLV, 152 S.) kl. 8°.
Edinburgh, T. C. & E. C.Jack (o.J.j. s. 2.6

Bayer, obwohl katholifcher Gelehrter, ift mit der
proteftantifchen Kritik darin eins, daß das Buch Daniel
aus der Makkabäerzeit flammt und eine Apokalypfe ift
S. 4 f. Näher möchte er es ein religiöfes Epos auf ge-
fchichtlichem Hintergrund S. 7 nennen. Damit will er
einmal die von ihm zugegebenen Widerfprüche des Danielbuches
mit der fonft bekannten Gefchichte erträglich
machen und fodann hofft er damit ein Präjudiz für die
dichterifche Form des Ganzen zu fchaffen.

B. hält an der Einheitlichkeit des Danieltextes feft.
Auch für die Echtheit des Gebetes Dan. 9, 4—20 tritt
er ein. Über letzteres ift (feit v. Gall's Schrift, Die
Einheitlichkeit des Buches Daniel 1895) die moderne

Kritik ziemlich darin eins, daß es ein Einfchub ift. Denn
9, 7 und 16 ift der exilifche Standpunkt Daniels ver-
laffen. 9, 19 (marrba) foll Jahwe ohne Zögern die Rettung
bringen — 8, 26 fleht fie noch auf a"0-| tn©i hinaus ufw.
Eine Verteidigung der Originalität von Dan. 9,4ff. ift alfo
ausfichtslos. Das Belle an der fleißigen und forgfältigen
Arbeit von Bayer ift der Vergleich von Dan. 9, 4ff. mit
Gebeten, die in dem Werk des Chroniften fich finden,
und mit dem Exulantengebet in Baruch 1,15—3,8ff
S. 21—44. Die Verwandtfchaft von Dan. 9,4ff. mit den
genannten Texten war zwar längft bekannt — aus der
Vergleichung B.s ift aber erfichtlich, daß der Autor von
Dan. 9,4ff. feinen Text aus verfchiedenen Chroniften-
gebeten kompiliert hat und Bar. 1,15 ff. eine erweiterte
Überarbeitung von Dan. 9,4fr. ift.

Was B. noch fonft in feinen Danielftudien bietet, betrifft
vor allem Metrik und Strophik des Danielbuches,
und da wird der Lefer genug haben, wenn er auf S. 159
fleht, wie aus Daniel 1, 1—3 Metrum und Strophik
herausgequetfcht wird. Hier find öreihige Strophen empfohlen
: eine 1. Reihe bildet z.B. 1, l: rvobEb Elb© ©5©a
©"»piW und eine fünfte: eb©Vv>! 1 In v. 3 ift Reihe 2:
VOi-lö m und Reihe 3 : rotbttn SHTEI b«n©i "On© «"Ofib !!
Ja, ja mit den unglücklichen Mifchmetren ift fchon ver-
wünfchtes Unheil in der altteftamentlichenPoefie angerichtet
worden!

Der mit bekannter Sorgfalt gearbeitete kleine Danielkommentar
von Charles bereitet dem keine Überrafch-
ungen, der Marti's ausführlichen Kommentar von 1901
kennt. Im Einzelnen zeigt aber Ch. Fortfehritte. Für
Kap. 4 macht er z. B. den Vorzug der echten LXX
gegenüber dem MT plaufibel. S. 75 ift für Dan. 7,9
die beffere Lesart -püli pWM$ (ftatt bloßem p^ny). Dürftig
ift die Bemerkung zu Dan. 7, 13 über den ,Menfchen-
fohn'. Das Erfcheinungsjahr des Kommentars fehlt auf
dem Titelblatt. Da S. XIII auf des Verf.s zweite Auflage
feiner ,Eschatology' verwiefen wird, ift es wohl 1913
felbft.

Heidelberg. Beer.

Proost, Karel Frederik: De Bergrede, hare herkomft en
ftrekking. Proeffchrift. (IX, 158 S.) 8°. Amfterdam,
J. Brandt & Zoon 1914.

Mit diefem Buch hat Verf. fein Univerfitätsftudium
abgefchloffen und die theologifche Doktorwürde erworben.
Wir haben es alfo mit einer Erftlingsfchrift zu tun. Als
folche ift das Werk ohne Zweifel des Lobes würdig. Es
zeigt, daß fein Autor wiffenfehaftlich forfchen gelernt
hat, und legt ein fchönes Zeugnis für feine Belefenheit
in den Quellen wie in der neueren Literatur ab. Daß er
nicht alle modernen Schriften, die mit feinem Gegen-
ftand in irgend einer Beziehung flehen, herangezogen hat,
ift felbftverftändlich. Einer befonderen Entfchuldigung
hätte es deswegen nicht bedurft.

Die beiden erften Kapitel behandeln die Quellenfragen
. P. bekennt fich zur Zwei-Quellen-Theorie. Aber
bezüglich der für die Bergpredigt fo wichtigen Quelle Q
kann er fich der Zweifel nicht erwehren, ob fie wirklich
als einheitliche literarifche Größe exiftiert hat und noch
mit annähernder Sicherheit rekonftruiert werden kann.
Wellhaufen und Harnack fcheinen ihm in diefer Sache
allzu optimiftifch zu fein.

Kap. 3 faßt die urfprüngliche Form der Bergpredigt
ins Auge. Sie ergibt fich, foweit fie überhaupt noch faßbar
ift, bei einer Zufammenfchau von Mt und Luk, wenn
man gleichzeitig darauf achtet, was den Anfchauungen
der fpäteren Gemeinde entfpricht und was durch den
Zufammenhang als Zufatz von Redaktor oder Glofiator
verdächtig wird. Von der Form lenkt Kap. 4 zum Inhalt
über und legt zunächft dar, von welch gewaltiger
Bedeutung der eschatologifche Faktor für die evangelifche