Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1914 Nr. 2

Spalte:

635-636

Autor/Hrsg.:

Scheftelowitz, Isidor

Titel/Untertitel:

Das Hörnermotiv in den Religionen 1914

Rezensent:

Bertholet, Alfred

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

635

Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 22/23.

636

alte Michaelistext den Erntedankfeft-Gedanken dienftbar
gemacht worden; auf die Predigt am Feft der Darftellung
(,Eine weihevolle Stunde') mit ihrem Lobpreis auf das
allgemeine Prieftertum; auf die Weihnachts-, Öfter- und
Pfingft-Predigten, die fo recht Beweife der oben angeführten
Worte des Verfaffers find.

Uhlhornfche Klarheit und Einfachheit, Petrifche Tiefe
und Gerokfche Schönheit vereinigen fich in diefen Predigten
, die ich gerne auch in den Händen junger Prediger
fehen möchte, ihnen zu zeigen, daß fchöne Einfachheit
das Höchfte ift.

Ilfeld a. H. Ferdinand Cohrs.

Blau, Gen.-Superint. Paul: Praktifche Seelforge in Einzelbildern
aus ihrer Arbeit. Hrsg. m. Männern der feel-
forgerl. Praxis. 1—3. Tauf. (VIII, 342 S.) 8<>. Hamburg
, Agentur des Rauhen Haufes (1912).

M. 4.20; geb. M. 5—

Ein reichhaltiges Buch, aus der Praxis hervorgegangen,
zu dem zahlreiche bewährte Sachverftändige und Fachleute
in anregender Darftellung beigefteuert haben. Die
Seelforge wird in allen ihren Zweigen behandelt: die Seelforge
an Kindern (Zauleck), Konfirmanden (Blau), Jünglingen
(Weigle), Jungfrauen (C. Kayfer), höheren Schülern
(Bauer-Berthelsdorf), Fürforgejugend (Hennig), ftudieren-
der Jugend (Simfa); an Arbeitern (Weber-München-Gladbach
), an der Bevölkerung in der Großftadt (Le Soeur),
in der Kleinftadt (Füllkrug), auf dem Dorfe (Fifcher), im
Heer (Max Schmidt), an den Gebildeten (Blau), in der
Diaspora (Zoellner), an allerlei fahrendem Volk (Oehlkers);
im Krankenhaufe (Petran), am Krankenbette (Büchfei),
an geiftig Abnormen (Stritter), an den Opfern der Unzucht
(Erfurth), an Trinkern (Klar), im Gefängnis (Bertfeh),
in der Sprechftunde (Blau). Ein die Praxis befonders
berückfichtigendes Literaturverzeichnis bildet den Schluß.
Das Ganze ift im Grundgedanken, in der Gerinnung und
im Ziel einheitlich; im Einzelnen treten die Individualitäten
der Darfteller wirkungsvoll hervor. Ein nachdenklicher
Lefer wird alles erwägen, wenn er auch nicht allem
ausnahmslos zuftimmen kann (z. B. auf S. 20. 180. 182.
270; auch das Mufter 47ff. ift kein Mufter; über das Konfirmationsgelübde
wird S. 18 und 80 ganz verfchieden
geurteilt). Wenn auch an einzelnen wenigen Stellen die
kirchliche Richtung unnötig hervortritt, fo kann doch Jeder
aus dem vortrefflichen Werke Anregung, Belehrung und
Stärkung fchöpfen (befonders gut und erwähnenswert finde
ich einzelne Urteile auf S. 10. 13. 33. 42. 52ff. 64fr. 75.
77. 81. 84. I42ff. 154fif. 325fr.); die nötigen Abftriche,
Fragezeichen und Berichtigungen wird jeder Lefer fchon
für fich machen. Übrigens beweift das Buch felbft, daß
wirkliche Arbeit, im Sinne des Evangeliums getrieben
weitherzig, warm und tief macht.

Frankfurt am Main. W. Borne mann.

Referate.

Scheftelowitz, J.: Das Hörnermotiv in den Religionen. (Aus:
,Archiv f. ReligionswilTenfchaft'.) (S. 451—487.) 8°. Leipzig,
B. G. Teubner 1912.
In der Erklärung des Hörnermotives in den Religionen geht
der Verfaffer davon aus, daß die Götter urfprünglich in Tiergeftalt
dargeftellt wurden. Die Hörner an ihrem Haupte lind dann lediglich
die Überrede dieler einfügen Tiergeftalt, und fo foll z. B.
auch der altchriftliche Glaube, daß der Teufel Hörner habe,
ein Reft heidnifcher Göttervorftellung fein. So verftanden,
charakterifleren die Hörner der Götter die Macht und Stärke;
fle kehren darum auch auf dem Haupte von Königen und Prie-
ftern als Symbol göttlicher Macht wieder. Diere AuffalTung der
Hörner der Götter fteht im Gegenfatz zur Behauptung, daß Hörner
bei einer göttlichen Geftalt ficheres Kennzeichen ihres Mondur-
fprunges feien. Mit überzeugenden Gründen fcheint mir der

Beweis erbracht zu fein, daß in den älteften Sprachdenkmälern
das die Götter und gewiffe Menfchen auszeichnende Horn nicht
im geringften in Beziehung zum Monde ift. Für fraglich oder
wenigftens ergänzungsbedürftig halte ich dagegen die Erklärung
der Hörner an Altären: diefe follen dadurch als die für die Götter
beftimmten Speifetirche gekennzeichnet worden fein. Ift nicht
vielmehr ihre Verzierung mit Hörnern einfach hervorgegangen
aus einer urfprünglichen Sitte, das Fell der geopferten Tiere (natürlich
mitfamt den Hörnern) über den Altar zu fpannen?

Reiches Material bringt der Verfaffer noch zur Verwendung
des Hornes als Amulett bei, um fchließlich feine magifchen
Wirkungen als Behälter und Blasinftrument zu befprechen. ,Durch
das Trinkhorn wird der Seelenftoff des Tieres auf den Menfchen
übertragen, fo daß er hierdurch die Kraft erhält.' Sehr interefTant
ift, was Scheftelowitz über das Schopharblafen am Neujahrsfeft
(vgl. Lev. 23,24 ; 25,9) als Mittel, den Satan zu vertreiben, anführt.
Erwähnt fei noch die vom Verfaffer auf I. Kön. 13,24ff. Jes. 38,13
gegründete Vermutung, daß fich die Hebräer den Totengott urfprünglich
in Geftalt eines Löwen gedacht hätten.
Tübingen. Alfred Bert holet.

Benzinger, Dr. Imman.: Bilderatlas zur Bibelkunde. Ein Handbuch
f. den Religionslehrer u. Bibelfreund. 454 Abbildgn. m.
erläut. Text. (44 u. 144 S.) Lex.-8°. Stuttgart, J. F. Steinkopf
1913. Geb. M. 6—; in Leinw. M. 7 —

Dies Buch ift, wie das Vorwort fagt, herausgewachfen aus
dem von Frohnmeyer und Benzinger 1905 bei Benzinger in
Stuttgart herausgegebenen Bilderatlas; es ift m. a. W. eine ftark
veränderte Neuauflage diefes, von Schürer 1905, 417 f. angezeigten
Werkes. Die ganze Anlage ift diefelbe geblieben; doch ift Teil 5
(Zur bibl. Naturgefchichte), deffen Abbildungen Schürer mit Recht
bemängelte, ganz weggefallen, weil in den andern Abteilungen
die Zahl der Bilder beträchtlich vermehrt ift (455 ftatt 399), und
der Preis nicht erhöht werden follte. Neu find z. B. Bilder von
den Ausgrabungsftätten in Samaria, Jericho, Babylon. Viele Bilder
find auch verändert; nicht immer verbellen. So ift auf Bild 9
(Tal Feiran) von dem ,herrlichen Pflanzenwuchs', den der Text
erwähnt, nichts zu fehen. (Auch fonlt paßt an diefer Stelle der
Text beffer zur alten als zur neuen Ausgabe). Bei Nr. 341 muß
es Sichelftein heißen ftatt Siegelftein (im Text richtig). Schade,
daß Schürers Defiderien betr. Gebetsriemen, Mefufa ufw. nicht erfüllt
find. Dafür könnte man einige Landfchaftsbilder oder auch
die leicht zugänglichen allbekannten Bilder aus der griechifch-
römifchen Welt (römifche Kaifer, Zeus Otricoli, Hermes des
Praxiteles) viel eher entbehren. — Im übrigen habe ich allen
Anlaß, das lobende Gefamturteil Schürers zu wiederholen.
Hannover. Schüller.

Baedorf, Balthafar: Unterruchungen über Heiligenleben der wertlichen
Normandie (der Diözefen Avranches, Coutances, Bayeux
u. Söez). Diff. (Bonn). (148 S.) 8». Bonn, C. Georgi 1913.
Die gründliche Unterfuchung von Baedorf kommt für das Spezialgebiet
der weltlichen Normandie zu demfelben Refultate, zu dem
Krufch und Levifon für die merovingifchen Heiligenleben im allgemeinen
gekommen find. Unter der großen Maße von Lebensbeschreibungen
der Heiligen diefes Zeitalters, die wir befitzen, find
nur wenige glaubwürdig und als Quellen zu verwerten. Es ift eigentlich
nur eine: die Vita des Bifchofs Paternus von Avranches
von dem Dichter Venantius Fortunatus, die eine geschichtliche
Ausbeute ermöglicht. Alle anderen Heiligenviten gehören der
Karolingerzeit oder einer noch fpäteren Zeit an. Sie find zum
Teil bewußte Fälfchungen, die zur Begründung oder Sicherung
von Rechtsanfprüchen bei Befitzverhältniflen gemacht wurden.
Andere dienen nur dem harmlofenZweck, einerKirche oderKloftcr
ein hohes Alter zu geben. Und wieder andere find lediglich aus der
Luft zu fabulieren entftanden und haben zwar nicht als Gefchichts-
quellen, fondern als Erzeugniffe der Erzählungsliteratur der Zeit,
in der fie entftanden, Wert.

Heidelberg. G. Grützmacher.

Ude, Prof. Dr. Joh.: Ethik. Leitfaden der natürlich-vernünftigen
Sittenlehre. (XIX, 164 S.) gr. 8». Freiburg i. B., Herder 1912.

M. 2.40; geb. 3 —

Ein thomiftifcher Grundriß der Moralphilofophie; die Moraltheologie
wird davon gefchieden, fofern ihr jene vorausgeht; der
Moraltheolog erörtert die Normen des Sittlichen, die in der Offenbarung
dargeboten werden. Aber daß Gott fei, das Naturgefetz
fanktioniert habe ufw., dies fetzt auch die Moralphilofophie voraus,
und die katholifche Kirche und ihr Verhältnis zum Staat tritt als