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Ausgabe:

1914 Nr. 2

Spalte:

613-615

Titel/Untertitel:

The Cambridge Bible for Schools and Colleges. The Wisdom of Jesus the Son of Sirach or Ecclesiasticus, in the Revised Version by W. O. E. Oesterley 1914

Rezensent:

Beer, Georg

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 22/23.

614

33 f. genannt. Aus den Argumentationen für die Möglichkeit
einer relativ konftanten hebräifchen Textüberlieferung
wenigftens der feit Esra offiziellen Thora fei
angeführt die Analogie gleichförmiger religiöfer babylo-
nifcher Texte aus der Zeit von 2000 und 650 (S. 11).

Der Hauptwert des Buchs liegt im zweiten und dritten
Abfchnitt. Es wird hier doch einfach bewiefen, daß
Dahfes Theorie, gerade die Gottesnamen feien das variable
Element in der hebräifchen Textüberlieferung ge-
wefen, falfch iM. Neben den mühfamen Einzelunter-
fuchungen ift hier befonders wertvoll der Gefichtspunkt,
daß bei der Beurteilung des Gebrauchs der Gottesnamen
das eigenartige religiöfe Bedürfnis in Betracht zu ziehen
Ift, dem LXX diente. Mit großem Scharffinn geht K.
fodann den innergriechifchen Verfchiebungen des LXX-
Textes nach und beftätigt zu meiner Freude die von mir
gegen Eerdmans angeMellte, von Dahfe ganz befonders
verübelte Überlegung, daß den griechifchen Überfetzern
oder Kopiften xvQioq kein Eigenname war, alfo Ver-
wechflung von xvQioq und {reöq leichter begegnen konnte,
als den jüdifchen die von mm und DTlbx.

Der Theorie Dahfes, daß der Wechfel der Gottesnamen
bei LXX bzw. dem Hebr. der LXX durch eine
alte Einteilung des Textes in Sedarim, bei MT durch eine
jüngere in Parafchen begründet fei, fpricht K., zumal an-
gefichts von Sedarim mit gemifchtem Gebrauch, die ratio
ab. Gegen die Auflöfung von P in Jiturgifche Ka-
pitelüberfchriften' wendet er u. a. ein, daß gerade eine
der allerwichtigften, Ex. 6, 2 f., fich gar nicht auslöfen läßt.

Kritifche Revifionen wiffenfchaftlicher Theorien find
ganz gewiß notwendig. Aber es ift dann immer ein Leid,
wenn ein großes Wiffen und eine ftarke Arbeitskraft in
eine unfruchtbare Richtung gerät. Diefer Feftftellung
aber wird man fich in diefem Fall, mit König, nicht
entziehen können.

Stuttgart. H. Holzinger.

Peters, Prof. Dr. Norbert: Das Buch Jehjs Sirach oder
Ecclesiasticus. Überfetzt u. erklärt. (Exegetifches
Handbuch zum A.T. 25. Bd.) (LXX VIII, 470 S.) gr.8°.
Münfter i. W., Afchendorff 1913. M. 8 —; geb. M. 9.20

The Cambridge Bible for Schools and Colleges. The Wisdom
of Jesus the Son of Sirach or Ecclesiasticus, in
the Revised Version with introduction and notes by
W. O. E. Oesterley, D. D. (XI, 367 S.) kl. 8». Cambridge
, University Press 1912.

Nachdem R. Smend fein für die Jefus-Sirach-
Forfchung grundlegendes Werk (Die Weisheit des Jefus
Sirach 1906) veröffentlicht hat, ift es für einen modernen
Mitarbeiter auf diefem Gebiet fchwer, etwas wefentlich
Neues zur Sache vorzutragen. Es ift bis jetzt auch
nicht gefchehen. Diefen Eindruck gewinnen wir auch
aus der von N. Peters, dem mannigfach um die Jefus-
Sirachkritik verdienten Gelehrten, jetzt gebotenen Über-
fetzung und Erklärung des Jefus Sirach. Es galt für das
unter der Ägide von Nikel in Breslau ftehende ,Exege-
tifche Handbuch zum Alt. Testam.' einen Kommentar
zu Jefus Sirach zu fchreiben — und diefe Aufgabe fiel
den bewährten Händen Peters' zu.

Das Vorbild Smends zeigt fich in den Einleitungsfragen
und in der Exegefe.

Wie Smend S. XX Anm. 1 fetzt Peters S. XXXIV ff.
das hebräifche Original in die Zeit 174—171 v. Chr.,
kurz vor den Ausbruch der fyrifchen Religionsverfolgung
. Der Enkel des Verfaffers und gleichzeitig der
Uberfetzer des Werkes feines Großvaters ins Griechifche
fchrieb nach dem Jahre 117 den Prolog zum Sirachbuch.

Das erschließt Smend weniger aus dem <?y yag xCp öyS6(p xal
TQ'axootü> hei <?rtl Evigyixov ßaotXewg, da ini fich fdwohl auf einen
loten, als auch auf einen lebenden Herrfcher beziehen kann (S. 3), fondern

aus dem bald dahinter folgenden ovvyQOrioai, das er in feiner Ausgabe
des hebräifchen Textes famt deutfcher Überfetzung 1906 S. I überfetzt
durch: ,und während feiner Zeit hier verweilte', denn dann ift mit
avvygovlaaq eben das Lebensende des Ptolemaeus VII Euergetes Phys-
kon (170—117) angedeutet. Diefes ovv/goitoag macht fich Peters, es
ganz wie Sm. überfetzend (.und zu feiner Zeit [da] verweilend') zu nütze
und gewinnt fo zu dem fVrl, das er mit Wilcken (Archiv für Pap.-
Forfchung IV, 205) auf den verdorbenen Herrfcher deutet, eine zweite
Stütze für die Zeit nach 117 als Abfaffungszeit der Überfetzung des
Enkels

Wie Smend S. XXXVII läßt Peters bei Kap. 24,
dem Lob der Weisheit, eine Art Parallele zu Kap. 1,
den zweiten Hauptteil des Buches S. XXII beginnen, und
wie Sm. erhält auch Pet. größere Unterteile unter Be-
rückfichtigung folcher Abfchnitte, die auf eine Empfehlung
der Weisheit d. i. der jüdifchen Religion hinauslaufen.
Die von Pet. vollzogene Zerlegung der beiden Hauptteile
in je 5 Abfchnitte, halte ich für eine Künftelei
(während ich auch bei Kap. 23 den erften Hauptteil
endigen laffen möchte). Ift doch auch z. B. 8, 8 f. 10, 19 fr.
11, 1 über die Weisheit geredet, ohne daß darum Pet.
hier Einfchnitte macht.

Für den Verf. unteres Kommentars ist charakteri-
ftifch, daß er in der Einleitung den größten Raum einer
Befprechung des ,kanonifchen Charakters' des Sirach
(S. LIII—LXII!) gönnt, und er wird gewiß ftolz darauf
fein, daß er S. LXI fchreiben kann: ,Es ift deshalb die
endgültige, durch die Verwerfung des Buches bei den
Neuerern des 16. Jahrhunderts notwendig gewordene Definierung
der Kanonizität des Buches Jefus Sirach durch
das Konzil von Trient . . . gefchichtlich wohl, motiviert'.
Trotz der Kanonizität des Buches verfichert aber Pet.
für Aarons heilige Hofen etc. Sir. 45,6 — 12 (S. 387):
Diefe Verfe ,zwingen uns vom Standpunkte der Infpira-
tion und Irrtumslofigkeit der Bibel aus nicht zu der Annahme
, daß die Gefamtheit der heiligen Gewänder fchon
mofaifchen Urfprunges fei; denn der Lobpreis der Väter
[44, 1—50, 26] ift nicht kritifche Gefchichtsfchreibung im
modernen Sinne'. Als Menfchen von heute können wir
den Unterfchied von kanonifcher, apokrypher und pfeud-
epigrapher Seligkeit nicht mehr verftehen — inhaltlich
Mellen wir Jefus Sirach und Weisheit Salomonis über
Leviticus oder Numeri und EMher obwohl diefe letzten
drei Bücher .kanonifch' find — aber auch Bücher wie EMher
und Hoheslied möchten wir aus hiMorifchem Intereffe
nicht im altteMamentlichen .Kanon' miffen!

Die Überfetzung lieM fich angenehm; gelegentliche
wörtliche ÜbereinMimmung mit Sm.'s Überfetzung z. B.

3, 8b. 9b. 3, 25. 4, 7a. 44, 15b mag auf Zufall beruhen.
Der Kommentar wird etwa um 100 Seiten kürzer fein
als der Smend'fche. Für Jefus Sirach werden bei dem Zu-
Mand des Textes vor allem an das philologifche, insbe-
fondere das textkritifche Können des Erklärers hohe An-
fprüche geMellt, die von Pet, dank feinen eignen und den
Vorarbeiten anderer, unter letzteren befonders wieder
Smend, erfüllt werden.

Mit Peters die Litanei nach 51,12 von dem vorhergehenden Pfalm
51, I—12 abzutrennen, der geradezu die Einleitung zu ihr ift, ift kein
Grund. Allerdings ift dann die Litanei mit ein Beweis dafür, daß in
51, I—12 kein Einzelner, fondern, wie der von Smend S. 495 f. nach
Knabenbauer zitierte Rabanus Maurus fchon erkannt hat, Ifrael am
Worte ift.

Durch Leiftungen wie die von Peters iM eine ge-
wiffe Arbeitsgemeinfchaft zwifchen katholifcher und pro-
teMantifcher altteMamentlicher Wiffenfchaft hergeMellt —
das iM erfreulich!

OeMerley's Kommentar zu Jefus Sirach iM ein
nützliches Buch, das dank befonders den Arbeiten der
Deutfchen Ryffel, Peters und Smend in löblicher
Weife im Allgemeinen die gute Durchfchnittsmeinung
über diefes Buch vertritt. Von befonderem Wert iM das

4. Kapitel, eine Zufammenfaffung der religiöfen und fitt-
lichen VorMellungen Sirach's nach den Kategorien: Gott,
Weisheit, Gefetz, Sünde, Gnade und Freiheit, Werke,
GottesdienM, Meffianifche Hoffnung und zukünftiges Leben
(S. XLIV—LXX VI). Die Litanei nach 51,12 hält G>. für

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